Was bringt ein Praktikum?

Begonnen von mafoman, 18:05:51 Mo. 14.März 2005

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mafoman


Alicia

Hallo mafoman,

also ich muß sagen, ich finde ein Praktikum gar nicht so schlecht.....
Kommt natürlich auf die derzeitige Situation an, in der man sich befindet.
Natürlich gebe ich keinen "Festen Job" auf um ein Praktikum zu machen.
Bin ich aber Arbeitssuchend, kann ich mich doch besser Weiterbilden/ Erfahrungen sammeln, als zu Hause zu sitzen?
Ich denke es kommt auch auf das Unternehmen an?
Ein Praktikum in einem bekannten Unternehmen ist doch sicherlich von Vorteil?
Also ich suche mir gerade eine Praktikumsstelle, ich mache zur Zeit eine Fortbildung und möchte anschließend in diesem Bereich ein Praktikum machen um Erfahrungen zu sammeln.
Außerdem verspreche ich mir davon, bessere Chancen zu haben in diesem Job eine Stelle zu finden.
Ich finde Bewerbungen "aus einem Praktikum heraus" zu schreiben sind wertvoller als aus der Situation "Arbeitssuchend"!?
Auch wenn Du nicht sofort übernommen wirst, so hast Du doch die Chanch einen "Guten Eindruck" zu hinterlassen und wenn denn doch mal eine Stelle frei wird, bessere Bewerbungschanchen.
Auch Unternehmen kennen sich gegenseitig und reden auch miteinander. Ich denke Netzwerke sind heutzutage sehr wichtig, denn eine gute Stelle bekommst Du fast nur noch durch Beziehungen............................

Grüße von Alicia

Kuddel

ZitatOriginal von mafoman
So wurde kürzlich einem Bekannten von mir (Mitte 30, abgeschlossenes Designstudium und mehrjährige Berufserfahrung als Artdirektor bei div. Werbeagenturen) eine solche Praktikumsstelle angeboten. Natürlich ohne Honorierung. Eigentlich doch eine Frechheit, oder?
Welche Erfahrungswerte und Meinungen habt Ihr zu diesem Thema? Was spricht dafür - und was dagegen?

Natürlich ist das eine Frechheit!
Gerade in der Branche wird viel mit unbezahltem (und oft hochqualifiziertem) Personal gearbeitet und das mit irgendwelchen (leeren) Versprechungen hingehalten wird. Dieses ganze Praktikumswesen sollte man ablehnen und politisch diskutieren und bekämpfen.

Aber so als Einzelner macht man auch mal Kompromisse (und manchmal macht´s auch Sinn!). Fast alle Leute, die ich kenn und die in der Medienbranche längere Praktika gemacht haben wurden verarscht. Ich kenne nur eine Ausnahme, derjenige hat´s über ein Praktikum tatsächlich zu einem seltenen begehrten guten Job geschafft. Ich denke, nur wenn man ganz genau weiß was man will und wenn man sich eine reale Chance ausrechnet über genau diesen Weg (diese Firma und diese Leute) an sein Ziel zu gelangen, erst dann sollte man in diesen sauren Apfel beißen.

Unbezahlte Arbeit sollte man niemals für normal halten!

Kann das sein?

2 Praktika á 6 bzw. 3 Monate habe ich bei zwei Großhandelsunternehmen bislang gemacht. Aamt bezahlte Unterhaltsgeld für die Zeit, die Fahrtkosten bzw. wegen der großen Entfernung sogar die Unterkunft am Einsatzort. Spätere Festeinstellung nicht ausgeschlossen, hiess es. Habe dann ordentlich reingeklotzt, man war auch hinsichtlich der Arbeitsergebnisse sehr zufrieden und hat mir sogar für diese Praktika gute Zeugnisse ausgestellt.
Nur Festanstellung - nix zu machen, die allgemeine Wirtschaftslage, usw. undsofort.
Na, ja - auf jeden Fall habe ich dann als "Billigmitarbeiter" gearbeitet, bzw. evtl. sogar Einstellungen verhindert (weil die Arbeit muss ja getan werden). Nun, nach Beendigung der Praktikantentätigkeit anschliessend bei beiden Unternehmen immer mal wieder auf die Homepages geschaut. Was steht da nun wieder: Wir bieten 1-2 Praktikanten ... bzw. Praktikanten gesucht ... Und wieder gehen da Leute für ein paar Wochen in der irrigen Annahme, evtl. eingestellt zu werden, hin und leisten qualifizierte Billigarbeit und verhindern Einstellungen. So kann das auch laufen.
Selbst bei der Bundesregierung in Berlin bedient man sich laufend der Gratismitarbeit von Praktikanten, die da 6-12 Monate und nach kurzer Unterbrechung wieder 6-12 Monate für unsere Politclowns tätig sind. Was da alles an Sachbearbeiter-, Referendaren- und Sekretariatsanstellungen verhindert wird? Aber billig und gratis ist eben in!

Wilddieb Stuelpner

Das Unternehmen sich standardmäßig der Praktikanten und Studenten zur kostenlosen Arbeit bedienen, ist gängige Praxis. Die sind noch billiger als 1-Euro-Jobber. Nur der Steuerzahler zahlt mit seinen Arbeitslosenbeiträgen bekanntlich drauf, da er die Fördertöpfe der AA ohne Hilfe der Unternehmer wieder aufzufüllen hat.

Wann stellen denn die Arbeitsagenturen diese ewige und sinnlose Zahlung von Unterhaltsgeld, Fahrkosten nicht vollends ein? Dann würde so mancher von der AA geförderte Praktikant nicht auf derartige zweifelhafte Angebote anspringen.

Bei Alg-II-Empfänger und arbeitssuchende Arbeitslosen, die sich bildungsmäßig vor einer vielversprechenden Bewerbung fachlich runderneuern lassen wollen, setzt die AA den Hemmschuh: Der arbeitssuchende und bildungswillige Arbeitslose soll erst mal eine schriftliche Zusage des künftigen AG zur Festanstellung des Bewerbers der AA vorlegen, sonst gibt es keine Bewilligung zur FuU-Maßnahme.

Das gleiche Prinzip kann die AA auch bei finanzieller Unterstützung von Praktkanten verlangen. Dann würde sich sehr schnell die Spreu vom Weizen trennen - die lügenden AG von den vertrauenswürdigen und seriösen AG wären separiert. Die windigen AG wären gezwungen, diese gemachte Arbeit auch anständig zu bezahlen.

WDR, Sendung "monitor": Neue Schattenwirtschaft: Biete Praktikum, zahle nichts

Kann das sein?

Zitat: "... Wann stellen denn die Arbeitsagenturen diese ewige und sinnlose Zahlung von Unterhaltsgeld, Fahrkosten nicht vollends ein? Dann würde so mancher von der AA geförderte Praktikant nicht auf derartige zweifelhafte Angebote anspringen. ..."
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Von wegen:
Man bekommt nicht nur Unterhaltsgeld, Fahrtkosten und sogar Mietübernahme von der BA aufgedrängt - nein, ich bekam z. B. durch das AA Praktika als eine der geeignetsten Möglichkeiten nahegelegt, nach ein paar Jahren Erwerbslosigkeit durch diese "Wiedereinstiegsmöglichkeit" endlich wieder in "Lohn + Brot" zu gelangen. Fast schon genötigt wurde ich mal Angebote für Praktika als "Wiedereingliederungsmaßnahme" zu akzeptieren (zumal ich ja keine finanziellen Einbußen dadurch hätte - das Amt zahlt ja alles) und mich hierfür zu bewerben. Auf Grund des "sanften Drucks" und um nicht noch weiter in Ungnade zu verfallen macht man das auch, der gute Wille ist ja da. Nur heraus kommt dabei nichts. Ich habe mir meine Arbeitsleistungen vor Ende der Praktika bescheinigen lassen (zur Sicherheit). Die fielen auch gut aus, trotzdem von Festeinstellung keine Rede mehr. Nachdem ich nun 2 solcher Praktika hinter mir habe, ist hiervon bei der BA mir gegenüber keine Rede mehr - im Gegenteil man sieht das nun auf einmal als "schwieriges, problembehaftetes Themenfeld ... aber wir können und dürfen ja nicht als Vormund in die Selbständig- und Obrigkeit von Arbeitgebern eingreifen".
*
So, und wenn dann in Deutschland 1000e solcher Praktika im 1-3 oder früher auch 6monatstakt stattfinden, dann sind das erneut Millionenverschwendungen (für z. B. Unterhaltsgeld, Fahrtkosten, Mietübernahme usw.) und gleichzeitig 1000e verhinderter Festeinstellungen oder auch befristeter Einstellungen.
Nur das interessiert die BA-Mitarbeiter dienstlich gesehen nicht - die erfüllen Ihre von oben kommenden Dienstvorgaben bzw. Dienstanweisungen, egal ob das sinnvoll ist oder nicht. Und was ganz vorne steht: Hauptsache man kann einen "Standarderwerbslosen" abmelden, da er vorübergehend in einer ABM, einem Praktikum oder einer Weiterbildung unterkommt.
Genau genommen ist das nur noch ein "Arbeitslosenverwaltungs-, zahlenbearbeitungs und -statistikamt" - tatsächliche Stellenvermittlung, wenn sich die Sachbearbeiter hiermit überhaupt effektiv beschäftigen können (meine Sachbearbeiterin hatte 2004 ca. 530 "Kunden" pro Monat, jetzt in 2005 670 "Kunden" pro Monat) erfolgt nicht - woher auch, wenn über die BA quasi nichts sinnvolles angeboten wird.

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