Berliner Morgenpost.de:
Auf den Zahn gefühlt - Patientenanwältin Helga Kühn-Mengel benötigt Monate für falsche Antwort
Helga Kühn-Mengel
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Von Tanja Kotlorz
"Ich setze mich für die Belange der Patienten ein", verkündete Helga Kühn-Mengel Anfang 2004, als sie von der Bundesregierung als Patientenbeauftragte installiert wurde. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) lobte sie als "hochqualifizierte Bundestagsabgeordnete". Als gesundheitspolitische Sprecherin der SPD hatte sie den Gesundheitskompromiß mit der Union mit ausgehandelt.
Doch wer sich wirklich an Helga Kühn-Mengel mit einem Anliegen wendet, muß sehr viel Geduld aufbringen und darf nicht zuviel Kompetenz erwarten. So wie Margarete Wurl. Die Berlinerin wandte sich seit September 2004 drei Mal schriftlich an die Patientenbeauftragte der Bundesregierung. "Mein Arzt hat mir einen Zahn aufgebohrt und eine Wurzelbehandlung gemacht. Dafür hat er den Zahn in kurzer Zeit drei Mal geröntgt und will es jetzt schon wieder tun", schreibt Frau Wurl besorgt. "Sagen Sie mir bitte, wie die wirkliche Belastung ist und ob das meine Knochen schädigt", bittet sie die Patientenbeauftragte. Doch Frau Kühn-Mengel schweigt. Im Januar 2005 verfaßt die Zahnkranke entnervt einen vierten Brief.
Vier Monate nach ihrem ersten Schreiben bekommt sie endlich eine Antwort. Darin entschuldigt Kühn-Mengel ihre späte Reaktion mit der "Vielzahl von Einsendungen". Eine fachkundige Antwort auf ihre Frage bleibt jedoch aus. "Weiterhin bitte ich Sie um Verständnis, daß es mir von hier aus nicht möglich ist, Ihre konkreten medizinischen Fragestellungen zu beantworten", heißt es. Zudem gibt die
Psychologin Kühn-Mengel zu bedenken, daß es keine allgemein gültige Beantwortung zum Thema Strahlenbelastung durch mehrmaliges Röntgen gebe.
"Das ist schlicht falsch", kontert der Vizepräsident der Berliner Zahnärztekammer, Jürgen Gromball und zitiert aus einem Bericht des Bundesamtes für Strahlenschutz. Demnach verursache die Röntgenaufnahme eines Zahns eine Strahlendosis von 0,01 Millisievert. Eine Veränderung des Blutbildes, die noch reversibel ist, werde erst bei einer Strahlendosis von 250 bis 500 Millisievert provoziert. "Dafür müßte ich einen Zahn 25 000 bis 50 000 Mal röntgen." Die Angst der Patientin vor einer zu hohen Strahlendosis sei "völlig unbegründet", so Gromball. Zudem habe der Zahnmediziner nach ärztlicher Kunst gehandelt. Es sei unglaublich, daß die Patientenbeauftragte erst nach vier Monaten antworte und dann auch noch falsch. Übrigens: Die Berliner Patientenbeauftragte Karin Stötzner reagierte prompt und richtig, als Frau Wurl sie anschrieb.