Bauer-Konzern jetzt komplett tariffreie Zone

Begonnen von Troll, 10:10:58 Mo. 07.März 2011

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Troll

ZitatBauer-Konzern jetzt komplett tariffreie Zone
Sachsen-Anhalt: Beschäftigte klagen gegen Kündigungen im Druckzentrum Barleben
Von Susan Bonath

Der Hamburger Medienkonzern Bauer räumt auf. Im Januar dieses Jahres lagerte die Verlagsgruppe die Produktion der von ihr im Druckzentrum Barleben produzierten sachsen-anhaltischen Tageszeitung Volksstimme unvermittelt aus. Dann wurden die 19 tariflich entlohnten und langjährig im Unternehmen beschäftigten Fachkräfte in einer Nacht- und Nebelaktion an die Luft gesetzt. Statt dessen produzieren nun Leiharbeiter die Volksstimme – zum halben Lohn. Die zum 31. August 2011 gekündigten und seit dem 17. Januar »unwiderruflich von der Arbeit freigestellten« Drucker wollen jetzt klagen, nachdem ein Antrag auf Einstweilige Verfügung gegen das Kündigungsbegehren scheiterte.

Michael Kopp, Landesfachbereichsleiter für Medien, Kunst und Industrie bei ver.di, beschreibt diese Umstände näher: »Das Durchschnittsalter der elf Fachkräfte und acht Druckereihelfer liegt bei 52 Jahren. Alle entlassenen Mitarbeiter waren langjährige Betriebsangehörige, mit einer Beschäftigungsdauer zwischen 20 und 45 Jahren.« Ein Betroffener berichtete jW: »Auch vom 16. zum 17. Januar druckten wir die Volksstimme, damit sie pünktlich in den Briefkästen der Abonnenten ist. Wir ahnten nicht, daß es das letzte Mal sein würde. Wir haben alle gedacht, das ist ein sicherer Job. Doch jetzt werden wir wohl dafür bestraft, daß wir uns 1997 einen Haustarifvertrag erkämpft haben.« Kopp bezeichnete die Kündigungen als »primitiven Racheakt des Verlegers, weil die Beschäftigten durchgesetzt haben, wie ihre Hamburger und Kölner Kollegen entlohnt zu werden«.

Die Einstweilige Verfügung, die der Betriebsrat gegen das Kündigungsbegehren beantragt hatte, ist am sogenannten Tendenzschutzparagraphen gescheitert. Dieser beschränkt für Unternehmen, die in der Medienbranche produzieren, unter anderem das Recht der Belegschaft auf betriebliche Mitbestimmung. Es habe deshalb, so teilte der Konzernbetriebsrat in einer Presseerklärung mit, kein Interessenausgleich, sondern nur ein Sozialplan verhandelt werden müssen. Mit dem Angebot einer Abfindung trage der Bauer-Verlag dem formal ausreichend Genüge.

Zum Ablauf der Verhandlung um die Einstweilige Verfügung, die am 26. Januar stattfand, teilte der Konzernbetriebsrat ferner mit: »Bauer-Manager Klaus Lange hat sich nach allen Regeln der Kunst herausgeredet. Noch im Gericht erklärte er beispielsweise, daß es vor dem 14. Januar angeblich gar nicht die Absicht gegeben hätte, die Arbeit auszulagern. Somit sei alles plötzlich entschieden worden. Man habe somit die Mitarbeiter vorher nicht darüber informieren können.

Dabei gab es für die Barlebener Drucker zahlreiche Indizien für die bevorstehende Umstrukturierung. Bereits vor einem Jahr wurde eine Sperrholzwand in den Drucksaal eingezogen. Auf der anderen Seite baute man anschließend eine neue Druckmaschine auf. Mieterin des abgetrennten Teils ist seitdem die Firma »Media-Print Barleben«. Diese druckt dort das Anzeigenblatt Generalanzeiger – ebenfalls im Auftrag des Bauer-Verlages.

Media-Print beschäftige im Produktionsbereich keine eigenen Mitarbeiter, heißt es. Vielmehr miete das Unternehmen Leiharbeiter der »Rolf-Weeke-Personal-Gesellschaft« an. »Media-Print hat nun, ab dem 17. Januar, auch für die Volksstimme den Druckauftrag übernommen und produziert seitdem mit dem billigeren Personal«, stellt Kopp klar.

Die Leiharbeiter im Druckhaus Barleben erhalten laut ver.di einen Gesamt-Stundenlohn von rund zehn Euro, alle Zulagen mit einberechnet. Für den Unternehmer sei das ein guter Deal. Damit bezahle er nicht einmal die Hälfte der üblichen Tariflöhne (inklusive Nachtschicht- und Wochenendzuschlägen sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld). »Der Zeitungsverleger Bauer hat berufserfahrene Drucker arbeitslos gemacht«, so das Resümee der Gewerkschaft. »Er hat sie ohne Not, nur um seine Gewinne zu steigern, gegen preiswerteres Leiharbeitspersonal ausgetauscht«. Mit diesem »letzten Akt der Willkür« gebe es zudem in Deutschland kein Unternehmen des Verlegers Bauer mehr, das tarifgebunden ist.

Quelle: Über die NDS zur junge Welt
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