Ägypten: Stark ansteigende Streikzahlen

Begonnen von ManOfConstantSorrow, 12:55:22 Fr. 11.Mai 2007

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Regenwurm

Seit Monaten andauernde Streikwelle hat zunehmend soziales Eskalationspotenzial

Ausgegangen sind die – wilden, das heißt vom Gewerkschaftsverband nicht unterstützten – Streiks von den Textilarbeitern.
Längst haben sie sich auch auf andere Bereiche ausgedehnt, etwa auf die Lebensmittelindustrie, sie betrifft aber auch Bereiche wie U-Bahn und Müllabfuhr in Kairo.
Neues, aber sie beschränkten sich früher auf die staatlichen Industrien. Jetzt ist der private Sektor betroffen, wobei es sich oft um im Rahmen der teilweise erfolgreichen Wirtschaftsreformen privatisierte Firmen handelt.

Etwa 6000 Arbeiter traten in den Streik und erzwangen die Erfüllung von Zugeständnissen: Dividenden wurden nachbezahlt, und soziale Verschlechterungen (wie Streichung von Krankengeld) rückgängig gemacht.
 In der Konfektionsfabrik Mansura-Spain-Company dauern die Proteste seit April an und sind, laut der linken Zeitung Al-Wafd, in Gefahr zu eskalieren: Die Arbeiter und Arbeiterinnen wollen in den Hungerstreik treten.
 Die Fabrik schuldet ihnen Gehaltszahlungen und Prämien seit 1995 und soll nun verkauft werden.

Quelle
Das System macht keine Fehler, es ist der Fehler.

ManOfConstantSorrow

Ägypten erlebt die größte Streikwelle seit dem Ende des II. Weltkriegs. Für 2006 wird die Zahl der Streiks, Hungerstreiks und Demonstrationen auf landesweit 222 geschätzt. In diesem Jahr gab es praktisch jeden Tag einen Arbeitskampf. Die Streiks hatten in der Textilindustrie begonnen und sich auf die Bauindustrie, die U-Bahn in Kairo, die Müllabfuhr, Bäcker, Nahrungsmittelindustrie usw. immer mehr ausgedehnt.
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow

Nach einer Studie von Mostafa Bassiouni und Omar Said (Center of Socialist Studies) haben sich im Zeitraum zwischen Dezember 2006 und September 2007 in Ägypten rund 198.400 Arbeiter an 650 Streiks beteiligt. Nicht enthalten sind die Beteiligten an Sit-ins oder Demonstrationen. Durch die Streiks fielen in den neun Monaten schätzungsweise 647.133.600 Arbeitsstunden aus. Da Streiks und Demonstrationen in Ägypten nicht erlaubt sind, können die Zahlen nur geschätzt werden.  

Die Streikwellen sind nicht nur groß, sondern sie zeigen auch beachtliche Nebeneffekte. Es kämpfen Männer und Frauen gemeinsam und auf Demos lief man mit christlichen und muslimischen Fahnen nebeneinander. Die Spaltungen an sexistischen und religiösen Linien werden in den Kämpfen aufgehoben. Grund genug öfter auf die Entwicklungen in Ägypten zu schauen.
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow

Streiks erschüttern den Alliierten der USA - Arbeiter rufen: ,,Nieder, nieder Mubarak! Deine Herrschaft ist Scheiße!"Zehntausende Arbeiter fordern den Diktator heraus

Arbeiter der Ghazl el-Mahalla Tuchfabrik in Ägypten führten am vergangenen Sonntag eine Massendemonstration durch. Sie forderten ein Ende des US-gestützten Regimes von Hosni Mubarak. Die Tuchfabrik ist die größte ihrer Art im Mittleren Osten. Die 27.000 Arbeiter der Fabrik waren bereits in der Vergangenheit daran beteiligt, das Regime zu wirtschaftlichen Zugeständnissen zu zwingen...

http://www.linkezeitung.de/cms/index.php?option=com_content&task=view&id=4182&Itemid=214
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow

26.03.08 - 12.000 Arbeiter der Helwan Steel Mills in Ägypten sind in den Streik getreten. Sie verlangen höhere Löhne und Bonuszahlungen.
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow

Die Streikwelle geht weiter: Bankangestellte, Universitäten, Ärzte...

Während der Ärztestreik am 15. März nach den Angriffen des Premierministers, der über alle ägyptischen Sender hatte verlautbaren lassen, dieser Streik sei illegal, sich in eine heftige innere Debatte der Ärztegewerkschaft verwandelte (die Gruppierung "Ärzte ohne Rechte" machte eine Sitzblockade vor dem Gewerkschaftsbüro, weil der Vorstand nach der Regierungsattacke den Streik einstweilen ausgesetzt hatte) nimmt der Streik der 2.000 Universitätsprofessoren geradezu historische Dimension an, weil erstmals voll befolgt. Trotz ständiger Spekulationen der Regierung über weitergehende Streikverbote, wird der gleichzeitige Streik der Stahlarbeiter von Helwan in der Öffentlichkeit bereits als "normal" betrachtet. Und die diversen Streikaktionen von Bankangestellten haben jetzt auch Abgeordnete dazu gebracht, öffentlich festzustellen, dass die ofizielle Gewerkschaft - die von den streikenden Bankern auf eine Stufe mit dem Vorstand des Bankenverbandes gestellt werden - seien "tot"...
http://arabist.net/arabawy/2008/03/25/unions-in-a-dire-state-says-mp-as-more-workers-protest/


Warum sich niemand um die Drohungen der Regierung kümmert...

Bei jedem neuen Streik der inzwischen schon über ein Jahr andauernden Welle wird der Ton der Regierung hysterischer - stets mit Verweis auf angebliche Illegalität. Es ist die reale Entwicklung im Lande selbst, die die Menschen dazu führt, sich nicht um diese Drohungen zu kümmern. "In der vergangenen Woche wurden laut Medienberichte bei Zusammenstössen in einem Armenviertel von Kairo zwei wartende Kunden getötet. 100 Gramm subventioniertes Brot kosten in Ägypten in der Regel fünf Piaster (gut einen Rappen). Ohne staatliche Unterstützung liegt der Preis bei mindestens dem Zehnfachen" - über die Teuerung beim Brot und die Notmaßnahmen der Regierung berichtet der ap-Artikel "Mubarak schaltet sich in Brot-Krise in Ägypten ein"
http://www.nzz.ch/nachrichten/panorama/mubarak_schaltet_sich_in_brot-krise_in_aegypten_ein_1.690512.html
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow

29.08.08 - Etwa 1.000 Zementarbeiter veranstalteten in Helwan und Tebbin südlich der ägyptischen Hauptstadt Kairo Sitzstreiks auf der Straße. Sie verlangen die Auszahlung der von Präsident Mubarak angekündigten 30-prozentigen Lohnerhöhung, eine Unterstützung für die Einschulung ihrer Kinder und eine Bezahlung der Überstunden.
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ManOfConstantSorrow

07.03.09 - In verschiedenen Teilen Ägyptens kam es diese Woche zu Streiks und Sit-Ins vor allem in Textilbetrieben. Der Protest der Arbeiter richtet sich vor allen gegen Lohn- oder Bonuskürzungen. An den Protesten in mindestens fünf Betrieben beteiligten sich jeweils zwischen 150 und 3.000 Menschen.

http://www.rf-news.de/2009/kw10/07.03.09-streiks-in-mehreren-textilfabriken-in-aegypten
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Kater

ZitatBlogger in Ägypten wegen Streik-Unterstützung festgenommen

In Ägypten ist ein Internet-Blogger festgenommen worden, weil er Aufrufe zu einem Generalstreik unterstützt hat. Er sei am Sonntag in seiner Wohnung in Fajjum südlich von Kairo in Gewahrsam genommen, hieß es in dem Blog von Abderrahman Fares. Er sei daraufhin in den Hungerstreik getreten. Ein Vertreter der Sicherheitsbehörden bestätigte die Festnahme von Fares.

Wegen Unterstützung des für Montag geplanten "Tages der Wut" der Opposition wurden innerhalb von knapp einer Woche 32 Menschen in Ägypten festgenommen. Mit einem Generalstreik will die Opposition einen höheren Mindestlohn durchsetzen.

http://de.news.yahoo.com/2/20090406/tde-blogger-in-aegypten-wegen-streik-unt-4cfbaad.html

ManOfConstantSorrow

Erstmals seit mehr als 50 Jahren gibt es mit der RETA - Gewerkschaft der kommunalen Finanzangestellten - eine, seit dem 21. April, offiziell zugelassene unabhängige Gewerkschaft: Ergebnis einer der längsten der vielen Streikbewegungen der beiden letzten Jahre. Am 24. April wurde sie in die PSI aufgenommen, der Internationale der öffentlichen Dienste im ITUC.
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ManOfConstantSorrow


Protestierende Schweinebauern treffen auf ägyptische Polizei (Foto: AP)[Bildunterschrift: Steine und Tränengas: Bei den Protesten der Schweinebauern in Kairo kam es zu schweren Ausschreitungen. ]
Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen wütenden Schweinezüchtern und Sicherheitskräften sind in Ägypten mindestens 12 Menschen verletzt worden. 14 Personen wurden wegen der Auseinandersetzungen im Großraum Kairo festgenommen.

Angesichts der massiven Proteste gegen die von der Regierung angeordnete Schlachtung aller rund 250.000 Schweine in Ägypten kündigten die Behörden Entschädigungen in Höhe von bis zu 35 Euro pro Tier an.

http://www.tagesschau.de/ausland/aegypten140.html
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ManOfConstantSorrow

ZitatStreiks in Ägypten
Von Johannes Stern
24. November 2009

"Es ist wie eine Zeitbombe - man weiß nicht, wann es zur Explosion kommen wird." Mit diesen Worten beschreibt der ägyptische Politikwissenschaftler Hassan Nafaa die Streik- und Protestwelle, die Ägypten in diesem Jahr erfasst hat. Nach verschiedenen Zählungen hat es bereits mehr als 600 Streiks und Sit-Ins gegeben. In den Monaten September und Oktober wurden fast täglich Proteste von Arbeitern gemeldet, und insgesamt legten Tausende ihre Arbeit nieder, um gegen schlechte Arbeitsbedingungen und geringe oder nicht ausgezahlte Löhne zu protestieren. Ägyptische Blogger und Zeitungen haben regelmäßig von den Protesten berichtet.


Am 17. September gingen 3.500 Textilarbeiter der ‚Abu Sabae'-Fabrik in der Industriestadt Mahalla al-Kubra auf die Straße. Sie zogen vor das Haus des Besitzers der Fabrik, Ismail Abu Sabae, um dort für eine halbe Stunde ihren Lohn einzufordern und gegen einen zweiwöchigen, unbezahlten Zwangsurlaub zu demonstrieren. Später setzten die Arbeiter ihren Protestzug Richtung Stadtverwaltung fort und legten den Verkehr auf der al-Bahr Hauptstraße lahm, bis sie von Sicherheitskräften gestoppt wurden. Der Blogger Mohammed Maree, der über den Protest berichtete, wurde von den Sicherheitseinheiten mit Arrest und der Konfiszierung seines Materials bedroht. Er war bereits nach den großen Demonstrationen in Mahalla am 6. und 7. April 2008 für drei Monate inhaftiert worden, als er ebenfalls über die Proteste schrieb.

Nach einem Bericht der unabhängigen Tageszeitung al-Masry al-Youm traten Anfang Oktober 1.200 Arbeiter der privatisierten ‚Telephones Equipment Company' in Helwan, einem Stadtteil im Süden von Kairo, in einen zwölftägigen Streik. Die Arbeiter nahmen die Geschäftführung als Geiseln. Sicherheitseinheiten, die die Fabrik umstellten, waren nicht in der Lage, die Arbeiter zur Beendigung der Geiselnahme zu bewegen. Die Geiseln wurden erst wieder frei gelassen, nachdem die Ministerin für Arbeit und Migration, Aisha Abdel Hadi, die sofortige Auszahlung der Löhne und Bonuszahlungen offiziell zugesichert hatte.

Im selben Zeitraum hatten 1.500 Arbeiter der ‚Misr-Iran Spinning and Weaving Company' in Mahalla al-Kubra ihre Arbeit niedergelegt und ebenfalls Teile der Firmenleitung festgesetzt. Das Management hatte die Lohnzahlungen an die Arbeiter mit der Begründung eingestellt, dass diese nach einem Rückgang der Verkäufe schlicht nicht möglich seien.

Am 12. Oktober begannen Arbeiter einen weiteren Streik in einer Textilfabrik der industriellen Freihandelszone ‚10th of Ramadan'. Hier verweigerte das Arbeitsministerium die Auszahlung der Löhne. Die Arbeiter beendeten am 19. Oktober ihren Streik, nachdem das Ministerium versprochen hatte, die Löhne aus einem Sonderfonds zu bezahlen.

Am gleichen Tag organisierten 1.200 Arbeiter von ‚Misr Spinning and Weaving' in Mahalla nach Beendigung der Frühschicht ein Sit-in, nachdem das Management die Auszahlung eines zusätzlichen Monatsgehalts verweigert hatte, die das Ministerium für Investitionen allen Arbeitern im nationalen Wirtschaftssektor zugesichert hatte. Nur vier Tage zuvor hatten bereits Arbeiter einer Teppichfabrik in Mahalla aus demselben Grund protestiert. Der Geschäftsführer von ‚Spinning and Weaving' bot den Arbeitern lediglich einen Drittel des ihnen zustehenden Gehalts an. Kurz darauf wurde dann auch dieses Angebot wieder zurückgezogen.

Am 22. Oktober berichtete die Zeitung al-Youm al-Sab'a, Sicherheitskräfte hätten einen Protest von Arbeitern von ‚Nasr Glass and Crystal Company' in Shubra (ein Arbeiterviertel im Norden von Kairo) unterdrückt. Die Arbeiter hatten gegen drohende Massenentlassungen nach der geplanten Privatisierung der Firma demonstriert.

Am 26. Oktober gingen erneut Sicherheitskräfte gegen Arbeiter vor. Sie umzingelten in Tanta, einer Stadt 100 Kilometer nördlich von Kairo, den Betrieb ‚Tanta Flex and Oil', wo sich 1.000 Arbeiter seit mehr als fünf Monaten im Streik befanden. Die Arbeiter sollten davon abgehalten werden das Firmengelände zu verlassen und vor dem Kabinett in Kairo zu protestieren.

Auch die Gewerkschaft der Textilarbeiter trat als offene Gegnerin der Streikenden auf und weigerte sich, die Löhne aus der Streikkasse zu bezahlen. Die Arbeiter hatten mit großer Mehrheit gegen ein Abkommen zwischen der Gewerkschaft und der Unternehmensleitung gestimmt und eine Fortführung des Streiks beschlossen.

Anfang November handelte die Gewerkschaft ein neues Abkommen aus, das am 10. November in Kraft treten sollte, falls die Arbeiter den Streik beenden würden. Da das Abkommen nichts weiter vorsah, als rückwirkende Lohnzahlungen und eine geringe Anhebung des Essensgeldes, lehnten es erneut viele Arbeiter ab. Am 5. November besetzten sie die Fabrik und zwangen Sicherheitskräfte und Mitglieder des Managements das Firmengelände zu verlassen.

In Ägypten demonstrieren und streiken dieser Tage nicht nur Industriearbeiter, sondern auch Lehrer, Angestellte im öffentlichen Dienst und Müllsammler. Breite Schichten der Bevölkerung spüren die Auswirkungen der neoliberalen Reform- und Privatisierungspolitik, die das autoritäre Mubarak-Regime während der letzten Jahre verfolgt hat. Sie werden nun durch die Weltwirtschaftskrise noch verschärft. Schätzungen zu Folge wird das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr etwas über vier Prozent betragen, was einen Rückgang um ca. drei Prozent bedeutet.

Das Wirtschaftswachstum lag in den Jahren zuvor konstant bei ungefähr sieben Prozent. Ägypten wurde vom Internationalen Währungsfond und von neoliberalen Ökonomen wegen seinen "Reformen" und Strukturanpassungsprogrammen als Musterland gefeiert. Das dieses relativ hohe Wachstum erstens sehr brüchig ist und zweitens nur die Reichsten des Landes profitieren lässt, wird immer deutlicher.

"Dem Durchschnittsbürger kam das Wachstum nicht zugute", stellt der Wirtschaftsprofessor der American University in Cairo, Ahmed Kamaly, fest. Er ist einer der Autoren des jüngsten Berichts der "General Authority for Investment" (GAFI), einer Behörde der ägyptischen Regierung, die für die Regulierung und Erleichterung von Investitionen zuständig ist.

Der Bericht zeigt auf, dass die Politik der "offenen Tür" und der Privatisierungen der letzten beiden Jahrzehnte die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter geöffnet hat. Lediglich die zehn obersten Prozent der Bevölkerung haben von den hohen Wachstumsraten profitiert. Die ausländischen Investitionen, die in den letzten Jahren in Ägypten getätigt wurden, sind vor allem in den Finanzsektor und in die Sektoren Öl und Gas geflossen, wo so gut wie keine neuen Arbeitsplätze entstanden.

Seitdem der Internationale Währungsfond Ägypten im Jahr 1991 ein Strukturanpassungsprogramm aufgezwungen hat, ist es zu einer dramatischen Verarmung der ägyptischen Bevölkerung gekommen. Lebten zu Beginn der Strukturanpassung 20 Prozent von weniger als zwei Dollar am Tag, sind es heute 44 Prozent. Im letzten Jahrzehnt, also genau in der Zeit, in der die Wachstumsraten am höchsten waren, stieg die absolute Armut von 16,7 auf mittlerweile fast 20 Prozent.

Weiterhin geht aus dem Bericht hervor, dass die ägyptische Regierung den Anstieg von privaten Investitionen als Möglichkeit betrachtete, Ausgaben bei Sozialleistungen wie Bildung und Gesundheit zusammenzustreichen. Darüber hinaus werden Korruption, die unterentwickelte Infrastruktur, niedrige Alphabetisierungsraten und ein Mangel an professioneller Ausbildung angeprangert.

Insgesamt ist der GAFI-Bericht ein Schlag ins Gesicht all jener neoliberaler Propagandisten, die die Mär verbreitet haben, hohe Wachstumsraten brächten einen Anstieg des Lebensstandards der Bevölkerung mit sich. Er ist eine Abrechnung mit der ägyptischen Regierung, die alles dafür getan hat, die Forderungen des Internationalen Währungsfonds und des amerikanischen Imperialismus umzusetzen. Nach den letzten Wahlen im Jahre 2004 hatte die Mubarak-Regierung den Spitzensteuersatz von 42 auf 20 Prozent gesenkt, was bedeutet, dass ein mehrfacher Millionär genau so viele Steuern zahlt wie ein Arbeiter, der im Monat weniger als 50 Euro verdient. Der Mindestlohn, der in Ägypten seit 25 Jahren bei 35 LE (weniger als 5 Euro) im Monat liegt, wurde benutzt, um Löhne niedrig zu halten und immer weiter zu senken.

Trotz der enormen Zunahme an sozialer Ungleichheit will die regierende Nationaldemokratische Partei (NDP) die neoliberale Agenda der letzten Jahre weiter verschärfen. Der ägyptische Präsident Hosni Mubarak verkündete Anfang November auf dem diesjährigen 6. Kongress der NDP den weiteren Anstieg ausländischer Investitionen und das Ziel, das Wirtschaftwachstum um 6 Prozent zu erhöhen.

Diese Politik, von der lediglich eine schmale und korrupte Schicht an der Spitze der Gesellschaft profitiert, wird zu immer heftigeren sozialen Auseinandersetzungen in Ägypten führen. Amr Hashem Rabie, ein Politikexperte des ‚Al-Ahram Centre for Political and Strategic Studies' kommentierte den Kongress der NDP gegenüber der Nachrichtenagentur IPS mit den Worten: "Die öffentliche Wahrnehmung der NDP war noch niemals schlechter. Die offensichtliche Verkupplung von Reichtum und Herrschaft beschädigt das Image der Partei als Hüterin des Allgemeinwohls."
http://www.wsws.org/de/2009/nov2009/aegy-n24.shtml
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kuddel

ZitatPolizeigewalt in Ägypten
Jenseits der roten Linie

Proteste nach dem Tod eines jungen ägyptischen Mannes zeigen die Bedeutung des Internets für Oppositionelle in ganz Arabien – aber auch seine Grenzen.
VON KARIM EL-GAWHARY


Gegen Polizeiwillkür: Ein Demonstrant in Alexandria vor dem Foto des
getöteten Said. Foto: ap


Wahrscheinlich sind es die beiden Bilder nebeneinander, die zu dieser Reaktion geführt haben. Der junge Ägypter Khaled Said blickt freundlich und zuversichtlich in die Kamera. Er sieht so aus, wie sich eine ägyptische Schwiegermutter ihren Schweigersohn erträumt. Und dann das zweite: Seine Leiche: er ist kaum mehr wiederzuerkennen mit seinem gebrochenen Kiefer und seinem vollkommen entstellten Gesicht.

Es sind zwei Fotos, die man nicht mehr vergisst, wenn man sie gesehen hat. Und sie kursieren im Internet hundertfach, auf YouTube, im Netzwerk Facebook oder auf den Seiten ägyptischen Blogger. "Dein Blut wird nicht billig sein", heißt es in einer Internetnotiz. Mehrere hunderttausende Male ist diese virtuelle Anklage gegen die Polizeigewalt in Ägypten inzwischen angeklickt worden. Dort wurden zwei Facebookseiten in Gedenken an Khaled und zur weiteren politischen Mobilisierung eingerichtet. Auf einer der beiden mit dem Titel "Ich heiße Khaled Said" sind bisher fast 220.000 Menschen registriert, um Neuigkeiten im Fall Khaled zu erfahren. Einer weiteren mit dem Titel "Wir sind alle Khaled Said" folgen fast 130.000 Menschen.
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Die Nachricht des 28-jährigen Khaled, der von zwei Polizisten in Alexandria auf offener Straße totgeprügelt wurde, verbreitete sich schnell im Netz. "Er stirbt, ,Hört auf!', sollen Passanten noch geschrien haben." Warum es die Polizisten ausgerechnet auf Khaled abgesehen hatten, ist noch unklar. Laut dem Innenministerium soll er drogenabhängig gewesen sein und sich geweigert haben, sich gegenüber Zivilpolizisten auszuweisen. Gestorben sei er an den Drogen, die er beim Auftauchen der Polizisten heruntergeschluckt habe.

Das Bild seiner geschundenen Leiche lässt andere Interpretationen zu. Augenzeugen erzählen, dass Khaled zuerst von den beiden Polizisten in einem Internetcafé geschlagen wurde, dass sein Gesicht an einer Marmorplatte aufgeplatzt sei. Nach Protest des Cafébesitzers hätten die beiden den jungen Mann dann mit nach draußen genommen und dort so lange geprügelt, bis sie seinen leblosen Körper abtransportiert haben. Später wurde die Leiche in der Nähe abgelegt.

Khaleds Eltern haben inzwischen gegen den Innenminister und die staatlichen Medien, die die Version von den heruntergeschluckten Drogen verbreitet haben, eine Verleumdungsklage erhoben. Sie behaupten, die Polizei habe es auf Khaled abgesehen, weil er im Besitz eines Videos war, das die Polizisten beim privaten Aufteilen konfiszierter Drogen zeigen soll. Auch dieses Video kursiert inzwischen auf YouTube, inzwischen 240.000 Male angeklickt.

Währenddessen werden die Ägypter über Facebook immer wieder zu neuen Aktionen aufgerufen, um gegen den Tod Khaleds und gegen fast 30 Jahre Notstandgesetze und Polizeiwillkür zu protestieren. Sowohl in Kairo als auch in Alexandria kam es zu Demonstrationen. In Alexandria waren die Menschen letzten Freitag aufgerufen, sich schwarz zu kleiden und an die Uferpromenade am Mittelmeer zu stellen. Hunderte folgten dem Aufruf, viele saßen an der Promenade und lasen den Koran. Die Polizei blieb machtlos und rief die Menschen vereinzelt auf, weiterzugehen. Und auch diese Aktion fand wenige Stunden später mit Fotos und Videos auf Facebook, in Blogs und auf YouTube ihren Niederschlag.

Das Internet ist in Ägypten zum Oppositionsführer geworden. Gerade Facebook wird nicht nur in Ägypten, sondern überall in der arabischen Welt zu einem wichtigen Kommunikationsmittel, jenseits der staatlichen Zensur und der roten Linien, an die sich auch die unabhängige Presse halten muss. In der arabischen Welt gibt es inzwischen, laut einer Studie der "Spot on Public Relation"-Agentur in Dubai, mehr Facebook-Nutzer als Zeitungsleser. Danach nutzen 15 Millionen Menschen in der arabischen Welt das soziale Internet-Netzwerk Facebook, verglichen mit der Auflage von etwas weniger als 14 Millionen Zeitungen, die auf Arabisch, Englisch und Französisch in der Region erscheinen.

"Facebook und andere soziale Internet-Plattformen beginnen nun zu definieren, wie Menschen Informationen entdecken und teilen und wie sie sich eine Meinung bilden", sagt Carington Malin, Vorstand der Spot On Public Relation. Fünf arabische Länder stellen 70 Prozent der arabischen Facebook-Nutzer: Ägypten, Marokko, Tunesien, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Allein 3,5 Millionen neue Teilnehmer kamen dazu, seit Facebook auch die arabische Schrift unterstützt. Allerdings benutzen laut der Studie 50 Prozent der Menschen in der arabischen Welt Facebook auf Englisch, die andere Hälfte teilen sich Französisch und Arabisch. Ägypten steht mit 3,5 Millionen Facebook-Nutzern an der Spitze.

Der ägyptische Internet-Blogger Hossam al-Hamalawy ist einer der Aktivisten, die hinter der Internet-Kampagne in Ägypten stecken. Es dauert, bis er seine Haustür in Kairo öffnet. Er läuft an Krücken. Bei einer Demonstration zum Fall Khaled war er im Gerangel mit der Polizei verletzt worden. Er trägt es mit Fassung.

"Die Blogger und die neue Medien, die spielen eine sehr wichtige Rolle. Jemand setzt dort eine Nachricht hinein, jemand anderes sieht das und verbreitet sie weiter. Seht, was dort passiert ist, heißt es überall. Das verbreitet sich wie ein Virus", sagt Hossam. Er erklärt auch, wie der Mechanismus mit den offiziell unabhängigen Medien funktioniert.

Die können zunächst nicht einfach über den Fall Khaled berichten, stattdessen schreiben sie über die Blogger oder über die Bewegungen auf Facebook, und schon ist der Fall Khaled auch in Zeitungen und Rundfunk. Dann bekommen die traditionellen Medien wieder einen Maulkorb verpasst, aber die Blogger tragen den Fall weiter, bis die traditionellen Medien wieder darüber berichten können.

Die Regierung hat wenig Handhabe. Sie versucht die Blogger zu diskreditieren, behauptet, dass sie lügen, dass sie vom Ausland bezahlt würden. Und manchmal wird auch der ein oder andere bedroht oder verhaftet. Aber, sagt Hossam, Ägypten, das sei nicht der Iran.

Webseiten wurde bisher nicht dichtgemacht. "Das liegt nicht daran, dass wir eine aufgeklärte Regierung haben", sagt er. "Wir haben eine Regierung, die sich als freundlich gegenüber den elektronischen Medien präsentieren möchte, für die multinationalen Firmen", erläutert er. "Sie konkurrieren mit anderen Ländern der Dritten Welt, als billiges Land für das Outsourcen von IT-Arbeiten. Wenn man also die Firmen Microsoft und Google anlocken will, dann kann man nicht gleichzeitig anfangen, das Internet zu zensieren, das wäre alles andere als geschäftsfreundlich", sagt er. Aber Hossam ist auch realistisch, was die Blogger und Internet-Aktivisten erreichen können: "Dieses System wird weder durch Twitter noch durch Blogs, noch durch Facebook geändert werden. Das wird nur reformiert, wenn die Leute auf die Straße gehen."

Das Internet und die neuen Medien, das seien Instrumente, aber am Ende werden nicht sie es sein, die einen Wechsel des Regimes hervorbringen.

Trotzdem hallt die Mobilisierung im Internet inzwischen auch auf die Straße nach. Mehrere tausend Leute folgten am letzten Freitag einem Aufruf auf Facebook in Alexandria gegen die Polizeigewalt im Fall Khaled zu demonstrieren. In einem Land, in dem man fürchten muss, von der Polizei mitgenommen zu werden, wenn sich mehr als fünf Leute versammeln, ist das viel. Zu dem Protest aufgerufen hatte der Friedensnobelpreisträger und ehemalige Chef der Atomenergiebehörde Muhammad El-Baradei, der möglicherweise bei den nächsten Präsidentschaftswahlen den seit fast 30 Jahren regierenden Husni Mubarak herausfordern will.

Auch er mobilisiert seine Anhänger durch die neuen Medien. Seine Facebookseite hat inzwischen mehr als eine Viertelmillion Anhänger.
http://www.taz.de/1/politik/afrika/artikel/1/jenseits-der-roten-linie/

ManOfConstantSorrow

Wir werden bombardiert mit Meldungen über den Terroranschlag gegen koptische Christen in Ägypten. Es wird eine Veränderung der Entwicklungshilfe gefordert, eine andere Asylpolitik gegenüber Christen und überhaupt wird der Nahe Osten wieder zu einem Ort eines Religionkonflikts zusammengelogen.

Bei "Terroranschlägen" gibt es doch eine Faustregel: Wer von der Aktion profitiert, der war's!

Kleiner Rückblick: Im gesamten Nahen Osten und in Nordafrika gährt's. Die Bevölkerung läßt sich Verarmung und Entrechtung immer weniger gefallen. Die Protete in der Region haben immer weniger zu tun mit Religion und den albernen politische Gruppierungen, von denen die West-Medien so gern berichten. Die Menschen wehren sich gegen Ausbeutung und Unterdrückung seitens der korrupten Regierungen, der Wirtschaft und der Mullahs. In den Protesten einten sich Moslems, Christen und Atheisten (von denen es dort mehr gibt, als man ahnt).

Was wäre in einem solchen Moment hilfreicher, als so ein Bombenanschlag? Plötzlich geht es nicht mehr um die sozialen und politischen Probleme, sondern um religiösen Scheiß? Plötzlich geht es nicht mehr um den Konflikt zwischen Bevölkerung und Regierung, zwischen Arm und Reich?

Wenn der Anschlag tatsächlich von irgendwelchen religiösen Irren durchgeführt worden sein sollte, dann war er ein Geschenk an die Regierungen und Geheimdienste der Region und des Westens.

Ich glaub' es aber nicht.
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kuddel

ZitatTausende protestieren am ,,Tag des Zorns"
Inspiriert vom Umsturz in Tunesien gehen in Kairo und anderen ägyptischen Städten tausende Demonstranten auf die Straßen. Sie fordern die Absetzung von Präsident Mubarak. Die Polizei reagiert mit einem Großaufgebot und Wasserwerfern.


Von Rainer Hermann, Riad

Bei den größten Demonstrationen in Ägypten seit Jahrzehnten haben mehr als 10. 000 Demonstranten gegen den seit 1981 amtierenden Staatspräsidenten Hosni Mubarak protestiert. Auf den Transparenten war zu lesen: ,,Tunesien ist die Lösung!" Die Demonstranten skandierten ,,Nieder mit Hosni" und ,,Mubarak, Saudi-Arabien wartet auf dich". Sie sangen die Nationalhymne und trugen die ägyptische Flagge. Es gab kaum Zusammenstöße zwischen den Demonstranten und den massiv aufgebotenen Sicherheitskräften, die bereits Stunden vor dem Beginn der Proteste Aufstellung bezogen hatten. Von fünf verletzten Demonstranten war die Rede. Der größte Protestzug zog zum Sitz der Staatspartei NDP. Die Sicherheitskräfte griffen nicht ein. Demonstrationen fanden in mehreren Vierteln Kairos und in sechs weiteren Städten Ägyptens statt.

Zu dem ,,Tag des Zorns", der mit dem staatlichen ,,Tag der Polizei" zusammenfiel, hatte eine Facebook-Gruppe mit 87.000 Mitgliedern aufgerufen. Die lebhaften Internet-Aktivisten sind in den vergangenen Jahren die entschiedensten Gegner des Regimes geworden. Die Veranstalter bezeichneten die Proteste als einen ,,Tag der Revolution gegen Folter, Armut, Korruption und Arbeitslosigkeit". Sie sollten auch das Ende der Passivität einleiten. Muhammad ElBaradei, der frühere Chef der IAEA, unterstützte die Initiative. 40 Prozent der Ägypter leben mit weniger als 2 Dollar am Tag unter der Armutsgrenze.


Volkes Zorn und Tränengas: Bei Demonstrationen in der Stadtmitte von Kairo kommt es zu Zusammenstößen zwischen Polizei und DemonstrantenVolkes Zorn und Tränengas: Bei Demonstrationen in der Stadtmitte von Kairo kommt es zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten

Innenminister Habib Adli hatte vor dem Beginn der Proteste mit der Verhaftung der Aktivisten gewarnt. In einem Interview mit der Zeitung al-Ahram räumte er ein, dass der Impuls zu den Kundgebungen von der Jugend komme. Als ,,Propaganda" tat er die Aussage ab, der Fall von Tunesiens Ben Ali sei ein Modell. Der Sicherheitsapparat werde dafür sorgen, dass die Straßenproteste der Jugend ohne Wirkung blieben, kündigte er an. Lediglich kurze Proteste würden für eine kurze Zeit geduldet. Nach dem ägyptischen Gesetz müssen Kundgebungen genehmigt werden. Genehmigungen werden selten erteilt, so dass Kundgebungen meist illegal sind.
http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437BAA85A49C26FB23A0/Doc~E7245E4B39E4D4FBB918A905F5F8F852B~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Aloysius

Gerade schaue ich mir - dank des Kabel Digital TVs - Al-Jazeera (engl.) an

http://english.aljazeera.net/

Livestream mit verschiedenen Kommentatoren vor Ort.
Reden wir drüber

ManOfConstantSorrow

Ich mache mir seit einiger Zeit Gedanken zum Thema. Finde irgendwie nie die Zeit etwas zu formulieren.

Hab mich derweil gefreut über ein paar Gedanken, die jemand bei chefduzen-Schweiz veröffentlicht hat:

ZitatDer politische Wille

Beitragvon sweatshirt am 30 Jan 2011, 13:47

All die beschissnen Jahre. 9/11, der Afghanistan-Krieg, der bis heute geht. Die Selbstmordbomber in Israel/Palaestina, der Irakkrieg und das sektiererische Schlachten, das darauf folgte. Bombenkrater mit mehreren Metern Tiefe und so. Leichenteile, die hunderte Meter verstreute liegen. Solches Zeug. Und ueberall Islamisten. Islamisten und Killer-Einheiten von autoritaeren Regimes. Am Ende laeuft alles auf Somalia hinaus, konnte man denken. Somalia und Blackwater. Konnte man sagen. Sagte man. Und in Diskussionen, ja die Diskussioenen und Gespraeche ueber den Nahen Osten, irgendwie will man ja die Fahne hochhalten und man erzaehlt von den Demos in Bilin Palaestina oder dass es im Sommer 2003 im Irak eine Basisbewegung gegeben hat. Oder von Food Riots in Algerien und Aegypten im Jahr 2008. Aber was war das schon gegen das Gemetzel? Das allgemeine Gemetzel. Eigentlich nichts. Aber jetzt! Jetzt scheint das Eis gebrochen. Natuerlich war Tunesien nicht 'make something out of nothing'. Da war die Bewegung in den Phosphat-Staedten. Gafsa, heisst es dort, so viel ich weiss. Und wenn man auf Labournet auf Aegypten geht, dann steht da 'Vier Jahre neue ArbeiterInnenbewegung'. Beharrlich und emsig versuchten Leute etwas auf die BEine zu stellen. Traegt das jetzt Fruechte? Bernhard Schmid findet, es sei wegen den Gewerschaften in Tunesien. Die etwas unabhaengiger seien. Das ist mir egal. Dann soll es das finden. Fakt ist: In drei Wochen wurde der Praesident davongejagt. Und der sass seit 23 Jahren im Sessel. Ein Clan, der das Land im Griff hatte. Flutsch und weg! Und flugs darauf erschallt es in den Strassen von Kairo, Sanaa, in der ganzen arabischen Welt, sie wollen alle ihre Praesidenten sturzen. Das ist Beispiel und Nachahmung. Ausdruck von Willenskraft. Der politische Wille die Welt zu veraendern. Stimmt sehr optimistisch. Nichts, aber auch gar nichts von Islamismus. Scheint ueberhaupt keine Rolle zu spielen. Es ist wohl so, dass manche Prozesse sich irgendwann einfach aufheben und ein Zustand erreicht wird, der voellige Offenheit beinhaltet. Es kann ueberall hingehen. Alles ist moeglich. Das Regime hat so lange die Macht, wie man sie ihm gibt. Wenn man entscheidet, dass man es nicht mehr will, dann stuerzt man es. Schluss. Fertig. Ohne langes Zaudern. Ohne Sitzungen. Und was sollen dann Organisationen, die aus dem bisherigen Status quo kommen (z.B. Gewerkschaften)? Man macht die Gesellschaft neu, man erschafft neue soziale Beziehungen, man krempelt die Bedeutungszummenhaenge voellig um. Also entstehen auch neue Organisationen. Das ist wichtig. Das war vorher war, war auch wichtig (vier Jahre neue Arbeiterbewegung, etc). Aber nicht mehr, wenn es darum geht, etwas Groesseres zu vollbringen. Dann beginnt eine neue Zeit. Immanuel Wallerstein sagt, alle Zyklen des Weltsystems seien am Tiefpunkt, die kurzen, die mittleren und die langen. Wir seien in einen Zustand des 'systemischen Chaos' eingetreten. Und da koennten sehr kleine Ereignisse sehr grosse Auswirkungen haben. Wobei der Ausgang voellig ungewiss sei. Im Moment 'protesters dominate central Cairo'...
http://www.chefduzen.ch/viewtopic.php?f=14&p=2060&sid=92f8740d8d34849426df7b466bbc82fc#p2058
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kuddel

Freunde und Unterstützer eines Terrorregimes und eines Diktators:

























(Empfang der Bundeswehr!)












Die eigene Bevölkerung sieht ihn eher so:










Kuddel

Die Medien reden irgendwelchen Scheiß von einer Revolution in Ägypten. Es war jedoch ein Militärputsch im Schatten der Proteste.

ZitatNeue militärische Machthaber wollen Streiks verbieten

Eine Welle von massiven Streiks hat sich inzwischen über viele Industrieregionen Ägyptens ausgebreitet. Besonders in der Industriestadt al-Mahalla al-Kubra im Nildelta kämpfen wie schon oft in den vergangenen Jahren Arbeiter in den Textilfabriken für eine bessere Bezahlung. Diese Streikbewegung war eine der Keimzellen für die "Jugend des 6. April", eine der Gruppen, die in den letzten Wochen die Proteste auf dem Tahrir-Platz organisiert hat. Die Streikenden fordern höhere Löhne, langfristige Arbeitsverträge und bessere Arbeitsbedingungen, sowie gewerkschaftliche Rechte.

Während einerseits versucht wird, die Streiks durch Versprechungen zu beenden, wie bei Telecom Egypt, wo Gehaltserhöhungen von 15 Prozent zugesagt wurden, drohen andererseits die neuen militärischen Machthaber mit Verbot aller Streiks. Im Staatsfernsehen stellte ein Sprecher des Militärats das Communiqué Nr. 5 vor, das den Streik "als ernste Bedrohung der Wirtschaft" diffamiert. Der Militärrat erklärte, die Aktionen gefährdeten die Sicherheit des Landes, schadeten der Wirtschaft und behinderten die Menschen in ihrem Alltag. In dieser kritischen Phase müssten Volk und Armee zusammenstehen, damit die ,,verantwortungslosen Elemente" der Gesellschaft die Situation nicht ausnutzen könnten.
http://www.rf-news.de/2011/kw07/aegypten-neue-militaerische-machthaber-wollen-streiks-verbieten

Kuddel

ZitatÄgyptische Zentralbank ruft zu Streik-Ende auf

Kairo (DPA) Die ägyptische Zentralbank hat am Mittwoch die Beschäftigten des Finanzsektors aufgefordert, ihre Streiks und Ausstände zu beenden. Sie sollten wieder zur Arbeit gehen und ,,die Stabilität der Volkswirtschaft gewährleisten", hieß es in dem Aufruf. Nach dem Rücktritt des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak am letzten Freitag sind landesweit in vielen Banken Arbeitskonflikte ausgebrochen. Die Mitarbeiter protestierten vor allem gegen die angebliche Korruption und Unfähigkeit ihrer Spitzenmanager.

Am Sonntag hatten viele Banken erstmals nach den zweieinhalbwöchigen Turbulenzen wieder geöffnet, die zur Entmachtung Mubaraks geführt hatten. Etliche nahmen aber wegen der Streiks ihrer Mitarbeiter keinen geordneten Betrieb auf. Die Nationalbank verfügte deshalb nicht nur für den Dienstag, einen religiösen Feiertag, sondern auch für die darauffolgenden Tage eine neuerliche Schließung der Bankhäuser. Sie sollen nun an diesem Sonntag wieder öffnen.

In ihrer Erklärung empfahl die Zentralbank allen Bankangestellten, pro Bank jeweils 20 Personen aus ihren Reihen zu wählen. Sie sollen Verhandlungskomitees bilden und ihre Forderungen mit dem jeweiligen Management erörtern. Unmittelbar nach dem Rücktritt Mubaraks war es auch in anderen Wirtschaftszweigen und in staatlichen Institutionen zu Streiks und Arbeitskämpfen gekommen. Zur Wochenmitte flauten diese sozialen Bewegungen wieder etwas ab.

Die Behörden verschoben indes die geplante Wiederaufnahme des Schulbetriebs um eine Woche. Statt wie bisher vorgesehen an diesem Samstag, öffnen Schulen und Universitäten erst am 26. Februar wieder ihre Tore, teilte das staatliche Fernsehen am Mittwoch mit. In Ägypten ist - wie auch in anderen islamischen Ländern - der Freitag der Wochenfeiertag.
http://www.moz.de/nachrichten/vorlage-themenseite/artikelansicht/dg/0/1/282851/

Kuddel

ZitatÄgypten öffnet die Grenze zum Gazastreifen

Kairo - Ägypten öffnet die Grenze zum Gazastreifen. Das staatliche Fernsehen berichtete am Freitag, unter anderem solle in Ägypten gestrandeten Palästinensern die Möglichkeit zur Heimreise gegeben werden.


Der Grenzübergang Rafah liegt auf der Sinai-Halbinsel.
Der Entscheid zur Öffnung fiel eine Woche nach dem Sturz des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak, der mit Israel an der Blockade des von der radikal-islamischen Hamas beherrschten Gazastreifens zusammengearbeitet hatte.
http://www.nachrichten.ch/detail/479240.htm

Kuddel

ZitatEgyleaks
Ägypter kämpfen um Archive der Staatssicherheit

Ägyptens Geheimpolizei versucht, ihre Archive zu vernichten. Demonstranten wollen sie sichern und stellen gefundene Akten ins Netz. Es geht auch um Deutsche.



Die ägyptische Armee versucht, Demonstranten daran zu hindern,
das Hauptquartier der Staatsicherheit in Kairo zu stürmen


Was derzeit in Ägypten geschieht, erinnert an das Ende der DDR. Mit einem Unterschied: Heute gibt es das Internet. Demonstranten haben in Kairo das Hauptquartier der ägyptischen Staatssicherheit Amn al-Dawla gestürmt. Und sie sind dabei, die Dinge, die sie dort finden, ins Internet zu stellen.

So gibt es bei YouTube Videos aus den dortigen Büros und den Gemächern des ehemaligen Innenministers, die vergoldete Wasserhähne und holzgetäfelte Salons zeigen.

Vor allem aber gibt es Bilder von Dokumenten und Akten. Bei Facebook und bei Flickr tauchen unter dem Stichwort "EgyLeaks" mehr und mehr Fotos von Papieren auf, die Demonstranten in dem Gebäudekomplex entdeckt haben. Auch in anderen ägyptischen Städten versuchen Demonstranten, in Gebäude der Sicherheitspolizei einzudringen, nachdem es Gerüchte gegeben hatte, die Beamten seien dabei, die Archive zu vernichten.

Egyleaks Ägypter kämpfen um Archive der Staatssicherheit

Ägyptens Geheimpolizei versucht, ihre Archive zu vernichten. Demonstranten wollen sie sichern und stellen gefundene Akten ins Netz. Es geht auch um Deutsche.


Was derzeit in Ägypten geschieht, erinnert an das Ende der DDR. Mit einem Unterschied: Heute gibt es das Internet. Demonstranten haben in Kairo das Hauptquartier der ägyptischen Staatssicherheit Amn al-Dawla gestürmt. Und sie sind dabei, die Dinge, die sie dort finden, ins Internet zu stellen.

So gibt es bei YouTube Videos aus den dortigen Büros und den Gemächern des ehemaligen Innenministers, die vergoldete Wasserhähne und holzgetäfelte Salons zeigen.

Vor allem aber gibt es Bilder von Dokumenten und Akten. Bei Facebook und bei Flickr tauchen unter dem Stichwort "EgyLeaks" mehr und mehr Fotos von Papieren auf, die Demonstranten in dem Gebäudekomplex entdeckt haben. Auch in anderen ägyptischen Städten versuchen Demonstranten, in Gebäude der Sicherheitspolizei einzudringen, nachdem es Gerüchte gegeben hatte, die Beamten seien dabei, die Archive zu vernichten.

Der derzeit das Land regierende Armeerat hat bereits dringend darum gebeten, die Akten zurückzugeben, sie nicht zu veröffentlichen oder an Medien weiterzuleiten. Begründet wurde der Aufruf mit der Sorge um die nationale Sicherheit.

Nachdem, was bislang öffentlich geworden ist, müssen sich die Reste der alten Elite jedoch eher um ihre eigene Sicherheit sorgen. Denn die Demonstranten berichten vor allem von Folterinstrumenten, die sie finden, von Beweisen über gefälschte Wahlen und von Belegen dafür, wie die Opposition im Land jahrelang bespitzelt und unterdrückt wurde.

Auch eine Verbindung zu Deutschland gibt es. So belegt ein Dokument mit dem Aufdruck "streng geheim", dass deutsche Technik dabei helfen sollte, die Computer und die Internetverbindungen der Ägypter auszuspähen. Eine Firma namens Gamma, die auch in München eine Niederlassung hat, soll demnach das Spähprogramm "Finfisher" in einer Testversion geliefert haben. Die Abteilung Technologie und Information der Staatssicherheit listet in der Akte auf, was dieses Programm alles kann: in elektronische Briefkästen eindringen, Webmaildienste überwachen, Skypetelefonate mitschneiden. Datiert ist das Schriftstück auf den 1. Januar 2011

Die ägyptische Sicherheitspolizei war berüchtigt für Überwachung und Folter, sie soll auch Regime-Gegner ermordet haben. Eine Forderung der Demonstranten auf dem Kairoer Tahrir-Platz war daher die Auflösung der Staatssicherheit. Die jetzigen Funde scheinen die Gerüchte zu belegen.

Am Wochenende waren in Gebäuden der Polizei in Kairo und anderen Städten Brände ausgebrochen; es gab Meldungen, dass sie von den Beamten selbst gelegt worden waren. Daraufhin begann der Sturm auf die Archive, der an die Erstürmung der Zentralen des Ministeriums für Staatssicherheit 1989 in der DDR erinnert.

Vor allem via Twitter verbreiteten sich am Wochenende die Nachrichten über diese Erstürmungen. Ebenso Botschaften, in Kairo und Alexandria wehrten sich Geheimpolizisten gegen die Erstürmungen und schössen auf Demonstranten.

Zum Teil kamen die Demonstranten zu spät. Ein Video zeigt, wie sie durch Berge geschredderter Akten steigen.

http://www.youtube.com/watch?v=hU1RRpEGDao&feature=player_embedded

Frank Rieger, Sprecher des Chaos Computer Clubs, forderte in seinem Blog bereits, Deutschland solle den Ägyptern sein anhand der Stasiakten erworbenes Wissen kostenlos zur Verfügung stellen, schreibt er. Das könne dabei helfen, die Akten wieder lesbar zu machen und damit schnell eine Aufarbeitung ermöglichen
http://www.zeit.de/digital/internet/2011-03/egypt-egileaks-geheimdienst-2


ManOfConstantSorrow

ZitatEinflusskampf am Nil
18.03.2011
KAIRO/BERLIN
(Eigener Bericht) - Berlin startet neue Maßnahmen zur Sicherung des deutschen Einflusses auf die Umbrüche in Ägypten. Von einem neuen 100-Millionen-Euro-Programm, das sich an die gesamte arabische Welt richtet, soll auch Kairo profitieren; Voraussetzung ist, dass die dortigen Eliten mit Deutschland kooperieren. Weitere Schritte sind in Arbeit, um die entstehende ägyptische Parteienlandschaft an Deutschland anzubinden. Insbesondere die Friedrich-Naumann-Stiftung (FDP) und die Konrad-Adenauer-Stiftung (CDU) intensivieren zur Zeit mit einigem Erfolg ihre Kontakte. Dabei richtet sich die Adenauer-Stiftung an traditionelle islamische Milieus, die sich in den 1990er Jahren von der Muslimbruderschaft abgespalten haben und von Beobachern mit den Islamisten der Partei des türkischen Ministerpräsidenten Erdoğan verglichen werden. Bei alledem ist noch unklar, welche Bedeutung diesen Spektren zukünftig in Ägypten zukommt: Wie Berliner Experten urteilen, wird das ägyptische Militär, das vor allem mit den USA, aber auch mit der Bundesrepublik kooperiert, seine aktuelle Macht kaum freiwillig aus der Hand geben.


Privilegien des Militärs
Wie der geschäftsführende stellvertretende Präsident der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), Paul von Maltzahn, urteilt, wird das ägyptische Militär "nicht freiwillig" auf die Privilegien verzichten, die es derzeit innehat. Zwar sei das Offizierskorps "nicht homogen"; doch sei es auch zukünftig zumindest an "Teilhabe" an der Macht in Kairo interessiert.[1] Es werde die Demokratisierung des Landes nur unterstützen, wenn der künftige Staatspräsident die Armee "an politischen Entscheidungen beteiligt und dafür sorgt, dass sie ihre Privilegien behält". Daher sei kaum mit der Duldung eines Muslimbruders im Präsidentenamt oder einer islamistisch geprägten Regierung zu rechnen. Hingegen werde die Armee einen Zivilisten unterstützen, "der Technokrat und Nationalist ist, die Islamisten in Schach hält und die Armee an wichtigen politischen Entscheidungen beteiligt". Ein solcher Zivilist "könnte etwa Amre Mussa sein", der gegenwärtige Generalsekretär der Arabischen Liga. Die Überlegungen von Maltzahns, der von 2000 bis 2003 Botschafter der Bundesrepublik in Kairo war, lassen erkennen, weshalb Berlin seine Kooperation mit den ägyptischen Militärs trotz schwerer Foltervorwürfe gegen die Armee nicht einschränkt.[2]

Deutsche Handschrift

Unabhängig von der Frage, ob das Militär die Kontrolle über Ägypten in der Hand behält, bemüht sich Berlin mit Hochdruck um Einfluss auf die Regierungsbürokratien und die politischen Parteien. Die EU hat ein neues Konzept für ihre Politik gegenüber den Staaten Nordafrikas beschlossen, das, wie Außenminister Westerwelle am Mittwoch in einer Regierungserklärung betonte, "in weiten Teilen die Handschrift der Bundesregierung trägt".[3] Es soll die Regierungen an der Südküste des Mittelmeers zu größerer ökonomischer Öffnung bei gleichzeitiger Abschottung der Außengrenzen gegen Migranten drängen. Ergänzend stellt die Bundesregierung 100 Millionen Euro bereit, um die Zusammenarbeit mit den arabischen Ländern zu intensivieren. Bundeswirtschaftsminister Brüderle will außerdem "Berater" nach Kairo entsenden, die "der dortigen Wirtschaft und Verwaltung" bei den gewünschten Anpassungsmaßnahmen "zur Seite stehen".[4] Die Widerstände in Kairo gegen die deutsche Einmischung sind erheblich. Der ägyptische Außenminister verbat sich unlängst im Gespräch mit seinem deutschen Amtskollegen die westlichen Interventionen in die Neuformierung der ägyptischen Politik. Entwicklungsminister Niebel stieß mit seinem Ansinnen, mit anmaßenden "Demokratisierungsprojekten" Einfluss auf die ägyptische Verwaltung zu bekommen, ebenfalls auf Granit. Wenn Deutschland den Menschen wirklich helfen wolle, könne es sich an der Finanzierung sozialer Wohnungsbauprojekte beteiligen, hieß es.[5] Den Berliner Wünschen entspricht das nicht.

Ein wichtiger Faktor
Erste Erfolge erzielen inzwischen die parteinahen Stiftungen, denen Westerwelle "eine besondere Rolle" bei der Einflusspolitik Berlins in Nordafrika zuschreibt.[6] So baut die Friedrich-Naumann-Stiftung, die der Partei des deutschen Außenministers nahesteht, ihre Beziehungen zur Democratic Front Party aus. Diese ist bereits seit 2007 zugelassen; derzeit ist sie in der Protestbewegung aktiv, insbesondere ihr Jugendverband, welcher der Naumann-Stiftung zufolge "eine Schlüsselrolle in der Revolution" gespielt haben soll und aktuell "ein wichtiger Faktor in den revolutionären Komitees" sei.[7] Die enge Verquickung der Stiftungstätigkeit mit deutschen Regierungsaktivitäten zeigt ein Treffen des Berliner Entwicklungsministers Niebel (FDP) mit dem Vorsitzenden der Democratic Front Party, Osama al Ghazali Harb, das die Naumann-Stiftung während des offiziellen Besuchs von Niebel und Westerwelle in Kairo organisierte. Nächste Woche wird al Ghazali Harb in Berlin erwartet; Anlass seiner Reise, die auch Gespräche mit deutschen Regierungsstellen ermöglicht, ist eine Diskussionsveranstaltung der Friedrich-Naumann-Stiftung.

Religiöse Werte
Auch die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung intensiviert erfolgreich ihre Kontakte. Wie die Stiftung berichtet, verfügt sie ebenfalls über Beziehungen in die Protestbewegung: Im Dezember 2010 habe sie "ägyptische Facebook-Aktivisten zu einem Gedankenaustausch über die neuen sozialen Medien" sowie deren "Möglichkeiten der Mobilisierung für politische Veränderungen eingeladen". "Einige der Teilnehmer, wie etwa Abdel Rahman Moustafa, gehörten später zu den Initiatoren der Protestbewegung."[8] Besonders aber bemüht sich die Konrad-Adenauer-Stiftung um islamisch geprägte Milieus. Sie könne aus eigener Erfahrung "einen Weg aufzeigen, wie sich religiöser Wertebezug mit einer modernen demokratischen Partei vereinbaren" lasse, erklärte der Stiftungsvorsitzende Hans-Gert Pöttering unlängst in Kairo. Ihm gegenüber habe etwa ein Funktionär der Muslimbruderschaft erklärt, er könne sich eine "soziale Marktwirtschaft" religiöser Prägung für Ägypten "sehr gut vorstellen". Tatsächlich arbeitet die Adenauer-Stiftung schon lange daran, gemeinsam mit arabischen Experten Methoden zu einer bruchlosen Übernahme westlicher Wirtschaftsmodelle durch islamisch geprägte Staaten zu eruieren. Zuletzt führte sie im Herbst eine Konferenz zum Thema "Islamische Wirtschaftsordnung und Soziale Marktwirtschaft" durch, die genau diesem Ziel diente.[9]

Das türkische Modell
Vorbildfunktion habe in diesem Zusammenhang die Türkei, hob Pöttering in Kairo hervor. Die dort regierende Adalet ve Kalkınma Partisi (AKP) von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan gilt weithin als Modell einer traditionell islamisch geprägten Partei, die sich umstandslos ökonomischen Interessen des Westens öffnet.[10] In Ägypten wendet sich die Konrad-Adenauer-Stiftung nun einer Organisation zu, die Ähnlichkeiten zur AKP aufweist - der im Februar legalisierten Partei Al Wasat al Jadid ("Neue Mitte"). Deren Gründer entstammen der Muslimbruderschaft, von der sie sich 1996 abgespalten haben. Wie die Adenauer-Stiftung, die die Partei schon lange aufmerksam beobachtet, vor Jahren urteilte, war die Abspaltung das Ergebnis eines Generationen- und Milieukonflikts in der Muslimbruderschaft, deren jüngere Generation, "durch die islamische Studentenbewegung der 1970er Jahre politisiert", in der Mutterorganisation nicht genügend Spielraum für ihren politischen Aktivismus fand und sich daher von ihr löste. Ihr gehören aufstrebende urbane Kreise an, potenzielle Kooperationspartner des Westens: Al Wasat al Jadid, urteilt die Konrad-Adenauer-Stiftung, dürfte "weniger die große Masse der ägyptischen Bevölkerung (im Delta bzw. in Oberägypten) als vielmehr die relativ schmale, gebildete Mittelschicht ansprechen". Diese suche "neue Wege", "Religion und Moderne miteinander zu verbinden". Dabei wird die Adenauer-Stiftung Berichten zufolge mit ihr kooperieren.

Breite Kontakte
Die Aktivitäten der Naumann- und der Adenauer-Stiftung werden um Bemühungen der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung ergänzt, im gewerkschaftlich orientierten Milieu Einfluss zu gewinnen - Bemühungen, die allerdings etwas durch den Umstand erschwert werden, dass die Sozialdemokratie stets recht enge Kontakte zum Mubarak-Regime unterhielt. In ihrer Summe decken die deutschen Stiftungen ein breites Spektrum des ägyptischen Establishments ab, das ebenso breiten deutschen Einfluss sichert - und Berlin eine günstige Ausgangsposition für seine künftige Nahostpolitik beschert.

[1] Paul von Maltzahn: Das Militär verzichtet nicht freiwillig auf seine Privilegien; Handelsblatt 10.03.2011
[2] s. dazu Garant der Stabilität (I) und Garant der Stabilität (II)
[3] Regierungserklärung durch Bundesaußenminister Westerwelle vor dem Deutschen Bundestag zum Umbruch in der arabischen Welt; Berlin, 16.03.2011. S. auch Auf Partnersuche
[4] Brüderle befürwortet Sanktionen gegen Libyen; www.faz.net 25.02.2011
[5] Schnelles Angebot, geringe Nachfrage; Frankfurter Allgemeine Zeitung 10.03.2011
[6] Regierungserklärung durch Bundesaußenminister Westerwelle vor dem Deutschen Bundestag zum Umbruch in der arabischen Welt; Berlin, 16.03.2011. S. auch Die deutsche Doppelstrategie
[7] Westerwelle und Niebel zu Gesprächen in Kairo; www.freiheit.org
[8] "Die Ägypter haben ihre Angst verloren"; www.kas.de 06.03.2011
[9] Islamische Wirtschaftsordnung und Soziale Marktwirtschaft
[10] s. dazu Die neuen Partner in Ankara (I), Die neuen Partner in Ankara (II) und Das türkische Modell
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58030
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kuddel

Die Marionette des Westens, Al-Baradei, die man ja zum Präsidentschaftskandidaten aufbauen wollte, scheint nicht so beliebt zu sein.  ;D

ZitatAl-Baradei muss fliehen

Unterdessen wurde die Abstimmung am Samstag von einem Angriff auf den Oppositionspolitiker Mohammed al-Baradei überschattet. Eine aufgebrachte Menge bewarf den Friedensnobelpreisträger und dessen Begleiter vor einem Wahllokal im Kairoer Bezirk Mokkattam mit Steinen. Al-Baradei blieb unverletzt, musste aber in einem Geländewagen fliehen, ohne seine Stimme abgegeben zu haben. Al-Baradei und andere Kritiker hatten sich gegen voreilige Verfassungsänderungen ausgesprochen.
http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/international/aegypter_stimmen_ueber_verfassungsaenderungen_ab_1.9951240.html

Kuddel

Ein ägyptischer Blogger:

ZitatIn Filmen oder Geschichtsbüchern entheben bewaffnete Rebellen für gewöhnlich alle Angehörigen eines Regimes ihrer Ämter, stellen sie vor Gericht und erarbeiten eine neue Verfassung. In Ägypten war es aber die Armee, die Mubarak gestürzt hat. Es gibt in diesem Sinne keine Rebellen, die Opposition hat nicht das Sagen. Die Armee tauschte bisher lediglich ein paar Minister aus und brachte ein paar Politiker hinter Gitter. Es gehen Gerüchte um, wonach auch Mitglieder der Opposition noch immer in Haft sind. Und uns ist nicht wohl, dabei zuzusehen, wie ein von der Armee eingesetzter Ausschuss an unserer Verfassung herumbastelt – schließlich ist an der schon genug herumgebastelt worden. Wir fordern eine von Grund auf neue Verfassung.

Wir haben bisher auch noch keine Garantie dafür, dass bei den Wahlen neue Parteien antreten werden. Viele haben Angst, dass das alte Regime mit anderen Namen und Gesichtern zurückkehrt. Übrigens, wenn ich Regime sage, meine ich das ganze Ensemble, nicht nur den ehemaligen Präsidenten: alle korrupten Mitglieder der Regierung; die Verfassung, die dem Präsidenten zu viel Macht gibt; das Notstandsgesetz, das es der Regierung erlaubt, jeden Kritiker zu verhaften.
http://www.freitag.de/alltag/1111-wir-fangen-bei-null-an

Kuddel

ZitatÄgypten: Polizisten stecken Innenministerium in Brand

In der ägyptischen Hauptstadt Kairo haben Unteroffiziere der Polizei das Innenministerium in Brand gesteckt. Es war ihr Nachdruck zur Forderung nach mehr Gehalt.
http://www.shortnews.de/id/883708/Aegypten-Polizisten-stecken-Innenministerium-in-Brand

ManOfConstantSorrow

ZitatÄgyptisches Regime verbietet Streiks

Kairo. Der ehemalige ägyptische Innenminister Habib Al-Adli ist von der Staatsanwaltschaft seines Landes auch wegen Beihilfe zum Mord an Demonstranten angeklagt worden. Ihm wird vorgeworfen, den Sicherheitskräften während der Massenproteste gegen Staatschef Hosni Mubarak den Schießbefehl erteilt und damit unverhältnismäßige Gewaltanwendung angeordnet zu haben, berichteten Zeitungen in Kairo am Donnerstag. Während der 18tägigen Demonstrationen im Januar und Februar waren nach offiziellen Angaben 365 Menschen getötet worden.

Unterdessen hat die ägyptische Übergangsregierung am Mittwoch das Streik- und Demonstrationsrecht massiv eingeschränkt. Proteste, die im privaten und öffentlichen Sektor zur Einstellung der Arbeit führen, können künftig mit Gefängnisstrafen von bis zu einem Jahr und Geldstrafen von umgerechnet bis zu 59400 Euro geahndet werden, berichtete das staatliche Fernsehen. Aktivisten der Demokratiebewegung kritisierten, das regierende Militär wolle auf diese Weise Demonstrationen gegen die Notstandsgesetze und gegen die Übergriffe der Armee kriminalisieren. Auch nach dem Sturz Mubaraks war es immer wieder zu Streiks und Sitzblockaden in Behörden und Unternehmen gekommen.
http://www.jungewelt.de/2011/03-25/014.php
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kuddel

ZitatÄgypten: Anti-Streik-Gesetz soll angewendet werden

Bereits Ende April bestätigte der ägyptische Armeerat ein von Premier Essam Sharaf ausgearbeitetes Gesetz zur Kriminalisierung von Streiks und Demonstrationen. Nur durchgesetzt wurde es bislang aus politischem Kalkül noch nicht. Diesen Mittwoch kündigte die Regierung nun an, es doch anwenden zu wollen. Von jetzt an können Streikende und Demonstranten mit Geld- und Haftstrafen in Höhe von bis zu 83.000 US-Dollar, bzw. mindestens einem Jahr Gefängnis. Auch der Aufruf zu Protesten kann geahndet werden.

In einem Statement begründete der Armeerat die jüngste Entscheidung mit dem Mangel an Stabilität im ganzen Land seit der Revolution. "Streiks haben die Prodution erheblich geschwächt und schrecken Investoren ab", so ein Armeesprecher. Vertreter der Demokratiebewegung wie auch Gewerkschaften kritisierten die Initiative. Sie stelle einen Versuch dar, das Volk abermals zu unterdrücken. Es sei eine Rückkehr zue Ära Mubaraks.
http://www.zenithonline.de/deutsch/home/quicknews/artikel/aegypten-anti-streik-gesetz-soll-angewendet-werden-001970/

xyu

Zur Revolution in Ägypten
Interview mit Jano Charbel, einem Kairoer Journalisten, der über
Arbeitskämpfe berichtet und sich als Anarchosyndikalist bezeichnet:


http://www.klassenlos.tk/data/pdf/aegypten_interview.pdf

Die soziale Bewegung in Ägypten dauert an:

http://www.wildcat-www.de/wildcat/90/w90_aegypten_sb.html


xyu

Donnerstag, 20. Oktober 2011
Umbruch in Ägypten
Veranstaltung mit einem Anarchosyndikalisten aus Kairo


Die Unruhen in der arabischen Welt wurden bislang mit Grund vor allem als Demokratiebewegungen wahrgenommen, schließlich stand und steht zunächst der Sturz der jeweiligen autoritären Herrscher im Mittelpunkt. Für große Teile der Aufbegehrenden verbindet sich damit allerdings die Hoffnung, ihre miserablen Lebensbedingungen zu verbessern, was angesichts des anhaltenden Schlamassels der Weltökonomie nicht leicht werden dürfte.
In Ägypten, wo es bereits ab 2008 zu massiven Arbeiterkämpfen kam und es das Aufflackern von Streiks war, das Anfang Februar zur Absetzung Mubaraks führte, rollt gegenwärtig eine Streikwelle durchs Land, obwohl eine der ersten Maßnahmen des regierenden Militärrats darin bestand, Arbeitsniederlegungen und Proteste noch stärker zu kriminalisieren als bereits unter Mubarak. Bevor auch nur das alte Regime wirklich beseitigt ist, zeichnet sich ab, dass die angestrebte Demokratisierung kaum auf eine Stabilisierung der Lage hinauslaufen dürfte. Aber welche Aussichten haben die Kämpfe der Arbeiter und was ist ihre gesellschaftliche Bedeutung, wenn ein Großteil der Proletarisierten aus mehr oder weniger Überflüssigen besteht, die sich im so genannten informellen Sektor durchschlagen?

Jano Charbel, ein Kairoer Anarchosyndikalist, der als Journalist Arbeitskämpfe und soziale Bewegungen verfolgt, wird über die Situation nach der Absetzung Mubaraks berichten. Neben den Klassenkämpfen wird es dabei auch um die Frage gehen, was aus den Jugendbewegungen geworden ist und wie sich die Geschlechterverhältnisse im konservativ-islamischen Ägypten seit dem Aufstand verändert haben.

Donnerstag, 20. Oktober 2011, 19:30 Uhr
Versammlungsraum des Mehringhof, Gneisenaustr. 2a
Berlin-Kreuzberg (U-Bahnhof Mehringdamm)

Quelle: http://www.klassenlos.tk/aktuelles.php

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