Kassiererin streikt – Kaiser's kündigt

Begonnen von ManOfConstantSorrow, 13:46:16 Di. 17.Juni 2008

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ManOfConstantSorrow

ZitatBarbara E., genannt Emmely, beteiligte sich als eine von anfänglich acht Beschäftigten der Kaiser's-Filiale Hauptstraße/Hohenschönhausen am Streik in der seit einem Jahr geführten Tarifauseinandersetzung im Einzelhandel. Nach einschüchternden Einzelgesprächen der Kaiser's-Distriktmanagerin mit den Streikenden hörten alle KollegInnen auf zu streiken – bis auf Barbara E., die alleine dem Streikaufruf ihrer Gewerkschaft ver.di weiter folgte. Daraufhin erhielt sie am 22.02.2008 eine fristlose Kündigung. Der angebliche Kündigungsgrund: sie habe zwei Pfandbons eingelöst, ohne sie vorher durch abzeichnen zu lassen. Der Gesamtwert der Bons: 1,30 €. Betriebszugehörigkeit von Barbara E.: 31 Jahre. (...) ,,Der erste Kammertermin in diesem Verfahren findet am 19. Juni um 10:15 Uhr in Raum 213 im Arbeitsgericht am Magdeburgerplatz 1 statt. Die Verhandlung ist öffentlich. Wir freuen uns über Besucher und Besucherinnen" erklärte Benedikt Hopmann, der Anwalt der gekündigten Barbara E...

http://www.labournet.de/branchen/dienstleistung/eh/emmely1.pdf
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

1984

ZitatAm Anfang streikten sie noch zu acht, Mitarbeiter einer Kaiser´s-Filiale in Berlin. Dann machte das Management in "einschüchternden Einzelgesprächen" Druck, so erzählen es Kollegen. Barbara E. kämpfte weiter - und erhielt bald darauf die fristlose Kündigung. Offizieller Grund: Die Kassiererin habe zwei Pfandbons im Wert von 1,30 Euro nicht korrekt eingelöst. Nach 31 Jahren Betriebszugehörigkeit sollte Schluss sein, von "vollendetem Betrug" ist die Rede. Gewerkschafter, die ein Solidaritätskomitee gebildet haben, sind empört. Das Unternehmen, sagt Gregor Zattler, suche doch nur einen "Vorwand, um seine streikenden Beschäftigten während einer Tarifrunde einzuschüchtern".

Der Fall der Barbara E. ist symptomatisch für die Kräfteverhältnisse im Einzelhandel. Seit über einem Jahr dauert nun schon der Tarifstreit - und ein Ende ist nicht in Sicht. Die Unternehmen fühlen sich unangreifbar, weil die Gewerkschaften schwach sind. Der Branchenverband HDE höhnt, ver.di hätte gar nicht die Mittel zu einem richtigen Kampf. Der Organisationsgrad der Gewerkschaft liegt im Schnitt bei nur rund 30 Prozent. "Für uns sind viele Bereiche nur schwer zu erreichen", sagt Rüdiger Wolff von ver.di.

Bundesweit arbeiten heute mehr Teilzeitbeschäftigte als Vollzeitkräfte im Einzelhandel, über 700.000 geringfügig Beschäftigte erledigen große Teile der Arbeit, manche sprechen von mehr als 900.000. Die Gesamtzahl der Mitarbeiter ist seit 2000 gesunken, während die Verkaufsfläche größer wurde und sich die Öffnungszeiten ausdehnten. Schlagworte wie KAPOVAZ und FREQUOVAZ stehen branchenweit für deregulierte Arbeitszeitmodelle, die Mitarbeiter zwingen, ihre Leistung gegebenenfalls auf Abruf zu erbringen oder an den Kundenstrom anzupassen.

"Gemeinsame Zeiten", so klagen Gewerkschafter - das Zusammenarbeiten mit mehr als nur den allernotwendigsten Kollegen - sind "nur noch selten zu finden". Das hat Auswirkungen auf die Organisierung, es schränkt die Möglichkeiten ein, miteinander über seine Lage zu diskutieren. Von den Bespitzelungsfällen und Versuchen vor allem von Discountern, Betriebsräte in ihren Läden zu verhindern, ganz zu schweigen. Auch ist die Branche stark zersplittert, die Marktsituation von großen Kaufhäusern, Billigketten und kleinen Einzelhändlern oft kaum zu vergleichen.

Das alles zusammen gehört zum Humus einer tarifpolitischen Hängepartie, die in der Öffentlichkeit kaum auf Interesse stößt. "In den Medien", klagt die Gewerkschaft, finde der Arbeitskampf "weitaus weniger Beachtung als etwa ein Streiks der Lokomotivführer". Dabei ist der Einzelhandel mit über 2,5 Millionen Beschäftigten eine der größten Branchen im Organisationsbereich von ver.di. Die "fast lautlose" Tarifrunde ist auch Beleg für die Veränderungen in der Gewerkschaftslandschaft: Kleine Berufsorganisationen wie die der Lokführer führen erfolgreich Kämpfe, während sich ver.di als große Sammelorganisation in tarifpolitischen Problemzonen abmüht.

Die Gewerkschaft sucht deshalb nach neuen Wegen. Zwar haben sich seit vergangenem Sommer bundesweit ungefähr 200.000 Kollegen an Streikaktionen im Einzelhandel beteiligt. Weil man damit aber bisher "offenkundig nicht genug öffentliche Wirkung" erzielt hat, will man nun Kunden stärker in die Auseinandersetzung einbeziehen und andere ver.di-Fachbereiche für Solidaritätsaktionen gewinnen. Zwischen 6,50 und 13 Euro verdienen die Beschäftigten im Einzelhandel; das Durchschnittsbrutto liegt bei etwa 2.400 Euro. Abzüglich der Inflation ist von den Gehaltssteigerungen der vergangenen Jahre kaum etwas geblieben. Ver.di hatte ursprünglich zwischen 4,5 und 6,5 Prozent gefordert, der HDE bot zuletzt 2,5 Prozent an.

Zur "neuen Gangart" von ver.di gehört auch, mit einzelnen Betrieben Vorschalt-Tarifverträge abzuschließen, die später in einen Flächentarifvertrag einfließen sollen. Vorbild für den "Häuserkampf" ist eine Vereinbarung mit REWE. Der Konzern hatte zunächst freiwillig die Gehälter um bis zu drei Prozent erhöht, im April wurde darüber ein Tarifvertrag geschlossen. Inzwischen haben rund 30 Unternehmen ähnliche Regelungen getroffen. Der Unternehmerverband HDE lehnt diesen Weg allerdings ab und auch in der Gewerkschaft gelten Haustarifverträge nicht gerade als Heilsbringer.

Das "Vorbild" REWE zeigt, warum. Im Gegenzug für das moderate Gehaltsplus müssen die Beschäftigten Abstriche bei den Zuschlägen für die Samstagsarbeit hinnehmen. Eigentlich wollte sich ver.di nicht auf Verschlechterungen bei der Vergütung von Spät- und Wochenendarbeit einlassen - doch die Unternehmen drängen. Mit der geänderten Rechtslage zur Ladenöffnung, machte der HDE klar, seien die bisherigen Zuschläge "nicht vereinbar". Eine Anpassung der Tarifverträge solle den Unternehmen "eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der geänderten Ladenöffnungszeiten ermöglichen". Damit sich diese in Zeiten stagnierender Konsumnachfrage überhaupt für die Unternehmen lohnen, muss der Preis sinken, zu dem die Beschäftigten ihre Arbeit verkaufen.

Die Ladenschluss-Euphorie, die sogar eine rot-rote Berliner Koalition zum Vorreiter der Deregulierung werden ließ, ist nicht das einzige "Reformprojekt" der Vergangenheit, das ver.di heute zu schaffen macht. In der Tarifrunde macht sich auch die Ausbreitung der Leiharbeit bemerkbar. Seit 1998 hat sich die Zahl der "überlassenen Arbeitnehmer" verdreifacht - das wachsende Angebot wird von den Einzelhandelsunternehmen gern auch zum Streikbruch eingesetzt. "Die Taktik ist einfach", wird ein ver.di-Mann zitiert: "Im Supermarkt streiken Filialleiter nicht mit, dazu kauft die Geschäftsleitung ein paar Leiharbeiter ein und der Laden bleibt auf."

In Nordrhein-Westfalen seien so im Winter bei bis zu 90 Prozent der Arbeitskampfaktionen Leiharbeiter eingesetzt worden. Das Gesetz sieht zwar vor, dass diese dazu im Streikfalle "nicht verpflichtet" seien. Doch viele Leiharbeiter sind kaum in der Situation, Verstöße gegen diese Einsatzrichtlinie bei ihrer Zeitarbeitsfirma zu melden. "Da überlegt sich jeder ganz genau", sagt der ver.di-Mann, "ob er seinen Arbeitgeber verärgert."

Wie verärgerte Arbeitgeber reagieren können, hat auch die Berliner Kaiser´s-Kassiererin Barbara E. erleben müssen. In der vergangenen Woche wurde ihr Fall abermals vor dem Arbeitsgericht verhandelt. Dass der Streik im Einzelhandel eine für die rechtliche Beurteilung entscheidende "Motivationslage" darstellt, wie der Anwalt von Barbara E. meint, interessierte das Gericht nicht. Ebenso wenig, dass der Betriebsrat zumindest darüber spekulierte, ob die Sache mit den Pfandbons sogar manipuliert gewesen sein könnte. Betrug ist Betrug, findet der Richter, da spiele auch keine Rolle, dass es um einen Wert von 1,30 Euro ging.

Zwei Dutzend Unterstützer kamen zum Gerichtstermin von Barbara E., ihre Empörung war mit Händen zu greifen. Ob sie denn kein schlechtes Gewissen habe, rief am Ende einer der Kaiser´s-Anwältin hinterher. Die lächelte nur kühl zurück: "Warum?

Quelle:
http://freitag.de/2008/26/08260501.php

Regenwurm

Solidarität mit Emmely 13.07.2008

Barbara E. beteiligte sich als eine von anfänglich acht Beschäftigten der Filiale Hauptstrasse in Berlin Hohenschönhausen am Streik im Einzelhandel, zu dem die Gewerkschaft ver.di aufgerufen hatte. Nach Einzelgesprächen der Distriktmanagerin und des Marktleiters mit den streikenden Kolleginnen hörten alle auf zu streiken - bis auf Barbara E. Daraufhin wurde sie am 22.02.2008 unter dem Vorwand gekündigt, sie habe zu Unrecht zwei Pfandbons eingelöst. Barbara E. bestreitet den Vorwurf. Streitwert: 1,30 Euro. Betriebszugehörigkeit von Barbara E.: 31 Jahre.
Barbara E. klagt auf Wiedereinstellung. Die Beweisaufnahme in dem Verfahren findet am 21.08.2008 statt. Skandalös ist nicht nur, dass Angestellte, die streiken, offensichtlich eingeschüchtert werden. Auch die geltende Rechtsprechung ist haarsträubend: nicht genug damit, dass ein Streitwert von 1,30 Euro die Existenz von Beschäftigten ruinieren kann, - es gilt auch noch der Grundsatz ,,im Zweifel für den Arbeitgeber", denn um Beschäftigte entlassen zu können, genügt der dringende Verdacht einer Straftat. Es ist noch nicht einmal nötig, diese zu beweisen.
Die Presse beschäftigte sich mit dem Fall: Artikel 1, Artikel 2, Artikel3, Artikel4

Die Arbeit im Einzelhandel wurde in den letzten Jahren präkarisiert, Vollzeitstellen wurden zugunsten von Teilzeitstellen gestrichen. Die infolge der Liberalisierung des Ladenschlussgesetzes verlängerten Öffnungszeiten werden von schrumpfenden Belegschaften bewältigt, was zu einer extremen Verdichtung der Arbeit geführt hat. Die oft auf 30 Stunden Basis beschäftigten, meist weiblichen und nicht selten allein erziehenden KollegInnen haben Löhne, die kaum zum Überleben reichen. Video

Die Tarifauseinandersetzung im Einzelhandel dauert seit Beginn des Jahres 2007 an.
Der Grund für die Tarifauseinandersetzung ist, dass die Arbeitgeber die Zuschläge für Spät-, Nacht- und Wochenendearbeit streichen wollen. Die im Gegenzug angebotene Lohnerhöhung von 1,7% bedeuten konkret insgesamt ca. 180 Euro weniger im Monat für eine Verkäuferin in Vollzeit. Die KollegInnen fordern demgegenüber eine Lohnerhöhung um 6,5%, um die jahrelangen Reallohnverluste auszugleichen. Da zu wenig KollegInnen sich an den Streiks beteiligen und ver.di im Streik zum Teil wenig kämpferisch vorging, denkt der Arbeitgeberverband nicht daran, ein Angebot vorzulegen, das einen Reallohngewinn für die Beschäftigten ergeben würde. Die Arbeitgeber unterlaufen den Streik zudem erfolgreich durch den Einsatz von LeiharbeiterInnen. - Im April 2008 wurde ein Vorschalttarifvertrag mit REWE abgeschlossen, der 3% Lohnerhöhung und damit weitere Reallohnverluste festschreibt.
Mit einer Blockadeaktion am 6. Juni vor einer Reichelt-Filiale in Berlin hat ver.di in einem Bündnis mit linken Gruppen und solidarischen KonsumentInnen eine neue Aktionsform gewählt, die zu einem Umsatzrückgang von 20.000 Euro führte, weil Kundinnen erfolgreich überredet wurde, an diesem Tag woanders einzukaufen. Prompt erließ das Arbeitsgericht daraufhin eine einstweilige Verfügung. - Bei Zuwiederhandlung droht ver.di eine Strafe von 250.000 Euro. Am 10. Juli 2008 wurde in Baden Württemberg ein Flächentarifvertrag im Einzelhandel abgeschlossen. Er sieht die Streichung der Samstagszuschläge von 15:30 bis 18:30 und eine etwa 3%ige Lohnerhöhung vor und bedeutet damit weitere Reallohnverluste für die Beschäftigten. Da die Zuschläge in Zeitgutschriften und nicht in Geld ausbezahlt werden, bedeutet das konkret, dass die KollegInnen für denselben Lohn länger arbeiten müssen. Für verdi ist der Abschluss dennoch ein Erfolg.

Die repressiven Zustände im Einzelhandel sind skandalös. Der Fall von Barbara E. ist nur die Spitze des Eisberges. Viele Kolleginnen trauen sich nicht, sich am Streik zu beteiligen, weil sie sehen, dass die KollegInnen, die mutig genug waren streiken zu gehen, gemobbt, versetzt und im Extremfall auch gekündigt werden. Sie haben berechtigte Angst, ebenfalls gemobbt oder versetzt zu werden oder ihren Job zu verlieren. Deshalb ist es wichtig, sich mit den betroffenen KollegInnen zu solidarisieren und den Arbeitgebern die rote Karte zu zeigen. Es gibt ein Solidaritätskomitee, das Barbara E. in ihrem Kampf um Wiedereinstellung unterstützt und versucht, für den Fall Öffentlichkeit herzustellen. Kontakt: streik@kanalB.org

Unterstützungsbündnis Streik im Einzelhandel:
http://www.dichtmachen.org (derzeit offline wegen der obgenannten einstweiligen Verfügung des Arbeitsgerichtes)

Weitere Videos zum Streik im Einzelhandel: http://kanalb.org/einzelhandel

Quelle
Das System macht keine Fehler, es ist der Fehler.

flipper

ZitatOriginal von regenwurm
sie habe zu Unrecht zwei Pfandbons eingelöst.

kein problem. welcher arbeitsrichter fällt auf diese kriminellen unterschiebungen noch rein  :rolleyes: langweilig.
"Voting did not bring us further, so we're done voting" (The "Caprica Six" Cylon Model, BSG)

BakuRock

Zitat...... Barbara E. klagt auf Wiedereinstellung. Die Beweisaufnahme in dem Verfahren findet am 21.08.2008 statt. Skandalös ist nicht nur, dass Angestellte, die streiken, offensichtlich eingeschüchtert werden. Auch die geltende Rechtsprechung ist haarsträubend: nicht genug damit, dass ein Streitwert von 1,30 Euro die Existenz von Beschäftigten ruinieren kann, - es gilt auch noch der Grundsatz ,,im Zweifel für den Arbeitgeber", denn um Beschäftigte entlassen zu können, genügt der dringende Verdacht einer Straftat. Es ist noch nicht einmal nötig, diese zu beweisen.
Die Presse beschäftigte sich mit dem Fall: Artikel 1, Artikel 2, Artikel3, Artikel4

@regenwurm - ist da mit der Einschaetzung der Rechtsprechung nicht ein wenig arg vorgegriffen worden?

Wie kommt der Autor darauf zu sagen "im Zweifel fuer den Arbeitgeber"?

Wo steht geschrieben, dass der dringende Verdacht genuegt?

Maechtig unklar - der Beitrag  ?(
---
Wenn eine Idee am Anfang nicht absurd klingt, gibt es für sie keine Hoffnung. .... A. Einstein

Eigentumsfragen stellen!

Wer sind FAUistas

Regenwurm

@BakuRock, im Prinzip wennn ein Fall vor dem Arbeitsgericht verhandelt wird , wird meist zu gunsten des Arbeitnehmers RECHT gesprochen.

Wenn Arbeitgeber, greade im Einzelhandel, Mitarbeiteriinnen loswerden wollen, greifen sie in die Trickkiste und unterstellen dir das Duz.B. etwas geklaut hättest. Bloß nicht einschüchtern lassen.

Die Frau ist auf den Job bzw. den Lohn also das Geld zum Leben angewiesen, daher Klagt sie auf Wiedereinstellung. Ist wohl ein scheißJob wenn der Betriebsfrieden im Keller ist.
Bei solchen Arbeit-Sachen Anwalt nehmen und das Arbeitsgericht in Anspruch nehmen.Dafür sind SIE da.

Das der oben genannte beschriebene Pressebericht nicht das Gelbe vom Ei ist weiß ich auch, aber die Info mußte raus auch wenn der sschreiber ein wenig anders oder unrichtig schreibt. Besser eine Öffentlichkeit (Background) herrstellen, was damit wohl auch getan ist.

Tja schaun wir mal. Die meisten konzerne und Ihre Handlanger stehen in der Öffentlichkeit schon schlecht da, also alles könne die garnet mehr durchziehen. Siehe Lidl und Co., Teilerfolge wollt ich nur mal sagen.

ZitatDer nachfolgende Satz existiert so gar nicht in der Rechtssprechung oder in Verträgen also Quatsch. (Streichen und Ende)

""Auch die geltende Rechtsprechung ist haarsträubend: nicht genug damit, dass ein Streitwert von 1,30 Euro die Existenz von Beschäftigten ruinieren kann, - es gilt auch noch der Grundsatz ,,im Zweifel für den Arbeitgeber", denn um Beschäftigte entlassen zu können, genügt der dringende Verdacht einer Straftat. Es ist noch nicht einmal nötig, diese zu beweisen.""

Du bist solange Unschuldig bis Sie Dir das Gegenteil beweisen. That's Right
Das System macht keine Fehler, es ist der Fehler.

jensen-ex

ZitatKundgebung vor Kaisers in Berlin









 150 Teilnehmer auf der Kundgebung zur Solidarität mit Emmely: Kaiser´s hatte 20 private Sicherheitskräfte aufgeboten, die Kundgebung des Komitees "Solidarität mit Emmely" hatte jede Menge Redner aus den Gewerkschaften, der Gruppe Soziale Kämpfe sowie von Linkspartei und den Grünen, eine Straßentheatereinlage sowie einen Musikbeitrag der Kleingeldprinzessin.
Die Kundgebung vor dem Kaisers Warschauer/Ecke Revaler Straße begann mit einem längeren Redebeitrag eines Redners aus dem Solikomitee, der den Hintergrund des Falles Emmely noch mal erläutert hat. Dabei ging es auch darum, dass das Arbeitsamt Emmely mittlerweise schikaniert, indem es sie aus ihrer Wohnung vertreiben will. Und das nur, weil Kaiser´s die Unterlagen über Emmelys Erwerbstätigkeit nicht ans Arbeitsamt weitergibt - schließlich hätte sie eigentlich Anrecht auf ALG I, muss aber nun mit ALG II aufstocken. So wird mal wieder klar, wie die Macht der Arbeitgeber und die Hartz IV-Regelungen ineinander greifen.


Die Teilnehmer der Kundgebung waren eine ziemlich bunte Mischung aus Gewerkschaftern, Autonomen und sonstigen Engagierten. Hansi Köbrich von der IG Metall hat angeregt, dass
die 40.000 IG Metall-Mitglieder in Berlin einen Kaisers-Boykott starten könnten, wenn der Konzern weiterhin stur bleibt. Elke Breitenbach, die für die Linkspartei im Abgeordnetenhaus sitzt, hat deutlich gemacht, dass sie die Regelung der Verdachtskündigung für einen Skandal hält, da somit das Streikrecht unterlaufen wird - mit der Hoffnung, dass dieses Recht sich auch ändern könnte. Zwischendrin gab es eine Theatereinlage, in der ein Filialleiter im Anzug eine streikende Kollegin jagt und die dunkle Gewitterwolke über der Warschauer Brücke hat sich solange zurückgehalten, wie die Kundgebung noch lief. Von den öffentlichen Sicherheitskräften waren erfreulicherweise sehr wenige vertreten. Die privaten Sicherheitskräfte sind erst in Aktion getreten, nachdem ein paar Aktivistinnen länger unbemerkt im Laden Flugis verteilt hatten - mehr als ein Hausverbot auszusprechen, war dann aber auch nicht. Übrigens hatte sich die Methode bewährt, Tage vorher Flugblätter in den Briefkästen in der Umgebung zu verteilen, da zahlreiche Leute, die vorbei kamen, dadurch schon informiert waren. Insgesamt gab es viel positives Echo von den Passanten und von Leuten, die eigentlich bei Kaisers einkaufen wollten.

Am Donnerstag den 21.8.2008 findet übrigens die für das Verfahren entscheidende Beweisaufnahme statt und zwar ab 9 Uhr im Raum 213 am Arbeitsgericht am Magdeburger Platz in Schöneberg.


Quelle


 
So it goes.

Kurt Vonnegut

Kater

ZitatArbeitsgericht bestätigt Verdachtskündigung wegen 1,30 Euro

Berlin (AFP) - Das Arbeitsgericht Berlin hat die Verdachtskündigung einer Kassiererin wegen angeblicher Unterschlagung von zwei Pfandbons über 1,30 Euro bestätigt. Die Vorwürfe reichten für eine Verdachtskündigung aus, urteilte das Gericht. Die Kassiererin hatte einen absichtlichen Betrug bestritten. "Wir werden Berufung einlegen und alle Rechtsmittel ausschöpfen", sagte ihr Rechtsanwalt nach der Urteilsverkündung. Tatsächlicher Hintergrund sei der Streik im Einzelhandel gewesen.

Nach Angaben ihres Arbeitgebers, einer Kaiser's-Filiale in Berlin, hatte die Kassiererin eigene Einkäufe unter anderem mit Pfandbons bezahlt, die ihr nicht gehört hätten. Ihr Anwalt sagte, die Frau hebe Pfandbons häufiger länger auf. Möglicherweise seien ihr diese Bons ohne ihr Wissen im Gemeinschaftsraum ins Portemonnaie gesteckt worden. "Es liegt der Verdacht nahe, dass ihr die Pfandbons untergeschoben worden sind", sagte auch die zuständige Vertreterin der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Erika Ritter.

Der Rechtsanwalt warf dem Arbeitsgericht vor, es habe die Begleitumstände nicht berücksichtigt. Unter anderem habe sich die Kassiererin an dem bundesweiten Streik im Einzelhandel vor Weihnachten beteiligt. In der Filiale sei sie die einzige von acht Frauen gewesen, die auch nach Gesprächen den gut zweiwöchigen Streik durchgehalten hätte. Es sei "völlig abwegig" anzunehmen, sie würde in solch einer Situation irgendwelche Risiken eingehen. Demgegenüber argumentierte das Arbeitsgericht, unabhängig von sicheren Beweisen und vom Wert der Bons sei "das Vertrauensverhältnis nachdrücklich zerrüttet worden".

http://de.news.yahoo.com/afp/20080821/tde-d-arbeit-streik-kuendigung-einzelhan-a4484c6.html

flipper

ZitatArbeitsgericht bestätigt Verdachtskündigung wegen 1,30 Euro
Berlin (AFP) - Das Arbeitsgericht Berlin hat die Verdachtskündigung einer Kassiererin wegen angeblicher Unterschlagung von zwei Pfandbons über 1,30 Euro bestätigt. Die Vorwürfe reichten für eine Verdachtskündigung aus, urteilte das Gericht. Die Kassiererin hatte einen absichtlichen Betrug bestritten. "Wir werden Berufung einlegen und alle Rechtsmittel ausschöpfen", sagte ihr Rechtsanwalt nach der Urteilsverkündung. Tatsächlicher Hintergrund sei der Streik im Einzelhandel gewesen.

Der Rechtsanwalt warf dem Arbeitsgericht vor, es habe die Begleitumstände nicht berücksichtigt.

-auf jeden fall berufung, und ich würd dem kaisers-filialeiter noch nen strafantrag wegen falscher verdächtigung anhängen.

-normal in der 1. instanz
"Voting did not bring us further, so we're done voting" (The "Caprica Six" Cylon Model, BSG)

jensen-ex

ZitatKritik der Rechtsprechung als Abweisungsgrund; gekündigte Kassiererin wird Berufung einlegen


Heute fand die Beweisaufnahme im Kündigungsschutzverfahren von Barbara E., genannt "Emmely", vor einem Publikum von mehr als 100 Personen und der zweiten Kammer des Berliner Arbeitsgerichts statt. Danach verkündete Richter Axel Schleusener im Namen des Volkes, dass die Kündigungsschutzklage abgewiesen wird. Drei Mannschaftswagen der Polizei garantierten Ruhe und Ordnung.




Wir erinnern uns: Emmely arbeitete 31 Jahre als Kassiererin im ersten Arbeitsverhältnis, streikte trotz Einschüchterungen als letzte ihrer Filiale und wurde von Kaiser's unter dem Vorwand des Verdachts, Pfandbons im Wert von 1,30 ¤ falsch abgerechnet zu haben, fristlos entlassen. Emmely bestritt diesen Vorwurf bis zuletzt.

Der Prozess fand wegen des Andrangs in einem größeren Saal statt, der mit rund 100 Besuchern auch voll wurde. Richter Schleusener belehrte zunächst das Publikum auf welche Weise es artig zu sein habe, was im weiteren Verlauf auch der Fall war.

Danach begann die Beweisaufnahme. Zu insgesamt drei Fragestellungen wurden insgesamt drei ZeugInnen vernommen, die allesamt in der selben Filiale arbeiteten, wie Emmely. Bezeichnenderweise werden Zeugen regelmäßig auf ihre Verwandschaftsbeziehungen zu den streitenden Parteien befragt, ihre Lohnabhängigkeit von der einen Partei aber gar nicht erst thematisiert. Die gesamte Beweisaufnahme muss für Anwesende ohne Hintergrundwissen aus den Schriftsätzen der Parteien im Verfahren zumindest langweilig, wenn nicht unverständlich geblieben sein. Letztlich ging es um die Verschlungenen Wege verschiedener Pfandbons durch die Filiale Hauptstr. 9/10 in Berlin Hohenschönhausen. Die ZeugInnen sagten im Wesentlichen so aus, wie das von ihren (dem Publikum unbekannten) schriftlichen Erklärungen her zu erwarten war -- kein Wunder, mindestens eine Zeugin hielt sich während der Befragung an einer Kopie ihrer schriftlichen Erklärung fest. Die ZeugInnenbefragung war weitgehend unspektakulär. Einziger Höhepunkt war der Moment, als der Anwalt von Emmely eine Frage gegen den Willen der Gegenseite und des Richters durchsetzte. Leider war das nicht die ebenfalls zurückgewiesene frage nach der Beteiligung an einer Streikbrecherparty...

Entgegen der Behauptung der Anwältin von Kaiser's in der abschließenden Beweiswürdigung hat die Beweisaufnahme trotz der Vernehmung von drei KollegInnen, den behaupteten Tathergang nicht bewiesen. Das war allerdings auch nicht notwendig, da dem deutschen Arbeitsrecht nach herrschender Rechtsprechung an dieser Stelle lediglich ein "begründeter Verdacht" genügt, was Richter und Anwälte beider Seiten gleichermaßen betonten. Damit bestätigten alle Prozessbeteiligten erneut einen Sachverhalt, über den aufzuklären das Komitee "Solidarität mit Emmely" sich von Anfang an zur Aufgabe gemacht hatte.

In der mündlichen Begründung führte Richter Schleusener aus, für die Rechtmäßigkeit einer fristlosen Kündigung sei nach herrschender Rechtsprechung im Fall einer Straftat die Höhe des Schadens belanglos. Auch darin waren sich bereits während des Prozesses Richter und beide Anwälte einig gewesen. Und auch diesen Punkt hatte das Solikomitee immer wieder öffentlich gemacht.

Bis dahin also nichts Neues. Richter Schleusener führte dann weiter aus: Wenn die Straftat (die Emmely immer noch bestreitet) von der Gekündigten als "schlimm" (Wortwahl Richter Schleusener) an- und eingesehen werde, könne nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in einer Abwägung für die Kündigungsschutzklage entschieden werden. Dies hätte, so Richter Schleusener weiter, die Kammer auch getan und damit der Kündigungsschutzklage stattgegeben, wenn Emmelys Anwalt, Benedikt Hopmann, den Vorgang nicht immer wieder als "nicht schlimm" (ebenso) dargestellt hätte.

Das Komitee "Solidarität mit Emmely" kritisiert diese Begründung in zwei Punkten:

   1. Zum einen forderte der Richter die Gekündigte damit auf, entgegen ihrer Wahrnehmung auszusagen. Denn Emmely bestreitet die Vorwürfe von Kaiser's bis zuletzt und erklärte auch heute wieder, dass ihre Pfandbons abgezeichnet waren (d. h., dass sie nicht betrogen hat).
   2. Zum anderen wird hier die politische Kritik der deutschen Rechtsprechung im Arbeitsrecht zum letzten Grund für die Rechtmäßigkeit einer fristlosen Kündigung. Tatsächlich hatte der Anwalt die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Vertrauensverhältnis immer wieder als Skandal bezeichnet.

Ganz offensichtlich genügte es Richter Schleusener nicht, herrschende Rechtsprechung zu praktizieren, er musste dem überwiegend für Emmely eingenommenen Publikum, dem Solikomitee und dem Anwalt für dessen engagierte Prozessführung noch unbedingt zeigen, wo der Hammer hängt und dass Kritik der herrschenden Verhältnisse und Rechtsprechung extra abgestraft wird.

Besonders frustrierend muss der Prozessverlauf für Emmely gewesen sein. Wieder musste sie den ganzen Quark ertragen, ohne selbst dagegen auftreten zu können. Dieses Problem zieht sich auch durch die Arbeit des Solikomitees. Da es im Prozess letztlich um das ach so fragile Vertrauen des Arbeitgebers in seine Angestellte geht, haben wir unsere gesamte Arbeit ohne Emmely gemacht, um zu vermeiden, dass irgendwelche Äußerungen Emmelys über den Fall oder ihren Arbeitgeber zu ihren Ungunsten in den Prozess eingebracht werden. Emmely war weder auf unserer Veranstaltungen noch den Kundgebungen. Damit haben wir -- völlig bewusst -- die asymmetrische Anordnung der Kontrahenten im Prozess reproduziert. Für die weitere Soliarbeit wird zu diskutieren sein, ob diese Strategie nicht aufgegeben werden kann.

Emmely will in Berufung vor dem Landesarbeitsgericht gehen.

Das Komitee "Solidarität mit Emmely" wird diese juristische Auseinandersetzung weiter durch Öffentlichkeits- und Solidaritätsarbeit begleiten. Das Komitee "Solidarität mit Emmely" berät am 3. September die weitere Arbeit. Neue Ideen, neuer Enthusiasmus und neue Energie werden dringend gebraucht. Wer sich beteiligen will schreibe vor dem 3. September eine E-Mail an: streik@kanalB.org und beschreibe ihre/seine Ideen, Ressourcen und Kapazitäten.



Quelle



So it goes.

Kurt Vonnegut

mlawrenz

http://de.indymedia.org/2008/08/225092.shtml


Kaiser´s Supermarkt in Berlin geentert

Herr Konetzke 22.08.2008 22:18 Themen: Soziale Kämpfe

(Berlin) 22.08.2008. Am Freitagabend haben 50 Menschen eine Streikolympiade zur Unterstützung der gekündigten Kassierin Emmely in einem Kaiser´s-Supermarkt in Berlin-Friedrichshain veranstaltet. Unter dem Motto "Unser Treueherz schlägt links" polonierten die Olympioniken durch den Supermarkt und verteilten Flugblätter, die auf den Umgang der Tengelmann-Kette mit Streikenden hinwiesen. Am Donnerstag hatte ein Gericht in erster Instanz die Kündigung als rechtens bestätigt.
Aufgerufen zu der Aktion hatte das Internationale Hedonistische Olympische Komitee und die Sektion "We like Streik" aus dem Umfeld der Hedonistischen Internationale. Die bunt maskierte Aktivistin Carola Rambazotti, die mit der Startnummer "1,30" antrat, zu der Protestaktion: "Es ist gut Kaiser´s in die Öffentlichkeit zu zerren. Die machen auf Wohlfühl-Supermarkt und beschneiden mit ihrem Repressalien das Recht auf Streik."

Interessantes Detail am Rande: Im Gespräch mit einem Aktivisten sagten die anwesenden Kassiererinnen, dass sie durch die Aktion nicht genügend Umsatz machen würden - und sie deswegen die Aktion ablehnten. Das zeigt unter welchem Druck Angestellten stehen und in Supermärkten eingeschüchtert werden. Der Prozess gegen "Emmely" zeigt, wie unverhältnismäßig die Rechte von Arbeitgebern gegenüber Arbeitnehmern sind.

Ein anderer Aktivist meinte: "Ich werde immer protestieren, wenn Leute ihrer Rechte beraubt werden. Heute haben wir nur Polonaise getanzt, wir können aber auch Pogo - gerade, wenn wir sehen wie die Polizei in Hamburg mit dem Klimacamp umgeht."

Nach knapp fünf Minuten war die Aktion im Kaiser´s übrigens beendet. Vor dem Supermarkt rückte die Polizei mit etwa 5 Einsatzfahrzeugen an - die Demonstrant_innen diffundierten in alle Richtungen.


Weitere Informationen zum Fall Emmely:
 http://www.freitag.de/2008/33/08330301.php
 http://afp.google.com/article/ALeqM5i_R5HvF3ZoVFfeToGmgrleWCGk6A
 http://www.rbb-online.de/_/nachrichten/wirtschaft/beitrag_jsp/key=news7857262.html
 http://de.indymedia.org/2008/08/225006.shtml
"Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Reichen, die Krieg führt und wir sind dabei zu gewinnen'"
Warren Buffet, zweitreichster Mann der Welt


Irrlichtprojektor

Hi mlawrenz

danke für den Link, noch ne tolle Aktion ....wenn das so weiter geht gerät Chefduzen in Handlungszwang.  :P

ZitatHeute haben wir nur Polonaise getanzt, wir können aber auch Pogo -
:cheer:

gruß irrlicht

Kater

ZitatBerliner Kassiererin verliert Job wegen 1,30 Euro

Berlin (dpa) - Wegen 1,30 Euro hat eine Berliner Supermarkt- Kassiererin nach mehr als 30 Jahren ihren Job verloren. Der 50-Jährigen war die Unterschlagung von zwei Pfandbons über 48 und 82 Cent vorgeworfen worden.

Sie verlor den Rechtsstreit um ihre fristlose Kündigung jetzt auch in zweiter Instanz. Das Berliner Landesarbeitsgericht erklärte die Kündigung für rechtens (Az.: 7 Sa 2017/08). Der Fall hatte über Berlin hinaus Schlagzeilen gemacht. Gewerkschafter gingen von einem anderen Grund für die Kündigung aus: Die Supermarktkette habe die Frau wegen ihrer Beteiligung an Streikaktionen im Einzelhandel loswerden wollen.

Ihr Urteil begründeten die Richter mit einem nicht wieder herstellbaren Vertrauensverlust beim Arbeitgeber. Auf den geringen Wert der Bons komme es nicht an. Schon der dringende Verdacht einer Straftat, der sich auf objektive Tatsachen stütze, könne ein Kündigungsgrund sein. Im Kündigungsrecht gelte das Prognoseprinzip, das berücksichtige, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung noch zumutbar sei. Eine Revision beim Bundesarbeitsgericht ließen die Berliner Richter nicht zu.

Davon abgesehen sah es die Kammer aber auch als erwiesen an, dass die 50-Jährige die Pfandmarken aus dem Kassenbüro für sich selbst eingelöst hatte. Die dreifache Mutter und zweifache Großmutter hatte eine Unterschlagung stets bestritten. Sie war aber vor Gericht von Kolleginnen belastet worden. Die Gekündigte brach während der Urteilsverkündung in Tränen aus. Mit einem solchen Richterspruch habe sie nicht gerechnet, sagte sie später.

Freunde und Gewerkschafter hatten ein Solidaritätskomitee («Solidarität mit Emmely») für die Kassiererin gegründet. Sie sprachen von einer Verdachtskündigung, mit der die Einzelhandelskette eine missliebige, gewerkschaftlich organisierte Angestellte habe loswerden wollen. Dem widersprach das Landesarbeitsgericht. Ein solcher Zusammenhang sei nicht erkennbar.

Die Richter stuften die belastenden Aussagen von Kolleginnen der 50-Jährigen als glaubhaft ein. Eine Kassiererin müsse unbedingte Zuverlässigkeit zeigen. Der Umgang mit Geld setze eine absolute Ehrlichkeit voraus, darauf müsse sich der Arbeitgeber verlassen können. Der Vertrauensverlust sei im vorliegenden Fall umso gravierender, weil die Kassiererin falsche Angaben gemacht und eine Kollegin zu Unrecht belastet habe, begründeten die Richter ihr Urteil.

www.emmely.org

http://de.news.yahoo.com/26/20090224/twl-berliner-kassiererin-verliert-job-we-a362a63.html


Eivisskat


Irrlichtprojektor

Zitat von: Eivisskat am 13:29:15 Di. 24.Februar 2009


Wieder eine tolle Aktion, Glückwunsch!

Bezeichnend und traurig wie viele Kunden im Geschäft einfach vorbeilaufen und ignorieren...
[/quote]

Nun die tolle Aktion war recht von kurzer Dauer und ein sichtlich überforderter "Geschäftsführer" bemühte sich sichtlich die Aktion irgendwie zu unterbinden bzw. schleunigst die Flyer mit vereinten Kräften eines weiteren "Läufers" abzuschwächen. Für die Kunden gab es möglicherweise kaum konkrete Ansatzpunkte in die Aktion einbezogen werden zu können und auch die für sie überraschende Aktion zu werten. Ich würde schon davon ausgehen das bei nicht wenigen die Unsicherheit mit der Situation jetzt richtig umzugehen überwog, aber im nachhinein der eine oder andere sicherlich noch länger darüber nachdenken wird. Die Aktion somit schon ihre Wirkung nicht verfehlen sollte.

Kater

hier noch etwas ausführlicher über die heutige Urteilsverkündigung:

ZitatBerliner Kassiererin verliert Job wegen 1,30 Euro

Berlin (dpa) - Wegen 1,30 Euro hat eine Berliner Supermarkt- Kassiererin nach mehr als 30 Jahren ihren Job verloren. Die 50- Jährige soll zwei Pfandbons über 48 und 82 Cent unterschlagen haben. Sie verlor den Kündigungsschutzprozess jetzt auch in zweiter Instanz.

Das Berliner Landesarbeitsgericht erklärte die fristlose Kündigung für rechtens (Az.: 7 Sa 2017/08). Die dreifache Mutter und zweifache Großmutter brach während der Urteilsverkündung in Tränen aus. Mit einem solchen Richterspruch habe sie nicht gerechnet, sagte sie später auf dem Flur, wo die Wogen der Empörung hochschlugen.

Gewerkschafter und Freunde der Frau verließen den Gerichtssaal mit Zornesröte im Gesicht. «Die soziale Existenz und Zukunft einer Kassiererin, die 31 Jahre für Kaisers geschuftet hat, wiegt weniger als das Eigentum eines unbekannten Kunden an 1,30 Euro Pfandgeld, das er in einer Supermarktfiliale liegen gelassen haben soll», beklagte Gregor Zattler. Er gehört zu einem Solidaritätskomitee, das sich vor Monaten zur Unterstützung der Kassiererin gegründet hatte.

Aus Sicht des Komitees war der wahre Grund für die Kündigung ein ganz anderer, nämlich die Beteiligung der 50-jährigen Frau an Streikaktionen im Einzelhandel. Die Unterstützer sind davon überzeugt, dass die Supermarkt-Kette (Kaisers Tengelmann-Gruppe) mit der Geschichte um die Pfandbons eigentlich eine missliebige, gewerkschaftlich organisierte Angestellte loswerden wollte.

Ans Aufgeben denken die Gewerkschafter nicht. «Wir wollen weiter durch alle Instanzen gehen, notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte», kündigte der Anwalt der Kassiererin, Benedikt Hopmann, an. Es dürfte ein beschwerlicher Weg werden. Denn eine Revision beim Bundesarbeitsgericht ließen die Berliner Richter nicht zu. Hopmann müsste zunächst dagegen Beschwerde einlegen.

Wenn es um Verfehlungen von Arbeitnehmern geht, insbesondere wenn das Strafrecht berührt ist, kennt das Arbeitsrecht kaum Pardon. Wer etwa eine Druckerpatrone am Arbeitsplatz mitgehen lässt oder ohne Erlaubnis des Chefs privat telefoniert, muss stets damit rechnen, vor die Tür gesetzt zu werden. Dann geht es nach der herrschenden Rechtsprechung in Deutschland um Vertrauensverlust und die Frage, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung noch zuzumuten ist.

Das stellte auch das Berliner Landesarbeitsgericht im Fall der 50- Jährigen klar. Auf den geringen Wert der Pfandbons komme es nicht an. Schon der dringende Verdacht einer Straftat könne ein Kündigungsgrund sein. Es gelte das Prognoseprinzip, das berücksichtige, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung noch zumutbar sei. Gewerkschafter wie die Freunde der gekündigten Kassiererin sehen darin aber eine einseitige Bevorzugung von Eigentümerinteressen.

Die Berliner Richter sahen es als erwiesen an, dass die Kassiererin die Pfandmarken für sich selbst einlöste. Die Gekündigte hat eine Unterschlagung stets bestritten. Sie war aber im Gerichtssaal von Kolleginnen belastet worden. Die Richter stuften deren Aussagen auch als glaubhaft ein.

Eine Kassiererin müsse unbedingte Zuverlässigkeit zeigen, erklärte das Gericht. Der Umgang mit Geld setze eine absolute Ehrlichkeit voraus, darauf müsse sich der Arbeitgeber verlassen können. Der Vertrauensverlust sei im vorliegenden Fall umso gravierender, weil die Kassiererin falsche Angaben gemacht und eine Kollegin zu Unrecht belastet habe, hieß es in der Urteilsbegründung. Die Supermarkt-Kette sah sich bestätigt. Das Unternehmen verwies auf seine Werte und Regeln der Zusammenarbeit, die gemeinsam mit dem Betriebsrat festgelegt worden seien.

www.emmely.org

http://de.news.yahoo.com/26/20090224/twl-berliner-kassiererin-verliert-job-we-a362a63.html

alfred

ZitatDie Justiz und die kleinen Leute

Ein Gericht hat die Kündigung einer Supermarktkassiererin bestätigt, weil sie Pfandbons im Wert von 1,30 Euro unterschlagen haben soll - ein maßloses Urteil. Es ist ein altes Vorurteil, dass die Justiz die Kleinen hängt und die Großen laufen lässt. Es ist auch ein altes Vorurteil, das die kleinen Leute weniger Recht kriegen.

Und es ist auch ein altes Vorurteil, dass die Richter bei den großen Leuten umsichtig und maßvoll verhandeln, und bei den kleinen Leuten hastig und verständnislos.

Leider gibt es Urteile, die diese Vorurteile bestätigen. Soeben kann man wieder eines dieser Vorurteils-Bestätigungs-Urteile besichtigen: Eine Berliner Supermarktkassiererin ist nach 31 Jahren fristlos gekündigt worden, weil sie Pfandbons im Wert von 1,30 Euro unterschlagen haben soll. Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigung bestätigt.

Es ist dies ein Urteil ohne Maß, ein maßloses Urteil. Es liegt aber nicht außerhalb der Rechtsprechung. Immer wieder bestätigen die Gericht fristlose Kündigungen wegen kleiner und kleinster Fehltritte, nicht selten mit der Folge von Dauerarbeitslosigkeit.

Das Landesarbeitsgericht Berlin, das die Entlassung der Supermarktkassiererin in zweiter Instanz bestätigt hat, kann sich auf eine Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1984 berufen. Eine Bäckereiverkäuferin hatte ein Stück Bienenstich vom Vortag mitgenommen. Sie musste gehen und dem Bundesgerichtshof war das recht.

Und aus Hannover gibt es den Fall, bei dem ein Vater von zwei Kindern, Leiter einer kleinen Bäckereifiliale, im Lager der Filiale einen Becher Müller-Milch im Wert von 59 Cent ausgetrunken hatte; das Verfallsdatum war längst überschritten.

Der Arbeitgeber begnügte sich nicht mit einer Abmahnung und auch nicht mit einer fristgerechten Kündigung, sondern sprach die fristlose Entlassung aus. Diese wurde vom Arbeitsgericht Hannover im Jahr 2006 bestätigt. Das Vertrauen des Arbeitgebers sei, unabhängig vom Wert der Milch, irreparabel zerstört.

Ähnlich der Portokosten-Fall in Frankfurt: Ein Kundenbetreuer bei einem großen Versicherungsunternehmen hatte neun Privatbriefe zur Poststelle der Firma gegeben. Wegen der unüblichen handschriftlichen Adressierung war das aufgefallen und gemeldet worden.

Gleichwohl meinte das Arbeitsgericht, der Mann habe sich die 4,95 Euro Portokosten diebstahlsähnlich zu erschleichen versucht und damit nicht nur das Vertrauen der Geschäftsleitung zerstört, sondern die betriebliche Organisation massiv gestört.

Helmut Kramer, ein früherer Richter am Oberlandesgericht, hat solche Fälle zusammengetragen in einem Beitrag für das soeben erschienene "Schwarzbuch
Deutschland", Untertitel: "Das Handbuch der vermissten Informationen".

Dort finden sich auch die Urteile, die belegen, wie man die Großen laufen lässt.
Die Großen sind beileibe nicht nur die Ackermänner aus der Wirtschaft.

In der brandenburgischen Trennungsgeldaffäre etwa, bei der Richter und Beamte aus dem Westen (unter anderem fünf einstige Minister und Staatssekretäre) insgesamt mindestens zwei Millionen Euro Trennungsgeld zu Unrecht bezogen hatten, begnügte man sich zumeist mit der Rückzahlung der eingeheimsten Gelder. Es gab 269 Verdachtsfälle allein im Bereich der Justiz, also bei Richtern und Staatsanwälten - aber nur eine einzige Verurteilung.

Und das Vertrauen des Arbeitsgebers in die Integrität der Richter, Staatsanwälte und Beamten, das bei Supermarktkassiererinnen, Bäckerei-Filialleitern und Versicherungs-Kundenbetreuern so wichtig ist, war hier offenbar nicht nachhaltig beschädigt.

Der frühere Oberlandesrichter Kramer analysiert auch eine ganze Reihe von
Ladendiebstahls- und Schwarzfahrer-Fällen und kommt zu dem Schluss: "Was
einfachen Bürgern vorenthalten wird, nämlich Verständnis für situativ
bedingte Ausnahmesituationen, wird gutbetuchten Beschuldigten nicht selten
großzügig zuteil."

Der frühere Postchef Klaus Zumwinkel erhielt für Steuerhinterziehung in
Höhe von fast einer Million Euro eine Bewährungsstrafe. Das Strafmaß war
hier, wenn man es mit anderen Steuerstraftaten vergleichen, nicht zu beanstanden; die Justiz konnte Zumwinkel nicht schärfer anfassen als andere Steuerstraftäter.

Die Strafzumessungspraxis bei Wirtschaftsstraftaten erscheint einem freilich einigermaßen makaber, wenn man sie damit vergleicht, wie die Justiz bisweilen auf Bagatellstraftaten kleiner Leute reagiert.

Die Strafmaßunterschiede bei U-Bahn-Schwarzfahrern einerseits und bei Steuerhinterziehung oder Korruption andererseits sind krass: Massenfälle hier, Sonderfälle dort. Strafrecht gilt deshalb in besseren Kreisen immer noch als Spezialrechtsgebiet gegen das Prekariat und den unteren Mittelstand.

Das Recht ist auch für die Schwachen da. Das ist ein selbstverständlicher Satz. Aber das Selbstverständliche ist leider nicht selbstverständlich.
sz
To be is to do (Socrates), To do is to be (Sartre), Do be do be do (Sinatra)

alfred

To be is to do (Socrates), To do is to be (Sartre), Do be do be do (Sinatra)

Kater

ZitatStreit über Kündigung von Supermarkt-Kassiererin ufert aus

Berlin (AP) Der Streit über das Urteil gegen eine altgediente Supermarkt-Kassiererin, der wegen Unterschlagung von 1,30 Euro gekündigt worden war, ufert aus. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse kritisierte: «Das ist ein barbarisches Urteil von asozialer Qualität.» Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg sprach daraufhin von einer «Entgleisung» des SPD-Politikers. Der Berliner Anwaltsverein legte dem stellvertretenden Parlamentspräsidenten den Rücktritt nahe.

Thierse sagte der «Berliner Zeitung», dass eine langjährige Angestellte wegen einer Nichtigkeit in die Arbeitslosigkeit gestoßen werde, verletzte das Gerechtigkeitsempfinden eines jeden halbwegs normalen Menschen zutiefst. Das Landesarbeitsgericht «hätte durchaus anders entscheiden können. Es hätte zum Beispiel berücksichtigen können, dass die Frau für ihr Unternehmen 31 Jahre lang Knochenarbeit geleistet hat». Ein solches Urteil zerstöre das Vertrauen in die Demokratie, erklärte der SPD-Politiker.

Amt niederlegen oder entschuldigen

Das Landesarbeitsgericht konterte: «Derartige Äußerungen, die bislang nicht dementiert wurden, sind untragbar und stellen bereits in ihrer Wortwahl eine Entgleisung dar.» Es sei in keiner Weise zu beanstanden, dass Urteile öffentlich diskutiert und einer - auch scharfen - Kritik unterzogen würden. Es müsse aber in einer sachlichen Weise geschehen. «Diffamierungen der Gerichte, zumal von einem der höchsten Repräsentanten unseres Landes, sind demgegenüber in keiner Weise hinnehmbar. Sie sind geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung in die Rechtsprechung zu beeinträchtigen und greifen in die Unabhängigkeit der Gerichte ein», erklärte das Gericht.

Der Vorsitzende des Berliner Anwaltvereins, Ulrich Schellenberg, wies Thierses Äußerung auf das Schärfste zurück und legte ihm den Rücktritt nahe. «Wolfgang Thierse muss sich für seine verbale Entgleisung entschuldigen», forderte Schellenberg. «Aus meines Erachtens rein populistischen Gründen hat der Bundestagsvizepräsident die Unabhängigkeit der Gerichte in Frage gestellt.»

Der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Martin Lindner, erklärte: «Thierses Äußerung ist barbarisch und dümmlich. Sie ist sachlich völlig ungerechtfertigt und lässt jeden Respekt vermissen, den die Erste der Dritten Gewalt schuldet.» Thierse müsse sich umgehend bei den Richtern entschuldigen und seine «unhaltbare Äußerung» zurücknehmen.

Dagegen erklärte der Vizevorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Wolfgang Nescovic, das Urteil stoße in der breiten Öffentlichkeit zu Recht auf Unverständnis und Empörung. Die Sanktion der Kündigung stehe in einem krassen Missverhältnis zum Kündigungsgrund. «Einer Mitarbeiterin, die 31 Jahre lang unbeanstandet in einem Betrieb gearbeitet hat, wegen eines Pfandbons von 1,30 Euro zu kündigen und ihr damit die Existenzgrundlage zu rauben, ist offenkundig unverhältnismäßig.»

http://de.news.yahoo.com/1/20090226/tde-streit-ber-kndigung-von-supermarkt-k-3fc80be.html

vampyrella

Ich weiss nicht ob ich mich outen soll... also ich war heute mal auf Shortnews und hab mir mal die Kommentare zu dem Thema durchgelesen....das nicht unbedingt die Geistes-Elite dort kommentiert war mir ja klar,
aber erschreckend fand ich trotzdem, dass so viele mit den Arbeitgebern solidarisieren.

Es geht einfach nicht in meinen Kopf, warum so viele die Arschkriechernummer abziehen und sagen "Hätte se ma nich'" und "Selber Schuld".

Ich meine, man kann doch mitfühlen, wie sich diese Frau fühlen muss. Welche Ungerechtigkeit über sie ergeht.

Da liest man fast wöchentlich von irgendwelchen Vorstandsvorsitzenden, die Millionen von Firmengeldern für Nutten und Koks rausschmeissen, und DIE bleiben dann immer noch im Job. Auch nach dem Skandal.
Egal welche Scheisse sie bauen.

U-N-G-LA-U-B-L-I-C-H !!!
o
L_/
OL This is Schäuble.
Copy Schäuble into your signature to help him on his way to Überwachungsstaat.

Wilddieb Stuelpner

Bei Johannes B. Kerner und auch in der Phoenix-Runde wurde die verurteilte angebliche Unterschlagung thematisiert. Bei Kerner waren beide Streitparteien eingeladen und durften sich zu dem Verfahren in anonymer Form äußern.

ZDF, Johannes B. Kerner vom 24.02.2009, Kampf um den Arbeitsplatz - Über Datenschutz, Diebstähle und Lebensmittel

Videopodcast - ZDF, Johannes B. Kerner, Kampf um den Arbeitsplatz - Über Datenschutz, Diebstähle und Lebensmittel

Kienzle als Fernsehjournalist stufte das Urteil des LAG, daß sich auf ein bloße Verdachtskündigung und nicht auf eindeutige Beweisführung stützt, als eine gängige, verstaubte Rechtspaxis ein, die in die Anfänge des 19. Jh. gehören und nichts mit moderner Rechtssprechung zu tun habe. Es ist nichts anderes als öffentlicher Pranger oder Inquisition und da kann man gleich ins Mittelalter die Urteilsfindung verlagern.

Man müsse noch die angebliche Rechtstreue der Tengelmann-Kaiser's-Gruppe näher beleuchten, die von AN-Rechten nichts hören will, Betriebsräte und Gewerkschaften als Störenfriede einstuft und geltenden Kündigungsschutz durch kettenmäßige Endlosverlängerung von befristeten Teilzeitjobs aushöhlt, so daß die Mitarbeiter von Tengelmann und Kaiser's ständig in sozialer Angst und Unsicherheit gehalten werden. Da muß man auch mal die geschäftsmäßige Grundlage der Betriebsführung näher beleuchten. Schon von der vertragsgemäßen Gestaltung der Arbeitsverhältnisse kommt von Unternehmensseite kein Vertrauen der Belegschaft entgegen. Aber solche herrschenden, gängigen Geschäftspraktiken und Arbeitsbedingungen ganzer Branchen juckt kein Arbeitsgericht und keinen Politiker.

Berliner Phoenix-Runde vom 26.02.2009: "Gefeuert wegen 1,30 Euro - Die Kleinen bestrafen, die Großen belohnen?"

Hans Leyendecker (Süddeutsche Zeitung) kommentierte u.a. das Verfahren, das die Kleinen schon beim bloßen Verdacht auf eine Arbeitspflichtverletzung ihre Existenzgrundlage verlieren können, große Verbrecher sich ihr Rechtsurteil erkaufen können und nach den Verfahren sogar noch wirtschaftlich besser gestellt werden, weil in den Netzwerken der Leistungselite diese Verbrecher anerkennend Beraterverträge mit Firmen erhalten, um deren kriminelle Energie geschäftsmäßig für weitere Firmen nutzen zu können.

Man unterstellt damit, daß der gewöhnliche AN nichts als Mensch und AN taugt, dagegen kriminelle Geschäftsführer, Manager und Banker für ihre "Intelligenzleistung" bei der Gestaltung krimineller Geschäftspraktiken eine Anerkennung, rechtlichen Schutz und soziale Hilfe im Sinne von vertuschender Klüngelwirtschaft erhalten müssen.

Videopodcast Berliner Phoenix-Runde: "Gefeuert wegen 1,30 Euro - Die Kleinen bestrafen, die Großen belohnen?"

Phoenix-Audio- und Videopodcasts zum Herunterladen auf den heimischen PC 

aian19

Vielleicht mal ganz interessante Info´s zur zuständigen Richterin, die im Fall "Emmely" geurteilt hat:

Zitat
Näheres zur Richterin im "Fall Emmely"

25/02/2009 von Julie

Liebe Leser !

Zu dem "Fall Emmely" habe ich einen Leserkommentar gefunden, den ich jetzt einfach mal "geklaut" habe und hier einstelle. Im Anschluss daran folgt auch noch eine Pressemitteilung.

    Die für das Urteil verantwortliche Richterin Daniele Reber gibt unter anderem Seminare für das "Forum Institut für Management GmbH"! Auf der Webside heißt es "Das Forum für Management ist eine internationale Institutsgruppe, die sich mit der Weiterbildung von Fach- und Führungskräften befasst. Im Oktober vergangenen Jahres refierierte Frau REber u.a. für das Institut zu folgenden Themen:

        * Annahmeverzug/böswilliges Unterlassen.
        * Tarifliche Bezugnahmeklauseln.
        * Neue Rechtssprechung des 4. Senats.
        * Zielvereinbarungen und deren Fehlen.
        * Betriebsübergang:von der eigenwirtschaftlichen Nutzung!
        * Wie weit gehn die Informationspflichten des Arbeitgebers?
        * Widerspruchrecht des Arbeitnehmers; Verwirkung.
        * Kündiugungsrecht allgemein.
        * Europarechtswidrigkeit von Kündigungsfristen.
        * Verdachtskündigung: Dringender TAtverdacht und Anhörung des Arbeitnehmers.
        * Verhaltensbedingte Kündigung wegen Internetnutzung.
        * Kündigung wegen Minderleistung.

    Am 01.04.09 organisiert das Forum ein Seminar zum Thema "Wie kündigt man Unkündbare!


    ES kann mir niemand erzählen, dass dieses Urteil unabhängig ausgespruchen wurde, es war ein regelrechtes Klassenurteil!

- QUELLE -
"Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren"

"Wenn Unrecht zu Gesetz wird, ist der Gesetzlose der einzige, der noch rechtmäßig handelt."

Mene mene tekel upharsin

Abraxas

Vor dem Gesetz sind alle gleich. manche sind gleicher denn die sind reicher
"es ist eine dumme idee menschen schlecht zu behandeln, die mit deinem essen alleine sind"

MizuNoOto

Es ist nicht falsch, die unterschiedliche Rechtsanwendung gegenüber den Angehörigen verschiedener Schichten zu kritisieren, man muss sich aber bewußt sein, dass man dabei nach dem Bock als Gärtner ruft. Denn Ungleichbehandlung ist dem Eigentum und Herrschaft ausgestaltenden Recht immanent.
Beispiel Strafrecht. 70 % aller Delikte sind Eigentums- und Vermögensdelikte. Und wer begeht die überzufällig häufig? Natürlich die ohne viel Eigentum und Vermögen.

Aber weils so einfach ist (und nicht grundsätzlich falsch), zwei Artikel aus den Wochenendausgaben der SZ:

ZitatEine Verkäuferin einer Bäckereifiliale in Friedrichshafen am Bodensee ist nach Pressinformationen entlassen worden, weil 1,36 Euro in der Kasse fehlten. [...] Ihr Chef hatte zwei Detektive eingesetzt, um Unregelmäßigkeiten aufzuspüren. Diese hatten festgestellt, dass mal zu viel und mal zu wenig Geld in der Kasse war. Einmal fanden sie einen Fehlbetrag von 1,36 Euro.

ZitatJetzt hat er bekommen, was er verdient. Das Grundgehalt bis 65 plus einen Zuschlag für die Pension. Hans Peter Friedl, ehemaliger Chef der Unfallchirurgie in Freiburg, erhält 1,98 Millionen Euro Abfindung. Die Universität Freiburg, das Land Baden-Württemberg und Friedl haben sich in dieser Woche darauf geeinigt, dass das Beamtenverhältnis des wegen Körperverletzung verurteilten Arztes damit beendet ist. [...]
Die Vorwürfe, die vor dem Landgericht gegen Friedl erhoben wurden, lasen sich wie ein Musterkatalog der Kunstfehler. [...]
Friedl ..., der seit 2000 in den kanadischen Rocky Mountains lebt und offenbar in eine Firma für Flugzeugbauteile eingestiegen ist.

http://www.sueddeutsche.de/jobkarriere/286/459924/text/
http://www.sueddeutsche.de/panorama/291/459929/text/

Wilddieb Stuelpner

Zitat von: aian19 am 13:16:22 Fr. 27.Februar 2009
Vielleicht mal ganz interessante Info´s zur zuständigen Richterin, die im Fall "Emmely" geurteilt hat:

Zitat
Näheres zur Richterin im "Fall Emmely"

25/02/2009 von Julie

Liebe Leser !

Zu dem "Fall Emmely" habe ich einen Leserkommentar gefunden, den ich jetzt einfach mal "geklaut" habe und hier einstelle. Im Anschluss daran folgt auch noch eine Pressemitteilung.

    Die für das Urteil verantwortliche Richterin Daniele Reber gibt unter anderem Seminare für das "Forum Institut für Management GmbH"! Auf der Webside heißt es "Das Forum für Management ist eine internationale Institutsgruppe, die sich mit der Weiterbildung von Fach- und Führungskräften befasst. Im Oktober vergangenen Jahres refierierte Frau REber u.a. für das Institut zu folgenden Themen:

        * Annahmeverzug/böswilliges Unterlassen.
        * Tarifliche Bezugnahmeklauseln.
        * Neue Rechtssprechung des 4. Senats.
        * Zielvereinbarungen und deren Fehlen.
        * Betriebsübergang:von der eigenwirtschaftlichen Nutzung!
        * Wie weit gehn die Informationspflichten des Arbeitgebers?
        * Widerspruchrecht des Arbeitnehmers; Verwirkung.
        * Kündiugungsrecht allgemein.
        * Europarechtswidrigkeit von Kündigungsfristen.
        * Verdachtskündigung: Dringender TAtverdacht und Anhörung des Arbeitnehmers.
        * Verhaltensbedingte Kündigung wegen Internetnutzung.
        * Kündigung wegen Minderleistung.

    Am 01.04.09 organisiert das Forum ein Seminar zum Thema "Wie kündigt man Unkündbare!


    ES kann mir niemand erzählen, dass dieses Urteil unabhängig ausgespruchen wurde, es war ein regelrechtes Klassenurteil!

- QUELLE -[/size][/size]

Ist doch richtig nett, daß sich das Märchen von der unabhängigen, korrigierenden 3. Gewalt - der Judikative - in Luft auflöst. Die Juristen sind genauso korrupt und käuflich wie die Legislative und Exekutive, singen das Lied nach, daß ihnen ihr Brötchengeber vorgibt.

Am 01.04.09 organisiert das Forum ein Seminar zum Thema "Wie kündigt man Unkündbare!

Also wieder eine deutschnationale, mittelalterlich-reaktionär orientierte Rechtsverdreherin, die AG vorsätzlich rechtliche Schützenhilfe gibt. Einen ähnlichen Rechtsverdreher, der solche Beratungen und Vorträge gegen Betriebsräte, Schwangere, Behinderte abhält, damit sie aus Unternehmen schnellstens verschwinden, hatte doch schon Frontal21 vorgestellt

Ich präzisiere die von aian genannte Quellenangabe: http://juliehamburg.wordpress.com/2009/02/25/zur-kundigung-im-fall-emmely/

mlawrenz

Noch vor dem absurden Urteil einer der Realität völlig entrückten Richterin gegen Emmely haben "die Überflüssigen" eine Aktion in einem Kaisers Supermarkt durchgeführt:

Video unter:

http://kanalb.org/index.php?play_id=2209&modul=Clip

Wie im Beitrag oben näher beschrieben wurde, ist die Richterin Daniele Reber bekannt dafür, Arbeitgeberseminare zu kreativen Kündigungsmöglichkeiten zu halten. Ihre Unabhängigkeit als Richterin sehe ich insofern nicht gewährleistet. Engere Verbindungen zu Kaisers konnten bisher noch nicht belegt werden. Dass aber ausgerechnet eine derartige Richterin diesen Fall bekommen hat, wirft einige Fragen auf.

Weiteres unter:

http://www.emmely.org
"Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Reichen, die Krieg führt und wir sind dabei zu gewinnen'"
Warren Buffet, zweitreichster Mann der Welt


Wilddieb Stuelpner

C.H. Beck-Verlag schließt sich dem Protest des Anwaltsvereins gegen Thierse an

Bemerkenswert vom C.H.Beck-Verlag: In seiner Protestnote gegen Thierse wird das Urteil der Richterin nicht mal mehr mit der Verdachtskündigung in Verbindung gebracht, sondern der Verlag geht gleich von erwiesener Unterschlagung aus. Dieser juristische Fachverlag ergreift für den mittelalterlichen Standesdünkel einer vom Kapital gekauften Justiz Partei statt vom realen Sachverhalt in diesem Verfahren wertneutral auszugehen.




Nach Kritik an Kassiererinnen-Urteil: Berliner Anwaltverein fordert Rücktritt Thierses

Nach der scharfen Kritik von Wolfgang Thierse (SPD) am Kassiererinnen-Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg hat der Berliner Anwaltverein den Bundestags-Vizepräsidenten zum Rücktritt aufgefordert. Thierse hatte die Entscheidung als «barbarisches Urteil von asozialer Qualität» bezeichnet. Auch der Deutsche Anwaltverein (DAV) und das LAG Berlin-Brandenburg kritisierten Thierses Äußerung als nicht gerechtfertigt. Diffamierungen der Gerichte seien in keiner Weise hinnehmbar.

Hintergrund

Das LAG Berlin-Brandenburg hatte am 24.02.2008 die fristlose Kündigung einer Supermarkt-Kassiererin wegen der Unterschlagung von zwei Leergutbons im Wert von 1,30 Euro bestätigt (Az.: 7 Sa 2017/08). Thierse hatte daraufhin gegenüber der «Berliner Zeitung» geäußert: «Das ist ein barbarisches Urteil von asozialer Qualität.» Dass eine Angestellte nach 31 Jahren wegen einer Nichtigkeit in die Arbeitslosigkeit gestoßen werde, verletze das Gerechtigkeitsempfinden. Das Gericht hätte durchaus anders entscheiden und ihre langjährige Arbeit berücksichtigen können.

DAV: Kritik Thierses nicht gerechtfertigt

Der Berliner Anwaltverein forderte Thierse zum Rücktritt auf. Mit seiner Äußerung stelle er die Entscheidung des LAG «außerhalb unserer Gemeinschaft», schrieb der Anwaltsverein am 26.02.2009 in einer Erklärung. Dies sei eine nicht hinnehmbare Entgleisung. Aus populistischen Gründen habe Thierse die Unabhängigkeit der Gerichte infrage gestellt. Auch DAV-Präsident Hartmut Kilger kritisierte die Äußerung. Auch dem Bundestags-Vizepräsidenten stehe das Recht zu, Urteile kritisch zu kommentieren. «Personen des öffentlichen Lebens sollten sich jedoch um eine sachgerechte Bewertung bemühen», so Kilger. Das Urteil als «barbarisches Urteil» zu bezeichnen sei nicht gerechtfertigt und auch nicht sachgerecht.

LAG bezeichnet Wortwahl als Entgleisung

Scharfe Kritik übte auch das LAG Berlin-Brandenburg. Derartige Äußerungen, die bislang nicht dementiert wurden, seien untragbar und stellten bereits in ihrer Wortwahl eine Entgleisung dar. Dass Urteile der Gerichte für Arbeitssachen öffentlich diskutiert und einer – auch scharfen – Kritik unterzogen werden, sei in keiner Weise zu beanstanden, so das LAG. Die gebotene Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung müsse jedoch immer in sachlicher Form geschehen. Diffamierungen der Gerichte, zumal von einem der höchsten Repräsentanten unseres Landes, seien demgegenüber in keiner Weise hinnehmbar.




beck-aktuell-Redaktion, Verlag C. H. Beck, 27. Februar 2009.

Web-Auftritt «Recht Steuern Wirtschaft»
Verlag C. H. Beck oHG
Wilhelmstraße 9
80801 München

Nach dem Eintritt Bayerns in das Deutsche Reich 1871 wurde C. H. Beck immer mehr zu einem juristischen Fachverlag, der wesentliche Gesetzessammlungen und juristische Fachschriften herausgab. Der Zweite Weltkrieg beschädigte die Verlagsgebäude schwer. Nach 1945 erlaubten die Amerikaner dem Verlag zuerst keine Veröffentlichungen, da den Verlagsleiter Heinrich Beck seine Nähe zu Nationalsozialisten belastete. Dieses Problem umging die Neugründung des Biederstein Verlags jedoch. Erst 1949 erhielt C. H. Beck wieder eine Lizenz zu publizieren. Der Verlag befindet sich nach wie vor im Besitz der Familie Beck. Heute sind dies in sechster Generation die Brüder Dr. Hans Dieter Beck und Dr. h.c. Wolfgang Beck.




chatopac

Scheisse, weiss denn keiner wo Frau Freissler wohnt, mir wird immer klarer -- die brauch mal n vier Augen Gespräch 8)
" Erst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu " -Jürgen Wegmann

MizuNoOto

Die Vortragstätigkeit von Richter ist ein weitverbreitetes Übel und sollte grundsätzlich nicht genehmigt werden. Es geht dabei gar nicht mal um den finanziellen Vorteil, sondern darum, dass Richter auf solchen Veranstaltungen gebauchpinselt werden und so ein diffuses Gefühl der Verpflichtung und Klassensolidarität entsteht.
Deutlich zu sehen bei dem vorsitzenden Richter des BGH-Bankensenats Gerhard Nobbe, der im Laufe seines Lebens einige hunderttausend Euro Vortragshonorar von Banken erhalten haben dürfte und dessen Rechtsprechung auch in Fachkreisen als unverständlich bankenfreundlich und nicht nachvollziehbar galt. Angeblich hielt er OLG-Richter für etwas beschränkt und fühlte sich auf den Vorträgen unter Juristen seines Kalibers.

Seitens der Seminarveranstalter besteht von der "politischen Landschaftspflege" abgesehen gar kein Bedürfnis, ausgerechnet Richter als Referenten einzuladen. Die BAG-Rechtsprechung ist keine Geheimwissenschaft, die nur von Richtern verstanden werden könnte. Fachanwälte erbringen ebenso gute Vortragsleistungen.
Die Berliner Justizverwaltung begründet die Notwendigkeit der Vortragstätigkeit von Richtern damit, dass auf solchen Seminaren die "Spielregeln" ausgehandelt würden. Das ist kein zulässiges Argument. Dieses Aushandeln ist selbst ein Übel, weil nur mit einer Seite verhandelt wird. Aber bitte, falls zufällig ein LSG-Richter mitliest, die chefduzen-community läd Sie herzlich ein, zur Vermeidung unnötiger Prozesse die Rechtsprechung mit Arbeitslosen abzusprechen. Hier ein Kaffee, ich finde folgende Punkte gehen nicht... nagut, hier komme ich ihnen entgegen, aber dafür...

Unverständlich ist auch, wie unterschiedlich die Genehmigung von Nebentätigkeiten bei Beamten verschiedener Gehaltsgruppen aussieht. Münchener Polizisten dürfen nicht mehr als Ordner in der Allianzarena arbeiten, Steuerfahndern ist es in mehreren Bundesländern verboten eine Tasse Kaffee anzunehmen (zu recht, es beginnt fast immer mit einer Tasse Kaffe). Aber tausende Euro Honorar für einen Richter...

Ich finde (Polemik an), Daniele Reber hat sich durch ihre Vortragstätigkeit dem dringenden Verdacht ausgesetzt, nicht mehr objektiv zu urteilen. Das Vertrauensverhältnis zwischen Volk und ihr wurde damit irreperabel zerstört, ihre Kündigung ist rechtmäßig.


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