Verfahren gegen 756 Lehrer wg. Streik

Begonnen von Kuddel, 11:09:28 Mo. 17.August 2009

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Kuddel

Verfahren gegen 756 Lehrer
Von Bernd Schneider
Bremen. Gegen 756 beamtete Lehrer hat die Bildungsbehörde gleich nach den Ferien Disziplinarverfahren wegen der Teilnahme an Streiks im Februar eingeleitet. Die Landesvorstandssprecherin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Elke Baumann, habe ihre Dienstpflicht sogar ,,in besonderem Maße" verletzt, indem sie zum Streik aufgerufen habe.


12. und 25. Februar 2009: Hunderte Lehrer protestierten
in Bremen für bessere Arbeitsbedingungen

Sie habe dazu beigetragen, das Ansehen der beamteten Lehrer zu schmälern. Es waren die Schulleitungen, die den Lehrern die ,,Einleitung eines Disziplinarverfahrens" Ende vergangener Woche ,,gegen eine schriftliche Empfangsbekenntnis" aushändigen mussten. Politiker von SPD und Grünen fordern das Ressort nun auf, ,,mit Augenmaß" zu reagieren. Die Fraktion ,,Die Linke" will in der Bürgerschaft durchsetzen, dass die Verfahren eingestellt werden. Angestellte Lehrer dürfen streiken – ihre beamteten Kollegen haben mit ihrer Teilnahme an dem Arbeitskampf aber gegen Paragraf 55 des Bremischen Beamtengesetzes verstoßen, so der Vorwurf der Bildungsbehörde.

Danach muss ein Staatsdiener ,,sich mit voller Hingabe seinem Beruf ... widmen". Das schließe eine Streikteilnahme aus, ,,Rechtfertigungsgründe vermag ich nicht zu erkennen", schreibt der Dienstherr, Staatsrat Carl Othmer, seinen Lehrern. ,,Wir gehen davon aus, dass nach dem Anhörungsverfahren eingestellt wird", sagte gestern GEW-Landesvorstandssprecher Christian Gloede-Noweck. ,,Wir setzen auf die politische Klugheit." Mit europäischem Recht sei das Streikverbot für beamtete Lehrer nicht in Einklang zu bringen, sagte seine Kollegin Elke Baumann. Immer wieder mache der EU-Gerichtshof für Menschenrechte darauf aufmerksam, dass das Streikverbot nur ,,für den Kernbereich der Verwaltung" gelten könne – also für Vollzugsbeamte –, aber nicht für Lehrer, die im Randbereich der öffentlichen Verwaltungen angesiedelt seien.

,,Ungeheuerlich" findet die GEW zudem das verschärfte Verfahren gegen ihre Landesvorstandssprecherin Elke Baumann. Den Streikaufruf, den die Bildungsbehörde ihr als dienstrechtlichen Verstoß vorwirft, habe sie schließlich in ihrer Funktion als Gewerkschafterin unterzeichnet. Baumann: ,,Das liefe ja darauf hinaus, dass ich mich in meiner Gewerkschaftsarbeit nicht mehr so betätigen könnte, wie ich das für richtig halte." Eine unabhängige Interessensvertretung würde so unmöglich gemacht. Im Zweifel will sie ihr Verfahren als deutschen Präzedenzfall bis vor den EU-Gerichtshof für Menschenrechte weiterverfolgen. Der Justiziar des Bildungsressorts, Detlef von Lührte, bestätigte die Eröffnung der Disziplinarverfahren. ,,Das steht nicht in unserem Ermessen", sagte er. Seit 2001 sei der Dienstherr nach dem Gesetz verpflichtet, bei Verstößen ein Verfahren einzuleiten. Damals habe Bremen den Ermessensspielraum abgeschafft – als eines der letzten Länder. Geprüft habe die Behörde nun im Vorfeld, ob durch die Teilnahme am Streik tatsächlich Unterricht ausgefallen sei. Dabei habe sich gezeigt: Einige Beamte hätten sich ,,aus Solidarität" in die Listen eingetragen, ihre Unterrichtsverpflichtung sei davon aber nicht berührt gewesen. ,,Gegen diese Fälle gehen wir natürlich nicht vor." Die übrigen Beamten hätten jetzt einen Monat Zeit für eine persönliche Stellungnahme. ,,Vielleicht war ja jemand vom Dienst befreit oder die Streik-Zeiten wurden falsch erfasst."

Anschließend werde jeder Fall einzeln bewertet. Bewertet würden die Verfahren auch vor dem Hintergrund der EU-Rechtsprechung. Es gebe aber bislang keine Behörde in Deutschland, die im Sinne dieser Rechtsprechung handle. Zudem schlage sie sich nicht in Gesetzgebungsverfahren von Bund oder Ländern nieder. ,,Nach einer ersten kursorischen Prüfung" glaube er ,,nicht, dass das einschlägig sein wird", sagte von Lührte. Ein SPD-geführtes Ressort verfolgt eine Gewerkschafterin wegen ihrer politischen Arbeit mit einem Disziplinarverfahren – und das mitten im Bundestagswahlkampf: Das hat im politischen Raum für ungläubiges Staunen gesorgt. Die Linke spricht von ,,Gängelei", die streikenden Lehrer hätten ,,verantwortlich gehandelt". Auch für Anja Stahmann (Grüne) steht im Vordergrund, ,,dass die Lehrer sich für bessere Arbeitsbedingungen eingesetzt" und gerade damit die ,,besondere Hingabe zum Beruf" bewiesen hätten, die das Gesetz von ihnen fordere. Außerdem seien die Streiks ja ,,sehr maßvoll" gewesen.

Mit der flächendeckenden Einleitung von Disziplinarmaßnahmen sei die Behörde ,,übers Ziel hinausgeschossen". Auch Mustafa Güngör (SPD) forderte die Behörde zu einer ,,Reaktion mit Augenmaß" auf. Bei der GEW läuft der Apparat inzwischen auf Hochtouren, um ein Schreiben zu formulieren, mit dem ihre Lehrer auf die Einleitung des Disziplinarverfahrens reagieren können. Mit dem Streik hatten die Angestellten eine Tarifsteigerung um 5,9 Prozent in zwei Schritten erstritten. Die Beamten haben die geplante verzögerte Anhebung ihrer Einkommen verhindert.

http://www.weser-kurier.de/Artikel/Bremen/18317/Verfahren+gegen+756+Lehrer.html

Kuddel

Repression hat nicht zum Ende der Lehrerproteste geführt.

ZitatDemo für mehr Personal
Lehrer-Proteste in Bremen


Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ruft die Bremer Lehrer zu einer Protestaktion auf. Mindestens 150 Lehrer werden erwartet, die Donnerstag zur Sitzung der Bildungsdeputation unter anderem für mehr pädagogisches Personal an den Schulen demonstrieren wollen. Außerdem wollen Lehrer, Eltern und Schülervertreter aus der Neustadt sich erneut für den Erhalt der Schulleitung an der Wilhelm-Kaisen-Schule einsetzen.
http://www.radiobremen.de/politik/nachrichten/politikbremenlehrerprotest100.html

Zitat Lehrer-Proteste für gerechte Bezahlung

Rund 5 000 angestellte Lehrer aus sieben Bundesländern haben am Dienstag gegen eine zu starke Benachteiligung im Vergleich zu verbeamteten Kollegen demonstriert
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http://www.handelsblatt.com/newsticker/politik/lehrer-proteste-fuer-gerechte-bezahlung;2574397

Zitat500 Teilnehmer bei Lehrer-Demo in Lübeck
Alle Appelle des Bildungsministeriums haben nichts genutzt: Am Donnerstag sammelten sich rund 500 Demonstranten auf dem Schrangen, um ihren Unmut gegen die Bildungspolitik zum Ausdruck zu bringen. Die Lehrer bekamen dabei kräftige Unterstützung durch die Schüler.


In zwei Demonstrationszügen kamen die Schüler und Lehrer in die Innenstadt. Sie hatten den Unterricht nach der dritten Stunde beendet, obwohl die beamteten Lehrer mit entsprechenden Disziplinarmaßnahmen rechnen müssen. Das schreckte viele nicht ab: Die Polizei schätzt, dass rund 500 Demonstranten auf dem Schrangen waren. Die Überzahl bildeten allerdings die Schüler.

Die Lehrer machten deutlich, dass es ihnen nicht nur um die eine Stunde Mehrarbeit zuzüglich Vor- und Nachbereitung des Unterrichts geht. Die ständigen Reformen würden ihre Arbeit unmöglich machen. Sie nannten die Profiloberstufe, das fünfte Abiturprüfungsfach und das achtjährige Gymnasium ohne Lehrpläne als Beispiele. Die Qualität der Arbeit werde weiter leiden.

"Während die Aufgaben immer weiter anwachsen, steigen die Unterrichtsverpflichtung und die Klassengrößen. Statt der versprochenen Entlastungen packt die Landesregierung noch Stundenverpflichtungen oben drauf. Das geht nicht nur auf die Gesundheit der Lehrkräfte, sondern auf Dauer auch zu Lasten von Kindern und Jugendlichen", sagte der Lübecker GEW-Vorsitzende Wulfila Gädeke. Bei zu hoher Arbeitsbelastung und zu großen Klassen hätten die Lehrer schlichtweg viel zu wenig Zeit, sich um Kinder und Jugendliche angemessen zu kümmern.
Rund 500 Teilnehmer demonstrierten auf dem Schrangen gegen die Bildungspolitik der Landesregierung.
http://www.hl-live.de/aktuell/textstart.php?id=61506

ZitatVierte Stunde: Ziviler Ungehorsam

Lehrer aus zahlreichen Stormarner Schulen widersetzen sich heute dem Streikverbot und kämpfen für bessere Arbeitsbedingungen


Bad Oldesloe. Lehrer, Eltern und Schüler vieler Schulen in Stormarn protestieren heute gegen die Kieler Bildungspolitik. Sie wehren sich gegen steigende Arbeitsbelastung, fehlende Kontinuität in der Bildungspolitik und die neuen Sparpläne. Das Land will bis 2020 etwa 4000 Lehrerstellen streichen und ab kommendem Schuljahr die Arbeitszeit erhöhen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat die Lehrer deshalb aufgerufen, ab der dritten Stunde zu streiken. Einige Stormarner Pädagogen wollen dem Aufruf folgen und sich bei Kundgebungen in Bad Oldesloe und Ahrensburg treffen. An anderen Schulen halten sich die Lehrer an das Streikverbot für Beamte - protestieren aber in Zusammenarbeit mit Eltern und Schülern in anderer Form gegen den Sparkurs von Bildungsminister Ekkehard Klug.

"Das Maß ist voll", sagt Georg Schau, Kreisvorsitzender der GEW. "Ständig gibt es neue Aufgaben - bis hin zur kompletten Neu- und wieder Rückgestaltung eines neuen Schultyps. Dazu Pflichtstundenerhöhung, Stellenabbau, Kuddelmuddel mit der acht- oder neunjährigen Lernzeit bis zum Abitur - nur einige Beispiele für das Kieler Bildungs-Chaos." In Bad Oldesloe ist deshalb heute um 12 Uhr eine Kundgebung auf der Hude geplant. Motto: Klug macht dumm. Erwartet werden mindestens 150 Teilnehmer. "Auch von uns werden einige Kollegen mitmarschieren", sagt Bernd Wienicke, Lehrer an der Theodor-Mommsen-Schule. "Viele Kollegen sagen jetzt: Es reicht!"

"Wir müssen immer mehr arbeiten - für immer weniger Geld", sagt Maria McCrae. Sie ist Lehrerin an der IGS Ahrensburg, die ab August Selma-Lagerlöf-Gemeinschaftsschule heißen wird. Zu der Arbeitsbelastung komme das Hin und Her in der Schulpolitik. "Es ist für Lehrer und Schüler unerfreulich, wenn immer wieder neue Reformen kommen, die nicht durchdacht sind", sagt die 59-Jährige. So würden Gymnasiallehrer an Gemeinschaftsschulen geringer bezahlt als an Gymnasien - trotz des höheren Aufwandes durch gemischte Schülergruppen und ständigen Einsatzes in der Oberstufe. McCrae: "Die Gymnasiallehrer werden die Gemeinschaftsschulen verlassen. Uns vergeht die Lust. Es geht nur noch ums Sparen."

Deshalb werden knapp 30 Lehrer der IGS heute ihre Arbeit niederlegen. Auch Maria McCrae ist dabei: "Ich streike, weil ich für die Schüler und die jüngern Kollegen gerade stehen möchte." Die Ahrensburger Lehrer marschieren zum Muschelläufer auf dem Rondeel, um die Figur um 11 Uhr in "Herr Klug" umzubenennen. Eine gewisse Ähnlichkeit sei erkennbar, sagt McCrae. "Er hat gelbe Haare, einen blauen Anzug, ein leeres Füllhorn, ist unbeliebt und beschädigt."

Unzufrieden sind auch die Lehrer an der Ahrensburger Gemeinschaftsschule am Heimgarten. Ihr Protest richtet sich vor allem gegen die mangelnde Unterstützung aus Kiel bei dem Aufbau der Gemeinschaftsschule. Die Sparmaßnahmen hätten "verheerende Auswirkungen" auf die Gestaltung dieser neuen Schulform, sagt Lehrer Thomas Gehrke als Sprecher des Kollegiums. In einem Schreiben des Personalrats und des Schulelternbeirats heißt es: "Die Umsetzung einer 'Schule für alle Kinder' kostet Kraft und Zeit. Dafür waren bessere personelle und räumliche Rahmenbedingungen versprochen worden." Stattdessen müssten neu eingestellte Realschul- und Gymnasiallehrer nun Gehaltseinbußen hinnehmen, wenn sie an einer Gemeinschaftsschule unterrichten. "Damit steht das Konzept unserer Schule vor dem Scheitern." Eltern und Lehrer befürchten, dass die Gemeinschaftsschule zur "ungeliebten Restschule" verkommt. Sie fordern bessere Rahmenbedingungen für die Einbindung von Kindern mit besonderem Betreuungsbedarf, Unterstützung durch Fachkräfte, die Beibehaltung der Besoldungsstufen und eine einheitliche Stundenverpflichtung von 26 Unterrichtstunden.

Auch in Glinde, Reinbek und Barsbüttel wird heute nicht nach Plan unterrichtet. "Viele unserer Kollegen machen mit", sagt Volker Wurr, Schulleiter der IGS Glinde. Der Schulelternbeirat unterstütze die Arbeitsniederlegung. Wurr: "Die Beaufsichtigung der Schüler ist gewährleistet." Die Glinder Lehrer treffen sich nach der dritten Stunde mit Kollegen aus Südstormarn auf dem Marktplatz und fahren dann zur Oldesloer Kundgebung. "Noch mehr Arbeitsbelastung wäre nicht mehr zu ertragen", sagt Lehrerin Anke Grothe. "Das kann nur zu Lasten der Kinder gehen."

Imke Adami, die Vorsitzenden des GEW-Ortsverbandes in Glinde, ist Lehrerin am Förderzentrum. "Wir fühlen uns im Stich gelassen", sagt sie. Die hohe Belastung und die ständigen Reformen zehrten an den Nerven der Lehrer. Es fehle Zeit für Unterrichtsvorbereitung, die Konzeptarbeit und die Planung der Integrationsmaßnahmen. Fortbildungen müssten meist am Wochenende besucht werden. "Dass sich jetzt viele Lehrer trotz der angedrohten Konsequenzen am Streik beteiligen, ist ein Zeichen." Eine Alternativveranstaltung zum Streik wird es am Glinder Gymnasium geben. Dort hat die Schülervertretung - unterstützt von Elternvertretern und dem Personalrat - eine Demonstration organisiert. "Es gibt eine Luftballonaktion, ein Aktionslied und Informationen für Schüler, Eltern und Lehrer", sagt Thomas Wilken, Oberstufenleiter und Personalrat.

In Bargteheide gibt es um 15 Uhr eine Streikaktion auf dem Marktplatz. "Wir werden aber angesichts der Rechtslage nicht streiken", sagt Heiko Rahf, stellvertretender Schulleiter des Eckhorst-Gymnasiums. Protestieren wollen die Lehrer trotzdem. "Wir werden vom 3. Juni an die freiwilligen Aktivitäten reduzieren." Eine Liste mit den gestrichenen Angeboten wird an das Ministerium geschickt. Freiwillige Arbeitgemeinschaften seien bei größerer Arbeitsbelastung nicht mehr möglich, sagt Rahf. "Erst diese zusätzliche Arbeit macht aber eine gute Schule aus."

Obwohl das Ministerium angekündigt hat, dass streikende Lehrer mit dienstrechtlichen Konsequenzen zu rechnen haben, hält die Gewerkschaft am Streikaufruf fest. "Die jüngsten Kürzungsbeschlüsse zeigen, dass der Minister offenbar nie etwas von der PISA-Studie gehört hat, die Deutschland erhebliche Defizite in der Bildung nachgewiesen hat", sagt Heiko Winckel-Rienhoff, GEW-Kreissprecher. "Jetzt in der Bildung zu kürzen, ist kurzsichtig."
http://www.abendblatt.de/region/stormarn/article1518588/Vierte-Stunde-Ziviler-Ungehorsam.html

ZitatProtestwelle: Gestern Schüler-Demo, heute Lehrer-Streik
Lübeck/Kiel – Die Protestwelle gegen die Kürzungen im Bildungsbereich und das neue Schulgesetz von FDP-Minister Ekkehard Klug (Wiedereinführung von G 9, Beschneidung der Gemeinschaftsschule) rollt an. Gestern gingen in Kiel 2000 Schüler auf die Straße, heute wollen die Lehrer demonstrieren. In Anspielung auf den Bildungsminister liefen die Schüler gestern mit Transparenten durch Kiels Innenstadt, auf denen stand: ,,Klug, aber ohne Sinn und Verstand"
.

Heute ziehen die Lehrer nach. Tausende Pädagogen wollen nach der dritten Stunde die Arbeit niederlegen – auch die verbeamteten, trotz Verbot. In Lübeck (Schrangen), Bad Oldesloe (Hude) oder Eutin (Marktplatz) und anderen Orten beginnen um 12 Uhr Protestkundgebungen.

Der angekündigte Lehrerstreik sorgte auch gestern für politischen Streit. ,,Jedem beamteten Lehrer muss klar sein, dass seine Teilnahme am Streik nichts mit Zivilcourage zu tun hat, sondern schlicht illegal ist", wettert die FDP-Politikerin Cornelia Conrad. Dass einige GEW-Gliederungen in Tageszeitungen Streikankündigungen in Form von Traueranzeigen schalteten, sei schlichtweg ,,geschmacklos". Ganz anders Ellen Streitbörger von der Linken: ,,Herr Klug unterschätzt den kritischen Geist der Jugend und der Lehrkräfte im Land."

Das Ministerium droht allen streikenden Lehrern mit Disziplinarmaßnahmen. ,,Statt den Streik zu verbieten, sollte sich der Minister an seine Oppositionsreden erinnern und sich für die Schulen in die Bresche werfen", kontert Anke Erdmann von den Grünen. Klug hatte zu ähnlichen Drohungen seiner SPD-Amtsvorgängerin erklärt, die Ministerin schieße ,,mit sozialdemokratischen Kanonen auf gewerkschaftliche Spatzen". wh
http://www.ln-online.de/artikel/2796211

ZitatMinister droht Beamten
Streik als Notwehrmaßnahme

Beim Lehrerstreik in Schleswig-Holstein droht der Minister den verbeamteten Lehrern mit Abzügen und Akteneinträgen. Die GEW nennt den Streik eine "Notwehrmaßnahme".


KIEL taz | Rund 3.500 LehrerInnen in Schleswig-Holstein erhalten demnächst blaue Briefe: Die BeamtInnen, die in dieser Woche während der Unterrichtszeit gegen eine Schulgesetzreform im Land protestierten, müssen sich auf Ärger einstellen.

"Was wir vor dem Streik gesagt haben, gilt: Es war rechtswidrig und wird für die Beteiligten Konsequenzen haben", sagte Thomas Schunck, Sprecher des Kieler Bildungsministeriums, der taz. Der Streik, zu dem die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) aufgerufen hatte, war bundesweit der erste Beamten-Protest dieser Art.
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Denkbare Sanktionen sind Gehaltsabzüge und ein Eintrag in die Personalakte. Angestellte Lehrkräfte, die anders als Beamte prinzipiell streiken dürfen, erhalten ebenfalls kein Gehalt für die ausgefallenen Stunden - ob die Friedenspflicht verletzt wurde und damit arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen, werde geprüft, so Schunck.

Der Landesvorsitzende der GEW, Matthias Heidn, zeigte sich "hocherfreut" über die große Beteiligung: "Das ist ein Misstrauensvotum erster Güte für Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und seinen Bildungsminister." Ekkehard Klug (FDP) hat ein Schulgesetz vorgelegt, das eine höhere Wochenarbeitszeit vorsieht - damit könnten mittelfristig Stellen eingespart werden. Außerdem soll sich die Struktur der Gemeinschafts- und Regionalschulen ändern. Der Weg zum Abitur - G8 oder G9 - ist unklar.

Die GEW nannte den Streik eine "Notwehrmaßnahme" und argumentiert mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, der ein Streikverbot für eine Arbeitnehmergruppe als rechtswidrig einstufte: "Wir können die Frage, ob verbeamtete Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland streiken dürfen, gerne in Straßburg klären lassen", so Heidn. Schunck kontert: Das EU-Urteil beziehe sich auf einen Einzelfall, der nicht übertragbar sei. Und: Beamte dürften selbstverständlich demonstrieren - nur eben nicht während der Arbeitszeit.

Ändern werde der Protest nichts, so der Sprecher: "Der Minister ist sich bewusst, was er den Lehrkräften zumutet, angesichts der Haushaltslage muss er es aber tun." Schleswig-Holstein, das gegen die Schuldenbremse im Grundgesetz klagt, hat eine eigene Schuldenbremse in die Landesverfassung aufgenommen. Um ab 2020 ausgeglichene Haushalte vorlegen zu können, hat die schwarz-gelbe Regierung ein Sparkonzept vorgelegt, das alle Ministerien zu Kürzungen verpflichtet.
http://www.taz.de/1/zukunft/bildung/artikel/1/streik-als-notwehrmassnahme/



Kuddel

Erste blaue Briefe für streikende Lehrer verschickt

Etwa 3.000 verbeamtete Lehrer demonstrierten im Norden. (Archivbild)Nachdem verbeamtete Lehrer Anfang Juni erstmals in Schleswig-Holstein gegen Kürzungen im Bildungs-Sektor demonstriert hatten, bekommen sie jetzt die Konsequenzen zu spüren. Das Bildungsministerium in Kiel machte seine Drohung wahr und leitete die ersten Disziplinarverfahren gegen die Pädagogen ein. Das berichtete die NDR 1 Welle Nord. Das Ministerium ist der Auffassung, dass die Lehrer mit dem Streik ein Dienstvergehen begangen und gegen ihre Beamtenpflicht verstoßen haben. Nach Angaben der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) beteiligten sich etwa 3.000 verbeamtete Lehrer an den Protesten gegen die Sparpläne der Landesregierung. Sie hat ihre Mitglieder aufgerufen, Widerspruch gegen die Disziplinarverfahren einzulegen. Die Gewerkschaft will mehrere Musterverfahren führen.

Land behält Dienstbezüge ein

FDP-Bildungsminister Ekkehard Klug wird stark kritisiert.Bereits vor dem Streik hatte Bildungsminister Ekkehard Klug (FDP) Disziplinarverfahren angekündigt. Außerdem drohte er damit, die Dienstbezüge für die Zeit des Streiks einzubehalten. Das Ministerium wies die Schulleiter an, die Namen der streikenden Lehrer und ihre Zahl der Fehlstunden auf eine Liste zu notieren und zu melden. "Wir waren darauf eingestellt, dass der Bildungsminister seine Ankündigungen auch in die Tat umsetzt. Es wäre schön, wenn er auch in der Bildungspolitik so eine Konsequenz an den Tag legen würde. Vor allem, wenn es darum geht, die Bedingungen dort zu verbessern", sagte GEW-Landesgeschäftsführer Bernd Schauer der NDR 1 Welle Nord.

http://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/lehrerbeamte100.html


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Karriereknick nach Streik: Kiel straft Lehrer ab
Kiel – Jetzt kommt es knallhart: Kiel verwehrt Lehrern, die am 3. Juni am landesweiten Streik teilgenommen haben, die Beförderung. Das Bildungsministerium bestätigte, dass zwei Pädagogen deshalb keine Schulleiter werden dürfen.


In Lübeck gilt die Probezeit einer Lehrerin an der Holstentor-Gemeinschaftsschule für den höher dotierten Posten einer ,,Koordinatorin" daher als ,,nicht bestanden". Landesweit gibt es eine Handvoll weiterer Fälle, in denen Lehrkräfte in leitenden Funktionen abgestraft werden.

,,Das hat nichts mit den fachlichen Qualitäten der Pädagogen zu tun, sondern allein mit deren Streikteilnahme", sagte Ministeriumssprecherin Beate Hinse. Für Führungspersonal gelte ein gesteigertes Treueverhältnis gegenüber ihrem Dienstherren. ,,Das ist für uns in diesen Fällen gestört. Damit entfällt die Grundlage für eine Beförderung." Das Ministerium hatte alle Lehrer am 26. Mai vorab daran erinnert, dass die Beamten unter ihnen während der Dienstzeit kein Streikrecht haben. Es wurden arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung angedroht.

In Flensburg war eine Lehrerin, die sich um einen Rektorenposten beworben hatte, vom Schulleiterwahlausschuss bereits gewählt worden. Kiel kassierte das jetzt ein. An einer Gemeinschaftsschule in Elmshorn muss der kommissarische Schulleiter seinen Arbeitsplatz am Montag verlassen. ,,Er wird versetzt und nicht mehr als Schulleiter tätig sein", heißt es aus dem Ministerium. In Lübeck ist die Kunst- und Religionslehrerin Elisabeth Reinert (56) von der Holstentor-Gemeinschaftsschule betroffen. Sie hatte nach eigenen Angaben streikbedingt eine Unterrichtsstunde ausfallen lassen. Ihre einjährige Probezeit als Koordinatorin wäre drei Wochen später erfolgreich abgelaufen. Sie wirft Kiel schlechten Stil vor: ,,Ich bin nicht einmal zur Sache gehört worden." Ihr jahrzehntelanger Einsatz ,,ohne auf die Uhr zu schauen" werde auf einen Schlag zunichtegemacht.

Die Lehrergewerkschaft GEW spricht von einer unverhältnismäßigen Maßnahme. ,,Bildungsminister Ekkehard Klug straft hervorragende Pädagogen stellvertretend für alle Streikenden ab", sagt Geschäftsführer Bernd Schauer. So würden Lehrer systematisch ,,zu Duckmäusern gemacht". Allerdings hatte auch die GEW bereits Anfang Mai vor möglichen Konsequenzen einer Streikteilnahme gewarnt. Den Betroffenen verspricht die Gewerkschaft jetzt jegliche juristische Unterstützung. Auch beim Philologenverband zeigt man sich verschnupft. ,,Das Vertrauensverhältnis zwischen Pädagogen und Bildungsminister ist hochgradig gefährdet", mahnt Verbandschef Helmut Siegmon. Der Vertrauensvorschuss, mit dem Klug in sein Amt gegangen sei, sei aufgezehrt.

Kritik kommt auch von der Opposition im Landtag. Sie fordert den FDP-Minister auf, seine Sanktionen rückgängig zu machen. Anke Erdmann (Grüne) sagt: ,,Klug tritt um sich, um von seiner eigenen katastrophalen Ministerbilanz abzulenken." Henning Höppner (SPD) erklärt: ,,Der Minister schießt mit Mittelstreckenraketen auf gewerkschaftliche Spatzen."
Von Curd Tönnemann


http://www.ln-online.de/artikel/2837440/Karriereknick_nach_Streik%3A_Kiel_straft_Lehrer_ab.htm

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ZitatGEW: ,,Auch Beamtinnen und Beamte dürfen streiken"



Kiel (ddp direct) – Schwerpunkt der tarifpolitischen Regionalkonferenz der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) am Donnerstag im Kieler Gewerkschaftshaus war die Vorbereitung auf die Tarifrunde 2011. In dieser spielen die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte eine wichtige Rolle. Jeder zweite Beschäftigte in den Ländern ist im Bildungssystem tätig. Deshalb waren auch die drakonischen Strafen des schleswig-holsteinischen Bildungsministers Ekkehard Klug (FDP) gegen einen Schulleiter aus Elmshorn, eine gewählte Schulleiterin aus Flensburg sowie zwei weitere Schulleitungsmitglieder und damit der Streik beamteter Lehrerinnen und Lehrer für bessere Arbeitsbedingungen am 3. Juni ein wichtiges Thema.

,,Verzichten Sie auf die drakonische und exemplarische Bestrafung der vier Schulleitungsmitglieder. Maximal drei Stunden Streik rechtfertigen in keiner Weise, die Betroffenen trotz ansonsten guter Arbeitsleistungen von ihren Posten zu entfernen", appellierte GEW-Landesvorsitzender Matthias Heidn an den schleswig-holsteinischen Bildungsminister. Auch das sich abzeichnende generelle Beförderungsverbot für Lehrkräfte, die an dem Juni-Streik teilgenommen hatten, schieße weit über das Ziel hinaus.

,,Die Disziplinarmaßnahmen gegen streikende Beamte in Schleswig-Holstein müssen eingestellt werden", verlangte Ilse Schaad, Beamten- und Tarifexpertin der GEW und Hauptrednerin während der tarifpolitischen Regionalkonferenz. Sie unterstrich die uneingeschränkte Solidarität der Bildungsgewerkschaft mit den verbeamteten Lehrkräften, die gestreikt hatten. ,,Das Streikverbot für Beamtinnen und Beamte muss endlich eingemottet werden. Streikrecht ist ein Menschenrecht. Das Verbot ist ein Relikt aus vordemokratischer Zeit. Doch in Deutschland wird meist stillschweigend akzeptiert, dass Beamten ein demokratisches Grundrecht entgegen europäischer Rechtsprechung vorenthalten wird", betonte Schaad. Sie berief sich dabei im Wesentlichen auf zwei Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) und die Praxis in anderen Staaten.

Die Beamten- und Tarifexpertin kündigte an, dass die GEW mit den Türkei-Urteilen des EGMR vergleichbare Entscheidungen auch zum deutschen Streikverbot erreichen wolle. Sie geht davon aus, dass von Disziplinierungsmaßnahmen betroffene Lehrerinnen und Lehrer gute Chancen hätten, diese Prozesse zu gewinnen. Eine Demokratisierung des Beamtenstatus' sei problemlos mit dem Anspruch des Grundgesetzes zu vereinbaren, diesen auch im Rahmen der sog. ,,hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums" weiter zu entwickeln.
Info: Der EGMR hatte die Türkei wegen ihres generellen Streikverbots für Staatsbedienstete in den letzten beiden Jahren zwei Mal verurteilt. Die Türkei hat im September reagiert: In einer Volksabstimmung sind umfangreiche Verfassungsänderungen beschlossen worden, die unter anderem Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst zulassen.
http://umzug.xtranews.de/2010/10/01/gew-auch-beamtinnen-und-beamte-duerfen-streiken/

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