1Euro-Jobs bei der Hamburger Arbeit (HAB)

Begonnen von backup, 13:27:40 So. 05.Dezember 2004

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backup

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Andreas.



Anmeldungsdatum: 21.06.2004
Beiträge: 24

 Verfasst am: 18.11.04 um 11:37    Titel: 1Euro-Jobs bei der Hamburger Arbeit (HAB)  

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http://de.indymedia.org/2004/11/97518.shtml



Erfahrungsbericht einer Frau zu einem 1Euro-Job (vor 1
Woche begonnen, noch freiwillig) ...


Letzten Montag, erster offizieller Arbeitstag und Einweisung.Zuerst haben wir alle Arbeitskleidung erhalten:blaue Latzhosen und Jacken, wo groß draufsteht: HAB Eidelstedt ( HAB =Hamburger-Arbeits-Beschaffung ) Das muss so sein, damit alle anderen Menschensofort sehen, mit wem sie es zu tun haben (?????), so hat der "Fallmanager" (sonennen sich die zuständigen Betreuer/Einweiser/Aufpasser) es erklärt.Danach theoretische Einweisung und Verhaltensregeln. Wir haben erfahren, dass esden ganzen Tag dauern würde und wir nicht auf die Straßen/Grünanlagen gehenwerden.
Einer hat gefragt, warum sie dann diese Latzhosen und Stiefel den ganzen Tagtragen müssen, wenn sie nicht die Grünanlagen sauber machen und nur in diesenRäumen rumlaufen sollen....
Antwort: ,,Damit wir uns an Arbeitskleidung gewöhnen. Und um 6.00 Uhr anzufangen,dass ist auch nur, damit wir lernen morgens aufzustehen."
Wir sind dann darauf hingewiesen worden, dass wir natürlich keinen Alkohol trinkendürfen, keine Drogen nehmen dürfen, uns nicht prügeln und nicht gegenseitig sexuellbelästigen dürfen.
Sehr ausführlich (ca. 2 Stunden!) hat dieser Fallmanager uns dann erklärt, wosexuelle Belästigung anfängt. Schon bei Blicken ... und wir müssen immer in derKolonne bleiben, niemals dürfen sich eine Person weiblichen Geschlechts undmännlichen Geschlechts zusammen von der Kolonne entfernen. Denn dann könntees zu sexuellen Übergriffen kommen.
Er, der ,,Fallmanager" darf auch nie mit einer weiblichen Person alleine reden, denndie könnte ihn dann anzeigen, wegen sexueller Belästigung, oder versuchterVergewaltigung.
Es gibt zwei Gruppen, Jungerwachsene und Erwachsene. Es wurde denErwachsenen dann auch gesagt, sie dürfen keinen Kontakt zu denJungerwachsenen haben. weil sie, diese arbeitslosen Erwachsenen ein schlechtesBeispiel sind. Deshalb sind die Jungerwachsenen in einer Einrichtung in Volksdorf.Nun sind in der einen Gruppe auch Menschen, die zum Teil bis vor zwei/drei Jahrengearbeitet haben, jetzt über 50 sind, Kinder groß gezogen haben und vorher noch niearbeitslos waren. Hinzu kommt, dass alle, die jetzt schon da ,,eingewiesen" werden,freiwillig gesagt haben, sie möchten so schnell, wie möglich arbeiten und nicht zuHause rum sitzen und bis zum 1.Januar warten...
Einige haben sich gefühlt, wie in einer Erziehungsanstalt und teilweise haben wirgedacht, wir sind alle Schwerverbrecher.Eine Aussage des ,,Fallmanagers":
Es werden keine Arbeitsplätze vernichtet, das ist alles Quatsch, was da an,,Gerüchten" immer wieder auftaucht und natürlich werden alle 1 Euro-Jobs nurfür gemeinnützige Arbeit verwendet!
1 Euro-Job-Arbeiter nehmen jedoch auch kostenlose Praktikumsstellen in Anspruchund das natürlich nur in der Hoffnung, anschließend mit einem normalen Lohn festangestellt zu werden. Eine hat den Antrag auf den Praktikumsplatz gestellt und wennich das richtig verstanden habe, muss der Betrieb noch nicht mal den einen Euro proStunde zahlen. Das läuft weiter über das Sozialamt. Ein anderer Kleinstbetrieb würdesofort auch so einen Praktikumsplatz stellen, den einen Euro auch gerne bezahlen.Er braucht dringend einen Mitarbeiter und so eine günstige Arbeitskraft zubekommen, ohne jegliches Risiko und Verantwortung, wäre doch eine guteSache. Vielleicht wäre er dann sogar bereit, einen zuverlässigen Mitarbeiter auchtatsächlich fest anzustellen...
Wir sind jedoch der Meinung, es werden Arbeitsplätze vernichtet und diese 1 Euro-Jobs werden für viele noch ungeahnte Folgen haben.
Als Beispiel dazu: die Freundin meiner Schwester hat natürlich im Bekanntenkreisauch über dieses Praktikum und 1-Euro-Jobs gesprochen und gleich ein Angebotbekommen, meine Schwester könnte bei einer weiteren Bekannten arbeiten, diewürde ihr dann schwarz zusätzlich 7.-Euro bezahlen, entweder soll sie die behalten,oder mit der Freundin teilen, da die schließlich die Anträge für das Praktikumunterschrieben hat. Also Möglichkeiten ohne Ende...
Wann es nun wohl die ersten Praktikumsvermittler für 1-Euro-Job-Arbeiter gibt? Obauf die Idee nicht schon mehrere gekommen sind? Für mich ist unvorstellbar, was daabläuft und noch ablaufen kann.
Natürlich haben in der Vergangenheit Unternehmen teilweise mit diesen kostenlosenPraktikumsplätzen auch schon Leute ausgebeutet, weil sie zu keinem Zeitpunktvorhatten, wirklich jemanden einzustellen, aber nun wird das ja noch richtigunterstützt. Diese Praktikumsplätze sind natürlich nicht mit den Praktikumsplätzen zuverwechseln, die Studenten, bisher Umschüler, teilweise Berufsanfänger gebrauchthaben und auch in Zukunft noch brauchen.
Weiter in der 1-Euro-Arbeitswoche:
Die ersten Tage waren rum. Die restlichen Tage sahen dann so aus, dass alleweiterhin in diesem Gebäude waren. Nicht einmal etwas ,,sinnvolles" tun durften. DerTagesablauf sieht so aus, dass z.B. ein gelernter Maler, 54 Jahre (zum ersten malseit ca.2 Jahren arbeitslos), dort aufgestellte Wände streichen muss. Zuerst in weiß,dann in blau, immer so weiter, bis die Wand ,,kaputt" gestrichen ist, dann wird sieentsorgt und eine neue aufgestellt. Daneben steht eine Wand, da muss einer, auchüber 50 (seit ca. 3 Jahren arbeitslos, vorher nie), Fliesen dran kleben, die dannwieder abgehauen werden und dann wieder neue Fliesen dran. Wieder ein anderermuss eine Mauer mauern, die wird immer wieder, wenn eine gewisse Größe erreichtist, umgetreten wird, dann wieder aufgebaut.... Eine Ungelernte, hat Teppichrestebekommen und musste den ganzen Tag mit einem Teppichmesser Teile davonabschneiden und gleich in einen Müllsack schmeißen. Wenn mensch nun denkt, daßsie das machen sollte, um zu lernen, wie man Teppichboden verlegt, oder die, dienicht streichen können, von dem Maler etwas lernen sollten.....Nein, keiner sagt, obrichtig gestrichen, gemauert usw. wurde....Sie haben auch ,,Putzfrauen". Da haben sie welche aus der Gruppe genommen, diemüssen immer wieder ein und denselben Flur putzen. Wenn er sauber ist, kommteine fest angestellte Mitarbeiterin der HAB mit einem Eimer voll ,,Schmierdreck" undmacht den Flur wieder dreckig. Und dann müssen sie wieder von vorne anfangendiesen Flur zu putzen, acht Stunden am Tag ...
Schon am Donnerstag hat eine wissen wollen, wann sie denn nun endlich wirklicharbeiten können, denn das kann es wohl nicht sein und sie fühle sich, wie dieanderen auch, völlig verarscht. Antwort vom ,,Fallmanager": Richtige Arbeit haben wirnoch nicht für sie, da kommen demnächst Angebote und sie müssten die Leute nuneben einfach irgendwie beschäftigen, darum ist es völlig egal, was für Teppichstückegeschnitten werden, denn die kommen sowieso gleich auf den Müll...
Kamen Vorschläge, ob sie dann nicht wenigstens, wie eigentlich angekündigt,Hamburgs Straßen, Grünanlagen usw. sauber machen könnten, gerade jetzt mit demganzen Laub wäre doch da genug zu tun, oder im Altersheim, wo so ein Mangelbesteht....Nein alles nicht möglich, bis auf weiteres haben sie jeden Tag da zuerscheinen und diese sinnlosen Arbeiten zu verrichten. Sie könnten sich aber ja alleum einen Praktikumsplatz bewerben und, noch besser, endlich sehen, dass sieselber Arbeit finden. Die ersten haben schon Depressionen, weil sie da überhauptnicht mit klar kommen, wie sie da behandelt werden und ich kann so einen Wahnsinnauch nicht nach vollziehen...
Einer, der vor kurzem aus dem Gefängnis entlassen wurde, hat gesagt, so schlimmwar es noch nicht mal im Gefängnis und da wusste er wenigstens, er hat ,,Mist"gemacht und muss nun seine Strafe dafür absitzen. Das hat er gemacht und möchtenun arbeiten. Dass er nun schlimmer behandelt wird, das hätte er sich nichtvorgestellt.
Auch die fehlenden Arbeitsschutzmaßnahmen sind ganz schlimm. Die Leute, die damauern müssen, rühren z.B. den ganzen Tag immer wieder Zement an und habenkeine Atemschutzmasken bekommen. Einer musste den ganzen Tag eine Türabschleifen, war schon über und über mit diesem feinen Staub voll. EineTeilnehmerin hat ihm dann so eine Atemschutzmaske besorgt, weil sie es nicht mehrmit ansehen konnte. Sie meint, die werden auch gesundheitlich einem großen Risikoausgesetzt und da will sie nun auf jeden Fall etwas unternehmen. Die Farben, essind auch Lackfarben dabei, stinken so grausam, schon dieser Gestank ist zum Teilnicht auszuhalten.
Der ,,Fallmanager" ist übrigens selbst Gewerkschaftsmitglied. Auf die Frage, ob erdenn nicht etwas gegen diese Zustände unternehmen könnte, antwortete er: Nein,das könne er nicht, er wundere sich zwar selbst schon ein wenig, aber dieGewerkschaften können hier nicht helfen, weil es sich nicht um Arbeitsverhältnissehandelt... "
Viel gebe es da noch zu schreiben, aber ich wollte nur ein wenig aus der Praxis,dieser ersten 1Euro-Jobs schreiben...
 
 
 
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besorgter bürger



Anmeldungsdatum: 10.03.2004
Beiträge: 199

 Verfasst am: 18.11.04 um 13:12    Titel:    

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so stand es auch in der jw vom 13.11.
http://www.jungewelt.de/2004/11-13/014.php
und heute die ergänzung dazu
http://www.jungewelt.de/2004/11-18/016.php
 

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Alle Rechnungen, die ich erhalte, bezahle ich niemals sofort, Die Rechnungen werden vielmehr in eine große Trommel geschüttet, aus der ich am Anfang jeden Monats drei Rechnungen mit verbundenen Augen herausziehe. Ich bitte Sie zu warten, bis das große Los Sie getroffen hat.
 
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aian19



Anmeldungsdatum: 27.03.2004
Beiträge: 411
Wohnort: Fishtown
 Verfasst am: 18.11.04 um 19:10    Titel: Passt doch, oder ???  

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Sehr passend, oder etwa nicht ???  
 

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"Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren"
-- Etwas ist faul im Staate D.--

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