Rot-Grüne-Umverteilung: Reichtum vererbt sich, Armut auch

Begonnen von Wilddieb Stuelpner, 14:24:58 Mi. 15.Dezember 2004

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Wilddieb Stuelpner

ARD, Sendung "monitor": Rot-Grüne-Umverteilung: Reichtum vererbt sich, Armut auch

Bericht: Kim Otto

Sonia Mikich: "Was heißt 'Armsein' im Jahr 2004 in der Industrienation Deutschland? Hungern? Nein. Aber weniger von allem, das uns zu vollwertigen Menschen macht: Bildung, anständiges Essen und Wohnen, Lebenserwartung, Respekt. Uns liegt der neue Armuts- und Reichtumsbericht der Regierung vor. Seit 1998, ausgerechnet unter Rot-Grün, steigen die Zahlen der Armen wieder, und die Reichen werden noch reicher. Kim Otto besuchte eine reiche und eine arme Familie in der Nähe von Stuttgart, die sich gar nicht so unähnlich sind. Aber: Können Sie sich vorstellen, wie eine 6-köpfige Familie mit 10 Euro am Tag auskommt? Schauen Sie mal."

Das hier spart wieder Wasserkosten. Neue Armut in Deutschland heißt nicht hungern, aber rechnen. Immerzu.

Rosi Ritti: "Also, wir müssen sparen, wenn wir wenig Geld zur Verfügung haben, weil wir einfach 'ne große Familie sind und wir sparen, indem wir Badewasser für die Klospülung benutzen. Wir gucken, dass nicht in jedem Zimmer immer Licht brennt oder auch an der Heizung, dass die Raumtemperatur 17 Grad hat."

Rosi Ritti ist Hausfrau, Mutter von 4 Kindern. Ihr Mann verdient 1200 Euro netto, hinzu kommt Kindergeld. Dennoch geht es seit wenigen Jahren stets bergab - Armut unter Rot-Grün.

Rosi Ritti: "Also, wir bekommen seit 1999 80 Euro mehr Kindergeld, aber die Strom- und Heizungskosten sind um 53 Euro gestiegen und die Miete um 40 Euro. Trotz dass es eine Sozialwohnung ist. Also sind wir schon bei 93 Euro und da sind die 80 Euro Kindergeld schon wieder weg. Und die ganzen Lebenserhaltungskosten sind gestiegen, und es ist alles teurer geworden und im Endeffekt haben wir weniger Geld wie vorher."

Nur 10 Kilometer entfernt, die Familie Hansen beim Frühstück. Seit wenigen Jahren geht es mit Sigrid und Stefan Hansen bergauf. Sie haben Millionen geerbt. Sie arbeiten noch, müssen es aber nicht. Wichtig ist ihnen vor allem, viel Zeit mit ihren Kindern zu haben. Reich sein heißt für sie, niemals rechnen müssen.

Sigrid Hansen: "Ich bin in der glücklichen Lage, heute nicht sparen zu müssen. Was nicht heißt, dass ich das Geld in vollen Händen ausgebe, aber ich muss mir nicht so sehr Gedanken machen über den Preis von Dingen, die wir gern haben möchten."

Die Familie lässt es sich gut gehen. So ein Stuten ist teuer. Im Geschäft kostet er 12 Euro. Das ist mehr als Familie Ritti am Tag für alle Mahlzeiten ausgeben kann. Denn die Rittis sind arm. Das heißt, sie haben weniger als die Hälfte des Durchschnittseinkommens einer 6-köpfigen Familie in Deutschland.

Rosi Ritti: "Also, wir haben 10 Euro am Tag zur Verfügung und von dem muss ich für 6 Personen Frühstück machen, für 6 Personen Mittagessen und für 6 Personen Abendessen, und manchmal ist das Geld schon knapp, weil es nicht für alles langt."

Reporter: "Auf was müssen Sie denn verzichten?"

Rosi Ritti: "Also auf Milch, auf Wurst und auf Getränke."

Um 6 Uhr morgens reiht sich Rosi Rittis Mann Andre ein, um eine Eintrittsmarke für diesen kirchlichen Supermarkt zu ergattern. Hier kann er mittags Lebensmittel billig einkaufen. Ab 14 Uhr arbeitet Andre Ritti in einer Spedition, 40 Stunden die Woche. Ein Vollzeitjob und dennoch arm. Er steht mit Obdachlosen und Sozialhilfeempfängern an.

Andre Ritti: (Übersetzung vom Dialekt) "Es gibt Tage, da komme ich schon um halb sechs. Ist eine lange Zeit im Winter, aber man muss halt kommen, wenn man was zu essen will. Vier Kinder haben nämlich Hunger - ziemlich viel Hunger."

In Deutschland ergeht es immer mehr Menschen wie der Familie Ritti. Zahlen aus dem bisher unveröffentlichten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. 1997 waren 9,2 % der Haushalte in Deutschland arm. Die Zahl blieb bis 2000 nahezu konstant. Doch dann die Trendwende. In nur 2 Jahren stieg die Zahl auf 11,1 %. Über 8 Millionen Menschen leben in Armut. Die Gründe: Hohe Arbeitslosigkeit und Mehrabgaben, die vor allem die unteren Einkommensgruppen belasten. Auf der anderen Seite gibt es in Deutschland immer mehr Millionäre. 1997 besaßen noch 510.000 Personen über 1 Million Euro. Die Zahl stieg bis zum Jahre 2002 auf über 775.000 an. Dazu ein Autor des Armuts- und Reichtumsberichts.

Prof. Dieter Eißel, Mitautor Armuts- und Reichtumsbericht: "Wir hatten im Jahr 1998 bereits eine erhebliche Differenz zwischen arm und reich. Allerdings muss man feststellen, dass diese Unterschiede zwischen oben und unten auch in dieser Regierung zugenommen haben. Das liegt vor allen Dingen daran, dass die Steuerpolitik zugunsten der Wohlhabenden, zugunsten der Vermögen, zugunsten der Gewinne reduziert wurde, während die Belastungen bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern und Lohnsteuerzahlern eben geblieben ist oder sogar noch erhöht wurde."

Rot-Grün ist nett zu reichen Familien. Sigrid Hansen kann sogar die Haushaltshilfe steuerlich absetzen. Außerdem muss sie keine Vermögenssteuer zahlen, und ihr Spitzensteuersatz wurde gesenkt. Die neue Großzügigkeit ist ihr unangenehm.
Sigrid Hansen: "Nach meiner Meinung nach hätte die Vermögenssteuer durchaus beibehalten werden können, auch die Höhe des Spitzensteuersatzes wäre in Ordnung gewesen, wenn man damit vor allem kinderreiche und ärmere Familien gezielt unterstützt hätte und damit etwas mehr soziale Gerechtigkeit geschaffen hätte."

Auf etwas verzichten müsste Sigrid Hansen dann nicht. Trotzdem ist unter Rot-Grün die Schere zwischen arm und reich deutlich auseinander gegangen. Ein Blick ins Ausland zeigt, dass Deutschland für Millionäre ein Paradies ist. Die Steuern auf Vermögen sind im internationalen Vergleich gering. Selbst Länder wie England und die USA liegen weit vor Deutschland. 13 Uhr, Andre und Rosi Ritti in der Reutlinger Tafel. Die Kirche sammelt hier Lebensmittelspenden, die kurz vor dem Verfallsdatum stehen. Spenden, die die Rittis hier für Cents kaufen können. Möglichst viel. 10 Euro müssen für einen Tag reichen. Den Luxus auszuwählen und vielleicht gesündere Lebensmittel zu kaufen, können sich die beiden nicht leisten.

Rosi Ritti: "Da ist im Anfang ja die Ansteherei und dann hast du mal gedacht, ja die Leute, die gucken dich ja schon ganz schief an, und hoffentlich sieht mich niemand von der Nachbarschaft da einkaufen, und das war dann schon schwer, also auch, damit leben zu müssen, dass die Sachen, die du da kaufst sind nimmer ganz die, wie du sie normal im Laden kaufst ..."

Neue Armut in Deutschland heißt, sich mit Minderwertigem und Resten zufrieden zu geben. Und das hat Langzeitfolgen, vor denen die Autoren des Armuts- und Reichtumsberichts warnen.

Prof. Dieter Eißel, Mitautor Armuts- und Reichtumsbericht: "Man muss leider feststellen, dass arme Haushalte in Deutschland auch stärker von Krankheiten betroffen sind. Das liegt unter anderem daran, dass ihre Ernährung mangelhaft ist oder dass sie bei Kindern zum Teil auch fehlt. Das liegt daran, dass sie auch stärker unter Stress stehen. Besonders Kinder werden sozial ausgegrenzt, wenn sie aus armen Haushalten kommen. Das hat Auswirkungen auf ihr Selbstbewusstsein und mangelndes Selbstbewusstsein hat körperliche Auswirkungen, so dass man am Ende sagen kann, Arme sterben in Deutschland 5 Jahre früher als der Durchschnitt."

Rosi Ritti: "Die Kinder von den Besseren, die spielen nicht mit unseren Kindern."

Kinder können grausam sein. Sind andere nicht modisch angezogen oder haben schlechte Noten, dann wird schon mal gemobbt. Rosi Ritti würde ihrer Tochter, die die Hauptschule besucht, gern bessere Chancen ermöglichen, aber einen Förderunterricht kann sie nicht bezahlen. Sie muss sogar an den Heften und Stiften sparen.

Rosi Ritti: "Wenn jetzt gerade eine Klassenfahrt oder wenn irgendwas Größeres ist, und du musst sagen: 'Ne, das geht einfach nicht', dann sind sie auch zurückgestellt und das merken die dann in der Klasse auch."

Reporter: "Und was für ein Gefühl ist das dann für Sie, für die Kinder, so?"

Rosi Ritti: "Also ich denke, die Kinder arbeiten dran, also ich denke, so von außen hin lassen sie es sich nicht anmerken, aber innerlich tut es bestimmt weh."

Benjamin Ritti besuchte früher das Gymnasium, wurde von den besser gestellten Mitschülern ausgegrenzt. Die Noten sackten ab, und er musste auf die Realschule wechseln. Benjamin erinnert sich an das Mobbing.
Benjamin Ritti: "Die meinen halt, die sind die Besten, weil sie halt genug Geld haben und sind halt die wichtigsten Personen dann auf der Welt."

Reporter: "Und wie gehen die dann mit euch um?"

Benjamin Ritti: "Ja, keine Ahnung ... die tun halt so, als ob wir überhaupt nicht da wären oder so."

Sigrid Hansen kann alles für die Bildung ihrer Kinder tun, kauft viele Bücher. Die Kinder haben sogar ein eigenes Musikzimmer. Zeigen sich schulische Schwächen, gibt es professionelle Hilfen. Christine besucht selbstverständlich das Gymnasium. Das können ärmere Kinder nur selten. Nur 3 % von ihnen schaffen den Sprung auf das Gymnasium.

Prof. Ernst-Ulrich Huster, Mitautor Armuts- und Reichtumsbericht: "Nicht erst seit PISA wissen wir, dass das deutsche Bildungssystem vor allen Dingen eines ist: Nämlich Weltmeister in der sozialen Ausgrenzung. Das zeigt sich unter anderem daran, dass Kinder aus schwächeren sozialen Schichten häufiger später schulreif werden, dass sie häufiger im schulischen System hängen bleiben und last but not least einen schlechteren schulischen Abschluss bekommen als Kinder aus Mittel- und Oberschichten."

Reichtum verpflichtet, steht im Grundgesetz. Das gerät ausgerechnet unter Rot-Grün in Vergessenheit, kritisiert die Grünen-Wählerin Sigrid Hansen.

Sigrid Hansen: "Weil ich der Meinung bin, dass ich als Mensch mit keinen Geldsorgen oder wenigen Geldsorgen verpflichtet bin, auch nach meiner Umgebung zu schauen und dafür Sorge zu tragen, dass es auch den anderen nicht total schlecht geht. Das ist für mich eine menschliche Verpflichtung."

Chancengleichheit für alle. Familie Ritti verbindet mit solchen Begriffen sehr einfache Dinge.

Rosi Ritti: "Wir träumen mal davon, einen Urlaub an der Nordsee für 2-3 Wochen im einzelnen Häuschen und mehr Zeit für die Kinder und mal am Strand liegen können und nichts tun ... und das möchten wir uns gerne mal leisten können."

Sonia Mikich: "Trotz Börsentief und Pleitewelle: Deutschland ist noch viel reicher geworden in den letzten 6 Jahren. Das Nettovermögen ist um rund 17 % unter Rot-Grün angestiegen. Aber in diesem superreichen Land haben Kinder aus sozial schwachen Familien immer schlechtere Chancen. Armut, schlechte Bildung - sie werden weitervererbt."

Frauenpower

Ich finde, der Artikel passt hier in den Thread:
https://publik.verdi.de/ausgabe-202401/reiche-machen-deutschland-arm/
ZitatReiche machen Deutschland arm
STEUERGERECHTIGKEIT — Der Staat weiß nicht, wie viel die Reichsten besitzen. Mindestens 1.400 Milliarden Euro nennen 200 Superreiche ihr Eigen – Eigentum, das sie laut Grundgesetz verpflichtet. Ein wichtiges Argument, die Vermögenssteuer wieder einzuführen und die Erbschaftssteuer grundlegend zu reformieren

Hartzhetzer

ZitatReiche machen Deutschland arm
Diese Überschrift ist falsch, richtiger ist:

Die Reichen machen die Bevölkerung von Deutschland arm damit der Staat Deutschland Reicher wird.
Die Nazis vollzogen auf ihre Weise, was die Sozialdemokratie sich immer erträumt hatte: eine »ordentliche Revolution«, in der alles ganz anders wird, damit alles so bleiben kann, wie es ist.

Zitat Schwarzbuch Kapitalismus Seite 278

counselor

Gerade im Radio: 18 Wirtschaftsverbände  fordern eine neue Agenda 2010.
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

Frauenpower

Zitat von: Hartzhetzer am 08:17:10 Mo. 19.Februar 2024
ZitatReiche machen Deutschland arm
Diese Überschrift ist falsch, richtiger ist:

Die Reichen machen die Bevölkerung von Deutschland arm damit der Staat Deutschland Reicher wird.

Da würde ich nochmal ergänzend kortigieren:

"Die Reichen machen die Bevölkerung arm, damit Reiche reicher werden"

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