DLF: Politische Literatur/Andruck

Begonnen von Kuddel, 19:36:27 Mo. 04.Mai 2009

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Kuddel

Habe beim Deutschlandfunk gelegentlich die Sendung "Politische Literatur" gehört und fand sie verdammt gut. Plötzlich erhielt die Sendung den bescheuerten Namen "Andruck". Die Sendung ist recht o.k..

Habe jetzt gehört, man hätte die Redaktion vom Politischen Buch komplett gefeuert, wei sie zu links war. Den Neuanfang mit neuen Leuten hat man mit einem neuen Namen markiert.

Ein Gerücht? Wer weiß genaueres??

Troll

ZitatDaniela Dahn
Verfahren à la Metternich

"ROTE ZELLE" ENTSORGT - Der Deutschlandfunk stellt unbequeme Literaturredakteure kalt

Unter dem neuen Namen Andruck - das Magazin für politische Literatur strahlt der Deutschlandfunk ab dem 7. April die bisherige Sendung Politische Literatur aus. Nicht nur der Name ändert sich, auch das Format wird angepasst." Die Presseerklärung des Kölner Senders verheimlicht jedoch die wichtigste "Anpassung": Den für das vielfach ausgezeichnete politische Feature zuständigen Redakteuren Karin Beindorff und Hermann Theißen, die auch die Politische Literatur über Jahre geprägt und sie zur interessantesten Sachbuchsendung im öffentlich-rechtlichen Hörfunk gemacht haben, wurde die redaktionelle Verantwortung entzogen. Sie sollen auch als Moderatoren nicht mehr zu hören sein.

In ihren - im positiven Sinne - anstößigen Sendungen rezensierten Elisabeth Bronfen, Klaus Theweleit, Volker Ullrich, Norbert Frei, Hans-Martin Lohmann, Klaus Kreimeier, Daniel Cil Brecher, Elmar Altvater, Bernd Greiner, Lothar Baier und viele andere namhafte Vertreter der kritischen Publizistik. Man konnte dort ebenso sachkundige wie provokante Gespräche mit Heiner Müller, Wolfgang Engler, Hans-Ulrich Wehler, Christoph Butterwegge oder Edgar Wolfrum hören. Viele Beiträge wurden von Zeitungen und Zeitschriften nachgedruckt, manche, mitunter sogar ganze Sendungen, finden sich in Büchern wieder.

Keine Rechtskultur

Doch solche Qualitätsausweise zählen für die Programmverantwortlichen beim Deutschlandfunk (DLF) offenbar nicht. Auf einer Redakteursversammlung gab Chefredakteur Dieter Jepsen-Föge zwar seine "hohe Wertschätzung für Frau Beindorff und Herrn Theißen und ihre Arbeit" zu Protokoll, aber in der Redaktion habe es "Verwerfungen" gegeben, die er nur durch die Absetzung der beiden Redakteure habe auflösen können. Der erst vor wenigen Monaten ernannte Redaktionsleiter, der seinen Programmdirektor bis hin zu dessen Vorliebe für meist verunglückende Schlacht- und Kriegsmetaphern kopiert, erläuterte den staunenden Mitarbeitern, was man im Kölner Funkhaus so alles unter "Verwerfungen" versteht.

Nachdem auf einer Redaktionskonferenz etwas härter als sonst über Qualitätsansprüche von Sendungen gestritten worden sei, hätten sich zwei Redakteure, deren Namen er nicht nennen könne und dürfe, bei ihm über das "Klima" auf dieser Konferenz beschwert. Das habe bei ihm "alle Alarmglocken schrillen lassen". Statt ein Gespräch mit den beiden Redakteuren zu suchen, die für die klimatischen Verstimmungen verantwortlich gemacht wurden, wandte er sich direkt an Chefredakteur und Programmdirektor. Auch die fanden es nicht weiter erstaunlich, dass anonyme Denunziationen der kollegialen Auseinandersetzung vorgezogen werden sollen. Sie sahen keine Notwendigkeit, Beindorff und Theißen anzuhören, um so mehr aber, sie als für die Politische Literatur zuständige Redakteure abzusetzen. Nicht einmal "ein Minimum an Rechtskultur" habe es bei diesem Verfahren gegeben, befand Matthias Straessner, der Kulturchef des Kölner Senders.

Er führte dies auf eine "Hysteriegeschichte" zurück, die die Redaktion seit Jahren zu spüren bekommt. Deren Initiator ist Günter Müchler, Programmdirektor von DLF und Deutschlandradio Kultur. Er gilt als Vertreter der CDU im Proporzgefüge des Senders. Als solcher scheint er eine Allergie gegen Eigensinn seiner Redakteure zu haben und gegen alles, was sich links von dem bewegt, was er für die Mitte hält. Vielleicht eine Spätfolge seines Buches über das Metternichsche Zensur-System.

Bereits vor zehn Jahren hatte Müchler ein in der Redaktion von Hermann Theißen entstandenes Feature mit dem Titel: Endlager für Parteifunktionäre - Wem dient die Bundeszentrale für Politische Bildung?, das die Rechtslastigkeit dieser Einrichtung kritisierte, zu verhindern versucht. Wenig später kippte er einen von Karin Beindorff betreuten Rückblick auf die "Sympathisantenhatz" während des Deutschen Herbstes 1977 aus dem Programm. Die Featureredaktion sei eine "rote Zelle" tönte Müchler. Einen Kritiker seiner Formierungspolitik diffamierte er sogar als "besonders verunglücktes Exemplar des homo sapiens". Gemeint war der Medienwissenschaftler und Publizist Klaus Kreimeier. Der hatte in der taz geschrieben: "Müchler kann eine ganz bestimmte Richtung auf den Tod nicht ausstehen. Das ist sein gutes Recht, doch mit dieser Idiosynkrasie ist er als Programmchef einer öffentlich-rechtlichen Anstalt fehl am Platz. Eher gehört er ins Bundeskanzleramt, dem er als Autor eines Buches Helmut Kohl - Kanzler der deutschen Einheit ohnehin stärker verbunden ist, als es das Ausgewogenheitsgebot der Rundfunkverfassungen erlaubt."

Quelle und mehr: Freitag 13
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

Kuddel

Mainstreammedien haben sich durch die Bank dem Boulevardjournalismus verschrieben und/oder sind auf einem Kurs nach rechts.

Zitat"Einmal muss Schluss sein!" Das hat sie, die Redakteurin der Frankfurter Rundschau (FR), ganz eigenverantwortlich beschlossen, "ohne Rücksprache mit irgendeinem Vorgesetzten". Schluss mit was? Mit den inzwischen 14-Seiten-langen Kommentaren zu einem FR-Artikel über Maybritt Illners Sendung "Illner Intensiv" mit Politikern der Linken, darunter Oskar Lafontaine. Die Kommentare äußern sich in der Regel kritisch zu dem Artikel und einige beklagen einen politischen Kurswechsel der Zeitung.

Was war geschehen? Lafontaine hatte in der Sendung davon gesprochen, dass die Medien in Deutschland in den Händen von zehn reichen Familien lägen und diese hätten kein Interesse, die Linke groß zu machen. Das wiederum nahm der FR-Autor zum Anlass zu schreiben, jetzt müsse Lafontaine nur noch von jüdischen Familien reden, dann könne er in die NPD eintreten.
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/30/30846/1.html

Kuddel

Habe gerade die Sendung "Andruck" gehört. Derart weichgespülter Dreck, die trauen sich ja nicht mehr eine Meinung zu haben.
Erbärmlich!

Kuddel

Mal wieder reingehört. Gehörte früher zu meinen Lieblingsendungen beim DLF.
Die Redaktion ist ja völlig zahnlos geworden und einige Rezensenten sind schlichtweg dumm. :-[

admin

Ich möchte an dieser Stelle meinem Unmut äußern.
Es ist unerträglich, wie diese einst gute Büchersendung neoliberal gewendet wurde.

Habe vorhin eine Besprechung des Werkes von Noam Chomsky gehört.



Norbert Seitz entleert Jauchekübel über den bedeutenden Kapitalismuskritisker Chomsky.

Ein paar Kostproben:

ZitatDenn Konsens ist für ihn ohnehin nur ein Synonym der Manipulation im Auftrag der Herrschenden. In seinem Essay "Konsens ohne Zustimmung" aus dem Jahre 1996 bedient sich der einstmals so große Linguist platter Verschwörungsthesen:

"Mit einem richtigen Verständnis des Begriffes 'Konsens' kann man auch zu dem Schluss kommen, dass die Durchsetzung der Unternehmerinteressen trotz der Ablehnung durch die Öffentlichkeit (...) in einer Art "Konsens ohne Zustimmung" geschieht, (...) "die Meinung der Massen zu formen", damit diese in unserer freien Gesellschaft ihre Pflicht erfüllen wie Soldaten in einer ordentlich disziplinierten Armee."


Noam Chomsky lebt seit den Zeiten des Vietnam-Krieges von der Aura des Antiamerikanismus'.


Dass die USA das gefährlichste Land der Welt seien, wird das Idol der US-Linken nicht müde zu exemplifizieren. So hält man vergeblich nach einem amerikanischen Nachkriegspräsidenten Ausschau, dessen Politik Chomsky nicht mit der Hitlers zu vergleichen sich lächerlich macht.


Das manichäische Weltbild des Noam Chomsky duldet weder Zwischentöne und Nuancen in der Theorie noch Kompromisse oder Grenzgänge in der Praxis.


"Wenn ich nicht vom Mainstream ausgeschlossen wäre, müsste ich annehmen, einen Fehler gemacht zu haben."

So lautet das in Beton gehauene Ideal eines bloß wahrheitssuchenden Intellektuellen, das aber nicht mehr in eine Zeit zu passen scheint, in der eine kritische linke Öffentlichkeit in Nischen und Netzwerke zerfallen ist. Als moralischer Mahnwächter verkörpert Noam Chomsky nur noch ein Auslaufmodell, das lediglich die Verbitterten des Epochenbruchs von '89 bedient.
http://www.deutschlandfunk.de/noam-chomsky-das-politische-vermaechtnis-eines-linken-idols.1310.de.html?dram:article_id=294308


Was dieser Dr. Norbert Seitz als Epochenbruch bejubelt, ist die Freie Hand für's Kapital mit rassistischen Morden als Alltag, mit Kriegen als tolerierbare Form der Politik und sozialen Errungenschaften als lästigen Klimbim, von dem man sich so schnell wie möglich entledigen muß.

Mediale Gleichschaltung wohin man auch blickt.

BGS

Traurig. Dieser "Doc Seitz" versteht Noam Chomsky schlicht nicht.

MfG

BGS
"Ceterum censeo, Berolinensis esse delendam"

https://forum.chefduzen.de/index.php/topic,21713.1020.html#lastPost
(:DAS SINKENDE SCHIFF DEUTSCHLAND ENDGÜLTIG VERLASSEN!)

Troll

Ich weiß nicht, wir dürfen nicht von uns ausgehen, solche Menschen haben es sich wohlig eingerichtet im Kapitalismus und ertragen die über Jahre andauernde Kritik daran nicht, da kotzen sie dann schon mal ihre Abscheu an diesen nicht verstummen wollenden Kritikern in die Welt hinaus.


In einem etwas anderen Zusammenhang, aber in die Richtung gehend ein Artikel von Stefan Hebel aus der FR:
Wie unsere Neureaktionären die Komplexität der Welt reduzieren und die nationalen Reihen gegen alle Feinde schließen: die Linken, Wladimir Putin und den Islam.

Dieser Dr. Norbert Seitz scheint allerdings nicht seine Richtung "geändert" zu haben, ich glaube der war schon immer ein Arsch.
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Kuddel

Boah, die "Andruck" Sendung ist einfach der völlige Rotz im Vergleich zu seinem bissig geistreichen Vorgänger...

Kuddel

Ich hatte mal wieder Radio an und "Andruck" lief im Hintergrund.
Sobald ich mal hinhörte, hatte ich es mit dummen und reaktionären Gedanken zu tun.
Rechtsruck von oben, Verblödung als Programm.
Und der DLF gilt noch als eines der kritischten GEZ (heißt nicht mehr so) finanzierten Medien.

dejavu

DLF  Nova und DLF kultur gibt es ja auch noch. Was hältst du von denen?
Leiharbeit und Werkvertragsmißbrauch verbieten! Weg mit dem Dreck!

Troll

Der einäugige ist König unter den Blinden. -> DLF ist ein Radio-König!
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
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Jiddu Krishnamurti

Kuddel

Ja, da hat er recht, der Troll.
Der DLF ist der einäugige König, bei dem man das Gefühl hat, nicht so doll verarscht zu werden.

DLF Kultur höre ich gelegentlich, aber die bürgerliche Kulturtümelei geht mir ziemlich auf den Sack (ebenso wie man mich mit den französichen ARTE-Jingles auf die Palme kriegt). Einige Beiträge/Reportagen sind jedoch recht gut.

Ich hab vor längerer Zeit mal eine gute Sendung bei NOVA gehört. Höre es aber zu selten, um den Sender beurteilen zu können. Ich stelle mir da so eine gequälte Berufsjugendlichkeit vor. Man muß da wohl eine umgedrehte Bascap auf dem Kopp haben und Hiphop hören, um einen Job (als Praktikant) zu kriegen. Alle lechzen sie nach dem jungen Publikum, bento,  jetzt! oder funk. Ich krieg das Kotzen.

dejavu

ZitatMan muß da wohl eine umgedreht Bascap auf dem Kopp haben und Hiphop hören
:D :D
"Es ist Kompliziert" heist es da. ;D
;D
Leiharbeit und Werkvertragsmißbrauch verbieten! Weg mit dem Dreck!

Kuddel

Ja, nochmal ein Stoßseufzer über das Abschmieren des Deutschlandfunks. Nicht allein im Bereich der "politischen Literatur".

Wenn es um internationale Politik geht, läßt man gern "Fachleute" ans Mikrofon. In letzer Zeit sind es meist Leute aus irgendwelchen obskuren politischen Stiftungen. Wenn man mal nachrecherchiert, stellt man fest, es sind wirtschafts- oder atlantikbrückenahe Thinktanks.

Na herzlichen Dank für diesen ausgewogenen Journalismus.

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