Tanzlehrer ohne Pause

Begonnen von Schwebende Feder, 14:05:25 Mi. 24.September 2008

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Schwebende Feder

Hallo Leute,

durch Zufall bin ich neulich beim Nachschlagen von Gesetzen im Netz auf eure Seite gestoßen und ich denke, ihr seid genau die richtigen Ansprechpartner für mein Problem.

Und zwar geht es um Folgendes:
Ich mache im Moment eine Ausbildung zum Tanzlehrer im Berufsverband Deutscher Tanzlehrer (BDT e.V.) und bin inzwischen im 3. Lehrjahr. Im Großen und Ganzen macht mir die Ausbildung Spaß, auch wenn es natürlich immer mal Sachen gibt, die nich ganz so dolle laufen und über die man hier sicherlich auch den ein oder anderen Thread hier füllen könnte...

Das größte Problem ist allerdings, dass wir Mitarbeiter keine Pause haben. Das ist an Tagen, wo man nicht so lange arbeitet ja auch eigentlich kein Problem, also wenn ich zum Beipiel um 16.30 Uhr anfange und dann bis 23 Uhr arbeite brauche ich auch keine Pause. Allerdings kommt es in letzter Zeit vor, dass meine neuen Kurse immer früher anfangen, und ich an einem Tag inzwischen um 12 Uhr anfange zu arbeiten und es dann meistens bis die letzten Kunden weg sind schon ca. 23 Uhr oder sogar noch später ist.
Nicht, dass man mich jetzt falsch versteht, mein Problem sind nicht die Arbeitszeiten, also dass es so spät wird, oder dass ich so lange arbeite...mein Problem (und ich denke mal, auch das meiner Kollegen) ist, dass ich wirklich teilweise 11 Stunden am Stück rumrennen muss und da man als Tanzlehrer ja auch ständig seine Kurse im Auge haben muss und Fragen beantworten muss, bleibt auch keine Gelegenheit, sich mal zu setzen.
Das bedeutet zum Beispiel, ich habe um 14 Uhr einen Kurs über eine Stunde, dann ist um 15 Uhr direkt der Nächste dran, 16 Uhr und so weiter. Auch Zigarettenpausen bekommen wir nicht (wird sind 3 Raucher von 4 Azubis), weil unser Chef strikter Nichtraucher ist und meint, das müsse nicht sein und man kann ja tagsüber auch darauf verzichten. Das streite ich ja auch gar nicht ab, jetzt aber trotzdem meine Frage:

Kann er das machen? Kann er uns einfach keine Pausen geben mit der Begründung, wir könnten ja auch während der Stunde (wenn wir hinter der Musik stehen und die Musik anmachen und herumgucken) ein bisschen was essen oder trinken und aufs Klo gehen? Ich weiss, der gesunde Menschenverstand sagt einem schon, dass man sich dagegen auflehnen soll, aber ich habe einfach die Befürchtung, dass dann alles noch schlimmer wird und dass das Betriebsklima, was eigentlich ganz gut ist, dann ziemlich in den Keller gehen würde. Ich mein, ich muss es immerhin mindestens noch ein Jahr da aushalten.

Ich hab mal davon gehört, dass es irgendwelche Prüfer gibt, die unangemeldet vorbeikommen und solche Sachen überprüfen. Stimmt das? Bitte beachtet aber, dass es eine private Ausbildung ist, keine Staatliche.

Vielleicht arbeitet ja zufällig jemand von euch auch in einer Tanzschule und hat ähnliche oder ganz andere Erfahrungen gemacht?!?
Und falls nicht, vielleicht habt ihr ja die ein oder andere Idee, was man da machen könnte oder wie das Ganze rechtlich so aussieht...

Also ich freu mich auf eure Ideen und vielen Dank schonmal

vampyrella

Huhu, Tanzmaus :)

Also dir stehen die Pausen gesetzlich zu. auch wenn du du "nur" von 16:30-23 Uhr arbeiten musst- dir steht eine Pause zu spätestens nach sechs Stunden. Nach zehn Stunden Arbeit steht dir dann nochmal eine halbe Stunde zu.
Und die müssen mindestens 15 minuten am Stück sein.

Das heisst, du kannst vor's Arbeitsgericht ziehen und sie notfalls einklagen.

Aber da ich denke, das das eher nicht jedermanns Sache ist, würde ich dem Ordnungsamt Bescheid geben, ein anonymer Tipp.

Lass dich nicht so ausbeuten, du musst schon körperlich arbeiten, DU BRAUCHST DEINE PAUSE !

Sonst wird sich dein Körper irgendwann in nächster Zeit dafür rächen, und dann kannst du den erlernten Beruf vieleicht gar nicht mehr ausüben.
o
L_/
OL This is Schäuble.
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Hans Wurst

ZitatRuhepausen
Sie dürfen Ihre Mitarbeiter nicht länger als 6 Stunden ohne Ruhepause arbeiten lassen (§ 4 ArbZG). Bei einer Arbeitszeit zwischen 6 und 9 Stunden müssen Sie eine Pause von 30 Minuten und bei einer Arbeitszeit von mehr als 9 Stunden eine Pause von 45 Minuten gewähren. Es ist aber auch möglich, die Pausen in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufzuteilen. Die Ruhepause gehört nicht zur Arbeitszeit.

Quelle

Eivisskat

Früher wurde mensch bei solchen Problemen Gewerkschaftsmitglied und konnte sich dort Rat und Unterstützung holen...

Auch wenn diese heute häufig leider nicht mehr so arbeiten wie sie müßten, sollte man doch (gerade als junger Berufsanfänger) sofort vor Ort eintreten.

Pinnswin

... und wenn man die Gewerkschaften nicht mag, geht man zum Gleichstellungsbeauftragten, SoVD, Vdk, oder ähnliches, die kennen sich genauso gut aus und helfen einem ebensogut weiter.

Zigarettenpause http://www.vnr.de/artikel/Bezahlte+Zigarettenpause.html
Das Ende Der Welt brach Anno Domini 1420 doch nicht herein.
Obwohl vieles darauf hin deutete, das es kaeme... A. Sapkowski

Schwebende Feder

Erstmal vielen Dank für eure Antworten.

Ich glaube allerdings, dass es sowas wie eine Gewerkschaft oder einen Gleichstellungsbeauftragten für Tanzlehrer nicht gibt...zumindest nach meiner Suche hab ich leider nichts gefunden. Ist ja, wie gesagt, auch keine staatlich anerkannte Ausbildung.

Das mit dem anonymen Tipp klingt da schon besser zumal ich dann auch nicht sofort als Verräter vor den anderen Kollegen dastehe, falls das rauskommt. Denn dass unser Chef eine Strafe bekommt, möchte glaub ich keiner von den anderen, auch wenn sich natürlich immer alle über die nicht vorhandene Pause beschweren...sich bemühen, etwas zu ändern würde glaub ich keiner von denen. Die nehmen das immer als gottgegeben hin.

Bleibt nur noch die Frage, wie ich so einen Brief schreibe, sodass er auch glaubwürdig genug ist, denn bei anonymen Sachen sind die ja wohl immer erstmal mistrauisch, oder?

vampyrella

Du kannst auch zum Ordnungsamt gehen und dort deine Beschwerde vortragen. Die sind verpflichtet deinen Namen nicht preis zu geben.
Gewerkschaften setze sich für dich ein, Verdi hilft dir bestimmt!

Ob das nun eine private oder staatliche Ausbildung ist spielt keine Rolle.
Gesetz ist Gesetz.
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Senor_Ding-Dong

ZitatOriginal von Eivisskat
Früher wurde mensch bei solchen Problemen Gewerkschaftsmitglied und konnte sich dort Rat und Unterstützung holen...

Auch wenn diese heute häufig leider nicht mehr so arbeiten wie sie müßten, sollte man doch (gerade als junger Berufsanfänger) sofort vor Ort eintreten.
Dann aber nicht vergessen, nach ein paar Jahren Berufspraxis sofort vor Ort wieder austreten, da Gewerkschaften dann wahrschinlich leider noch häufiger nicht mehr so arbeiten wie sie müßten...

Wilddieb Stuelpner

Hans Wurst hat schon die richtige Rechtsgrundlage genannt - Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG).

Für Tanzlehrer dürfte der Ausnahmetatbestand nach § 10 von Interesse sein.

In den Paragraphen 13 und folgende ist von einer Aufsichtsbehörde die Rede, die Kontrollpflichten zur Einhaltung des ArbZG ausübt. Ich gehe davon aus, das diese Bezeichnung deshalb so allgemein gehalten wurde, weil je nach Branche eine andere Behörde dafür zuständig ist. Ich unterstelle mal, daß im Tanzlehrerbereich die Kontrollverantwortung dem Gewerbeaufsichtsamt bzw. Gewerbeaufsicht zufällt.

Eivisskat

ZitatOriginal von Senor Ding-Dong
ZitatOriginal von Eivisskat
Früher wurde mensch bei solchen Problemen Gewerkschaftsmitglied und konnte sich dort Rat und Unterstützung holen...

Auch wenn diese heute häufig leider nicht mehr so arbeiten wie sie müßten, sollte man doch (gerade als junger Berufsanfänger) sofort vor Ort eintreten.
Dann aber nicht vergessen, nach ein paar Jahren Berufspraxis sofort vor Ort wieder austreten, da Gewerkschaften dann wahrschinlich leider noch häufiger nicht mehr so arbeiten wie sie müßten...

Mir kommts so vor, als ob es gerade wieder besser wird mit dem "wie sie müßten oder nicht müßten"  ;)

LG

Hans Wurst

Das große Problem der Gewerkschaften war das Schröder-Regime. Zähneknirschend ließen sie ihn gewähren, um vermeintlich Schlimmeres zu verhüten. Der größte Irrtum der Nachkriegszeit. Dafür büßen sie jetzt. Leider kann ich mich darüber nicht freuen, es ist eher zum Heulen. Die Gewerkschaften sollten offen und endgültig mit der SPD brechen und sich zu einer echten Sozialdemokratie bekennen, knallharte Arbeitskämpfe ausfechten, dann kommen auch die Leute wieder. Arbeiter sind nämlich nicht blöde, und wenn die Gewerkschaften klar Position beziehen, werden sie sich vor Zulauf nicht retten können.

Alex22

ZitatFrüher wurde mensch bei solchen Problemen Gewerkschaftsmitglied und konnte sich dort Rat und Unterstützung holen...
Habe ich als Berufsanfänger gemacht. Kleine Gewerkschaft Holz und Kunststoff.
Leider ließ die mich im Regen stehen. Alles nur kann!
Dann habe ich kritisch geschaut und bin dann abgehauen. Seither ist die Gewerkschaft nicht besser im "Kundenservice"
Leider sind oft unfähige an Stellen, wo sie am meisten schaden.

Sorry Tippfehler

jobless0815

Hallo schwebende Feder,

vielleicht hat sich euer Problem ja schon gelöst.

Ich würde sonst vorschlagen, zusammen mit deinen Kollegen, ein (sachliches, freundliches !!) Gespräch mit dem Chef zu vereinbaren (nicht zwischen Tür und Angel). Erklärt ihm, dass ihr grunsätzlich mit den neuen Arbeitszeiten kein Problem habt, aber zwischendurch auch mal eine Auszeit benötigt um Euch etwas zu erholen und für die folgenden Kurse jeweils wieder voll konzentriert arbeiten zu können. Ausserden tauscht man sich ja auch grade in der Ausbildng in den Pausen über das Erlebte aus und lernt so auch voneinader, kann sich so unterstützen. Auch das würde ich dem Chef so nahebringen, so das ihm klar werden sollte, dass es er auch selbst davon profitiert, dass Ihr Pausen habt.

Sollte er da tatsächlch lernresisten sein, dann müssten allerdings andere Massnahmen her.

Aber zunächst, angesichts eurer Situation das Gespräch: sprecht euch ab, wer hauptsächlich redet. Aber die anderen sollten dabei sein (ohne sich in irgendeinerweise bedrängend aufzubauen) kein Alleingang.

Berichte mal, wie es aussieht/lief.

Abraxas

als azubi kannst du nicht einfach gekündugt werden. wenn du jetzt nicht anfängst deine rechte einzufordern machst due es vieleicht die nächsten40 jahre auch nicht. was für ein leben. hast du mistrauen zu den dgb gewerkschaften kuch dir doch mal die gewerkschaft IWW an.
"es ist eine dumme idee menschen schlecht zu behandeln, die mit deinem essen alleine sind"

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