Sucht und Abhängigkeit

Begonnen von Ziggy, 20:11:33 Di. 30.März 2010

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Ziggy

Hi Leutz,

ich mache mal diesen Thread auf, um Leuten mit Suchtproblemen Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch und gegenseitiger Hilfestellung zu geben.

Ich wollte eigentlich heute mit einem größeren Beitrag starten, aber das werde ich zeitlich nicht mehr hinkriegen.

Stattdessen einfach mal ein paar kurze Infos zu meiner Suchtgeschichte:

Ich bin Alkoholiker. Trocken seit dem 25. Januar 1989, hab also grade mein 21. Jubi "gefeiert". Davor jahrzehntelanger exzessiver Alkoholkonsum, typische Säuferkarriere, regelmäßig "harte" Getränke ab dem 12. Lebensjahr, kaputte Jugend, Schule ohne Abschluß, Lehre ohne Abschluß, Wehrdienst, gescheiterte Ehe, zweimal im Gefängnis, viermal im Irrenhaus, zweimal dem Tod grade noch von der Schippe gesprungen. Im Knast 1985 die Anonymen Alkoholiker kennengelernt, deren Meetings regelmäßig besucht, dann 14 Monate in Freiheit trocken geschafft. 1987 schwerer Rückfall, dauerte bis zu eben jenem 25.01.1989, seitdem dauerhaft trocken.

Das nur mal so als Einstieg. Ausführliches folgt noch. Wenn jemand einen besseren Tread-Titel hat, bitte Wortmeldung.
Um seine Liebe zu beweisen, erklomm er die höchsten Berge, durchschwamm die tiefsten Meere und zog durch die weitesten Wüsten. Doch sie verließ ihn – weil er nie zu Hause war.

Lefat

Jo danke für den Thread
Ich werde demnächst auch dann mal meine Erfahrungen hier posten , aber zur Zeit bin Ich zu ausgepowert um sinnvolle Texte zu schreiben !
Es ist immer wieder erstaunlich, dass ein Jahr der Arbeitslosigkeit einen ehemaligen Leistungsträger zu einem bildungsfernen Asozialen verkommen läßt..so zumindest die landläufige Meinung.

Ziggy

ZitatAllerdings kannst du, wie auch Ziggy, eine sehr abschliessende Betrachtungsweise in recht nachdrücklichem Ton hervorbringen, so dass man lieber nicht dagegen hält und kein Öl mehr ins Feuer kippen mag. Gegen eure Statements ist es nicht leicht, sich zu behaupten. Hab aber oft von stabil trockenen Süchtigen sowas erlebt, da ist eine gewisse Konsequenz hinter, die nach aussen als Härte erscheint. Kann ich glaub ich auch. Manche Leute legen sich ungern mit mir an, dabei bin ich der Klassiker "Harte Schale, weicher Kern" und kann sehr plüschig sein wenn ich will. Ihr wahrscheinlich auch.

Als ich noch trank, fällten die Leute allerlei Urteile über mich: Ich sei haltlos, unzuverlässig, ein Maulheld, willensschwach, schlampig, ein kompletter Versager ... ich denke, das stimmte alles, ABER: Das ist nur eine Seite von mir, die nasse!

Heute fällen die Leute auch Urteile über mich, aber die unterscheiden sich grundlegend von denen aus der nassen Zeit. Heute heißt es, ich sei ein Pedant, supergenau, überpünktlich, extrem zuverlässig, unnachgiebig, ein "harter Hund". Auch hier stimmt das meiste. Und natürlich steckt hinter dem harten Kerl ein weicher Keks ...

Die Sache ist doch die: Das Hauptmerkmal des Alkoholismus ist der Kontrollverlust. Man verliert die Kontrolle über seinen Trinkkonsum, sein Trinkverhalten, sein Denken, Fühlen, Tun, letzten Endes verliert man die Kontrolle über alle Bereiche des Lebens, der Alkohol besetzt die Brücke und übernimmt das Kommando. Was ahnungslose, unaufgeklärte Mitmenschen als "Willensschwäche" klassifizieren, ist die Krankheit Alkoholismus. Beim Alkoholiker gehen nach und nach alle Schalter kaputt (sofern sie je richtig funktioniert haben), die anderen Leuten erlauben zu sagen: "Jetzt reicht's. Das nächste Bier trinke ich nicht mehr. Ich muß noch dies oder jenes tun ..." Beim Alkoholiker reduziert sich irgendwann ALLES auf einen einzigen Gedanken: "Wo bekomme ich die nächste Dosis von meinem Stoff?!" Alles, wirklich alles, wird diesem einen Trieb untergeordnet. Und man tut alles dafür, wirklich alles. Man tötet einen Menschen, wenn es sein muß ...

Irgendwann erreicht man einen Punkt, der gemeinhin als "Tiefpunkt" bezeichnet wird. Dieser Tiefpunkt hat viele Gesichter, das reicht von relaiv harmlos bis Schockzustand. Gemeinhin ist das der Moment, wo einem klar wird, was mit einem los ist, und wo man sich entscheiden MUSS ... für mich war der Tiefpunkt im Knast, als mir klar wurde, daß sich alle Menschen von mir abgewandt hatten, daß ich keinen einzigen Freund mehr hatte auf der Welt, daß ich alleine war, und daß die Schuld alleine bei mir lag. Meine letzte Freundin hatte Schluß gemacht mit mir, als sie sah, daß sie gegen den Alkohol keine Chance hatte. In meinen Alpträumen sah ich meine eigene Beerdigung, die Menschen, die ich je geliebt hatte, waren gekommen und sie sagten: "Endlich hat der Wahnsinn ein Ende. Endlich hat er sich totgesoffen ..."

Dieser Moment war für mich ein unbeschreiblicher Zustand, ein Augenblick absoluter Klarheit, ich sah von einem erhöhten Standpunkt aus mein ganzes elendes, verpfuschtes Leben, ich sah mich so, wie andere mich wahrnahmen, es war so tief beschämend, so erniedrigend, so anklagend, so anrührend, daß mich zwei Tage und Nächte das "heulende Elend" überkam, ich musste beinahe pausenlos weinen. Ich konnte plötzlich "fühlen", was ich anderen Menschen angetan hatte, Menschen, die ich über alles liebte, denen war ich der schlimmste Alptraum gewesen.

In diesem Moment, den viele Gläubige als "Gnadenakt" erleben und beschreiben, entschloß ich mich, mein Leben radikal zu ändern. Mein Leben radikal ändern hieß: Das Trinken sein lassen, und zwar überhaupt, das "erste Glas" stehen zu lassen. Was sich hier wie eine ganz banale Erkenntnis liest, ist es für den Alkoholiker ganz und gar nicht. Das größte Problem des Alkoholkranken ist nämlich, daß ihm der Weg zur Selbsterkentnis versperrt ist, soll heißen, er sieht sich selbst nicht als Alkoholiker. Er weiß wohl, daß etwas mit ihm nicht stimmt, er weiß aber nicht, was es ist. Er sieht sich als Pechvogel, als einen, der das Unglück magisch anzieht, glaubt sich verflucht, hängt Verschwörungsphantasien nach ... er kommt nicht auf die einfache Idee, daß alleine sein Trinken für alles Unglück verantwortlich ist. Er probiert daraufhin alles mögliche, weniger zu trinken, nur zu bestimmten Anlässen, kurz: "kontrolliert" zu trinken. Das kann er aber nicht, sonst wäre er ja kein Alkoholiker ... und das Rad dreht sich ... der Gedanke "nie wieder" im Leben zu trinken, ist so unwirklich, so wahnsinnig, so grausam ... eine so einfach, brutale Wahrheit, daß er sie nicht fassen kann ... Deshalb, wenn ein Alkoholiker sich radikal und dauerhaft ändert, also trocken wird und bleibt, kann man sicher davon ausgehen, daß er diesen Tiefpunkt, diesen Moment der Erkenntnis, diese tiefe seelische und geistige Erschütterung, diesen Moment der Klarheit, erlebt hat.

In einem der ersten Meetings bei den AA sagte ich: "Ich trinke, weil ..." und dann kam eine ganze Liste mit "Gründen", mit Entschudigungen, mit Ausflüchten ... die "alten Hasen", die Profis, hörten sich das schweigend an, manche schmunzelten zwischendurch. Als ich fertig war, sagte einer: "Wenn du scharf nachdenkst und dir richtig Mühe gibst, wirst du noch tausend Gründe mehr dafür finden, warum du trinkst. ICH sage dir: Es gibt in Wirklichkeit nur einen einzigen: Du trinkst, weil du Alkoholiker bist, weil dein einziger Daseinszweck darin besteht, zu trinken. Das ist der Grund - der einzige! - warum du trinkst." Und fügte hinzu: "Obwohl dir völlig klar ist, daß es dich tötet."

Tatsächlich hängt für den Alkoholiker alles an dem so schlichten "Stehenlassen" des ersten Glases, des Nichttrinkens des ersten Schlucks. Aber das ist nur der Anfang einer langen Passion. Dannbeginnt die eigentliche Arbeit: Inventur machen, Aufräumen, die knallharte Abrechnung mit sich selbst, der Versuch der "Wiedergutmachung" (ein heikles Thema!) ... da laufen psychosoziale Prozesse ab, von denen sich ein "normaler" Mensch keine Vorstellung macht. Und so kommt es, daß ein trockener Alkoholiker, der ernsthaft an sich arbeitet, teilweise erschreckend auf seine Umwelt wirkt ("So kenne ich dich ja gar nicht!" Natürlich nicht, möchte man sagen, du kennst mich doch nur besoffen ...) Ich habe miterlebt, wie Ehen, die zwanzig und mehr Jahre alle Saufstürme überstanden haben, in kürzester Zeit kaputt gingen, als der Säufer trocken und plötzlich "komisch" wurde. Jahrzehntelang sagt die Frau "Wenn er nur aufhören würde mit dem trinken!", und dann tut er's und sie versteht die Welt nicht mehr ... weil er so ganz anders ist, als sie sich vorgestellt hat. Ein Fremder.

Viele Menschen haben zu mir gesagt: "Wenn du ein paar Tage mal nicht trinkst, bist du so ein liebenswerter Kerl!" Dieselben Leute wünschen mich heute zum Teufel. - Warum? Ganz einfach: Wenn ein Alkoholiker mal "eine Weile" nicht trinkt, verändert sich ein bißchen. Je nach Veranlagung wird er entweder ein wenig mürrisch oder "lieb". Das ist aber immer noch der "nasse" Alkoholiker, der ist vielleicht körperlich gerade trocken, aber geistig-seelisch noch lange nicht, eine wirkliche Veränderung zu seinem wahren Selbst hin hat noch nicht eingesetzt. Wirkliche Veränderung fängt "im Kopf" an und wirkt im "tiefsten Inneren", das Physische, das Nichttrinken ist nur der Anfang, der Beginn, die Voraussetzung. Nichttrinken alleine ist aber nichts ohne wirkliche anschließende Veränderung. Ein Alkoholiker, der "nur" nicht trinkt, aber sonst alles belässt, wie es ist, ist im Denken weiterhin "nass" und er wird früher oder später wieder trinken!

Deshalb muss ein Alkoholiker, wenn er dauerhaft überleben will, sich radikal ändern. Und diese Veränderung wird von seiner Umwelt oft als extrem wahrgenommen, viele stoßen sich daran. Und warum? Weil die Umwelt eines Alkoholikers auch "krank" ist, weil sie Erwartungen an ihn haben, und wenn er die nicht erfüllt, wenn er sich anders entwickelt als erhofft, heißt es plötzlich "Was ist denn jetzt mit dem los? Dreht der jetzt völlig durch?"

Und so kommt es gar nicht selten vor, daß ein Alkoholiker, dem es ernst ist mit dem Nüchternwerden, auch die Leben seiner Liebsten gehörig auf den Kopf stellt. Daß er ihnen plötzlich total fremd ist.

Manchmal ist es auch umgekehrt: Unsere Nichte ist jetzt 22 Jahre alt. Wenn man der erzählt, wie der gute Onkel so war, als er noch gesoffen hat, da wird's der unheimlich und sie sagt "Das gibt es nicht, das kann überhaupt nicht sein!" Und das ist für mich der beste Beweis, wie sehr ich mich verändert habe seither. Natürlich hat das auch Schattenseiten. Manche werfen mir vor, ich nehme manches "supergenau", lasse keine Fünfe grade sein, ich solle doch mal den Ball flachhalten. Aber so einfach ist das nicht. Ich bin ja auch trotz meines abstoßenden Wesens manchmal eingeladen, da gibt es dann Braten mit Soße oder einen Salat oder ein leckeres Dessert ... ob ich da "supergenau" bin, wenn ich ein Tiramisu ablehne oder die "klasse" Soße, die "MUSST du nehmen, da ist so gut wie nichts drin", das ist für mich lebensentscheidend. Eine Soße, mit "so gut wie nicht drin", ist für mich eben nun mal eine alkoholische Soße und kann einen Rückfall auslösen ... und ehe ich mich's versehe und ohne es zu wollen, bin ich plötzlich der Mittelpunkt des Abends und betreibe Aufklärung ... das ist ein Dilemma. Mit den Jahren kommt man aber damit klar.
Um seine Liebe zu beweisen, erklomm er die höchsten Berge, durchschwamm die tiefsten Meere und zog durch die weitesten Wüsten. Doch sie verließ ihn – weil er nie zu Hause war.

Hedgegina

@Ziggy

Wow. Respekt - dein Post liest sich wie ein frischer Wind. Du hast da einen ziemlich genialen roten Faden bei dir nach viel harter Arbeit entdeckt. Hört sich gut an!  :)

Hedgegina

ich wollte das folgende gerade in dem alf-thread posten, da ist mir kellerkind mit der schließung des threads zuvorgekommen. ist jetzt vielleicht ein bisschen ausm zusammenhang gerissen, aber ich hoffe, trotzdem noch verständlich.

ZitatHerzlichen Dank Hedgi! Find ich süss von dir Smiley Bei mir ging es bis jetzt auch nie so gut aus... Wer hätte das gedacht - ausgerechnet "so einer"?! Aber das Leben bahnt sich seinen Weg, und wenn zwei Menschen zusammen gehören, zählen Statusunterschiede nicht mehr. Das ist die wahre Anarchie Cheesy

@cn
gern geschehen. statusunterschiede sind was für leute, die sich aufgrund mangelnder eigener wertigkeit von anderen abgrenzen wollen - interessieren mich auch nicht wirklich. ich mag nette leute, leute mit denen man lachen kann, leute die mir gut tun, von denen ich auch was lernen, was mitnehmen kann. da interessiert mich das eventuelle "dr." oder "prof." vor einem namen oder das portemonaie (scheiß wort ;) in der tasche nicht. bin gerad selbst dabei, mein leben umzukrempeln, und befürchte, dass ich damit noch mindestens 2 jahre gut zu tun habe. aber dann passieren gerade auch so verrückte dinge, wenn man ganz verzweifelt ist, über die man wieder lachen kann. man nimmt sachen wahr, die man sonst nicht bemerkt hätte, kann sich über kleinigkeiten freuen, die werden ganz wichtig. manchmal sitze ich abends da, und heule einfach 10 min. warum weiß ich auch nicht - hat aber wohl was mit eigener vergangenheitsbewältigung zu tun. und auch damit, sich vergangenem NÜCHTERN zu stellen (jetzt sind wir wieder bei dem thema sucht). und manchmal treibe ich nachts hier solche netten user wie bakurock mit plüschtierfolter in den wahnsinn. (an dieser stelle noch einmal eine leise gemurmelte entschuldigung in dessen richtung  :)

Positiv gesehen entwickelt sich bei mir eine kraft, die mir selbst angst macht, andererseits befinde ich mich aber zur zeit noch in einem sehr zerbrechlichen gleichgewicht. ich weiß nicht - wohin das noch führen wird - aber ich weiß/hoffe,dass es gut wird. aus diesem grund passt z zt in mein leben keine "wildromantische geschichte", aber wer weiß, was in zwei jahren ist. umso mehr freut es mich, solche geschichten bei anderen zu hören, womit wir wieder beim ausgangspunkt sind. so. und nu hör ich auf zu schwafeln.

hab gerade 3 stunden auf dem balkon in der sonne gesessen und nichts getan außer lesen, und heute abend werde ich pinnswin heimsuchen und die kräftig ärgern. so sollte es sein!  :D alles wird (hoffentlich) gut. schön dass diese beschissenen christlichen feiertage zum kraft tanken taugen können - wie auch schon ziggy in dem oster-thread bemerkte.

in diesem sinne....
:)

Hedgegina

So - einen hab ich noch (ihr könnt mich auch Colombo nennen):

Zitat: Ziggy
ZitatHi Leutz,

ich mache mal diesen Thread auf, um Leuten mit Suchtproblemen Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch und gegenseitiger Hilfestellung zu geben.

Da ich mich selber z zt eingehend mit dem Thema Sucht beschäftige - aus aktuellem Anlass - möchte ich hier kundtun, dass es die sehr hilfreiche Möglichkeit gibt, sich bei den AAs in so eine Online-Gruppe eintragen zu lassen, man wird dann in einen Emailverteiler aufgenommen. Mir hilft das z Zt sehr. Ich komme dann abends nicht mehr auf die Idee - mich - aus welchen Gründen auch immer - zuzuschütten, sondern lese die 20 bis 30 Emails aus diesem Verteiler, die mich erwarten, lache, weine, schmunzle, - und gehe dann - nüchtern - zu Bett. So, nu isses raus. Warum auch nicht?

Nu bin ich aber still.

Lefat

Tja , da sitze Ich in meiner neuen Wohnung ! und weiss nicht was Ich machen soll !
bin wieder voll dabei !
Habe Angst !
darf meinen Sohn nicht mehr sehen !
Habe fürchterliche seelische Schmerzen !
und morgen ist Umzug !!
Ich habe das alles wieder organisiert bekommen !, aber Ich weiss selbst nicht mehr wie lange Ich diesen Stress noch durchhalten kann !!

Ich kann jetzt schon nicht mehr !!!!!!!

Ps . und jetzt wird meine Mutter auch noch mit sowas wie einer Telefonbombe konfrontiert ! meine Mutter die mit nix was zu tun hat !!!! ausser das sie mich ein Paar tage aufgenommen hat !

Es macht mich alles so fertig !

Ich denke Echt 3 Pullen Vodka und alles ist erledigt !

Es ist immer wieder erstaunlich, dass ein Jahr der Arbeitslosigkeit einen ehemaligen Leistungsträger zu einem bildungsfernen Asozialen verkommen läßt..so zumindest die landläufige Meinung.

Alex22

Ich habe zwar keine Suchprobleme, verstehe aber aus einigen eigenen Erfahrungen, dass man süchtig werden kann.
Auch habe ich persönlich schon Menschen kennen gelernt, die es schafften von der Sucht (Alkohol, Tabak, Tabletten) los zukommen. 
Ich habe vor solchen Kämpfern ganz große Achtung. Mir helfen diese Menschen mit ihrem Beispie mit meinen Problemen besser zurecht zu kommen und mich nicht zu sehr von schlechten Menschen mit bösen Sinn beeinflussen zu lassen.
Es ist sehr interessant hier mitzulesen. Ich wünsche Euch Freude am Leben.
:)

Eivisskat

Das wäre aber schade, lieber @Tafel, wo du doch schon so weit gekommen bist!

UMzüge sind immer ganz furchtbar, auch für Nicht-Abhängige, wir kennen das alle. Und TOLL wie du alles allein organisiert hast, das ist nicht leicht.

Schalte ab, geh`früh schlafen, denk`nicht an die Probleme, denn morgen ist ein neuer Tag, da sieht schon alles anders aus, wirst du sehen... :)

Alles Gute für dich, eine ruhige,angenehme Nacht und liebe Grüße

:-*

Ziggy

@Tafel
Wenn du die Möglichkeit hast, besuche ein Meeting. In beinahe jeder Stadt gibt es welche, meist täglich von 20 bis 22 Uhr.

Gibt es jemanden, den du anrufen kannst? Tu es! Mir haben solche manchmal nächtelangen Telefonate das Leben gerettet. Gibt es jemanden, der vielleicht zu dir kommt? Oder den du besuchen kannst?

Tu etwas. Sitz nicht da und grübel. Bewege dich. Geh raus, laufe, atme ...

Versuche, die Gedanken zu ordnen: Inwieweit kannst du die Situation beeinflussen, inwieweit bist du verantwortlich? Die "Telefonbome" (was ist das?) deiner Mutter - was hat das mit dir zu tun? Zieh dir keine "fremden" Schuhe an!

Mach dir folgendes klar:

3 Flaschen Wodka lösen das Problem nicht. Du kommst wieder zu dir, die jetzigen Probleme sind immer noch da, nur viel schlimmer und MINDESTENS EINES ist noch dazu gekommen! Du hast nur EIN wirkliches Problem, und das ist Alkohol. ALLE ANDEREN Probleme sind ein Klacks und lösbar, wenn du JETZT NICHT TRINKST! Sie werden sich allesamt in Luft auflösen. Du hast nur eine Panikattacke. Du musst und du wirst das durchstehen! Dir wird nichts passieren! Das Schlimmste was passieren kann, ist, daß du WIEDER TRINKST!

Wenn du nicht raus kannst, wenn du der Situation nicht entkommst, bleib hier bei uns, wir sind bei dir, du bist nicht alleine. Ich weiß, was du durchmachst, ich kenne es, ich hab es oft selbst erlebt. Es ist ein Anfall, nichts weiter. Die Sucht arbeitet wieder in deinem Kopf. Jeder trockene Alkoholiker kennt das "trocken besoffen" sein. Dein süchtiges Ich will, daß du wieder trinkst. Du darfst jetzt nicht nachgeben, sonst waren alle deine Anstrengungen bisher umsonst!

Baue dich selbst auf. Halte dir vor Augen, was du schon erreicht hast, was schon alles hinter dir liegt, wie stark du sein kannst. Halte alles Negative von dir fern.
Um seine Liebe zu beweisen, erklomm er die höchsten Berge, durchschwamm die tiefsten Meere und zog durch die weitesten Wüsten. Doch sie verließ ihn – weil er nie zu Hause war.

Carpe Noctem

Namd!

Wie befürchtet, passen meine "Lyrics" schon wieder nicht so richtig hier rein. Aber der "Alf"-Thread ist zu, denn es gibt wichtigeres als 1 abwesende Person, nämlich die Frage, wie man mit sich selbst und anderen umgeht. Dafür sind wir ja jetzt hier.

@Tafel:
Erinnerst du dich, das ich dir in besagtem Thread den lapidaren Spruch gedrückt habe, "versauf die neue Bude nicht"? du hast abgewunken. Jetzt hat dich der grosse Frust am Wickel - allein und mit viel Orgakram vor der Brust - und was ist dein spontaner Wunsch? Trinken und Vergessen. So gut ich dich auch verstehe, finde ich es traurig. Sieh dir mal an was du geschafft hast! Du bist trocken geworden, stehst inzwischen zu dem Rückfall den du gebaut hast, jetzt machst du sogar vorher die Klappe auf. Bist du sicher dass du trinken willst? Oder möchtest du, dass wir - wie vor allem Ziggy mit seiner jahrelangen Erfahrung - dich davon abhalten? Du bist viel weiter als noch vor einigen Monaten. Was du jetzt erlebst, ist ein Trockenrückfall, das sagt Ziggy auch und ich kenne das von der Guttempler-Selbsthilfe her. Kannst du dir vorstellen, wie stolz du auf dich sein wirst, wenn du JETZT die Kraft aufbringst, den Umzug NÜCHTERN zu schaffen und in einem Meeting hinterher davon zu erzählen? Die Kraft, die du dabei aufbaust, kann dir niemand mehr nehmen. Die gehört zu dir. Das ist deine ureigene Selbstachtung und darauf kannst du STOLZ sein! Trotz Widernissen kommst du vorwärts und hast eine neue Wohnung. Ich wünsche dir einen nüchternen Einzug und möchte hier gerne lesen, wie es gelaufen ist! Wir sind eine Gemeinschaft :)

@Hedgi:
Was du über Kraft sagst, kenne ich aus meiner Erinnerung gut. Ich habe nach 15 Jahren regelmässigem Absturzsaufen (4-5 mal wöchentlich) Angst bekommen, abhängig zu sein. Ich lernte zu der Zeit einen konsumierenden Alkoholiker kennen, der nicht körperlich abhängig war aber psychisch (Feierabend-Absturztrinken, kein Spiegelsaufen). Wie fies das war, wenn er abends am Telefon lallte und die Matratze oft aufrecht stand zum Trocknen, weil der Mann da nachts unkontrolliert reingeseicht hatte, ih. Ich rief die Hotline für Suchtgefährdete an und fragte, was man als Angehörige / Freunde tun könne. Man riet mir, das Telefon einzuhängen mit den Worten, "melde dich wieder wenn du nüchtern bist!" Was ich auch tat, rein verstandesmässig zunächst.

Still und heimlich reflektierte ich dann aber auch mein eigenes Trinkverhalten vor diesem quasi vorgehaltenen Spiegel. Das war mien Glück, so beschämend sich das auch ausnahm. Ich schämte mich, bekam Angst, das heulende Elend (@Ziggy: Das geht wohl mehreren Leuten so, auch ohne manifeste Abhängigkeit) und wusste schlagartig, dass ich ausprobieren muss ob es noch ohne Alkohol geht.

Ich hatte Ziele, die sich mit einer Suchtkarriere nicht vereinbaren liessen: Mein Diplom, eine ordentliche berufliche Laufbahn als ernstzunehmende Fachperson, und - last but not least - eine gesunde Beziehung! Das ging meiner neuen Erkenntnis nach nicht in Verbindung mit dem Trinken. Ich entschied mich also, zu testen ob ich noch ohne fremde Hilfe davon loskomme. Alles geschah im Verborgenen, weil ich mich so schämte. Der Versuch gelang aber zu meiner grossen Überraschung. Ich habe das Saufen nicht mal sonderlich vermisst, weil ich plötzlich ohne Saufplanung meinen Abend frei gestalten konnte! Die Erleichterung ist kaum in Worte zu fassen! Mir war klar, dass ich Sau gehabt hatte und beschloss, ab dem Tag keinen Tropfen mehr anzurühren. Das Eingeständnis "Suchtgefährdung" und dass ich mit Alkohol schlicht und ergreifend nicht umgehen kann, teilte ich nach und nach meiner Umwelt (sozialen Kontrolle!) mit. Dies lieferte eine Erklärung, weshalb ich es fortan ablehnte mitzutrinken und rückversicherte mich, dass ich nie wieder saufen kann, ohne dass jemand kritisch fragt ob ich einen Suchtrückfall baue.

Plötzlich musste aber alles, was vorher ein "Anlass" zum Saufen war, nüchtern bestanden werden. Ungeduld, Frust, Traurigkeit, alles was man vorher "plattsaufen" konnte (bzw. vor sich her schieben, um ehrlich zu sein!) musste jetzt ertragen werden, pur ohne Eis. Dazu benötigt man Kraft. Es ist tatsächlich anfangs etwas unheimlich, wo die auf einmal herkommt und wie viel davon aus dem Off aufsteigt! Es spukt in der Seele, die innere Welt ist eine Geisterbahn. Erst nach längerer Zeit ist man in der Lage, sich auf diese Kraft zu verlassen, ihr zu vertrauen und eine Gelassenheit zu entwickeln, auch mit dem Konsumverhalten anderer. Gerade hiermit konfrotiert zu werden, habe ich eine ganze zeitlang vermieden. Ich nenne das "die radikale Phase", in der man Konsumenten aus dem Weg geht. Mit den Jahren habe ich dazu Distanz entwickelt, inzwischen ist mir jedes Interesse an Alkoholkonsum und sonstigem Drogenkonsum (vertrage ich eh alles nicht) abhanden gekommen. Ich bin geduldiger, ausgeglichener (jawollja, der Handfeger CN kann meditieren und entspannen, bloss nicht hier im politischen Aktionsradius), habe weniger Angst, kaum depressive Phasen und der frühere Jähzorn ist wie vom Erdboden verschluckt.

Was allerdings für immer bleiben wird: Ich kann nie mehr wieder unbeschwert an Rauschmittel denken. Das ist für immer vorbei. Auch wenn es für frisch Trockene und frisch gebackene Aufhörer erschreckend klingt: Es ist GUT SO!

Grüsse - CN
Art. 1 GG: "Die Menschenwürde steht unter Finanzierungsvorbehalt"

Lefat

ZitatALLE ANDEREN Probleme sind ein Klacks und lösbar,
Das weiss Ich, und das ist das was mich noch am Leben hält !


Junx Ich schreibe beizeiten echt mal einen Roman !

nur ein Beispiel :

Ich habe gerade durch einen Zufall (danke Gott) erfahren , das , wenn Ich Morgen bei dem Umzug anwesend bin , sofort verhaftet werde (Aussage der Polizei )
habe da wohl eine einstweilige verfügung von der ich bis gerade nix wusste ! woher auch , wenn deine Post von deiner Ex unterschlagen wird !
Ich werde deswegen auch Strafanzeige wegen versuchter Freiheitsberaubung stellen !
Die beiden (Ex und Exex ) wollten mich morgen eiskallt auflaufen lassen !!
durch Zufall und oder weil der liebe Gott mich so lieb hat habe Ich davon gerade noch Kenntniss bekommen !
wie gesagt , schreibe Ich wirklich mal mein ganzes Leben hier rein , viel zu Lachen und viel zu weinen wird dabei sein !
aber jetzt habe Ich gerade andere Probleme und Ich bin auch nicht so firm zu schreiben !
Schreiben !!!!!!!!! ja ich kann besser Reden , Ich habe schon 60 Jahre alte FDP,ler dazu gebracht in die Linke einzutreten !!! kein Scherz !!!
so ist das !!
Bis gerade war Ich echt depri , aber jetzt habe ich echt Wut im Bauch !! und glaubt Mir Wut ist ein echt guter Antrieb etwas zu ändern !!

@ziggy
du hilfst mir wirklich weiter , aleine deine Texte zu lesen !
du und Ihr seid alle wichtiger als ihr glaubt !!

P.s.
Es ist immer wieder erstaunlich, dass ein Jahr der Arbeitslosigkeit einen ehemaligen Leistungsträger zu einem bildungsfernen Asozialen verkommen läßt..so zumindest die landläufige Meinung.

Carpe Noctem

Zitat von: Tafel am 22:08:10 Fr. 02.April 2010
Bis gerade war Ich echt depri , aber jetzt habe ich echt Wut im Bauch !! und glaubt Mir Wut ist ein echt guter Antrieb etwas zu ändern !!

Aber hallo! Vor allem ist es schön, hier von dir zu lesen. Egal welche Scherereien anliegen. You are here :)

Zitatdu und Ihr seid alle wichtiger als ihr glaubt !!

Hier posten ist echt besser als Ostern in der Kirche "Halleluja" auf die Nächstenliebe zu plärren, zumal wenn man - wie ich - gar nicht singen kann *krächz* ;D

Tafel, das wird alles. Soll die Ex doch deinen Kram vor die Tür stellen, wenn sie nicht will dass du ihn selber holst. Einstweilige Verfügung stellen, die Post unterschlagen und dann mit dem Arsch auf deinen Sachen sitzen, das kannst du der Polizei mal vortragen. Das ist *Tateinheit mit Tatmehrheit StGB* usw., eine schicke Anzeige wird das! Kurz und gut: Die muss deine Sachen rausrücken, alles andere ist ein Eigentumsdelikt.

Grüsse - CN
Art. 1 GG: "Die Menschenwürde steht unter Finanzierungsvorbehalt"

Lefat

Ja CN ich bin da gedanklich schon auch Dienstag beim Amtsgerich (wie polizeilich angeraten)
andere Frage :
Ich habe jetzt wegen drohender Obdachlosigkeit eine 60 qm Wohnung gemietet (echt klasse Wohnung )
45 qm Stehen mir halt nur zu , die Differenz beträg so um die 70 €
Müssen die mir vom Amt die ganze Miete zahlen ? wegen obdachlosigkeit .
Ich habe da echt glückgehabt , weil Ich so keine Wohnung bekomme , wegen 5000 € Mietschulden (junx Ich sage ja Ich schreibe mal mein Leben hier hernieder , weil Ich habe ca 5 Riesen Mietschulden , habe aber nie Mietschulden gemacht !!)
was ist mit den 300€ Kaution die Ich gezahlt habe !
Die möcht Ich zumindestens als Darlehen wiederhaben!
habt ihr tips ?

Und nochmal !!
Ich danke euch allen , ihr zieht mich aus einem tiefen Loch !!!
Es ist immer wieder erstaunlich, dass ein Jahr der Arbeitslosigkeit einen ehemaligen Leistungsträger zu einem bildungsfernen Asozialen verkommen läßt..so zumindest die landläufige Meinung.

Ziggy

Mit am Schwierigsten war am Anfang meines trockenen Lebens für mich, mit Gefühlen umgehen zu lernen. Man muß sich vorstellen, daß ich meine ersten Räusche noch vor der Pubertät hatte. Schnell hatte ich den Bogen raus, wie ich Alkohol "nutzen" konnte, um mich selbst, aber auch andere, zu manipulieren.

Rückblende. Ich kam als schwer erziehbares Kind im Alter von 9 Jahren in ein katholisches Erziehungsheim in Marktl am Inn (ja, der Geburtsort des aktuellen Papstes). Das ist ein Nest in der Nähe des marienverehrenden Wallfahrtsortes Altötting, die wahrscheinlich katholischste Gegend Deutschlands, da wo es am Schwärzesten ist. Ich verbrachte dort 3 Jahre unter Nonnen. Nein, ich wurde NICHT sexuell mißbraucht, aber tägliche Prügel, meist mit dem Rohrstock, waren an der Tagesordnung. Sexualität war Teufelswerk, das Herumspielen an sich selber eine Todsünde.

So kam ich im Alter von 12 Jahren zurück in die "normale" Welt, an eine Schule mit Jungs und Mädchen. Ich fühlte mich unwohl in weiblicher Gegenwart, andererseits zog es mich hin. Wenn mir ein Mädchen über den Weg lief, wurde ich rot und brachte keinen Ton heraus. Es gab da eine, die himmelte ich an, aber ich wagte es nie, sie anzusprechen. Was hätte ich denn sagen sollen? Etwa "Ich war 3 Jahre im Heim, meine Mutter ist Putzfrau ..."? Es war zum Verrücktwerden. Eines Tages war da irgendwie Party, die ganze Klasse ging da hin, also machte ich mich fein und ging auch. Da war ein Stand mit Getränken. Bier mochte ich nicht, der bittere Geschmack stieß mich ab, aber Süßes trank ich gerne, ich hatte als Kind schon dann und wann Eierlikör getrunken, das schmeckte gut und fühlte sich gut an im Bauch. Jedenfalls, an diesem Abend, entschied ich mich für Cola mit einem Schuß Whisky, das hatte ich vorher noch nie getrunken, es schmeckte süß und harmlos, und als ich 2 davon getrunken hatte, merkte ich, wie sich etwas veränderte. Sicher trug auch die ganze Atmo dazu bei, die schummrige Beleuchtung, die geile Musik, jedenfalls war plötzlich meine Angst weg ... ich marschierte schnurstracks zu der süßen Maus und fragte sie, ob sie tanzen wolle, und oh Wunder, sie tanzte mit mir (na ja, "tanzen" würde ich das heute nicht mehr nennen, wie's halt so war in den 70s, machten alle irgendwelche Verrenkungen auf der Tanzfläche, ein Wunder, daß niemand sich schwer verletzte).

Wir "gingen" dann 6 Wochen miteinander. Ich war dermaßen verknallt, wir knutschten bei jeder Gelegenheit ... irgendwann wollte sie dann aber mehr, ich checkte das nicht, sie fing an, an mir rumzumachen und legte meine Hand auf ihren Busen und führte sie zwischen ihre Beine, da kriegte ich die Panik und versaute alles ... 3 Jahre katholisches Heim zwischen Hölle und Teufel wirken lange nach, das kann ich euch sagen ... jedenfalls war's dann aus mit uns, sie suchte sich einen richtigen Kerl.

Meinen Kummer ertänkte ich dann ordentlich. Inzwischen hatte ich gelernt, daß ich mit Alkohol meinen Gemütszustand beeinflussen konnte, die langweiligste Party kam mit ein paar Gläsern in Schwung, ich verlor meine Hemmungen, konnte plötzlich reden, hatte coole Sprüche drauf, war witzig, war im Mittelpunkt, konnte Mädels aufreißen ... es dauerte nicht lange, da ging nichts mehr ohne Alk bei mir.

Jetzt ein Sprung in die Zeit, als ich trocken wurde: Ich hatte nie gelernt, mit echten Gefühlen umzugehen. Angst, Liebe, Freundschaft, Hingabe, Trauer ... das war alles alkoholisch durchsetzt. War ich traurig, trank ich, war ich verliebt, trank ich, hatte ich Probleme am Arbeitsplatz, trank ich ... nie hatte ich gelernt, Gefühle auszuhalten, mich zu stellen. Umso schlimmer beutelte es mich jetzt. Ich musste auch lernen, Gefühle zu deuten. Angst zum Beispiel: War das echte Angst oder wütete der Alkohol in meinem Kopf? Auch "normale" Menschen kennen ja irreale Ängste, man macht sich wegen irgendwas verrückt, dabei ist alles ganz harmlos. Deshalb ist für mich immer die wichtigste Frage bei einer Panikattacke: "Wie real ist das? Was passiert hier eigentlich wirklich?" Ich gebe zu, das ist verdammt schwer und es braucht viel Übung und Training, in so einem Moment die Ruhe zu bewahren. Aber bedenkt folgendes: Den "Kopf zu verlieren" ist für einen Nichtalkoholiker vielleicht schlimm, vielleicht sogar sehr schlimm, für einen Suchtkranken aber ist das eine Frage auf Leben und Tod! Ein Suchtkranker, der überleben will, MUSS lernen, in egal wie heiklen Situationen möglichst kühlen Kopf zu bewahren. Er muss "Gelassenheit" lernen. Was manche Uneingeweihte oft mit Gleichgültigkeit verwechseln, ist ein lebenserhaltender Mechanismus, die Fähigkeit, eine heikle Situation zu analysieren, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen und dann das Notwendige und Richtige zu tun.

Und damit komme ich zu dir, @Tafel, dies ganze Geschwafel diente nämlich nur einem einzigen Zweck, nämlich der an dich gerichteten Frage: "Wie real ist deine Angst? Was kann dir schlimmstenfalls passieren?"

Meine Antwort:

Option 1 - Du trinkst heute nicht
Vielleicht wirst du morgen verhaftet. Vielleicht auch nicht. Ich weiß nicht genau, worum es geht, aber ich denke, es gibt einen  Ausweg, wenn du dir klaren Kopf bewahrst und kühles Denken.

Option 2 - Du trinkst wieder
Du bist morgen vielleicht schon tot. Vielleicht auch nicht. Dann wirst du mit einem dumpfen Gefühl im Schädel aufwachen, in den Spiegel gucken, kotzen, dich selbst hassen und gleich wieder trinken wollen, um die schlechten Gefühle zu bekämpfen. Irgendwann kommt dann die Polizei und holt dich ab. Vielleicht bist du sogar froh darüber. Man wirft dich in eine Zelle, wo du deinen Rausch ausschlafen kannst - muß ich weitererzählen ...?

Die Wahrheit ist: Du hast überhaupt nur eine Chance, halbwegs klarzukommen, wenn du dich heute nacht für Option 1 entscheidest ... egal wie schlimm es kommt, es kann nicht so schlimm kommen wie mit Option 2 ...
Um seine Liebe zu beweisen, erklomm er die höchsten Berge, durchschwamm die tiefsten Meere und zog durch die weitesten Wüsten. Doch sie verließ ihn – weil er nie zu Hause war.

Carpe Noctem

Zitat von: Tafel am 22:45:13 Fr. 02.April 2010
Ich habe jetzt wegen drohender Obdachlosigkeit eine 60 qm Wohnung gemietet (echt klasse Wohnung )
45 qm Stehen mir halt nur zu , die Differenz beträg so um die 70 €
Müssen die mir vom Amt die ganze Miete zahlen ? wegen obdachlosigkeit .

Je nach dem, wie wichtig in eurer Stadt die Beseitigung von Obdachlosigkeit genommen wird, könntest du Glück haben. Gewöhnlich lässt man sich eine Wohnung ja erst von der ARGE genehmigen. Hast du nicht gemacht, du hast einfach mal angemietet. Auch gut, das bügeln wir schon irgendwie. Ich suche dir die Tage mal das Urteil raus, nach dem man bis zu 10% überm Satz wohnen darf. Irgendwas gabs da, hab nur vergessen wo das steht. Ich antworte jetzt mehr aus menschlichen Gründen so flott und kenntnisfrei, damit du siehst dein Geschreibsel geht nicht ins Leere ;)

ZitatIch habe da echt glückgehabt , weil Ich so keine Wohnung bekomme , wegen 5000 € Mietschulden (junx Ich sage ja Ich schreibe mal mein Leben hier hernieder , weil Ich habe ca 5 Riesen Mietschulden , habe aber nie Mietschulden gemacht !!)

Finger heben, Entschuldungshilfe, Inso... Lass mal laufen, die Baustelle ist später dran. Aktuell drückts doch nicht, oder? Da kannst du in Ruhe was planifizieren.

Zitatwas ist mit den 300€ Kaution die Ich gezahlt habe !
Die möcht Ich zumindestens als Darlehen wiederhaben!

Ich fürchte, ohne Genehmigung zur Anmietung der Wohnung ist Kohle weg. Wenn sich die Bude lohnt - so what the fuck? Versoffen wärs auch weg.

ZitatUnd nochmal !!
Ich danke euch allen , ihr zieht mich aus einem tiefen Loch !!!

Na klasse, immer hoch die Hinterbuchstaben! Wir mussten uns glaub ich alle schon an den eigenen Haaren aus der Grütze ziehen. Wenn jemand da ist der mitzerrt ist es wenigstens nicht so frostig ums Herz :D

Grüsse - CN
Art. 1 GG: "Die Menschenwürde steht unter Finanzierungsvorbehalt"

Ziggy

Zitat... so flott und kenntnisfrei ...

Schöner Ausdruck, den kannte ich noch nicht. Kann ich bestimmt mal gut gebrauchen, vielleicht schon am Dienstag bei meinem Termin in der Agentur ...  ;D
Um seine Liebe zu beweisen, erklomm er die höchsten Berge, durchschwamm die tiefsten Meere und zog durch die weitesten Wüsten. Doch sie verließ ihn – weil er nie zu Hause war.

Lefat

ZitatJetzt ein Sprung in die Zeit, als ich trocken wurde: Ich hatte nie gelernt, mit echten Gefühlen umzugehen. Angst, Liebe, Freundschaft, Hingabe, Trauer ... das war alles alkoholisch durchsetzt.

Das alles kenne Ich sehr gut !
Ich dachte immer Ich wüsste was Liebe ist ! und durfte dann im Alter von 35 Jahren erstmals dieses gefühl erleben ! Liebe echte bedingungslose Liebe !!
alles im klaren Kopf ! und dann mach mit dieser Frau mal Schluss , aus reinem Selbstschutz , weil du weisst das du stirbst , wenn du es nicht tust !
macht das mal ! Lieben tue Ich diese Frau über alles , aber Ich habe Sie verlassen um Mich nicht selbst zu zerstören !
Ich musste gehen und als Akt der Vergeltung kann dann das betrachtet werden was jetzt geschieht
Rache pure Rache wird mir entgegen geschmissen !!
Ich bin schon lang nicht mehr da und es wird gesagt man hätte Angst vor Mir !
das tut weh , das kann man sich als nicht Betroffener nicht vorstellen !
Ich und Böse passt schlicht und ergreifend nicht zusammen das ist so und wird auch von jeden so bestätigt der mich besser kennt !!
Es ist immer wieder erstaunlich, dass ein Jahr der Arbeitslosigkeit einen ehemaligen Leistungsträger zu einem bildungsfernen Asozialen verkommen läßt..so zumindest die landläufige Meinung.

Ziggy

Bei den AA-Meetings gibt es am Ende immer den "Gelassenheitsspruch", der geht so:

"Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden!"

Bezogen auf dein Problem, auf das, was du an Information preisgegeben hast, stelle ich fest, du hast eigentlich alles richtig gemacht:

1. Du hast erkannt, daß du etwas ändern kannst und musst. Du hast das, was du ändern konntest und musstest, geändert. Es ging um dein Leben. Es gab keine Alternative.

2. Gegen die Rachegelüste deiner ehemaligen Freundin bist du machtlos. Das kannst du nicht ändern, du musst es hinnehmen und damit leben. Und hoffen, daß sie es irgendwann versteht. Außerdem, wer weiß ... niemand kann in die Zukunft sehen, wie sich Dinge entwickeln. Es gibt ein Sprichwort, das heißt "Die Hölle kennt keinen größeren Zorn als den Haß einer verschmähten Frau!" Ich weiß, daß das stimmt.

Was bleibt also? Eine Gefühlshölle tief im Inneren ...

Ich würde dir jetzt gerne etwas Nettes sagen, etwas, das dir hilft. Aber das wäre alles Lüge. Die brutale Wahrheit ist: Du musst es aushalten. Widerstand ist zwecklos. Du musst es zulassen, aushalten und durchstehen. Ich weiß, daß das absolut schlimm ist. Ich weiß auch, daß du mir wahrscheinlich nicht glauben wirst, aber die meisten trockenen Alkoholiker mussten so etwas durchstehen, nicht die gleiche Situation, aber etwas Vergleichbares. Vielleicht ist es eine Art Prüfung, ein Test deiner Ernsthaftigkeit ... ich weiß es nicht. Alles was ich weiß - und das weiß ich sicher! - ist, daß daraus letztlich etwas Gutes entstehen wird, auch wenn es jetzt überhaupt nicht danach aussieht. Es wird dich stark machen, es wird dich härten, es wird dir in deinem künftigen Leben von Nutzen sein. Eines Tages wirst du zurückblicken und erkennen, daß es einen tiefen Sinn hatte.

Vielleicht hilft dir folgendes Gedankenspiel:

Die Frau hasst dich, weil sie sich von dir zurückgewiesen fühlt. Sie hasst dich so sehr, daß sie sich an dir rächen will. Aber - davon bin ich überzeugt! - sie hat auch Respekt vor dir. Insgeheim bewundert sie dich, weil du dein Ding durchgezogen hast, ehrlich und konsequent. Sie sieht in dir eine starke Persönlichkeit. Salopp ausgedrückt: Die steht immer noch auf dich! Will sagen: Sie hasst dich, weil du ihr nicht egal bist!

Wenn du jetzt wieder trinken würdest, würde etwas Furchtbares passieren: Sie würde sich vielleicht nicht mehr rächen wollen, vielleicht hätte sie sogar Mitleid mit dir, ABER du würdest ihre Achtung, ihren Respekt verlieren, sie würde dich als Loser sehen, als Umfaller, als inkonsequenten Maulhelden. Auf Dauer wäre das noch schlimmer als der jetzige Zustand.

Vielleicht liege ich ja falsch, aber so sehe ich die Dinge aus der Entfernung.

Zum Schluß noch eine wahre Geschichte: Meine jetzige Partnerin und ich sind jetzt 20 Jahre zusammen. Wir waren schon einmal zusammen, für kurze Zeit, aber da war ich noch nass, und es endete in ziemlich heftigen Szenen. Sie hat mich voller Zorn verlassen, mich niedergemacht, mich gehasst. Danach sahen wir uns 8 Jahre (!) lang nicht mehr und hörten auch nichts voneinander. Zwischenzeitlich war ich trocken geworden, und wir trafen uns zufällig wieder. Und plötzlich passte alles wunderbar zusammen. Wenn mir das irgend jemand prophezeit hätte, ich hätte das nie, nie, niemals für möglich gehalten. Du siehst also, Unmögliches wird möglich. Wenn man trocken ist.

Ich wünsche dir Gute 24 Stunden! Das ist alles, was zählt.
Um seine Liebe zu beweisen, erklomm er die höchsten Berge, durchschwamm die tiefsten Meere und zog durch die weitesten Wüsten. Doch sie verließ ihn – weil er nie zu Hause war.

Hedgegina

Zitat: carpe noctem

ZitatStill und heimlich reflektierte ich dann aber auch mein eigenes Trinkverhalten vor diesem quasi vorgehaltenen Spiegel. Das war mien Glück, so beschämend sich das auch ausnahm. Ich schämte mich, bekam Angst, das heulende Elend (@Ziggy: Das geht wohl mehreren Leuten so, auch ohne manifeste Abhängigkeit) und wusste schlagartig, dass ich ausprobieren muss ob es noch ohne Alkohol geht.

Die Phase kenne ich gut. Vermutlich befinde ich mich da gerade mitten drin - ich probiere gerade aus, ob ich "normal" trinken kann - oder den Alkohol komplett von meiner Getränkekarte schmeiße. Es wird sich zeigen. Im Moment ist ein Aufwärtstrend abzusehen, und solange dieser anhält, ist für mich alles paletti. gehts wieder abwärts - sind die nächsten maßnahmen face-to-face meetings bei aa und der komplette alk kommt weg. so einfach ist das/oder so schwierig wohl eher. cn - die hörst dich nach ner ziemlich starken persönlichkeit an - dass du das alles so geschafft hast!

ZitatPlötzlich musste aber alles, was vorher ein "Anlass" zum Saufen war, nüchtern bestanden werden. Ungeduld, Frust, Traurigkeit, alles was man vorher "plattsaufen" konnte (bzw. vor sich her schieben, um ehrlich zu sein!) musste jetzt ertragen werden, pur ohne Eis.

Genau. Ganz genau. Abends nach Hause kommen und minutenlang herumheulen. Diese Situation AUSHALTEN. Ich laufe in der Wohnung herum und sage laut "Nein". Kein Bier aufreißen. Nicht rüber zum Imbiss und Alkohol kaufen. Es ist schwer aber im Moment klappts.

Wahrscheinlich muss jeder seine eigenen Lösungsstrategien da entwickeln. Ich selbst bin seit 11 Jahren Hobbymäßig im Tanzbereich unterwegs, seit 5 Jahren mit Gelegenheitsauftritten. Bei aufsteigendem Lampenfieber, kurz bevor es raus geht auf die Bühne, sind Eigenschaften wie Gelassenheit, Ruhe bewahren, Cool bleiben, gaaanz groß gefragt. Dann heißt es Augen zu und durch.....und raus - Vorhang auf! Das ist auch so eine Situation, der ich nicht entrinnen kann, der ich mich stellen muss, und wenn ich gut sein will, darf ich nicht tanzen, als wäre jemand mit ner Pistole hinter mir her, sondern ich muss Ruhe bewahren, jeden einzelnen Moment aushalten, Gelassenheit und Selbstsicherheit verströmen. Das - vereint mit der Grundkörperhaltung, vermittelt durch den Tanz - nicht zusammensacken, sich klein machen - näh - Schultern zurück, Kinn hoch - sich groß machen!, versuche ich auch in mein nichttänzerisches Leben mitzunehmen, und es funktioniert. Den Wert der eigenen Person erkennen. Dann brauche ich den Alkohol nicht, um Probleme zu lösen,...dann kann ich das auch ganz allein!

Autor : Ziggy
ZitatRückblende. Ich kam als schwer erziehbares Kind im Alter von 9 Jahren in ein katholisches Erziehungsheim in Marktl am Inn (ja, der Geburtsort des aktuellen Papstes). Das ist ein Nest in der Nähe des marienverehrenden Wallfahrtsortes Altötting, die wahrscheinlich katholischste Gegend Deutschlands,

Ich durfte Markl am Inn und Altötting kennenlernen, da eine Freundin von mir ins "schöne" Mühldorf gezogen ist. Wir haben uns dann mal - ich bin mir nicht mehr sicher - ob´s Markl am Inn oder Altötting war - diese Leute anguckt, die sich son Holzkreuz über die Schulter hängen und für begangene Sünden Buße tun - indem sie immer inner Runde laufen - gibt große und kleine Kreuze für die Kinder. Mich hat´s gegruselt - und ich wusste kurzfristig nicht mehr, wo zum Teufel ich da war....für sone olle Kielerin ist das ziemlich unfassbar. Und es ist scheiße zu hören, dass Kinder, die in einem Alter, wo sie am leichtesten lernen können, geprägt werden in ihrer Geisteshaltung, durch katholische Betschwestern lernen, dass erstmal das wichtigste Ziel im Leben ist, dem Rohrstock zu entgehen. Na, schönen Dank auch...

Hey Tafel,

ich wünsch dir alles Gute. Glaube es mir: zum Thema Beziehungsstress kann ich ohne Probleme eine Trilogie schreiben. Du schaffst das alles - bestimmt - Ziggy und Carpe haben ja schon super-Tipps gegeben. Bei mir ist das auch so gewesen (nach ner hässlichen Trennung im Dezember): Aushalten. Ruhe bewahren. Durchhalten. Nicht schlapp machen. Das vielbesungene Licht am Ende des Tunnels kommt...ganz sicher! Ich habe viel geheult. Und auch viel zu viel getrunken (aber das auch schon vorher). Aber jetzt hab ich ganz viele neue Leute kennengelernt, seitdem ich meine eigenen 4 Wände (gottseidank!) wieder habe - und die kommen mir so schnell nicht wieder abhanden - weder die neuen Freunde noch die 4 Wände.
Immer schön ein Problem nach dem anderen lösen, geh nach außen, sprich mit Leuten, sei kommunikativ - wenn du kannst. Setz dich irgendwo hin, und lass dir die Frühlingssonne aufn Bauch scheinen. Abstand, versuch Abstand innerlich zu finden von deiner Nicht-mehr-Freundin. Der Stress ist immer noch da - aber hauptsache du bleibst HEIL und GANZ. Das ist erstmal wichtig. Ohne Alkohol.

So jetzt noch was Allgemeines zum Thema Alkohol:
Ich hab gestern mit ner Menge Leuten einen Tanzschuppen geentert, wo ich eigentlich seit Jahren so einmal im Monat hingeh. Diesmal war´s anders: Ich war nicht wie sonst immer sturzbesoffen, konnte optische Eindrücke auf mich wirken lassen, den Leuten beim Spaß haben zuschauen, beim Tanzen - und mich selbst - nichttorkelnd - unters Tanzvolk mischen. Ich war mal nicht randvoll mit Alkohol - und konnte jede Menge Gefühle erleben: Einfach rumstehen und die ganzen interessanten, unterschiedlichen Leute betrachten, mich freuen! Da isse wieder - diese Kraft. Und ich konnte mich morgens um 4 noch an die taxifahrt erinnern, watn wunder.

Es wirkt und wirkt . Ich bin nicht übern Berg, aber aufm Weg...und das wünsche ich auch dir , lieber Tafel, und allen anderen, die das auch noch vor sich haben!!! Ansonsten wiederkommen und sich hier auskotzen. ich werd zuhören, soviel ist mal klar.

ich möchte mich ziggy anschließen: gute 24h euch allen.

hedgegina

Isnogud

bin zwar seit acht Jahren trocken, hab aber immer noch Angst allein zu sein, denn ich weiß, das der Schalter im Gehirn noch nicht umgelegt ist. Ich war mal allein ne Woche im Urlaub und habs durchgehalten und es war richtig klasse, das ich nicht einmal gedacht hab, boah ey, jetzt ein irgendwas Hauptsache Alk. Tolles Gefühl. Aber die Angst ist noch da. Ich arbeite dran.
Hab nicht die klassische Karriere hinter mir aber es gab Zeiten, da war ich teilweise ne Woche am Stück breit. Vier Tage ausnüchtern, dann mitm Auto zu Plaza(Kohle war immer da)den Einkaufswagen vollgepackt mit allem was dröhnt, Hartgas und beim Bier nur Bock oder Ele und dann wieder tagelang nicht aus der Bude gekommen. Zum Glück für mich gab es Menchen, die sich für mich intressierten, die mich immer wieder genervt hab, jetzt komm endlich mitm Arsch ausm Knick.
Hab dann auch noch ne Paranoia entwickelt, massive Angstzustände, Verfolgungswahn. Hab dann in ner Zeitung von einer Phobie gelesen, wo die Symtome 100% auf meinen Zustand passten(hab den Namen vergessen).
Ist Vergangenheit. Mir gehts gut, hab ne Partnerin.
Was jetzt immer mehr mein Prob ist, ich bin langsam im Kopf. Nicht lachen, es ist so. Wenn ich ein Gespräch mit meinem Chef hab, dann weiß ich am nächsten Tag, was ich für Argumente bringen sollte. Wenn ich was lernen soll(CNC zB.brauch ich immer doppelt so lange wie die Kollegen, bis ich den Stoff gefressen hab, wir haben einige Maschinen und ich lern jeden Tag einen Schalter dazu)
Jetzt fällt mir ertmal nix mehr ein. Der Kurze fordert meine Aufmerksamkeit. 50%GdB. Der braucht mich. Biba und danke fürs zuhören.
@Ziggy, ich find das ungeheuer mutig von Dir, so in Vorleistung zu gehen. Respekt!
Isnogud
wer bei Regen Sonnenmilch kauft, weiß, das der Stuhl ein Baum war.

Carpe Noctem

Zitat von: Isnogud am 21:50:39 Sa. 03.April 2010
Hab dann auch noch ne Paranoia entwickelt, massive Angstzustände, Verfolgungswahn. Hab dann in ner Zeitung von einer Phobie gelesen, wo die Symtome 100% auf meinen Zustand passten(hab den Namen vergessen).

Du hattest auch eine Doppeldiagnose? Wie ist die Fachwelt mit dir umgegangen? Oder warst du nur zur Selbshilfe. Wenn ja, wie reageiren die wenn man ausser der Sucht noch ein psychisches Problem hat? Mich interessiert das nicht weil ich in deiner Vergangenhait rumwühlen will, sondern weil ich damit aktuell selber zu tun habe. Zu meinen "besten Zeiten" kam ich auf 4 F-Nummern, die Rechenschwäche F81.2 mitgerechnet. Seit Jahren gibt es bei mir nichts mehr festzustellen, aber mein Partner hat eine Doppeldiagnose F20.0 und F12.1. Das Hilfesystem reagiert i.d.R. auf mindestens eine davon immer etwas überzogen oder unvorbereitet.

Zitat@Ziggy, ich find das ungeheuer mutig von Dir, so in Vorleistung zu gehen. Respekt!

Ja, der Mann hat hier wirklich was für uns geleistet! Ich glaube, wenigstens 2 von den Leuten die hier mitschreiben, hat das wirklich geholfen. Chefduzen ist zwar kein Selbshilfeforum sondern eine politische Plattform, aber Selbstermächtigung gehört in jedem Fall dazu, deswegen passt das hier gut rein. Halbwegs gesund und aufrecht wehrt man sich leichter gegen ARGE & Co. KG!

@Hedgi:
Beim Lesen deines Beitrags ging mir vieles durch den Kopf. Ich hatte das Gefühl, du beschreibst eine Suchtgefährdung, nicht eine massive Abhängigkeit. Und das Tanzen scheint dein Ding zu sein. Warum nicht einfach mehr tanzen? Tanzen als ob es niemand sieht. Tanzen als ob heute der letzte Tag wäre - *yeah* (Ich muss dringendstens wieder tanzen... tanzen als ob...) ^^

Grüsse - CN
Art. 1 GG: "Die Menschenwürde steht unter Finanzierungsvorbehalt"

Isnogud

@Carpe Noctem, ich hatte nie was mit Ärzten zu tun. Meine kleine Nichte hat mir gezeigt wie man chattet. Dort hab ich dann viele liebe Leute kennengelernt. Dort hatte ich eine Familie, wenn auch virtuell, wo man mich ernst nahm. Hab dann auch irl einige Leute kennengelernt, mit meiner allerbesten besten Chatfreundin schreib/tele/chatte/icq ich heut noch.
Hab dann ein Mädel kennengelernt im chat, das zu mir gezogen ist und dann nach neun Monaten wieder ausgezogen ist, weil ich den Alk nicht aus dem Hals gekriegt hab.
Hab dann wieder ein Mädel kennengelernt(auch im chat), die hat allerdings nicht locker gelassen. Und ich war mittlerweile auch etwas schlauer geworden. Hab rigoros den Alk weggelassen, und bin weg vom Stoff, aber eben nur körperlich. Ich hoffe, ich schaff auch irgendwann den Rest.
Ob das ne Paranioa war, wie immer der genaue Fachausdruck ist? Jedenfalls war ich im meinem "Endstadium" der Meinung, bei mir laufen Aliens durch die Wohnung, hab deswegen im Flur das Licht brennen lassen, damit ich sie durch die Glastüre sehen konnte, was aber nie der Fall war, hab im Spiegel nicht mich sondern andere Pesonen gesehen, das war extrem beängstigend. Erst bei zweiten hinschauen war ich das. Es waren noch ein paar andere Sachen dabei. Reichte mir jedenfalls.
Nach den Artikel in der Zeitung war das ne Schutzmassnahme des Körpers, bzw. er hat sich so gewehrt gegen den Alk. Wenn es denn stimmt was dort so geschrieben stand. Leider hab ich den Artikel nicht mehr. Ich hatte ihn ne ganze Zeit noch aufbewahrt, aber dann, als es mir richtig besser ging, zusammen mit anderen Sachen meiner Vergangenheit beerdigt. Symbolischer Schlussstrich sozusagen. Isnogud
wer bei Regen Sonnenmilch kauft, weiß, das der Stuhl ein Baum war.

Hedgegina

ZitatBeim Lesen deines Beitrags ging mir vieles durch den Kopf. Ich hatte das Gefühl, du beschreibst eine Suchtgefährdung, nicht eine massive Abhängigkeit.
Yup. Das gilt es - für mich herauszufinden. Was bei mir anliegt - ob die schwere Kavallerie anrücken muss, oder ob man es bei einem leichten Scharmützel bewenden lassen kann, um wieder fitt fürs Leben zu werden..

ZitatChefduzen ist zwar kein Selbshilfeforum sondern eine politische Plattform, aber Selbstermächtigung gehört in jedem Fall dazu, deswegen passt das hier gut rein. Halbwegs gesund und aufrecht wehrt man sich leichter gegen ARGE & Co. KG!

Seh ich genauso. Und bei mir ist/war ein auslösender Faktor für Teufel Alkohol zumindest der Stress im Job. Wenn man mit dem Alk aufräumt, kann man auch gleich am Arbeitsplatz weitermachen. Sich nicht verstecken und deprimiert sein, sondern lose Fäden suchen und zusammenbinden, sich behaupten, zurückbrüllen, gelegentlich explodieren und dann wieder nett sein :) ...und tanzen, carpe noctem. glaub es mir, die schmerzen in meinem oberschenkel kommen nicht von ungefähr. das wird schon.

so - bevor mir die augen jetzt noch zufallen und sich "QWERTZ" auf meine Stirn tätowiert...

Gute Nacht!


Carpe Noctem

Hi Isnogud!

Danke für deine ausführliche Antwort!

Zitat von: Isnogud am 23:06:14 Sa. 03.April 2010
Ob das ne Paranioa war, wie immer der genaue Fachausdruck ist? Jedenfalls war ich im meinem "Endstadium" der Meinung, bei mir laufen Aliens durch die Wohnung, hab deswegen im Flur das Licht brennen lassen, damit ich sie durch die Glastüre sehen konnte, was aber nie der Fall war, hab im Spiegel nicht mich sondern andere Pesonen gesehen, das war extrem beängstigend. Erst bei zweiten hinschauen war ich das. Es waren noch ein paar andere Sachen dabei. Reichte mir jedenfalls.
Nach den Artikel in der Zeitung war das ne Schutzmassnahme des Körpers, bzw. er hat sich so gewehrt gegen den Alk. Wenn es denn stimmt was dort so geschrieben stand.

Letztlich dürfe es vollkommen egal sein was das war. Du hast es so interpretiert, dass es dir geholfen hat mit dem Trinken aufzuhören. Das zählt!

Grüsse - CN
Art. 1 GG: "Die Menschenwürde steht unter Finanzierungsvorbehalt"

Ziggy

ZitatHab dann wieder ein Mädel kennengelernt(auch im chat), die hat allerdings nicht locker gelassen. Und ich war mittlerweile auch etwas schlauer geworden. Hab rigoros den Alk weggelassen, und bin weg vom Stoff, aber eben nur körperlich. Ich hoffe, ich schaff auch irgendwann den Rest.

Etwas Ähnliches widerfuhr mir auch, und tatsächlich konnte ich damals sogar einige Wochen (was für mich eine unglaubliche Leistung war) die Finger von der Flasche lassen. Irgendwann flogen die "Schmetterlinge" dann woanders hin und ich trank wieder.

Wie du selbst sagst, bist du körperlich trocken. Das ist gut! Denn  es ist die Voraussetzung für alles andere! Du hast den ersten Schritt getan!

Auf dem Weg zur geistigen Genesung wirst du irgendwann unweigerlich vor der Frage stehen: "Wozu das alles?" Und dann wird's schwierig ...

Ich kenne viele Leute, die trocken geworden sind. Ob das alles Alkoholiker sind, weiß ich nicht, das muß jeder für sich selbst entscheiden, jedenfalls hatten wohl all jene ein Problem, sonst hätten sie nicht aufgehört. Die meisten von ihnen haben aber wieder angefangen zu trinken, und natürlich interessiert die Frage nach dem "Warum". Ich denke nicht, daß die alle "schwächer" waren als ich, daß sie weniger motiviert waren, daß es ihnen nicht wirklich ernst war, nein, im Gegenteil, einigen war es verdammt ernst. Und trotzdem ...

Ich habe mir bei einigen die Umstände angesehen, die dazu führten, daß sie trocken wurden, und die Umstände, die dazu führten, daß sie wieder anfingen zu trinken. Und es gab erstaunliche Parallelen.

Alle hatten gemeinsam, daß etwas in ihrem Leben "passierte" und sie davon abbrachte, zu trinken: Eine neue Liebe, ein neuer Job, die Wiedererlangung des verlustig gegangenen Führerscheins, ein Umzug ...

Alle hatten gemeinsam, daß etwas in ihrem Leben "passierte" und sie wieder dazu brachte, zu trinken: Neue Liebe wieder kaputt, Job weg, Lappen weg, Frust, Pech ...

Was lerne ich, was schließe ich daraus? - Alles, was mich unter bestimmten Umständen trocken werden lässt, lässt mich unter bestimmten Umständen auch wieder trinken.

Ich habe lange, wirklich lange gebraucht, um auf bittere Weise zu lernen: Solange du deine Trockenheit auf Variable aufbaust, bist du auch abhängig (!) von diesen Variablen. Du brauchst eine Konstante! Etwas, das immer da ist, etwas Tragfähiges, etwas Unverrückbares! Was könnte das wohl sein? - Antwort: Das bist du selbst! Alles in deinem Leben, alles um dich herum ändert sich, es kommt, es geht, aber du - du bist immer bei dir! Also ...?

Wenn du Alkoholiker bist - ich sage: WENN! Und das entscheidest nur du alleine! - stehst du irgendwann einmal am Scheideweg. Da steht ein Wegweiser, der zeigt in die beiden Richtungen, und darauf steht "Weitertrinken (Sterben)" und "Nüchternheit (Leben)". Wenn dir jetzt der Gedanke kommt "na, das ist aber simpel, was will mir der Idiot damit sagen?", dann denke noch einmal darüber nach! Es IST simpel, ja, natürlich, aber es ist gleichzeitig die bedeutendste und wichtigste Sache, mit der sich ein Alkoholiker auseinandersetzen muß. Es ist das Fundament, auf dem alles fußt, was er tut. Es ist die Antwort auf die Frage "Wozu das alles?".

Was ich letztlich damit sagen will: Wenn du wegen einer Frau aufhörst zu trinken, wirst du wegen derselben Frau früher oder später auch wieder anfangen, zu trinken. Wenn eine Frau dich trockenlegt, kann (und wird) sie dich auch wieder nass machen - wenn du Alkoholiker bist.

Ich bin mit meiner Holden 20 Jahre zusammen, ich liebe sie, ja, wirklich. Und ganz gewiß hat sie einen gehörigen Anteil daran, daß ich schwierige Situationen meistern konnte, gewiß hat sie mir den Rücken gestärkt, gewiß hat sie mir Halt gegeben. Aber daß ich heute noch trocken bin, hat andere Gründe. Und die liegen bei mir, und zwar zu einhundert Prozent. Was sich so "großspurig" liest, ist eine einfache Tatsache: Niemand - ich betone: niemand! - könnte mich 24 Stunden am Tag davon abhalten zu trinken, wenn ich es wollte. Außer ich selber. Ich selbst bin in dieser wichtigen Sache die einzig kompetente Instanz. Daraus folgt aber auch: Wenn es mich heute wieder "erwischen" sollte, liegt es alleine an mir. Und an sonst niemandem. Das ist ein sehr unangenehmer Gedanke ...
Um seine Liebe zu beweisen, erklomm er die höchsten Berge, durchschwamm die tiefsten Meere und zog durch die weitesten Wüsten. Doch sie verließ ihn – weil er nie zu Hause war.

Ziggy

@Hedgegina
Ich wünsche dir wirklich, daß deine "Experimente" gut gehen!

Darf ich dir einige Gedanken mit auf den Weg geben (bitte antworte nicht mir, sondern nur dir selbst, aber ehrlich!)?

1. Welchen Grund hast du für deine Selbstversuche? Oder anders gefragt: Hat ein "normaler" Mensch Grund, sich Gedanken über sein Trinkverhalten zu machen?

2. Wie stellst du dir selbst das Ende deiner Nachforschungen vor? Wie sähe der schlüssige "Beweis" für dich aus?

3. Macht das Spaß? Oder ist es nicht vielmehr eine Quälerei. Kostet es nicht unnötig Energie? Kraft, die du woanders dringend bräuchtest?

4. Wenn du herausgefunden hast, was mit dir los ist - was wirst du dann tun? Und wird das Ergebnis unverfälscht sein oder manipuliert? Anders gefragt: Wird der Wunsch, kein Alkoholiker zu sein, Einfluß auf das Ergebnis haben? Eine wirklich "unabhängige" (Vorsicht Falle!) Selbsteinschätzung zulassen?

Du hast dir da wirklich etwas Großes vorgenommen ...

Und um die Gemeinheiten vollständig zu machen:

1. Stimmst du mir zu, daß ein Alkoholiker im Anfangsstadium jede Menge Hinweise finden wird, die ihn daran zweifeln lassen, Alkoholiker zu sein?

2. Stimmst du mir weiter zu, daß ein Alkoholiker im Endstadium zwar sehr sicher sein kann, Alkoholiker zu sein, daß es aber für ihn in dieser Phase beinahe unmöglich ist, mit dem Trinken aufzuhören, und er diese Erkenntnis möglicherweise mit dem Leben bezahlt?

Nehmen wir doch mal als Vergleich eine andere Krankheit, die nicht so auf den Geist wirkt, aber sonst viele Parallelen aufweist: Diabetes. Was für den Alkoholiker der Alkohol, ist für den Diabetiker der Zucker.

Nehmen wir an, du gehst zum Arzt, und der sagt zu dir: "Sie sind diabetes-gefährdet, haben Risko-Faktoren. Sie sind übergewichtig, ihr Blutdruck ist zu hoch etc. Sie sollten Gewicht reduzieren, Stress abbauen, sich mehr bewegen." Was würdest du tun? Eben. Ich nämlich auch. Wir sind doch nicht blöd, oder?

Und jetzt übertrage dieses Beispiel mal auf einen alkoholgefährdeten Menschen ... was wird der tun?

Antwort A: Alkohol ist mir egal, er ist nicht lebenswichtig, also lasse ich ihn einfach weg.

Antwort B: Ein Leben ohne Alkohol ist längst nicht so lustig wie mit. Das würde mir schon fehlen. Ich werde wohl einen "gesunden" Mittelweg finden ...

Verstehst du, worauf ich hinauswill? Du wirst erst merken, daß du abhängig bist, wenn du es bist! Vorher wirst du immer zur Diagnose kommen "Ich bin es nicht!" Selbst wenn du schon ziemlich tief drinsteckst, wirst du immer noch denken, du hast kein Problem damit oder es sei nicht sooo schlimm. Das ist der Unterschied einer Suchtkrankheit zu allen anderen Krankheiten: Du rutschst da rein und merkst erst, was los ist, wenn die Falle bereits zugeschnappt ist.

Wenn Alkohol für dich kein Problem ist, hast du keinen Grund, dir Gedanken zu machen. Du machst dir aber Gedanken. Also ...? Wie gesagt, antworte nicht mir, sondern nur dir selber. Aber ehrlich.

Und falls du zur Diagnose kommst "Na ja, vielleicht bin ich ja ein bißchen abhängig ...?", frage dich, ob du das bei einer Schwangerschaft auch sagen würdest.
Um seine Liebe zu beweisen, erklomm er die höchsten Berge, durchschwamm die tiefsten Meere und zog durch die weitesten Wüsten. Doch sie verließ ihn – weil er nie zu Hause war.

Lefat

Danke an alle die hier schreiben !
Diese Artikel von euch zu lesen hat mir bis jetzt mehr gebracht , als die 4 Monate Therapie letztes Jahr !
bin gestern in meine neue Wohnung gezogen , konnte meine Sachen nicht selbst abholen , weil mir ein sehr netter Cop davon dringenst ab geraten hat .
mir wurden eine Menge meines Eigentums unterschlagen ,und da werd Ich dann wohl Dienstag erstmal zum Gericht (warum das immer so laufen muss??)
Donerstag habe Ich dann nen Termin bei der Arge ,wegen der Wohnung !
Dann hat meine Ex Mir gesagt Sie hätte den Hund ins Tierheim gebracht ! Scheisse ist !
ausgesetzt hat Sie ihn !!
wurde von der Polizei an meiner alten Wohnung eingefangen und über Zeitung sucht das Fundbüro nun den Besitzer !
Ich werde Dienstag dann mal nach dem Hund schauen und den Besitzer (meine Ex)  melden , vieleicht kriege Ich es bis dahin hin, das Ich ihn nehmen kann .

soweit erstmal meine Situation jetzt !
wird alles schon wieder !!!
Es ist immer wieder erstaunlich, dass ein Jahr der Arbeitslosigkeit einen ehemaligen Leistungsträger zu einem bildungsfernen Asozialen verkommen läßt..so zumindest die landläufige Meinung.

Carpe Noctem

Hallo Ziggy,

wie gehst du mit dem Thema "Suchtgefährdung" um?

Ich hätte diese Fragen beantworten können, als ich den Selbstversuch "kontrolliertes Trinken" gemacht habe:

Zitat von: Ziggy am 12:00:00 So. 04.April 2010
1. Welchen Grund hast du für deine Selbstversuche? Oder anders gefragt: Hat ein "normaler" Mensch Grund, sich Gedanken über sein Trinkverhalten zu machen?

Nein, nur problematisches Trinkverhalten führt zu solchen Selbstversuchen. Alkoholmissbrauch, Suchtgefährdung und Abhängigkeit heissen die Probleme, nicht "normales kultiviertes Gläschen Wein".

Zitat2. Wie stellst du dir selbst das Ende deiner Nachforschungen vor? Wie sähe der schlüssige "Beweis" für dich aus?

Der für mich schlüssige Beweis dass ich nicht voll abhängig bin (sondern suchtgefährdet hart an der Grenze zum manifesten Alkoholismus) ist, dass ich es noch ohne fachliche Hilfe schaffe, aus eigener Kraft mit dem Trinken aufzuhören. An dem Punkt landete ich damals. Die Angst vor einer Suchtkarriere war auf einmal stärker als das Bedürfnis zu saufen.

Zitat3. Macht das Spaß? Oder ist es nicht vielmehr eine Quälerei. Kostet es nicht unnötig Energie? Kraft, die du woanders dringend bräuchtest?

Kontrolliertes Trinken ist tatsächlich Energieverschwendung. Allein die Frage, wann, wieviel und ob überhaupt getrunken wird, lässt die Gedanken letztlich um Alkohol kreisen. Ich wollte nicht mehr an Alkohol denken müssen, daher fand ich aufzuhören macht frei. Das hat sich bestätigt. Frei bedeutet, ohne Alkohol und ehrlich zu mir selbst leben.

Zitat1. Stimmst du mir zu, daß ein Alkoholiker im Anfangsstadium jede Menge Hinweise finden wird, die ihn daran zweifeln lassen, Alkoholiker zu sein?

Das bringt mich auf die Eingangsfrage. Gibt es in deiner Ordnung auch einen suchtgefährdeten Trinker?

Grüsse - CN
Art. 1 GG: "Die Menschenwürde steht unter Finanzierungsvorbehalt"

Ziggy

Schwierig für mich zu beantworten. Ich denke wohl, daß es den suchtgefährdeten Trinker gibt. Aber die eigene Erfahrung dazu fehlt mir.

Die Forschung ist uneins in der Frage über die Entstehung von Alkoholismus. Manche sagen, man wird mit einem genetischen Defekt geboren, ist quasi "geborener" Alkoholiker. Andere vertreten die These, man entwickelt sich dahin. Wahrscheinlich stimmt beides. Ich zähle mich selbst zur ersten Gruppe.

Für mich war Alkohol niemals Genußmittel, sondern Wirkstoff, Hilfsmittel, Krücke. Ich trank gezielt, um Hemmungen abzubauen, in Stimmung zu kommen. Ich glaube nicht, daß ich jemals suchtgefährdet war, ich saß sofort in der Falle. Natürlich zeigte mir der Alkohol nicht sofort seine Krallen, seine dunklen Seiten, das kam erst mit der Zeit. Aber ich war sehr schnell hörig, sobald ich die Wirkung gespürt hatte.

Als mir dämmerte, ich könnte vielleicht Alkoholiker sein, war ich es längst. Tatsächlich habe ich allerlei angestellt, mir selbst und anderen das Gegenteil zu "beweisen", und - oh Wunder - es gelang auch ganz gut. Ich war wirklich gut darin, mir "Tests" auszudenken, die beweisen sollten, ich sei nicht abhängig. Ich glaube, das Schwierigste ist nicht, seiner Umwelt etwas vorzumachen, sondern sich selbst. Mir gelang das - wie gesagt - ganz gut. Ich war ein zäher Brocken, schwer zu fassen, aalglatt. Was bedeutet: lange Leidensgeschichte. Mein Einfallsreichtum, meine Tricksereien, meine Unfähigkeit, mein Schicksal zu akzeptieren, brachten mich mehr als einmal an den Rand des Wahnsinns und die Schwelle des Todes. In der Rückschau finde ich, das hätte ich alles "billiger" haben können.

Eine meiner größten, hm, Schwächen ist wohl, daß ich nicht einfach glaube, was man mir sagt. Bevor ich rückfällig wurde, besuchte ich regelmäßig Meetings. Wir kannten uns alle sehr gut. Einmal sagte einer der "alten Hasen" zu mir: "Ziggy, mein Freund, du bist auf einem gefährlichen Weg ...", und ich dachte "was für ein Arschloch. Na ja, viele Jahre Saufen machen die Birne weich und man sieht Gespenster..." Was war das Ende vom Lied? Er mit seinen vielen Jahren Erfahrung hatte gesehen, was mit mir los war (und nicht nur er), aber Ziggy war ja schlauer, stärker, ausgefuchster, nicht wahr? Und so lag ich bald wieder angezählt auf dem Boden ...

Alkoholismus ist tückisch. Du denkst, du hast alles unter Kontrolle, alles im Griff. Aber das denkst du nur.

Ein alter Fuchs hat mich gelehrt: "Wenn du Alkoholiker bist, und steigst mit dem Alkohol in den Ring, wirst du den Ring niemals als Sieger verlassen. Also bleibt nur eins: Steig nicht in den Ring! So bleibst du am Leben ..."

Man könnte meinen, ich sei, was das Thema Alkohol angeht, fixiert und verkrampft. Aber das stimmt nicht. Ich pflege heute ein völlig neutrales Verhältnis zu Alkohol, er ist weder Freund noch Feind. Wir leben friedlich nebeneinander her. Es macht mir auch nichts, wenn in meiner Gegenwart getrunken wird. Das ist nicht mein Bier. Die meisten Leute, die mich heute kennenlernen, haben keine Ahnung, daß ich Alkoholiker bin, und die, die es wissen, haben aufgehört, darüber nachzudenken. Ich führe ein völlig "normales", ja, beinahe langweiliges Leben. Aber mir gefällt's.

Aber, um die Kurve zu kriegen: Ich glaube nicht, daß Abhängigkeit da anfängt, wo man nicht mehr ohne kann. Für mich beginnt Abhängigkeit bereits da, wo ein Zweck dahintersteht. Wenn man Alkohol nicht mehr trinkt, weil er so gut schmeckt (tut er das?), sondern sich eine Wirkung erhofft, Entspannung, Lockersein, Enthemmung. Ab da ist Alkohol kein Genussmittel mehr, sondern Medikament, Freund und Helfer, wie die ganzen bunten Pillen, die der Onkel Doktor verschreibt, um dir durch den Tag und die Nacht zu helfen.
Um seine Liebe zu beweisen, erklomm er die höchsten Berge, durchschwamm die tiefsten Meere und zog durch die weitesten Wüsten. Doch sie verließ ihn – weil er nie zu Hause war.

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