Arzneimittelsicherheit sollte oberste Priorität habenZu Contergan und dem Wirkstoff:Mit
20000 DM hätte die Katastrophe verhindert werden können so Dr. Plichta.[/B]
Dr. Peter Plichta: Thalidomid ist eine
räumliche chemische Verbindung, die in
2 stereochemischen Formen auftritt. Das bedeutet, die beiden Formen verhalten sich in ihrem räumlichen Bau zueinander wie unsere beiden Hände, bei denen ja bekanntlich bei der linken Hand der Daumen rechts steht, und bei der rechten Hand der Daumen nach links zeigt. Bei der chemischen Synthese von Contergan entsteht nun sowohl rechts- als auch linksbebautes Thalidomid. Ein Gemisch dieser beiden gespiegelten Formen nennt man
Racemat. Pharmazeutisch gesehen war Contergan
ein Derivat des bewährten
Schlafmittels Doriden und hatte den großen Vorteil, daß man sich damit durch Überdosierung nicht umbringen konnte. Als l
eicht veränderter Abkömmling von Doriden war es zudem patentrechtlich geschützt,
so daß man den Preis diktieren konnte. Da bereits Doriden als Racemat im Handel war, obwohl nur eine der beiden Komponenten biochemisch war, haben die Chemiker von Grünenthal den Metabolismus, also die Aufnahme und den Abbau von Thalidomid im Körper, gewissenhaft untersucht. Auch hier wirkte eben nur eine der Spiegelformen als Schlafmittel, die zweite Form
schien keine Wirkung zu haben. Die in den 40er und 50er Jahren ausgebildeten Pharmazeuten und Ärzte haben von Stereochemie aus heutiger Sicht kaum Ahnung gehabt. Doriden wiederum ist ein Abkömmling der berühmt-berüchtigten chemischen Gruppe der Barbiturate. Bei diesen Schlafmitteln spielt die Stereochemie eine enorme Rolle, so daß es dort oft notwendig ist, eine der beiden molekularen Spiegelformen zu entfernen oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Die wissenschaftlichen Leiter bei Grünenthal waren also vorgewarnt. Es gab natürlich die Möglichkeit, die psychotrope d.h. einschläfernde Form von Thalidomid in Reinform auf den Markt zu bringen.
Das aber hätte zusätzliches Geld gekostet, und das ist nun mal etwas, worauf ein Chemiekonzern gerne verzichtet.Hans-Joachim Ehlers: Sie wollen also darauf hinaus, daß bei diesem Wirkstoff die eine Spiegelform einschläfernd wirkt und nur
die andere Form giftig ist und die übersehenen, schrecklichen Auswirkungen hat?
Dr. Peter Plichta: Genau. Es handelt sich also
eigentlich nicht, wie in der Presse auch heute noch behauptet wird,
um eine Nebenwirkung. Die für unwichtig gehaltene Spiegelform des Contergans, die zu 50 % in jeder Tablette enthalten war, besitzt auch eine Hauptwirkung, und zwar auf
die Zellteilung des Lebens. Heute weiß man, daß es
ein Zellteilungsgift ist, und deswegen wird dieses Zellteilungsgift sogar in der Pharmazeutischen Industrie
wieder eingesetzt, nämlich bei Lepra.
Hans-Joachim Ehlers: Ja, das habe ich gelesen.
Dr. Peter Plichta: Also, kein Mensch hat auch nur geahnt, daß ein Stoff eine solche heimtückische Wirkung haben könnte.
Hans-Joachim Ehlers: Man war ahnungslos?
Mit 20.000 DM hätte die Katastrophe verhindert werden könnenDr. Peter Plichta: Man war
oberflächlich, man ging den Dingen
nicht auf den Grund, man war im höchsten Maße
unvorsichtig, weil man die Komponente natürlich hätte testen können. Wenn man sorgfältig vorgegangen wäre, hätte man zumindest eine Menschenäffin einen Fötus austragen lassen. Und die hätte dann während der ganzen Zeit mit den Mittel gefüttert werden müssen. Ein solcher Versuch hätte laut »Spiegel«
20.000 DM gekostet.
Aber da der Chef der Firma diesen Versuch persönlich gestrichen hat, handelt es sich natürlich mindestens um grobe Fahrlässigkeit, wenn nicht gar um Vorsatz. Es besteht nämlich sogar der Verdacht, daß man Angst davor hatte, daß die Sache mit dem Fötus der Menschenäffin schiefläuft, weil ein einziges mißgebildetes Affenkind die ersehnte Geldquelle zum Versiegen gebracht hätte.
Hans-Joachim Ehlers: Heißt das, weil die Firma Grünenthal
20.000 DM sparen wollte, mußten
zigtausend Menschen schlimmstes Leid erfahren, mußten
unschuldige Menschen sterben?
Dr. Peter Plichta: In letzter Konsequenz ist es so.
Hans-Joachim Ehlers: Da spart man also im vergleich zu den Milliarden Umsätzten der Pharma-Industrie lumpige 20.000 DM und macht stattdessen Menschenversuche. Auf der anderen Seite behauptet die Pharma-Lobby in der Öffentlichkeit frech, um ein neues Medikament zu entwickeln, müßten Millionen DM für Forschung investiert werden. Da werden wir doch alle für dumm verkauft.
Dr. Peter Plichta: Das ist leider richtig.
Quellen: http://www.plichta.de/deutsch/d_a_contergan_skandal.phphttp://www.enrique-bergemann.de/PDF/Interview_in_Raum_und_Zeit.pdfFazit:Der Hersteller bzw. die gesamte chemische Industrie und auch die Politiker haben sich dazu niemals geäußert. Warum Wohl??? Sowas würde ich nicht auf mir sitzen lassen. Wenn man bedenkt wie das alles schön tot geschwiegen wurde. Auch heute wird nicht gerne über Nebenwirkungen von Medikamenten gesprochen und es gibt mehr Opfer durch Medikamente als im Strassenverkehr. Vermutlich ein Grund warum es solche Foren wie dieses hier geben muß. Wer hilft einem denn wirklich wenn man Probleme bekommt?
?Auch hier sind noch einige Berichte zur Medikamentensicherheit enthalten.
http://www.wdr.de/themen/homepages/contergan.jhtml?rubrikenstyle=conterganScalpelll
