Heidelberger Kiel Forum

Begonnen von admin, 10:44:25 So. 04.Mai 2003

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admin

Highdelberger
Gast
Verfasst am: Do März 06, 2003 1:30 am    Titel: KN 6.3.03  


Lage ist festgefahren

Bei Heidelberg laufen Vorbereitungen für Urabstimmung
Kiel (jög) In der Auseinandersetzung um den geplanten Personalabbau bei der Heidelberger Druckmaschinen AG in Kiel bewegen sich beide Seiten - aber in unterschiedliche Richtungen: Während die IG Metall gestern alle Vorbereitungen für eine Urabstimmung (heute ab 5.30 Uhr) traf, hat das Unternehmen die Einigungsstelle angerufen, "um Gespräche über einen Interessenausgleich zu führen". Der Vorsitzende der Einigungsstelle, der Hamburger Arbeitsrichter Helmut Nause, habe bereits drei Termine (26., 28. März und 3. April) festgelegt.
Zu Tarifverhandlungen ist das Unternehmen nicht bereit, da dies "nicht den gesetzlichen Regelungen entspricht". Die Gewerkschaft habe gefordert, das "Einigungsstellenverfahren auszusetzen sowie überzogene Tarifforderungen erhoben". Die IG Metall fordert eine Verlängerung der Kündigungsfrist um zwei Monate für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit, einen Anspruch auf bis zu 24 Monate Qualifizierungsmaßnahmen sowie eine Abfindung in Höhe von zwei Monatgehältern pro Beschäftigungsjahr. "Insgesamt kämen bei einem Mitarbeiter mit dreijähriger Betriebszugehörigkeit Kosten in Höhe von 3,5 Jahresgehältern zusammen. Dies würde zu einer unzumutbaren Kostenbelastung führen", so das Unternehmen.
Nach wie vor steht Heidelberg dazu, dass es "aus wirtschaftlichen und strategischen Gründen richtig und notwendig ist, die Produktion der Digitaldruckmaschinen am Standort Rochester in den USA und den Bereich Prepress am Standort Wiesloch zu konzentrieren". Am Standort Kiel blieben rund 660 Arbeitplätze in den Bereichen Entwicklung und Service erhalten. Das Gutachten der gewerkschaftseigenen Firma ISA Consult, das Kiel und Rochester miteinander verglichen hat, habe dazu gedient, " dem Betriebsrat alle offenen betriebswirtschaftlichen Fragen zu beantworten". "Mit der Zustimmung zur Erstellung dieses Gutachten war nie die Absicht verbunden, das Vorhaben zu revidieren", heißt es.

Morgen Nachmittag soll das Ergebnis der Urabstimmung vorliegen. Wenn 75 Prozent der IG-Metall-Mitglieder mit Ja stimmen, dann kann es schon ab Montag zum Streik kommen.
 
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Highdelberger
Gast
Verfasst am: Do März 06, 2003 1:40 am    Titel:    

Es ist dasselbe wie mit HDW!

Ein Ami-Konzern kauft den Laden um das Know-how des legendären Betriebs zu erhalten. An der Firma hat der Käufer im Grunde keinerlei Interesse und auf das Personal scheißt er sowieso.

Ein weiterer Streik in Kiel?
Wie schade, daß soetwas nur in den KN "diskutiert" wird.
Und wieder ein Kampf erst wenn man mit dem Rücken an der Wand steht!
In allen anderen Betrieben gilt es aufzuwachen und die Entwicklungen eines Betriebes und die eigenen Chancen etwas durchzusetzen zu diskutieren, bevor es zu spät ist!
 
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Highdelberger
Gast
Verfasst am: Fr März 14, 2003 1:19 am    Titel: KN 14.3.03  

"Wer nicht kämpft, hat schon verloren"

Rund 1000 Menschen demonstrierten in Kiel für Arbeit und Ausbildung

Kiel - "Es ist so weit, wir sind streikbereit" oder "Ausbildung in Kiel bleibt!" steht auf den Transparenten. Auf dem größten steht: "Kiel steht auf, stoppt Arbeitsplatzabbau". Auf dem Rasen vor dem Werktor der Heidelberger Druckmaschinen AG haben sich etwa 1000 Menschen versammelt. Fröhlich blickt keiner von ihnen, die Mienen sind nachdenklich, manche verbittert - obwohl die "Happy Schwale Band Dixieland" zum Mitwippen spielt. Doch es ist kein Tag zum Mitwippen: Seit der "Kiel steht auf"-Kundgebung im Dezember ist nichts besser geworden - eher schlechter.

Die Mienen sind nachdenklich, manche verbittert: 1000 Menschen kamen gestern zur dritten von der IG Metall organisierten "Kiel steht auf"-Kundgebung vor das Werktor der Heidelberger Druckmaschinen AG.

Gemeinsam in erster Reihe: Stadtpräsidentin Cathy Kietzer (Mitte) und die OB-Kandidaten Angelika Volquartz und Jürgen Fenske.

Damals, am 6. Dezember, sind 6000 Menschen auf die Straße gegangen - die einen für den Erhalt ihrer Jobs, die anderen, um Solidarität zu zeigen. Damals war es der Heidelberg-Vorstand, der beschloss, 770 Stellen abzubauen. Und als die Menschen demonstrierten, hofften viele, etwas bewirken zu können. Seitdem ist viel passiert, hat auch der HDW-Vorstand angekündigt, 742 Leute zu entlassen - und bei Caterpillar sind noch immer bis zu 230 Arbeitsplätzen bedroht.

Deshalb sind sie wieder dabei, die Mitarbeiter großer und kleiner Kieler Unternehmen, von Heidelberg, von HDW, von Caterpillar. Von IBAG und Lindenau, vom Gelenkwellen Werk und von der Elac Nautic, von Vossloh und Ernst-August Koch. "Wir sind hier, um Solidarität zu zeigen", sagt der Betriebsratsvorsitzende der Vossloh System-Technik, Achim Heinrichs. "Wir unterstützen diesen Arbeitskampf", sagt sein Kollege von Elac Nautic, Jürgen Müller. "Wir sind hier, weil der Standort Kiel ausgebaut und erweitert werden muss, weil die Ausbildungsplätze erhalten bleiben müssen und weil bei uns selber die Situation angespannt ist", sagt die Betriebsratsvorsitzende von Caterpillar, Annegret Weiß.

Vorn auf der Bühne redet Oberbürgermeister Norbert Gansel. "Die Stadt steht hinter Ihnen", sagt er. Und dass er hoffe, dass das auch in Zukunft so bleibt. "Die Menschen brauchen Heimat, die Heimat braucht Arbeit. Eine Region ohne Arbeit verödet", sagt der KDA-Landespastor Peter Kruse. Der DGB-Nord-Vorsitzende, Peter Deutschland, rät den Heidelberg-Mitarbeitern, ihre Haut so teuer zu verkaufen, wie es geht und sagt: "Diese 770 Arbeitsplätze könnten der Tropfen sein, der das Fass in dieser Stadt sprichwörtlich zum Überlaufen bringt."

"Die Mitarbeiter sind das Kapital eines Unternehmens, nicht die Manager", sagt Susanne Kardel, Vertrauenskörperleiterin bei Heidelberg, die hofft, dass "wir beim Arbeitsgericht ausreichend darlegen können, warum es rechtmäßig ist, wenn wir streiken." Ihr Kollege bei Caterpillar, Thorsten Flügge, stellt fest: "Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat verloren." Der HDW-Betriebsratsvorsitzende Ernst-August Kiel macht klar: "Wir werden nicht zulassen, dass diese Region ausblutet."

Und auch die Jugend kämpft. Für Sonnabend, 22. März, 19 Uhr, haben die Auszubildenden mehrerer Kieler Betriebe ein Solidaritätskonzert in der Pumpe organisiert. Das Motto: "Kiel steht auf und rockt."

Thomas Eisenkrätzer
 
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Highdelberger
Gast
Verfasst am: Fr März 14, 2003 1:34 am    

Ich weiß, wie arrogant es klingt...
Ich kann es aber nicht ertragen:

-Kiel steht auf und rockt
-Stadtpräsidentin Cathy Kietzer, die CDU-Angelika Volquartz, Jürgen Fenske, Brechmittel Norbert Gansel und ein Pfaffe in trauter Eintracht und zutiefst betroffen-solidarisch
-das ganze begleitet von Dixielandklängen
-und eine Arbeitervertretung, die beim Gericht nachfragt, ob sie streiken darf. Ja, hier kauft man immernoch eine Bahnsteigkarte bevor man den Bahnhof stürmt.

Egal wie klugscheißernd das klingt, so sieht kein Kampf aus, sondern eine Farce...
 
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Highdelberger
Gast
Verfasst am: Fr März 14, 2003 11:37 pm    Titel:    

ich schon wieder mit KN-online:

Gericht gibt IG Metall recht:

Ab Montag Streik bei Heidelberg

Kiel (met) Nun also doch: Die Beschäftigten des Kieler Druckmaschinenherstellers Heidelberg dürfen streiken. Das hat gestern in mündlicher Verhandlung das Kieler Arbeitsgericht entschieden und damit dem Einspruch der IG Metall gegen eine vom Heidelberg Vorstand erwirkte einstweilige Verfügung stattgegeben. Damit hatte die Unternehmensleitung einen bereits für Dienstag und Mittwoch geplanten Streik unterbunden. Wie die IG Metall gestern bekannt gab, soll die Arbeit nun von kommendem Montag, sechs Uhr, bis Donnerstag sechs Uhr ruhen. Das Unternehmen kündigte Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Kiel an. Man werde "angemessen auf einen Streik reagieren". Das heißt: Im Extremfall wäre eine Aussperrung denkbar.

"Obwohl jede gewerkschaftliche Forderung die Entscheidungsfreiheit des Unternehmers erschwert, ist der Arbeitskampf zulässig", sagte die Richterin. Hintergrund der Auseinandersetzung ist die Absicht des Druckmaschinenherstellers, Teile der Produktion in Kiel in den Hauptbetrieb nach Wiesloch sowie nach Rochester (USA) zu verlagern. Dadurch werden in Kiel 570 Stellen gestrichen. Etwa 660 Stellen sollen in den Bereichen Entwicklung und Service in Kiel bleiben. Für einen Streik, mit dem Verhandlungen über bessere Rahmenbedingungen im Fall einer Verlagerung erzwungen werden sollen, hatten sich in einer Urabstimmung 98,64 Prozent der stimmberechtigten Mitarbeiter ausgesprochen.

Schaut, wenn´s die Autoritäten erlauben, dann streikt man auch mal.
In den letzten 20 Jahren hat man kopnsequent verlernt, wie das eigentlich geht, das Streiken. Viel Glück, aber doch etwas spät. Bei den Verkaufsverhandlungen hätte das eine ganz andere Wirkung. Verpaßt.

...hätte und täte...
 

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Highdelberger
Gast
Verfasst am: Di März 18, 2003 1:37 am    Titel:    


Streik begonnen
Beim Kieler Druckmaschinen-Hersteller Heidelberg haben die Beschäftigten gestern einen dreitägigen Streik begonnen. Am frühen Morgen demonstrierten etwa 400 Arbeiter für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze. Lediglich einige leitende Angestellte seien durch ein Spalier am Werktor in die Fabrik gelangt, berichtete ein Sprecher der Gewerkschaft IG Metall. Die Belegschaft protestiert gegen die geplante Produktionsverlagerung von Druckmaschinen in die USA und den Abbau von knapp der Hälfte der rund 1200 Arbeitsplätze.

taz Hamburg Nr. 7007 vom 18.3.2003,


Bundesweit wird in den Medien berichtet.
Vor Ort ist das Interesse mäßig.
Das Kapital kennt keine Grenzen. Schlägt zu wo und wie es den Profitinteressen weiterhilft. Dort mit Krieg. Hier mit Entlassung und Produktionsverlagerung.
 
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Highdelberger
Gast
Verfasst am: Do März 27, 2003 10:15 am    Titel:    


 
Bei Heidelberger soll wieder gestreikt werden

Kiel (dpa/lno) - Im Kieler Werk der Heidelberg Druckmaschinen AG soll von diesem Montag an erneut gestreikt werden. Die IG Metall erklärte am Freitag in Kiel, die Aufnahme von Tarifverhandlungen werde weiter vom Unternehmen abgelehnt. Von Montag bis Mittwoch war die Firma bereits bestreikt worden. Hintergrund ist eine geplante Verlagerung einer Teilproduktion in die USA. Insgesamt sollen 770 Arbeitsplätze in Kiel wegfallen.

dpa/regioline vom 21.03.2003 17:31
 

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Highdelberger
Gast
Verfasst am: Fr Mai 02, 2003 10:38 am    Titel: 1.Mai  


 
Zum 1. Mai waren in Deutschland 1 Mio Menschen auf der Straße. Das war weltweit(!!!) die höchste Beteiligung! Soetwas wird nur allzuschnell unterschätzt. Mehr waren nichteinmal auf den Antikriegsdemos. Es gibt auch keine sonderlich nennenswerte Linke Szene, die für die Verbreitung eines Politischen Bewußtseins verantwortlich gemacht werden könnte.

Die Menschen haben einfach die Schnauze voll! Trotz strömenden Regens war auch die kieler Demo beeindruckend. Und es waren Kollegen von Heidelberger dabei, die noch nie auf einer Maidemo waren und die man nie, nie und niemals da vermutet hätte...
 

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Dauergast
Anmeldungsdatum: 12.03.2003
Beiträge: 11
Wohnort: Kiel
 Verfasst am: Sa Mai 03, 2003 4:57 pm    Titel: "chefduzen" á la Heidelberger ...  


 
Ein gar wundervoller Link auf das Streikbuch der Heidelberger-Belegschaft ist mir "zugeflogen" :

http://ksa.ulfstephan.de/guestbook.php

Chefduzen in Reinkultur! Weiter so!

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Dauergast
Anmeldungsdatum: 12.03.2003
Beiträge: 11
Wohnort: Kiel
 Verfasst am: Sa Mai 03, 2003 8:04 pm    Titel: Ergänzung ...  


 
Die Adresse der Startseite ist:

http://www.kiel-steht-auf.de/

Highdelberger

Der neueste Stand der Dinge ist, daß es absolut finster aussieht mit der Niederlassung Kiel.

Mir fällt dazu das nicht mehr ganz taufrische Beispiel der Uhrenfabrik LIP im französischen Besancon ein: Dort hatte man sich wenig vorgemacht. Als das Werk geschlossen werden sollte, war man vorbereitet! Das Werk wurde besetzt. Gegen den Abtransport der Maschinen wurden nicht nur Tore und Zufahrtswege verbarrikadiedert, sondern man bestrich die Böden der Hallen auch mit Schmieröl.

Zuvor hatten die Arbeiter einen nie dagewesenen Fleiß gezeigt: sie produzierten Uhren auf eigene Faust für die Kampfkasse. Europaweit wurden LIP-Armbanduhren zum Solidaritätspreis von 50 DM verkauft. Das war so erfolgreich, daß man sich weit über ein Jahr lang einen Lohn bzw ein Streikgeld auszahlen konnte. Währenddessen setzte man sich mit politisch engagierten Ärzten zusammen um ein Konzept zu entwickeln, um mit den vorhandenen Maschinen und dem hohen Knowhow der Belegschaft medizinisches Gerät herzustellen....

Es ist wirklich eine gute Sache, daß es ein Heidelberger-Internetforum gibt, das offen ist und nicht wie einige Gewerkschaftsforen nur für Mitglieder ist.

Aber die Kieler Öffentlichkeit weiß wenig über die Hintergründe, über die Fakten, über die Stimmung und Diskussionen.

Es kommt öfter vor, daß in einem Betrieb bei einer Schweinerei spontan die Arbeit niederlegt. Soetwas ist rechtlich ein wilder Streik. Schon im Nachbarbetrieb hört Niemand etwas davon. Die Öffentlickeit schon garnicht.

Es reicht einfach nicht zu warten bis die KN etwas berichtet. Chefduzen ist zwar eine gute Idee, erreicht aber wohl kaum die breite öffentlichkeit.

Selbst ein verlorener Kampf hätte noch seinen Sinn, wenn zumindest die Erfahrungen weitergegeben werden.

 Das was den Heidelbergern heute zustößt kann schon morgen die Realität im nächsten Kieler Betrieb sein....

...naja...finde auch....ein Forum ist 'ne schöne Sache zum "Rumheulen", weil Streiken bringt ja offensichtlich nichts mehr.

Stattdessen werd ich als Heidelberger mich ab sofort dem Konsum soweit es geht verweigern, zur Arbeit gehen obwohl ich keine Lust mehr hab und alsbald die Aktien verkaufen und auf Parteien, Gewerkschaften und andere lobbyistische Vereinigungen "einen lassen" und mich stattdessen lieber einigeln und Zukunftspläne schmieden und eventuell haufenweise Initiativbewerbungen rausschicken.

Meine Meinung auch: Chefduzen hat einen guten Ansatz aber geht nicht weit genug....wilde Streiks oder Volksbegehren wie in Italien sind angesagt. Volksaufstände losgelöst von einer ver"zwickel"ten SPD-Gewerkschaft die schlußendlich nur an Mitgliederzahlen interessiert ist und momentan eine Schleswig-Holstein-Tour durch die Betriebe macht.

Es wird Zeit, daß die Arbeitgeber ausgebeutet werden mit Mitteln des Produktionsausfall.....flächendeckend.

Vielleicht sollte man auch langsam mal den "Tag der Arbeitslosigkeit" einführen....man sollte sich darüber im Klaren sein:
erwischen tut es mittlerweile jeden!

Schluß mit Kuscheltime! :twisted:

ManOfConstantSorrow

Es ist allzu natürlich, daß du so eine Stinkewut hast.
Aber du schaust natürlich nach deiner Privaten Notlösung aus diesem Desaster (Bewerbungwen, möglichst wenig ausgeben...).

Die erhoffte Situation, wie in Italien, die du dir wünscht kommt ja auch nicht von selbst. Die Medien reden nur Müll, jeder Protest ist gleich der "Mob", die ewig gestrigen, die Bremser, die Betonköpfe, die verhinderer von Reformen etc... Das ist auch in anderen Ländern nicht besser. Du bist zurecht auf die zahnlosen Gewerkschaften genervt. In Frankreich gibt es viel weniger Gewerkschaftsmitglieder und viel mehr wirkungsvolle Streiks. Ein Minimum an Organisationsarbeit und öffentlicher Diskussion muß aber trotzdem jemand machen, trotzt Medien und trotz Gewerkschaftsbürokratie.

Selbst das spießige Österreich hat inzwischen einen Generalstreik hingekriegt. Und gestern beim Nationalen Streiktag in Frakreich haben auch Branchen mitgestreikt, die von der "Rentenreform" garnicht betroffen waren. Ich glaube genau da liegt das Geheimnis und das Größte Problem.

Es ist absolut notwendig, daß die verschiedensten Betroffenen zusammenkommen um zusammen zu handeln. Und diejenigen, die NOCH nicht betroffen sind, die sich jetzt NOCH sicher fühlen.

In England haben mal die Drucker der SUN (ähnlich der BILD) die Rotationbressen gestoppt, da sie die Hetze gegen die Bergarbeiter nicht rucken wollten. Und die Bergarbeiter haben einmal aus Solidarität und stellvertretend für die Krankenschwestern gestreikt, da man ja in einem Krankenhaus schwer streiken kann.

Aber HELL bzw. HEIDELBERGER hatte ja mal eine hochqualifizierte Belegschaft mit für Kieler Verhältnisse gute Arbeitsbedingungen. Da lebte jeder in seiner kleinen heilen Welt. Hättest Du Dir in den Zeiten vorstellen Können etwas für HDW´ler oder gar Leiharbeiter oder Arbeitslose zu tun? Das Erwachen kommt meist spät und umso bitterer.

Ich sah gerade ein Plakat für eine Veranstaltung in einem Bremer Jugendzentrum für einen GENERALSTREIK gegen die allgemeinen Sozialkürzungen. Ich find das ganz rührend, aber fast albern. Andereseits, irgendwie muß es ja auch in Frankreich in Italien oder in Österreich begonnen haben...
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

der Gast von vorher

Hi Man of constant sorrow...Du hast völlig recht.

Ich bin stinkesauer und die Wut wird eher mehr als weniger!!

Meine private Situation ist die, daß ich mich schon seit über 2 Jahren mit der Situation der Arbeitsplatznot im Raum Kiel auseinandersetze, weil meine Freundin, die durchaus arbeitswillig ist, nichts findet, außer irgendwelche beschissenen unterbezahlten Zeitvertrags-3monats-Ausbeuterjobs.

Wenig Geld ausgeben und ein-igeln ist deshalb nicht erst seit gestern bei mir eine Taktik um aus der Situation einen zugegebenermassen resignierten Weg zu gehen.

Ich denke mittlerweile unterscheidet sich die deutsche Situation auch nicht mehr großartig von der italienischen...siehe unkritischer Medienmüll und Sozialschwachen-verarsche...bzw. einseitige Umverteilung des Geldes & Abschied von der Sozialen Marktwirtschaft > Agenda 2010.

Ich bin auch wie Du der Meinung, daß alle zusammenkommen sollten, würde aber weiter gehen!! Neue Gewerkschaften sollten sich bilden und/oder lobbyistische Vereinigungen wie die IGM leistungsbezogen beurteilt und bezahlt werden.

Habe gerade auch von einem Fall in Peru auf DLF gehört. Da sind die Leute 1/2 Jahr in einer Brennerei in einen Streik gegangen und die ganze Stadt mit denen gleich mit. Am Ende haben sie den Standort selbstverwaltet und die Produkte selber verkauft. Dort war das Elend natürlich existenzieller....aber ich glaube da liegt das Problem...der Karren ist noch nicht weit genug im Dreck und unsere Gesellschaft zwingt zum Egoismus bzw. die Politik lebt ihn vor.

Du hast daher auch recht mit Heidelberger: auch hier leben vieler meiner Kollegen in einer "wattierten" Welt ohne Vorstellung von der Realität. Einige sind sogar der Meinung, daß sie "soooo gut wären, daß sie sofort einen neuen Job fänden oder inner Kneipe jobben könnten".
Ich lach mich jedesmal tot, wenns ncih so traurig wäre.

Ich muß zugeben: ohne meine Freundin wäre ich niemals so drauf gekommen, aber ich wäre jetzt bereit zu mehr!!!

Ein Generalstreik aller bzw. eine Konsumverweigerung, der einen Druck ausüben würde, daß Politiker endlich mal zum umdenken bringen würde, fände ich keineswegs albern...vielleicht schwer vorstellbar aber durchaus mit Durchschlagskraft.

Problem ist, wie Du schon sagst: Wenn nicht jeder am eigenen Leib spürt, wie es sich anfühlt, ohne Job zu sein, dann passiert auch nix....

Wenn z.B. alle Betroffenen: die HDWler, ORGAs, Panasonicer, Heidelberger, Caterpillarer usw. einen Tag lang bundesweit streiken würden...das wär was...das würde knallen.

Leider hat die IGM die dazu aufrufen könnte, offensichtlich nur noch die Funktion wie die Securitys in einem Rockkonzert > Distanzhalter!...naja..so long!! :wink:

ManOfConstantSorrow

Moin (Heidelberger) Gast von Vorher!

Habe gerade eine Mail von einem Freund aus Hamburg gekriegt. Er ist Drucker und wird auch gerade gefeuert. Er hat geschrieben, daß er erst durch CHEFDUZEN auf das Heidelberger Streikforum gekommen ist. Über die IGM-Sites wollte das nicht klappen, denn ein Teil ihres Online Angebots ist nur für IGM-Mitglieder und mein Kumpel ist ja bei ver.di.
Das bestätigt genau das, was du eben geschrieben hast, die Gewerkschaften zeigen wenig Interesse, daß die verschiedenen Betroffenen (und die schon-bald Betroffenen) zusammenkommen, eher im Gegenteil...
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Gast von Vorher!

Moin ManOfConstantSorrow.

erstmal liebe Grüße an deinen Drucker-Freund aus HH von einem Schriftsetzer aus Kiel! (jetzt Heidelberger)....alles Gute an Ihn!!

Die IGM-Nord-Seite hat übrigens ein Forum, wo jeder raufkommt aber leider sind meine Erfahrungen mit der IGM ziemlich mies in der Beziehung. Man wird dort ziemlich schnell gebügelt, wenn man Tabuworte wie "Arbeitskampf" oder "Streikaufruf" ausspricht....immer schöööön regulierend...Mitte haltend...nicht zu sehr nach links!!

Leider sind Gewerkschaften auch oft dann daran interessiert zu helfen, wenns Schlagzeilen bringt. Ich wills aber nicht generalisieren...einer Freundin von mir wurde z.B. noch bei der HBV in Kiel auch sehr gut geholfen...steckte aber auch ein berüchtigter Arbeitgeber hinter und war groß in der KN...

Ich frag mich mittlerweile ernsthaft, ob eine gute Rechtschutzversicherung nicht reicht...bin eh kein Vereinsmeier.

Deshalb würde ich mir an der Stelle deines Kumpels eher einen Anwalt schnappen und mit ihm über das Honorar verhandeln und parallel eine Rechtsschutz abschließen...nach 3 oder 6 Monaten bekommt er Prozesskostenbeihilfe.

Gewerkschaften sind lustigerweise nicht anders wie der ADAC...erst eintreten und dann bist DU "Kollege". Ich zahl jetzt jeden Monat 1% also 30 Euro und werde sobald ich bei Heidelberg raus bin, austreten....

Dem ADAC bleib ich aber treu....die sind immer da gewesen, wenns geknallt hat und günstiger!!

Viele Grüße, Sven

ManOfConstantSorrow

Moinmoin!

Ich bin bei der IGM nach ein paar Monaten Arbeitslosigkeit rausgeflogen, weil mein Dispo so oft überzogen war und die Einzugsermächtigung hakte.
Die haben kein Interesse irgendwelche Hungerleider zu vertreten.

Aber das gehört nicht unbedingt in die Heiderbergerdiskussion  :roll:
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

...aber wo das Thema schonmal angeschnitten ist....

Die Pastoren (als Religionslehrer) an der Berufsschule Gaarden hatten erzählt, daß sie sich an einer Aktion gegen die Politik der Banken beteiligt hatten, weil Banken mit unseren Geldern  die Rüstungswirtschaft oder Betriebe, die für besonders ausbeuterische Bedingungen in der 3. Welt berüchtigt sind, am Laufen halten.

In dieser Aktion lösten sie ihre Konten auf. Selbst Vermieter und Arbeitgeber waren bereit sich auf Bargeldverkehr einzustellen. Doch die Gewerkschaft stellte sich quer und ließ die Aktion scheitern: sie akzeptierte keine Bareinzahlungen.

Es scheint, Gewerkschaften sind nicht nur große, bürokratische und träge Organisationen, an den enscheidenden Stellen sitzen auch nur Leute, die kein Interesse an der Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse haben.

Gast von vorher

@Hallo Gast.

...ich glaube auch, es gibt unzählige Beispiele dafür, daß die Gewerkschaften nur noch regulative Funktion hat und ihren eigen Klinsch bedient, anstatt die Mitglieder. Ist ja auch kein Wunder. Warum sollte in einer Noch-Wohlstandsgesellschaft nicht auch eine Gewerkschaft degenerieren.....ich denke aber auch:

DAS hat ein THEMA für sich VERDIENT!!!

Aufrichtige solidarische Grüße von einem zukünftigen Ex-Metaller...

ManOfConstantSorrow

Die KN berichtete, es gehe nun bei den Verhandlungen in die heiße Phase.
(meine einzige Informationsquelle zum Thema neben dem Internet. Bin also stets dankbar, wenn jemand aus dem Nähkästchen plaudert und es nicht nur 3.Hand Infos gibt.)

In dem Artikel steht auch, die Forderungen in Bezug auf Auffanggesellschaft und Abfindungen seien ungewöhnlich hoch.

Das widerspricht ja der gefrusteten Stimmung der Heidelberger in den Internetforen. Es wäre sicherlich weitaus mehr drin, aber immerhin gibt es hier mehr Stolz und Einigkeit, um sich zumindest ein besseres Trostpflaster als anderswo zu erkämpfen. Das sollte man sich vor Augen halten, wenn man bedient ist, hat man täglich diejenigen vor Augen, die aufgegeben haben und diejenigen, die sogar bremsen. Jede Belgschaft hat Deppen und Feiglinge dabei. Kämpfe entstehen aus einer solchen Realität und sind nie wie im Lehrbuch.

Schon bald dürfte der Zusammenhang auseinandergerissen sein und die gemachten Erfahrungen gehen zum Großen Teil verloren. Im nächten Betrieb mit ähnlicher Situation wird wieder bei Adam und Eva angefangen.

Insofern war es immerhin ein guter Versuch in der Stadt Flugblätter zu verteilen und eine öffentliche Soli-Veranstaltung zu organisieren. Z.Zt. machen ja viele Betriebe und Branchen seit zig Jahren erstmals wieder Erfahrungen mit Streiks.

Man sollte sich wirklich vor Augen halten: Egal wie modern die Waffen sein mögen, kein Krieg funktioniert ohne Soldaten. Und egal wieweit die Produktion automatisiert sein mag, keine Fabrik funktioniert ohne Arbeiter.
In dem Augenblick wo GEMEISAM die Arbeit verweigert wird, haben die Mächtigen ihre Macht verloren.

Es ist wohl noch ein weiter Weg die allgemein verbreitete Opferhaltung ("Die da oben machen eh was sie wollen." "Der Kleine Mann kann doch nichts erreichen.") auszuräumen. Viele scheinen sich vor der Möglichkeit eigener Macht und Möglichkeiten zu fürchten.


P.S. Es spricht nichts dagegen die Gewerkschaften zu nutzen (zumal wenn es an Alternativen mangelt) solange man sich über sie keine Illusionen macht.
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Mr.K.

ZitatOriginal von (Heidelberger)Anonymous

....ein Forum ist 'ne schöne Sache zum "Rumheulen", weil Streiken bringt ja offensichtlich nichts mehr.
ZitatOriginal von G.N.(Heidelberger)

....Wir hatten den Verhandelden 2Tage Streikaussetzung genehmigt, damit sich die Gegenseite besinnen konnte. Heute sind es schon über 2 Monate und es hat sich immer noch keiner Besonnen.

2 Zitate von Heidelbergern. Zweiteres aus derm Panasonic NMS Streikforum.

Das Bewußtstein etwas verändern zu wollen ist eine Geschichte. Es bringt aber herzlich wenig, wenn man kein Druckmittel besitzt. Hat eine Firmenleitung aber keine arbeitende Belegschaft mehr, kann sie einpacken. Aber kein Management würde das je zugeben("ach, ihr schneidet euch nur ins eigene Fleisch!"). Wir sollten keinesfalls die Waffe STREIK unterschätzen!!!

ManOfConstantSorrow

27.06.2003 - 16:44 Uhr
Heidelberg-Mitarbeiter in Kiel beenden Streik
Kiel (vwd) - Die Mitarbeiter der Heidelberger Druckmaschinen AG (Heidelberg) am Standort Kiel haben ihren Streik beendet. Wie die IG Metall Bezirk Küste am Freitag mitteilte, haben sich in einer Urabstimmung 61,65 Prozent der Abstimmungsberechtigten für eine Beendigung des Arbeitskampfes ausgesprochen. Mit Streikmaßnahmen hatte die Gewerkschaft in den vergangenen Monaten gegen die geplanten Produktionsverlagerungen und Kündigungen am Standort Kiel protestiert.

Am vergangenen Wochenende hatten sich die Betriebsparteien auf einen Sozialplan für die von der Produktionsverlagerung betroffenen Mitarbeiter verständigt. "Ohne den Streik und den Kampf der Beschäftigten wäre der Sozialplan weitaus schlechter ausgefallen", sagte Christian Schoof, Verhandlungsführer der IG Metall Küste. In Kiel sollen rund 560 Stellen abgebaut werden, da die Produktion von Digitaldruckmaschinen künftig am US-Standort Rochester konzentriert wird. Zudem wird auch die Montage von Plattenbelichtern in Kiel eingestellt. +++ Heide Oberhauser-Aslan
vwd/27.6.2003/oa/bb


Man sollte dabei aber nicht vergessen, daß die IGM nicht sonderlich bemüht war etwas besseres herauszuschlagen. 2 Tage hat die Belegschaft den Streik für Verhandlungen unterbrechen wollen, woraus 2 Monate geworden sind. Und die Letzte Urabstimmung zum Streikabbruch dauerte keine 2 Tage (wie zum Streikbeginn) sondern nur 7,5 Std. Jede nicht abgegebene Stimme galt als Stimme für den Streikabbruch.
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow

Wie es scheint hat sich die Schacherei mit Heidelberger zumindest für eine Seite gelohnt:

ZitatOriginal von kn-online

Mehrheit an Heidelberger Druck beschert RWE 1,3 Milliarden Euro

 
RWE hat durch den Verkauf seiner Anteile an Heidelberger gut verdient.[/b]

 
Essen (dpa) - Der Energieversorger RWE hat mit dem Verkauf der Mehrheit an der Heidelberger Druck 1,3 Milliarden Euro eingenommen.
Insgesamt seien 30 Millionen Aktien des weltgrößten Druckmaschinen- Herstellers bei institutionellen Anlegern platziert worden, teilte der Konzern in Essen mit. RWE hatte den Anteil von 50,02 Prozent an der Heidelberger Druckmaschinen AG am Mittwoch auf den Markt gebracht.



dpa/ecoline vom 07.05.2004
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

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