Nullwachstum = Stagnation, Stillstand
Minuswachstum = Verluste
1984 lässt grüßen. Wann kommen "doppelplusgut" und "doppelplusungut"?
Das hat mit Orwell überhaupt nichts zu tun, sondern nur wie man mit absichtlich politisch oder unternehmerisch motivierten Wortverfälschungen die reale gesellschaftliche und wirtschaftliche Lage eines Landes sich schönredet oder erhebliche, gesellschaftliche Probleme und Mißstände bagatellisiert. Man mißbraucht als Politiker und Unternehmer die deutsche Sprache als Waffe gegen das Volk und verblödet es mit solchen Begriffsneuschöpfungen und Wortungetümen.
Beim Verwenden von Fremdwörtern, Amerikanismen und Anglismen erweckt der Anweder dieser Begriffe und Formulierungen den Eindruck, daß er über einen großen Wissensfundus und Weltgewandtheit verfügt und zu einer elitären Bevölkerungsgruppe gehört, wo er sich gegenüber dem größten Teil der Bevölkerung abheben muß. Wenn solche Anwender den Kontakt und Verständnis zum Otto Normalverbraucher suchen würden, dann würden Sie nachfragen, ob der Gesprächspartner mit diesen Begriffen was anzufangen weiß, sie versteht oder er erklärt mindestens einmal diese Begriffe oder übersetzt mindestens einmal Fremdwörter und Abkürzungen, die nicht gängig sind (auch in keinem Nachschlagewerk nachgelesen werden können).
Und eine weitere Auslegung:
Wer mit dieser Begriffswelt um sich schmeißt und sie nicht korrekt erklärt, beherrscht einfach seine eigene deutsche Muttersprache nicht oder betrachtet sie als minderwertig.
Ich bin grundsätzlich dagegen, mit Begriffen ohne Erklärung zu hantieren, wo sie nicht nötig sind oder zur Abgrenzung zwischen Bevölkerungsgruppen, zur Machtdemonstration eingesetzt werden. Es ist auffällig, in Unternehmen, in der Ausbildung, im Studium, daß man jeden Fliegenschiß mit englischen Bezeichnungen versieht, nur um Eindruck zu schinden.
Typisches Beispiel: Facility Manager- ist ein stinknormaler Hausmeister und hat mit dem Firmenmanagement, also der Geschäftsleitung = Managern gar nichts zu tun. Aber das klingt doch, schindet Eindruck. Durchschaut man diesen Quatsch, dann kann man sich nur an den Kopf kratzen oder denselben schütteln.
Wozu braucht ein Hausmeister eine englische Arbeitsbezeichnung?
Damit sein großer Konzernboß in Übersee auch merkt, daß in Old Germany es auch solche Mitarbeiter gibt und er diesen konkreten Mitarbeiter persönlich kennen muß?
Einzusehen sind solche Arbeits- und Stellenbezeichnungen dann, wenn sie regelmäßig die Firma im internationalem Geschäftsverkehr präsentieren und vertreten. Aber bei Arbeitsaufgaben, wo ein Mitarbeiter keine derartigen Außenkontakte hat, braucht man den englischsprachigen Humbug nicht.
Englische Begriffe im Unterricht und Studium - völlig überflüssig, daß Lehrkräfte damit rumhantieren, wenn der kommende Beruf der Auszubildenden oder Studierenden später nichts mit internationalem Geschäftsverkehr zu tun haben wird.
Es stellt sich auch die Frage, warum in Unternehmen meist Englisch als Unternehmenssprache erwartet wird. Warum sollen wir es den englischsprachigen Geschäftspartnern so bequem machen, daß sie es nicht für nötig erachten, selbst eine Fremdsprache erlernen und anwenden zu müssen.
Sind wir deren Untertanen?
Wenn wir gegenseitige Achtung und Respekt im internationalen Geschäftsverkehr haben wollen, dann sollte man von seinem ausländischem Kollegen auch erwarten dürfen, daß er sich Mühe gibt, die Sprache seines Gesprächspartners zu erlernen.
Dem Berliner Original Heinrich Zille wird die Erkenntnis zugeordnet: „Man kann einen Menschen mit einer Axt erschlagen, aber man kann ihn auch mit einer Wohnung erschlagen.” Im sozialen Abgrenzungs- und Aussonderungsverhalten, kann man auch Menschen mit mißbräuchlicher Sprachverwendung gefühlsmäßig und seelisch verletzten, sogar diskriminieren und für wertlos erklären.
Tucholsky prangert unter anderem Beamtendeutsch an, unsinnige Fremdwörter, unklare Aussagen und den von ihm besonders verabscheuten "Essay-Stil". Dabei ist sein eigener Ausdruck ironisch spitz, denn Tucholskys Sprache ist das Florett unter den Waffen - schnell und zielgenau.
Kurt Tucholsky: Sprache ist eine WaffeDeshalb sollte jeder sich Mühe geben, die eigene Muttersprache zu beherrschen und richtig zu verwenden.