Dieter Schwarz als Chef vom Lidl&Schwarz-Imperium beutet massiv seine Belegschaften aus

Begonnen von Wilddieb Stuelpner, 10:16:56 Mi. 08.Dezember 2004

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Wilddieb Stuelpner

ZDF, Sendung "Frontal21": Lidl-Mitarbeiter klagen an - Handelsriese bricht sein Schweigen

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi wirft der Schwarz-Gruppe vor, zu der neben Lidl auch Warenhäuser wie Kaufland gehören, mit einer verschachtelten Unternehmensstruktur Arbeitnehmerrechte auszuhebeln. Zudem kritisiert Verdi die Arbeitsbedingungen des Unternehmens.

von Christian Esser, 07.12.2004



dpa
Lidl-Filiale in Fellbach bei Stuttgart

Zwei Jahre haben die Ermittlungen gedauert, jetzt liegt es vor: Das "Schwarzbuch Lidl", herausgegeben von der Gewerkschaft Verdi. Noch sind die Inhalte geheim, doch Frontal21 liegt das Buch bereits vor. Darin berichten Lidl-Mitarbeiter von harten Arbeitsbedingungen.

So erzählt eine Lidl-Mitarbeiterin: "Bei Lidl ist der Druck brutal. Wir müssen alles machen: Bestellung, Regale auffüllen, Kühlung abspachteln, Lagerarbeiten, putzen, kassieren. Oft war niemand da, der mich an der Kasse ablöst. Ich hatte nicht mal Zeit, auf die Toilette zu gehen. Wenn ich die Kasse verlassen hätte, hätte es eine Abmahnung gegeben. Manchmal kam ich nach Hause und hatte einen nassen Schlüpfer."



Lidl-Verkäuferinnen berichten hinter vorgehaltener Hand von Repressionen

Jetzt erscheint das Buch offiziell, nicht zufällig am internationalen Tag der Menschenrechte. Franziska Wiethold vom Bundesvorstand der Gewerkschaft Verdi sagt: "Wir legen diesen Bericht am Tag der Menschenrechte vor, weil unerträgliche Repressionen und ein Klima der Angst bei Lidl herrscht. Dort müssen Beschäftige sich permanent bereithalten, sie müssen jeden Tag unbezahlte Überstunden ableisten, sie haben eine Arbeitsleistung zu bringen, die auf Dauer auf die Knochen geht, bei der die Gesundheit auch ruiniert wird. Und wenn sie sich dagegen zur Wehr setzen, dann müssen sie befürchten, dass sie durch üble Methoden rausgedrängt werden und nicht mehr die Chance haben, bei Lidl weiter zu arbeiten."

Tägliche Demütigungen

Von solchen Zuständen berichten Lidl-Beschäftigte aus ganz Deutschland. Sie erzählen von täglichen Demütigungen, gezielten Schikanen - anonym, in heimlichen Gesprächen mit den Gewerkschaften. Offen traut sich kaum einer vor die Kamera.

Eine weitere Lidl-Mitarbeiterin berichtet: "Meine Vorgesetzten haben mich ins Büro gerufen. Sie haben mich beschuldigt, ich hätte 20 Euro geklaut. Ich sollte sofort einen Aufhebungsvertrag unterschreiben. Unterschreiben Sie das!, haben sie geschrieen. Ich wollte nicht, ich hatte doch nichts getan. Drei Stunden haben sie mich verhört und mich angebrüllt. Ich wollte meinen Mann anrufen oder die Polizei. Ich habe geheult. Sie haben mich fix und fertig gemacht und irgendwann rausgeworfen. Diese drei Stunden werde ich nie vergessen - bis heute habe ich Schlafstörungen und nehme Tabletten."Klima der Angst

Auch in vielen Kaufland-Filialen, so Verdi, sollen Drill und Hetze zum Arbeitsalltag gehören. Kaufland ist wie Lidl Teil einer Unternehmensgruppe und übernimmt derzeit in vielen deutschen Städten Warenhäuser. Seitdem herrsche dort ein Klima der Angst.



Ines K.

Kaufland-Mitarbeiterin Ines K. kennt die Situation: "Unser Marktleiter beschimpft die Leute regelrecht - in der Öffentlichkeit, wenn Kunden dabei sind. Er schreit die Mitarbeiter an. Und das ist kein Einzelfall. Das ist schon oft passiert. Es gibt Kollegen, die sind deswegen zusammengeklappt. Wir haben eine Kollegin mit dem Krankenwagen wegbringen müssen."

Jahrelanges Schweigen

Die Vorwürfe sind nicht neu, doch jahrelang schwieg die Lidl-Geschäftsleitung eisern zu solchen Vorwürfen ihrer Mitarbeiter. Firmengründer Dieter Schwarz meidet bis heute die Öffentlichkeit. Im Verborgenen schuf der ehemalige Bananenhändler ein Milliardenimperium.

Von der Firmenzentrale in Neckarsulm aus lenkte er den Riesen. Eine Festung mit Doppelzäunen und Kameras. Presseanfragen landeten bisher im Papierkorb, gibt ein Sprecher der neuen Unternehmensleitung zu.

ZDF, Sendung "Frontal21": Lidl-Mitarbeiter klagen an - Handelsriese bricht sein Schweigen (Teil 2)

Gegenüber Frontal21 bricht sie zum ersten Mal ihr Schweigen und gibt gar bisher geheimgehaltene Unternehmensdaten heraus. Danach wuchs der Jahresumsatz allein in den letzten drei Jahren um 44 Prozent auf jetzt 36 Milliarden Euro.

07.12.2004

Die Schwarz-Gruppe ist mit rund 151.000 Mitarbeitern weltweit größer als der Konkurrent Aldi. Allein in den rund 2.500 deutschen Lidl-Filialen arbeiten 33.000 Mitarbeiter. In Europa sind es insgesamt 6.000 Filialen mit 80.000 Mitarbeitern.

Und Lidl hat jetzt ein Gesicht: Klaus Gehrig, seit März hat er das Sagen beim Discountriesen. Er ist Nachfolger von Firmengründer Schwarz. Gehrig beugt sich dem Druck von außen, zum ersten Mal ist der Lidl-Chef bereit, sich öffentlich den Vorwürfen zu stellen.



Klaus Gehring

Gehrig räumt Fehler ein

Und - eine Überraschung - Gehrig räumt Fehler ein: "Das hier Einzelfälle vorgekommen sind, das gebe ich sicherlich gerne zu. Wir haben Vorkehrungen getroffen, wir haben eine Hotline, bei der sich jeder Mitarbeiter, der sich ungerecht behandelt gefühlt hat, melden kann. Und ich glaube, dass das Vorkehrungen genug sind, wenn im Einzelfall einmal Vorkommnisse da waren. Dann muss ich mich einfach auch hierfür entschuldigen. Aber ich stehe dafür ein, dass das in Zukunft auf ein Mindestmaß reduziert wird."

Nur Einzelfälle? Die Beschäftigten und Gewerkschaften sprechen dagegen von permanentem Misstrauen und Dauerkontrolle, die von oben angeordnet wird. Eine Marktleiterin erklärt uns, wie dieses Überwachungssystem funktioniert: "Um Mitarbeiter zu beobachten, haben wir eine Kamera eingebaut. Über Monitore konnte ich die Kassiererinnen ausspionieren. Ich konnte so den ganzen Tag überprüfen, ob sie ordentlich arbeitet, ob sie nur herumsteht oder ob sie klaut. Zusätzlich wurden auch noch die Taschen und Autos der Mitarbeiter von den Bezirksleitern kontrolliert." "Extremfälle, Einzelfälle"

Gehrig äußert sich dazu: "Es gibt Kontrollen. Es wurde stichprobenweise auch mal Autos in den Kofferraum geschaut. Immer dann, wenn in den Filialen aufgrund schlechter Inventurverluste Verdachtsmomente vorliegen. Kamerakontrollen werden nur dann eingesetzt, wenn Inventurverluste so hoch sind, dass das eines der letzten Mittel ist, zu denen wir dann greifen. Aber das sind nur Extremfälle, und da bewegen wir uns in einem rechtlichen Rahmen. Es sind Einzelfälle, in denen das vorkommt. Aber es ist notwendig, weil wir hier wirklich von tausenden von Euros reden, die monatlich verloren gehen. Und da müssen wir solche Maßnahmen ergreifen."

Solche Maßnahmen: Dazu gehören bei der Billigkette auch die Kontrolle von Kranken. Wer krank ist und zuhause bleibt muss um den Job fürchten. Die Lidl-Marktleiterin über ihre Erfahrungen damit: "Ich war in den letzten Jahren nur an einem Tag krank. Ich hatte richtige Magenschmerzen. An diesem Tag hat mich der Bezirksleiter angerufen und gefragt, ob ich wirklich krank bin. Dann stand er auf einmal vor meiner Tür und hat gesagt, ich solle auf die Arbeit kommen. Sonst würde man mich in eine andere Filiale versetzen."



Gehring mit einer Kassiererin seines Unternehmens

Geschäftsführer Gehrig verneint dies nicht: "Es gibt diese Krankenkontrollen, insbesondere dann, wenn die Mitarbeiter längere Zeit krank sind. Um festzustellen, ob wir Ersatzstunden in den Filialen schaffen müssen. Insbesondere auch, um uns über den Gesundheitszustand klar zu werden."

Verschachtelte Firmenstruktur

Möglich werden diese rigiden Kontrollen, weil es bei Lidl nur wenig Betriebsräte gibt. Lidl hat sich eine sehr verschachtelte Firmenstruktur geschaffen, um eine Arbeitnehmervertretung zu verhindern, so der Vorwurf der Gewerkschaften. Lidl wehrt sich. So hält Gehrig dagegen: "Wir wollen und werden auch keine Betriebsräte verhindern, sondern wir stehen positiv zu unseren Betriebsräten in der gesamten Unternehmensgruppe."



Franziska Wiethold

Gewerkschafterin Wiethold zu dem Thema: "Es gibt bei zweieinhalbtausend Filialen in sieben Filialen Betriebsräte. Das ist ja wohl sehr, sehr wenig. Wir haben zig Versuche gemacht, Betriebsratswahlen einzuleiten. Sie wurden juristisch bekämpft, sie wurden mit juristischen Tricks bekämpft.In dem man zum Beispiel Betriebsteile ausgegliedert hat. Beschäftigte wurden so unter Druck gesetzt, dass sie sich letztlich nicht getraut haben zur Wahlversammlung zu kommen."

Erster Erfolg

Dass Lidl nun vor Verbreitung des Schwarzbuchs an die Öffentlichkeit geht, werten die Gewerkschaften als ersten Erfolg. Die so genannte Festung Lidl hat sich wenigstens ein Stück geöffnet.

von Christian Esser

Wilddieb Stuelpner

ARD, Sendung "plusminus": Fallensteller - Tourenpläne setzen Lkw-Fahrer unter Druck

Von Matthias Holland-Letz

Lidl ist eines der erfolgreichsten Discount-Unternehmen in Europa. Rund 2.500 Filialen betreibt der Billiganbieter allein in Deutschland, schätzen Gewerkschafter. Doch viele Beschäftigte klagen über extrem lange Arbeitszeiten und unbezahlte Überstunden. Dies gilt auch für die LKW-Fahrer, die im Auftrag von Lidl die Märkte beliefern.

[plusminus hat einen Sattelschlepper der Spedition Meyer-Logistik beobachtet, der Ware aus dem Lidl-Zentrallager im fränkischen Töpen in Lidl-Märkte transportiert. Der gelbe 20-Tonner verlässt um 12.25 Uhr das Lagergelände. Offizieller Arbeitsbeginn für den Fahrer war bereits um 11.00 Uhr. Denn üblicherweise muss der Fahrer den LKW noch beladen. Um 14.40 Uhr erreicht der LKW das erste Ziel in Jena, den Lidl-Markt in der Max-Grossmann-Straße, rund 80 Kilometer von Töpen entfernt. Der Fahrer lädt die Paletten selbst ab. Er steuert in Jena einen weiteren Lidl-Markt an. Viel Zeit für Pausen hat er nicht. Denn er lädt erneut ab und macht sich dann auf den Heimweg. Doch sein Arbeitstag ist noch lange nicht zu Ende.

Grenzen der zulässigen Arbeitszeit

Nach dem deutschen Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ist es erlaubt, die tägliche Arbeitszeit in Ausnahmefällen auf zehn Stunden auszuweiten. Das gilt aber nur, wenn anschließend die Arbeitszeit wieder sinkt und zwar so, dass innerhalb von sechs Monaten oder 24 Wochen eine durchschnittliche Arbeitszeit von acht Stunden täglich erreicht wird. Länger als sechs Stunden hintereinander dürfen Arbeitnehmer zudem - so das Arbeitszeitgesetz - ohne Pause nicht beschäftigt werden. Dabei gilt: Bei mehr als neun Stunden Arbeitszeit sind 45 Minuten Pause zu gewähren. Die Pause kann auf Abschnitte von je 15 Minuten aufgeteilt werden. Vom Arbeitszeitgesetz abweichende Regelungen sind nur erlaubt, wenn diese von Arbeitgebern und Arbeitnehmern in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung geregelt wurden. Dies ist etwa dann der Fall, wenn das Unternehmen einen Haustarifvertrag abgeschlossen hat, der die Regelungen des Bundesmanteltarifvertrags für den Fernverkehr übernimmt. In diesem Fall beträgt die ,,höchstzulässige Schichtzeit" des Fahrers 12 Stunden.

35 bis 45 Überstunden

Und wie sieht es bei den Speditionen aus, die für Lidl unterwegs sind? Informanten schicken uns die ,,Tourenladeberichte" von einigen Fahrern. In diesen Unterlagen notiert der Fahrer für jeden Tag, wie lange er tatsächlich gearbeitet hat. Da steht in einem Bericht etwa ,,13:30", also 13 Stunden und 30 Minuten. Meyer-Logistik bestreitet, dass derart lange Arbeitstage häufig vorkommen. Das sei ,,gänzlich unrichtig", heißt es in einer Stellungnahme der Firmenzentrale in Friedrichsdorf bei Frankfurt am Main. Unsere Informanten sagen zudem, dass Lidl weit kürzere Zeiten vorgebe. Demnach hätte die 13-Stunden-30-Tour nur acht Stunden dauern dürfen. Nach unseren Quellen ist es die Firma Lidl, die die Arbeitszeitvorgaben macht. Es handele sich dabei lediglich um ,,Richtwerte", sagt Lidl dazu. Doch diese Richtwerte sind kaum einzuhalten, berichten unsere Informanten, vor allem dann nicht, wenn man auf Landstraßen und Autobahnen die Höchstgeschwindigkeit beachte. Die Folge: Die mit Lidl-Transporten beschäftigten Fahrer machen zwischen 35 und 45 Überstunden im Monat, so Horst Margner von der Gewerkschaft verdi in Bayreuth. ,,Bislang bekommen sie diese Überstunden kaum bezahlt", so Margner. Ein Fahrer, der jahrelang Lidl-Märkte beliefert hat und anonym bleiben will: ,,Da fühlt man sich wie ein Sklave."

Lidl hat seinen Fuhrpark bundesweit ausgelagert. Seit Oktober transportieren Speditionen wie Meyer-Logistik die Ware. Ein Speditionsunternehmer in Süddeutschland, der nicht genannt werden will, berichtet, Lidl habe ihn vor etwa vier Jahren gefragt, ob er für den Discounter Transporte fahren könnte. Doch er habe abgelehnt. ,,Weil die Preise etwa 15 bis 20 Prozent unter dem lagen, was andere boten", sagt der Spediteur. ,,Für dieses Geld hätte ich keine vernünftigen Fahrzeuge einsetzen können", fügt er hinzu.

[plusminus liegt ein so genanntes ,,Konditionsblatt" vor. Dort steht, dass Lidl im Jahr 1999 für den täglichen Einsatz eines Sattelschleppers rund 700 Mark zahlte. Lidl-Kommentar dazu: ,,Zu Konditionen können wir generell keine Stellungnahmen abgeben."

300 Euro weniger im Monat

Zurück nach Töpen. Um 20.25 Uhr verlässt der gelbe Sattelschlepper ein zweites Mal das Zentrallager und fährt nach Norden - Richtung Autobahn. Wir erkennen, dass es derselbe Fahrer ist, der am Steuer sitzt. Das ist kein Zufall. Denn laut Einsatzplan, der offen im Lidl-Zentrallager aushängt, muss der Mann heute doppelt fahren: ,,Tour 21" und ,,Tour 22". Wohin es geht, steht auf einem weiteren Dokument: Tour 21 heißt Jena. Tour 22 heißt Leipzig-Gohlis, rund 130 Kilometer von Töpen entfernt. Die Arbeitszeitvorgabe für beide Touren zusammen: 13 Stunden und 45 Minuten. Doch Fahrer schätzen, dass dieser Arbeitstag tatsächlich zwei bis drei Stunden länger dauern wird.

Disccounter Lidl schiebt in einer Stellungnahme jede Verantwortung von sich: ,,Die gesetzlichen Bestimmungen sind vom Spediteur einzuhalten." Und die Spedition Meyer-Logistik schreibt zu den Doppeltouren ihrer Fahrer: ,,Wenn es insbesondere auf der zweiten Tour zur Überschreitung der Lenk- oder Ruhezeiten kommen würde, sind die Fahrer angewiesen, ihre Ruhezeit im LKW zu verbringen." Und: Der Lohn des Fahrers ,,deckt ... eine Anzahl von Überstunden ab." LKW-Fahrer berichten, dass sie nach Auslagerung des Lidl-Fuhrparks einschließlich Zulagen deutlich weniger verdienen als zuvor - bis zu 300 Euro brutto im Monat.

Weitere Informationen:

Wilddieb Stuelpner

29.10.2004 - BigBrotherAward 2004 an Lidl

Kategorie Arbeitswelt Rena Tangens, FoeBuD

Den BigBrotherAward 2004 in der Kategorie "Arbeitswelt" erhält

die Lidl Stiftung GmbH & Co. in Neckarsulmvertreten durch ihren Gründer und die "Graue Eminenz" der Unternehmens-Gruppe, Dieter Schwarz

für den nahezu sklavenhalterischen Umgang mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Lidl zeigt, dass gar nicht immer neueste Technik gebraucht wird, um Menschen unter Kontrolle zu halten und sie als Leibeigene ohne Rechte und ohne Privatsphäre zu behandeln. Der "Fall Lidl" zeigt andererseits, dass "Datenschutz" nicht bedeutet, "Daten" um ihrer selbst willen zu schützen, sondern dass es um den Schutz von Menschen und ihren Persönlichkeitsrechten geht.
Lidl ist billig.
Deswegen werden viele Menschen nicht gerne hören, dass ihr günstiger Stamm-Supermarkt seine Preise mit menschenverachtenden Methoden drückt.

Die Meldungen, die uns aus dem Innenleben des Lidl-Konzerns erreichen, sind einfach unglaublich. Sie wirken mittelalterlich, zumindest vorindustriell, und unzivilisiert. Wir werden versuchen, Ihnen die Insider-Ansichten schonend beizubringen.

Dafür beginnen wir mit einer Rückblende: dem Future Store. Vielleicht erinnern Sie sich - in der Laudatio für die Metro Group letztes Jahr hatten wir ein wunderschönes Szenario vom Supermarkt der Zukunft entworfen:

"Die Supermarkt-Fachkraft Gerd J. ist begeistert von der neuen RFID-Technik. ... Als er abends nach Hause kommt, liegt dort ein Brief ... mit einer Abmahnung. Er sei in den vergangenen Wochen durchschnittlich 9 Mal auf der Toilette gewesen und habe dort pro Tag ca. 72 Minuten zugebracht. Das liege 27 Minuten über dem Soll und diese Zeit werde ihm zukünftig von seinem Arbeitszeitkonto abgezogen. Entsetzt sucht er seinen Supermarkt-Kittel ab und findet einen RFID im Kragensaum."
Auch Lidl sind die wertvollen Minuten, die ihre Arbeitnehmer auf der Toilette verbringen, ein großes Ärgernis. Was in unserem Szenario vom letzten Jahr mit Hightech gelöst wurde, lässt sich jedoch viel einfacher und vor allem *billiger* regeln: Toilettengänge während der Arbeitszeit sind ganz einfach verboten - und Punkt.

Das ist kein Scherz. Das wurde aus Lidl Filialen in Tschechien berichtet.

Aber - so wurde berichtet -- es gibt Ausnahmen, denn man ist ja kein Unmensch: Weibliche Mitarbeiterinnen, die gerade "ihre Tage. haben, dürfen demnach auch zwischendurch auf Toilette. Für dieses Privileg allerdings sollen sie . weithin sichtbar . ein Stirnband tragen. Eine Preisgabe persönlicher Daten ganz ohne Computer und Digitalisierung.

Schon deshalb: Eine einfache Lösung. Und vor allem: billig.

Unverständlich, warum die Presse in Tschechien sich so über die deutsche Supermarktkette empörte.

Die Lebensmittelzeitung, die führende Wochenzeitung für den Handel, berichtet, dass Lidl die skandalöse Stirnbandvorschrift inzwischen aufgehoben hat.

"UNI commerce" - eine internationale Gewerkschaft für Menschen, die in multinationalen Konzernen arbeiten - hat den Fall Ende September beim so genannten "Sozialen Dialog" der EU in Brüssel zur Sprache gebracht und hat Lidl aufgefordert, sich bei den Arbeiterinnen in Tschechien zu entschuldigen. Lidl dementiert und sagt, das sei nur ein Gerücht.

Denken Sie bloß nicht, solche Vorkommnisse würden uns nur aus Tschechien gemeldet! Die folgenden Meldungen stammen aus Deutschland:
+++ Bielefeld, Ende August 2004. Bei den BigBigBrotherAwards geht eine anonyme Nominierung des Lidl Konzerns ein. Persönliche Treffen von Arbeitnehmer/innen während ihrer Freizeit seine Anlaß zur Kündigung sein. Das bringt einen Stein ins Rollen. Die BigBrotherAwards-Jury beginnt zu recherchieren.++++++ Raum Nürnberg. Die stellvertretende Leiterin einer Lidl-Filiale kündigt, nachdem sie drei Stunden lang einem Kreuzverhör der Vertriebsleitung ausgesetzt war. Offiziell wurde der Mitarbeiterin der Diebstahl von 12,50 Euro Pfandgeld vorgeworfen. Sie selbst habe keinen Zeugen oder Anwalt zum Gespräch hinzu bitten dürfen, sagt sie in einem Presseinterview. Der anwesende Revisor diktiert ihr die Worte der Kündigung, die sie noch vor Ort schreibt. "Mir wurde gedroht. Der psychische Druck war so groß, dass ich in der Situation sogar mein Todesurteil unterschrieben hätte", sagt sie gegenüber einem Journalisten. Sie selbst hatte jahrelang täglich gerne eine bis anderthalb unbezahlte Überstunden für Lidl geleistet. Vor sechs Jahren allerdings hatte sie sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass andere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ihre Überstunden bezahlt bekamen.++++++ Ansbach. Mitarbeiterinnen der Lidl-Filiale bekommen ihre Arbeitszeit exakt bis 20 Uhr bezahlt. Üblicherweise haben sie aber bis kurz vor 22 Uhr zu tun. Die Frühschicht beginnt um 6 Uhr - bezahlt wird erst ab halb acht. Lidl bezeichnet diese Überstunden als "freiwillige Vor- und Nacharbeiten". ++++++ Schleswig-Holstein. In einer Zusatzvereinbarung zu einem Lidl-Arbeitsvertrag findet sich die Formulierung: "Dem Arbeitgeber wird das Recht eingeräumt, Taschenkontrollen durchzuführen." Mehrere Lidl-Beschäftigte erzählen der Gewerkschaft ver.di anonym, dass sie während einer Krankheitsphase zu Hause von Lidl-Verkaufsleitern aufgesucht worden seien. ++++++ Raum Nürnberg. An der Pfandkasse einer Lidl-Filiale wurde eine Videokamera installiert. Selbst der Marktleiter und seine Stellvertreterin wurden darüber nicht informiert. Den beiden fiel ein bisher unbemerktes Loch in der Decke auf, nachdem sie an einem Morgen in ihre Filiale kamen und alle Türen anders verriegelt waren als sonst. Zunächst vermuteten sie einen Einbruch und meldeten ihre Beobachtung der Zentrale. Die Vertriebsleiterin versuchte daraufhin, den Einbau der Kameras zu vertuschen. Wer die Aufzeichnungen zu sehen bekommt und wann sie gelöscht werden, ist völlig unklar. Betriebsräte in den 2500 Lidl-Filialen - eigentlich zuständig für solche Fragen - wurden nach Angaben der Gewerkschaft ver.di "vom Unternehmen bislang gezielt und mit härtesten Mitteln verhindert." ++++++ Saarland. Nach Auskunft der Gewerkschaft ver.di wurden in Lidl-Filialen Babyphones gefunden, die in Aufenthaltsräumen oder in der Nähe von Telefonen aufgestellt worden waren. Gleichzeitig sei vor der Filiale ein Auto gesehen worden, das evtl. einem Vertriebsleiter gehöre, so ver.di. Man vermutet, dass in diesem Auto Gespräche mitgehört wurden. ++++++ November 2003. Ehemalige Verkaufsleiter des Lidl-Konzerns berichten, sie seien angewiesen worden, alle zwei Wochen die Hand- und Manteltaschen sowie Kofferräume und Handschuhfächer der Autos ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu kontrollieren. ++++++ Raum Nürnberg. Seit Januar 2004 werden die Mitarbeiterinnen einer Lidl-Filiale mit Testkäufen und Kontrollen nachgerade überzogen. Diese Vorwürfe erhebt eine stellvertretende Filialleiterin, die nach eigenen Angaben zur Kündigung gedrängt wurde. Andere Beschäftigte bestätigen der Gewerkschaft ver.di, dass Testkäufe mit eingebauten Fallen ein übliches Mittel seien, Beschäftigte der höheren Gehaltsstufen oder Gewerkschaftsmitglieder aus dem Job zu drängen. +++Aber: Lidl ist billig.
Nicht nur Arbeitnehmer sind Kostenfaktoren, auch Steuern gehören zu den lästigen Begleiterscheinungen des unternehmerischen Engagements. Und in diesem Zusammenhang kann man wirklich nicht sagen, dass Lidl Privatsphäre generell nicht wichtig wäre.

So gehört auch Lidl zu den rund 460 Firmen, die sich mit einem Briefkasten in dem nordfriesischen Dorf Norderfriedrichskoog angesiedelt haben, zufälligerweise ein Ort, an dem es bis zu diesem Jahr keine Gewerbesteuer gab. Man firmiert dort ganz neutral unter dem Namen Alpha Finanz GmbH.
Lidl bzw. die Unternehmensgruppe Schwarz ist ein unübersehbares Firmenimperium aus etwa 600 Einzelfirmen und Stiftungen. Durch die Aufteilung in so viele Einzelfirmen entsteht ein äußerst unübersichtliches Firmenkonstrukt, mit dem sich etliche Tochterfirmen der gesetzlich vorgeschriebenen Publizitätpflicht entziehen.

Es gibt keine Veröffentlichung irgendwelcher Firmendetails. Bei Lidl sind nicht nur die Bilanzen, sondern sogar die Anzahl der Filialen Geheimsache.

Und seine eigene Privatsphäre ist Herrn Schwarz, dem Herren über das Lidl-Imperium, lieb und teuer. Besonders achtet er darauf, dass es keine Fotos von ihm gibt -- aus diesem Grund hat er auch schon auf die Anwesenheit bei schmeichelhafteren Preisverleihungen als den BigBrotherAwards verzichtet.
Lidl ist billig.
Und Lidl kennzeichnet mit seiner Unternehmenspolitik eine Tendenz, die in den vergangenen Monaten mit schwächelnder Konjunktur auch von anderen führenden Konzernvertretern immer wieder geäußert wurde: Umweltschutz, Menschenrechte, Persönlichkeitsrechte, Meinungsfreiheit, Arbeitnehmerrechte, demokratische Grundrechte - das alles ist teurer Schnickschnack, den sich die Wirtschaft nicht mehr leisten will.

Wir aber sollten uns fragen: Wollen wir uns im 21. Jahrhundert diese Wirtschaft leisten? Können wir uns leisten, so billig einzukaufen? Ist es uns diesen Preis wert? Den Preis, den Menschen zahlen, die ihre Bürgerrechte am Fabriktor beim Pförtner abgeben müssen, um ihre Jobs zu behalten? Diese Frage sollte sich jede Kundin und jeder Kunde selbst stellen.

Herzlichen Glückwunsch, liebe Lidl Stiftung!

Zusätzliche Informationen

Das "Schwarzbuch Lidl" von Andreas Hamann erscheint am 10. Dezember 2004, dem internationalen Tag der Menschenrechte. Mehr dazu unter
http://www.verdi.de/handel/einzelhandel/unternehmensinformationen/lidl">http://www.verdi.de/handel/einzelhandel/unternehmensinformationen/lidl
Weitere Buchempfehlungen:
Barbara Ehrenreich: "Arbeit poor - unterwegs in der Dienstleistungsgesellschaft"
Mehr dazu unter
http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/kulturzeit/themen/22897/">http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/kulturzeit/themen/22897/

Hans Weiß und Bernd Schmiederer: "Asoziale Marktwirtschaft - wie die Konzerne den Staat ausplündern"
Mehr dazu unter
http://www.asoziale-marktwirtschaft.com/">http://www.asoziale-marktwirtschaft.com/

Jan Roß: "Die neuen Staatsfeinde - Welche Republik wollen Schröder, Henkel, Westerwelle & Co.?"
Mehr dazu unter
http://www.udo-leuschner.de/rezensionen/rk9806staatsfeinde.htm">http://www.udo-leuschner.de/rezensionen/rk9806staatsfeinde.htm

Walter van Rossum: "Meine Sonntage mit Sabine Christiansen - Wie das Palaver uns regiert"
Mehr dazu unter
http://www.taz.de/pt/2004/07/31/a0346.nf/text">http://www.taz.de/pt/2004/07/31/a0346.nf/text und
http://www.fr-aktuell.de/ressorts/nachrichten_und_politik/standpunkte/?cnt=484977">http://www.fr-aktuell.de/ressorts/nachrichten_und_politik/standpunkte/?cnt=484977

Bei diesem Buchtitel ist der Zusammenhang zum Lidl-Text nicht wirklich offensichtlich? Dann lesen Sie
http://www.kiwi-koeln.de/setmanager.php?frame=buchinhalt&sektion=KiWi_Paperbacks&sidup=0&buchid=3890&fromautor=1&suche=1&suchwort=christiansen&suchbereich=Titel">kiwi Köln
Links:
Lebensmittelzeitung: http://www.lz-net.de">http://www.lz-net.de
ver.di Fachgruppe Handel: http://www.verdi.de/0x0ac80f2b_0x0060f493">http://www.verdi.de/0x0ac80f2b_0x0060f493

Wilddieb Stuelpner

Angesichts dieser Tatsachen von Lidl und Co. sollten westdeutsche Bürger nicht immer wieder sich künstlich über Mauer, Selbstschußanlagen, Bautzen, Stasi und IMs aufregen.

Das Gleiche haben sie seit Jahrzehnten in den Firmen der hochgeheiligten Kapitalistenhochburg BRD in action zum hautnahen Erleben. Sie wollen es nur nicht wahrhaben. Es darf eben nicht sein, was nicht sein kann.

Sieger - Politiker, Beamte, das Kapital fälschen bekanntlich Geschichte zu ihren Gunsten und unterschlagen wohlweislich die guten Seiten der von ihnen vernichteten DDR. Da hört man nichts von Volkseigentum, sicheren Arbeitsplatz, vorbildliche Kinder- und Gesundheitsbetreuung, kostenloses Gesundheitswesen, Reihen- und Volksröntgen, Polikliniken, einheitliches Bildungssystem - was Finnland als heutiges Vorzeigebeispiel bei PISA nur von der DDR kopiert hatte, grüner Pfeil usw.

Westdeutsche Historiker und Journalisten sollte sich gefälligst fernhalten den ehemaligen DDR-Bürgern vorzuschreiben, welche Vergangenheit von Lebens- und Berufserfahrungen sie gesammelt hatten. Nur den ehemaligen DDR- Bürgern steht es zu, sich mit ihrer Geschichte kritisch auseinanderzusetzen. Die Gauck- bzw. Birthler-Schnüffelbehörde ist so überflüssig wie ein Kropf.

Wann endlich stehen die zur Eigencourage so faulen Wessis nicht in ihren Heimatorten auf und praktizieren dort endlich mal ihre friedliche Demonstration, die sie 1989 von Ossis vorgelebt bekamen?

Es wird höchste Zeit angesichts der Betrügereien und Diebstähle am Bürger namens Steuer-, Renten-, Gesundheits- und Arbeitsmarktreformen.

Wilddieb Stuelpner

Videotexttafel 117, MDR, Fr.10.12.04 13:41:12

Verdi stellt Schwarzbuch Lidl vor

Die Gewerkschaft ver.di hat dem Lebensmitteldiscounter Lidl menschenunwürdige
Arbeitsbedinungen vorgeworfen.

In einem von Verdi zusammengetragenen "Schwarzbuch" berichten Angestellte über Schikanen und Demütigungen in den Geschäften. Sie seien einem gnadenlosen Druck ausgesetzt, müssten unbezahlte Mehrarbeit leisten und könnten häufig nicht einmal zur Toilette gehen. Missliebigen Mitarbeitern werde mit Testkäufen Fallen gestellt oder Diebstahl
vorgeworfen, um sie loszuwerden.

Lidl weist die Vorwürfe als Diffamierungskampagne zurück. Schikanen habe es höchstens in Einzelfällen gegeben.

Wilddieb Stuelpner

Neues Deutschland Online: Höllenjob Discount-Verkäuferin

Billig-Ketten wollen Beschäftigte nicht mitreden und Gewerkschaften nicht reinreden lassen

Von Haidy Damm

Wie zufrieden macht Konsumieren, wie wunderbar das Gefühl, ein Schnäppchen zu machen. Was das Konsumentenherz erfreut, bedeutet allerdings für Händler und Erzeuger gnadenlosen Preiskrieg und für das Personal oft ausbeuterische Arbeitsverhältnisse.

In Deutschland betreiben Discounter wie Aldi, Lidl und Schlecker rund 16500 Filialen mit über 100000 Beschäftigten – drei Viertel von ihnen sind Frauen. Meist als ungelernte Teilzeitkräfte arbeiten sie pro Woche 20 bis 24 Stunden. Viel mehr als 700 Euro netto monatlich kommen dabei nicht heraus. Doch es ist nicht in erster Linie die Bezahlung, die in der Kritik steht, sondern es sind die Arbeitsbedingungen.

Zusammengefasst im Schwarzbuch Lidl hatte die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di vor kurzem auf die oft skandalösen Bedingungen aufmerksam gemacht. Regelmäßig unbezahlte Überstunden, versteckte Testkäufe, Bespitzelung, Unterstellen von Diebstahl – die Liste der Vorwürfe gegen den Discounter Lidl kann beliebig weitergeführt werden. »Seitdem haben sich rund 5000 Menschen an uns gewandt, hauptsächlich Lidl-Beschäftigte und Ehemalige«, erklärt Agnes Schreieder, bei ver.di zuständig für den Handel. »Es ist uns tatsächlich eine Art Befreiungsschlag gelungen, viele bestätigen die bisher gesammelten Vorwürfe. Das zeigt uns, die Ausbeutung bei Lidl hat System.«

Kritik wird auch an anderen Handelsketten laut. So schreibt ein Beschäftigter des Metro-Konzerns im Internetforum von ver.di: »Was ich da über Lidl lese, kommt mir bekannt vor. Die Media-Markt Filialen, die ich kenne, haben keinen Betriebsrat. Vor Weihnachten sind bei uns vier Leute entlassen worden. Zwei, weil sie krank waren, einer, der nach Weihnachtsgeld gefragt hat, und eine Frau hatte zu wenig Stunden. Außerdem haben wir alle einen Änderungsvertrag vorgelegt bekommen, in dem wir auf die Bezahlung unserer Überstunden verzichten mussten.« Tatsächlich verhindert die Unternehmensleitung auch hier immer wieder Betriebsräte. »Es gab schon mehrere Versuche von Beschäftigten, Betriebsräte zu installieren oder sich gewerkschaftlich zu organisieren,« bestätigt Schreieder.

Auch andere Discounter geraten immer wieder in die Kritik. Bei Schlecker hatte die Gewerkschaft vor einigen Jahren Tarifverträge durchgesetzt, die auch Betriebsräte in allen Filialen vorsehen. »Noch nicht mal ein Drittel der Märkte haben einen Betriebsrat«, so Schreieder. »Das Ehepaar Schlecker verhindert Wahlen, wo immer es ihm möglich ist.« Schlecker, mit einem Jahresumsatz von rund 6,5 Milliarden Euro, baut zudem massiv Stellen ab. Ähnlich ist die Situation bei Aldi Nord. Zwar gibt es auch hier Betriebsräte, aber die Unternehmensführung versucht neue Wahlen zu verhindern. Bei Aldi Süd existieren keine Betriebsräte – und keine Antworten auf diesbezügliche Nachfragen.

Diese Verschwiegenheit ist ein zusätzliches Problem für die Gewerkschaften. So müsste auch Lidl – wie Aldi und Schlecker es mittlerweile machen – seine Umsätze veröffentlichen. Diese im Jahr 2000 eingeführte Publikationspflicht hat der Konzern lange umgangen, indem er in immer kleineren Einheiten und Filialen agierte. Kürzlich erst hat er es dann doch selbst bekannt gegeben: 36 Milliarden Euro Jahresumsatz bestätigt die Lidl-Kaufland Gruppe auf ihrer Internetseite, allein 8,5 Milliarden Jahresumsatz entfällt hierbei auf Lidl. 80000 Beschäftigte hat der Konzern weltweit, in Deutschland sollen es zwischen 10000 und 20000 sein, zwei Drittel davon Frauen.

Ver.di will die Beschäftigten weiter unterstützen. Neben der gewerkschaftlichen Hilfestellung sei die Gruppe der Kunden besonders wichtig, so Schreieder. »Es haben sich viele Kunden gemeldet, die empört waren. Gerade die sollten jetzt die Beschäftigten ermuntern, aktiv zu werden.« Also: bei der nächsten Jagd auf die Schnäppchen ruhig mit der Verkäuferin sprechen, die derweil im Akkord die Beute übers Band ziehen muss.

(ND 21.01.05)

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