Ausgebeuteter Landwirt-Azubi

Begonnen von Kuddel, 19:47:30 So. 22.April 2018

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Kuddel

ZitatLandwirt-Azubi aus Butjadingen klagt über Ausbeutung

Schichten von bis zu 36 Stunden, mehr als 70 Arbeitsstunden in der Woche: Mit diesen Bedingungen hatte ein 16-jähriger Butjenter als Auszubildender in der Landwirtschaft zu kämpfen. Sein Vater, der anonym bleiben möchte, hat das jetzt öffentlich gemacht. Nach Aussage der Landwirtschaftskammer Niedersachsen kommen solche Fälle immer wieder vor.

Ausbildung abgebrochen


Dass die Arbeit auf dem Hof nicht immer einfach ist und auch die Arbeitszeiten gelegentlich länger ausfallen, ist dem Vater klar: ,,Ich bin selbst Landwirt. Meine Söhne sind auf dem Hof aufgewachsen und wissen, was Arbeit bedeutet", erklärt er. Auch sein älterer Sohn habe eine Ausbildung zum Landwirt absolviert und über die hohe Arbeitsbelastung geklagt. Bei seinem Jüngsten ging es nun so weit, dass er die Ausbildung abbrach.

Zur Erntezeit Ausnahmen möglich


Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt laut Vertrag 40 Stunden in der Woche und acht Stunden am Tag. In der Erntezeit ist es laut der Landwirtschaftskammer auch zulässig, in zwei Wochen insgesamt 85 Stunden zu arbeiten – allerdings nur im Einzelfall. Schichten, wie der 16-jährige Butjenter sie schieben musste, sind mit dem Arbeitszeitgesetz nicht vereinbar.

Hohe Geldstrafen drohen

Solche Fälle werden der Landwirtschaftskammer laut eigener Aussage ,,immer mal wieder" gemeldet. Dann wird versucht, die Betriebe dazu zu bringen, die rechtlichen Bestimmungen einzuhalten. Wenn das nicht geschieht, wird das Gewerbeaufsichtsamt eingeschaltet. Dem Ausbildungsbetrieb drohen hohe Geldstrafen. Allerdings müssen die Beschwerden dafür schriftlich und mit Namen eingereicht werden – was nur selten passiert.
https://nord24.de/wesermarsch/landwirt-azubi-aus-butjadingen-klagt-ueber-ausbeutung


tleary

Die Landwirtschaft ist einer der schlimmsten Bereiche in der "freien Marktwirtschaft". Alles, was in anderen Branchen bezüglich Arbeitszeiten schon vom Gesetzgeber her verboten ist, ist in der Landwirtschaft mit dem Totschlagargument "wetterabhängig" für Arbeitnehmer erlaubt. Auch die "All-inclusive"-Mentalität der Hofinhaber in Sachen Arbeitszeit ist extrem ausgeprägt. Einem Freund von mir, gelernter Landwirt und zur Hofaufgabe bei der letzten "Milchpreiskrise" gezwungen, konnte davon ein Lied singen. Bei einem Angebot sollte er 2.000 € brutto verdienen, womit er aber unter der Woche neben seiner offiziellen 40-Stunden-Woche immer in Bereitschaft sein sollte (wegen angeschlossener Biogasanlage). In der Erntezeit natürlich auch viel mehr. Jedes 2. Wochenende hätte er sogar durcharbeiten sollen. Er lehnte dann dankend ab. Er kam dann bei einem Saatgutbetrieb unter. Ist zwar auch nicht viel besser, mit überlangen Arbeitstagen im Sommer (oft bis 12 Stunden), aber wengistens fallen bei dem Betrieb keine Stunden unter dem Tisch.

In der Landwirtschaft hat noch nie irgendeine Gewerkschaft auch nur kurz Fuß gefasst, und genau so sehen auch die Tarifverträge aus. 'Mal davon abgesehen, daß es sich meist nur um einzelvertraglich festgelegte Arbeitsverträge handelt, die dem AN vorgelegt werden, wo der AG das reinschreibt, was ihm gerade so in den Kram passt.
»Wir wissen, so wie es ist, kann es nicht weiter gehen. Aber es geht weiter.«
(Autor unbekannt)

Rudolf Rocker

ZitatIn der Landwirtschaft hat noch nie irgendeine Gewerkschaft auch nur kurz Fuß gefasst, und genau so sehen auch die Tarifverträge aus.
Man sollte seine Ahnungslosigkeit nicht so offensichtlich zur Schau tragen! Das wirkt manchmal etwas peinlich! ;)
Um die Belange der in der Landwirtschaft arbeitenden Lohnabhängigen kümmerte sich von 1949 bis 1995 die Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft (GGLF).
Diese schloss sich 1996 der IG BAU an, in welcher die entsprechende Fachgruppe bis heute die Interessen ihrer Mitglieder vertritt.
Hier in Niedersachsen ist der letzte Tarifabschluss 2011 erfolgt, soweit ich das weiß. Der Brutto- Ecklohn liegt bei 11,20 €/ Std. und ist natürlich nicht die Welt.
In anderen Bereichen mit deartig dünnem, gewerkschaflichen Organisationsgrad sieht es da noch deutlich schlechter aus.
Mit höherem Druckpotential (also mehr Mitgliedern die im Falle eines Streiks die Betriebe lahmlegen könnten) ließen sich sicherlich auch bessere Tarifabschlüsse und Arbeitsbedingungen durchsetzen.
Gerne auch eine Selbstorganisation der Beschäfftigten!

Die Arbeitsbedingungen in den sog. Grünen Berufen (also: Garten- Landschaftsbau, Land- und Forstwirtschaft) sind im Allgemeinen sehr hart und häufig von Ausbeutung geprägt.

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