Arbeitsmigration und Krise

Begonnen von ManOfConstantSorrow, 14:21:30 Fr. 18.März 2011

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ManOfConstantSorrow

ZitatLet's go West – Arbeitsmigration in der EU

Wie Viele werden diesmal gehen? Im zunehmenden Maße treibt abermals diese alte ,,polnische Frage" die Öffentlichkeit zwischen Oder und Bug um, wie sie vor einer jeden größeren Emigrationswelle an Aktualität gewinnt. Den derzeitigen Stichtag, in dessen Vorfeld Polens Medien über die Dimensionen der zu erwartenden Auswanderungswelle spekulieren, bildet der 1. Mai 2011. Ab diesem Tag müssen Deutschland und Österreich ihre Arbeitsmärkte für Lohnabhängige aus den acht osteuropäischen Ländern öffnen, die im Mai 2004 der Europäischen Union beigetreten sind. Für die Menschen aus den baltischen Staaten, Polen, der Slowakei, Tschechien, Slowenien und Ungarn gilt dann die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit und Dienstleistungsfreiheit auf den deutschen und österreichischen Arbeitsmärkten. Deutschland und Österreich konnten diese langen Übergangsfristen bei der Öffnung ihrer Arbeitsmärkte während der Beitrittsverhandlungen zu der Osterweiterung der Europäischen Union durchsetzen.


Wie viele polnische Lohnabhängige werden also ab dem 1. Mai 2011 nach Deutschland kommen? Die polnische Tageszeitung Gazeta Wyborcza, die sich mit dieser Fragestellung an etliche Migrationsexperten wandte, bezifferte das gegebene Migrationspotential auf rund eine halbe Million polnischer Bürger. Diese Menschen seien bereit, nach der Öffnung der Arbeitsmärkte in Deutschland und Österreich vor allem in den dortigen Niedriglohnsektoren zu arbeiten, hieß es in polnischen Medien. Alljährlich arbeiten aber ohnehin rund 300.000 bis 400.000 polnischer Saisonkräfte insbesondere in der deutschen Landwirtschaft zu regelrechten Hungerlöhnen. In der BRD könnten sogar bis zu 700.000 Menschen aus Mittelosteuropa auf den Arbeitsmarkt drängen, prognostizierte Herbert Brücker, Migrationsexperte vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung gegenüber der Frankfurter Rundschau. Inzwischen eröffnen deutsche Zeitarbeitsfirmen auch erste Niederlassungen in Polen, in denen sie Arbeitskräfte für den Arbeitseinsatz in der Bundesrepublik anwerben - zu Dumpinglöhnen von vier bis fünf Euro.

Die begehrten, gut ausgebildeten Arbeitskräfte aus dem Osten Europas werden bei dieser erneuten Migrationswelle aber eher eine marginale Größe bilden. Zum einen sind viele von ihnen bereits auf den deutschen Arbeitsmarkt aktiv, etwa als selbstständige Handwerker und als scheinselbstständige Subunternehmer im Baugewerbe oder etwa in der Logistikbranche. Zudem besitzen deutsche Unternehmen auch jetzt schon die Möglichkeit, gefragte Fachkräfte aus Osteuropa offiziell zu beschäftigen, wenn sie gegenüber den Arbeitsämtern glaubhaft machen, keine entsprechend qualifizierten Lohnabhängigen auf dem heimischen Arbeitsmarkt finden zu können. Schließlich wirkt Deutschland mit seinem seit rund einer Dekade stagnierendem Lohnniveau auf viele gut ausgebildete Osteuropäer in Relation zu anderen westeuropäischen Ländern nicht gerade attraktiv. Die tatsächlichen Ausmaße der zu erwartenden Migrationswelle werden aber vor allem von der wirtschaftlichen Entwicklung in den Ländern abhängig sein, in die vieler Osteuropäer nach dem Beitritt ihrer Länder zur EU bereits emigrierten.

Die binneneuropäischen Migrationsströme seit der Osterweiterung der EU


Dabei bildet der für 2011 prognostizierte Migrationsschub nur einen Nachklang der gewaltigen Wanderungsbewegung, die im Gefolge der EU-Osterweiterung einsetzte. Westeuropäische Staaten wie Großbritannien, Irland, Spanien, die Niederlande, Italien oder Schweden haben schon längst ihre Arbeitsmärkte für Immigranten aus den neuen Mitgliedsländern geöffnet. Aufgrund dieser Öffnung der durch ein ungleich höheres Lohnniveau charakterisierten westeuropäischen Arbeitsmärkte, die im Fall Großbritanniens und Irlands sogar unverzüglich nach der Osterweiterung erfolgte, setzte eine grundlegende Verschiebung der Migrationsbewegungen innerhalb der Europäischen Union ein. Die Wanderungsbewegung von Arbeitskräften verlief innerhalb der EU jahrzehntelang von Süd nach Nord. Hierbei strömten lohnabhängige aus den unterentwickelten Regionen Italiens, Griechenlands, Portugals oder Spaniens in die nördlichen ökonomischen Zentren Europas. Hinzu kam die ebenfalls von Süd nach Nord verlaufende Migration türkischer Arbeitskräfte.

Diese sich ohnehin abschwächende, legale Wanderungsbewegung wurde nach der Osterweiterung der EU überlagert von Migrationsströmen, die von Ost nach West verliefen. Im Endeffekt fand somit ab 2004 eine Verlagerung der - legalen - Migrationsachsen in Europa statt. Hierbei etablierten sich zwei von Ost nach West verlaufende Wanderungsbewegungen, eine nördliche und – verstärkt ab 2007 - ein südliche. Im Norden strömten polnische und baltische Arbeitskräfte nach Großbritannien und Irland und später auch Holland und Skandinavien. Im Süden wanderten nach dem EU-Beitritt ihrer Länder in 2007 viele Bulgaren und Rumänen gen Italien und Spanien.
Die Ausmaße dieser größtenteils an Deutschland vorbeigezogenen Wanderungswelle sind gewaltig - und sie übertreffen die für 2011 angegebenen Migrationsprognosen um ein Vielfaches. Zu den wichtigsten, osteuropäischen Herkunftsländern dieser Wanderarbeiterschaft des 21. Jahrhunderts zählen vor allem Polen, Rumänien und Bulgarien. Verschiedenen Schätzungen zufolge sind zwischen 1,5 und 2,3 Millionen Polen gen Westen aufgebrochen. Seit dem EU-Beitritt Rumäniens am 1. Januar 2007 verließen bis zu 1,67 Millionen Arbeitsemigranten das Land. Bulgarien mit seinen 7,6 Millionen Einwohnern kehrten in den beiden Dekaden seit 1989 sogar nahezu 10 Prozent seiner Bevölkerung, 700 000 Menschen, den Rücken. In Wechselwirkung mit der niedrigen Geburtenrate sank die Bevölkerung Bulgariens von nahezu 9 Millionen Menschen in 1989 auf nur noch 7,5 Millionen in 2009! Weitere wichtige Herkunftsländer von Wanderarbeitern sind die baltischen Staaten. Wie litauische Medien unlängst berichteten, verließen die gerade mal 3,3 Millionen Einwohner zählende Baltenrepublik allein in diesem Jahr an die 75 000 Menschen in Richtung Westen. Die Arbeitsemigration aus Tschechien und Ungarn bewegt sich hingegen im bescheidenen Rahmen.

Die polnischen und baltischen Wanderarbeiter zog es nach dem Beitritt ihrer Länder zur Europäischen Union vor allem auf ,,die Inseln" (,,na Wyspy"), wie Großbritannien und Irland im polnischen Volksmund genannt werden. Bei Krisenausbruch Ende 2008 schlugen sich gut 550 000 polnischer Bürger im britischen Niedriglohnsektor - auf Baustellen oder mit prekären Gelegenheitsjobs - durch. Nach dem Erreichen dieses Höchstwerts viel die Zahl der polnischen Tagelöhner in Großbritannien auf 484 000 Anfang 2010, doch inzwischen verzeichnete polnische Community wieder einen Zuwachs auf 537 000 offiziell registrierte Personen. Die polnische Diaspora in Irland zählte mehr als 200 000 Menschen, die bis zum Zusammenbruch der irischen Immobilienblase ebenfalls überwiegend auf dem Bausektor tätig waren. Polen und Litauer stellten an die 21 Prozent aller Migranten auf der Grünen Insel.

Rumänen und Bulgaren emigrierten hingegen zumeist nach Italien und Spanien. Die meisten dieser südeuropäischen Arbeitsmigranten haben sich in Italien niedergelassen, wo unterschiedlichen Schätzungen zufolge zwischen 800.000 und einer Million Rumänen sich durchzuschlagen versuchen. Neben Griechenland bildete auch Spanien ein wichtiges Zielland dieser Migrationswelle, wo an die 500.000 Rumänen ein Auskommen suchen. Somit befinden sich nahezu zehn Prozent der Bürger Rumäniens im Westen auf Arbeitssuche, während es in Polen ,,nur" circa fünf Prozent sind. Bulgariens Wanderarbeiter verdingten sich vor Krisenausbruch vor allem in Spanien, Griechenland und Italien. Die Hunderttausende von Menschen umfassende bulgarische Community zählt inzwischen zu den zahlenmäßig stärksten Minderheiten in Spanien.

Die Ostexpansion der Europäischen Union setzte ab 2004 also tatsächlich eine gewaltige Migrationswelle in Gang. Millionen von Lohnabhängigen brachen aus der osteuropäischen Peripherie in die Zentren des Westens auf, um dort besser bezahlte Arbeit zu finden. Das enorme Lohngefälle zwischen den westlichen Kernstaaten der EU und den 2004 und 2007 aufgenommenen östlichen Beitrittsländern verlieh dieser Entwicklung zusätzlichen Auftrieb. Dabei wurden sogar etliche südeuropäische Staaten, die in den 60er oder 70er Jahren als klassische Auswanderungsländer galten, nun zu Zielregionen dieser Migrationsbewegung.

Die kriminalisierte Arbeitsmigration in die EU


Schätzungen der Europäischen Kommission zufolge lebten in 2007 - also kurz vor Ausbruch der Krise - rund acht Millionen Menschen in der Europäischen Union ohne gültige Aufenthalts- und Artbeitspapiere. Das deutsche Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geht davon aus, dass zwischen 500.000 und einer Million Migranten ohne legale Papiere in der Bundesrepublik weilen. Es gilt aber in diesem Kontext zu beachten, dass ein großer Teil dieser in die Illegalität gedrängten Menschen legal in die Europäische Union einreiste, etwa als Tourist oder im Rahmen eines Studentenaustauschs. Bis Krisenausbruch nahm auch die undokumentierte, kriminalisierte Migration nach Europa zu. Den Zustrom der in den Massenmedien oft als ,,illegal" diffamierten Einwanderer bezifferte die EU-Grenzschutzbehörde Frontex in 2009 auf bis zu 500 000 Personen jährlich. In 2008 seien laut Frontex an die 200 000 dieser undokumentierten Migranten bei Versuch, die Grenzen der ,,Festung Europa" zu überschreiten, festgenommen und oftmals in Lagern interniert worden. Dieser kriminalisierte Migrationsstrom verläuft immer noch von Süd nach Nord. Hierbei handelt es sich zumeist um eine durch die verzweifelte sozioökonomischen Lage in den Ursprungsländern der Flüchtlinge ausgelöste Arbeitsmigration. Es sind Menschen aus den Zusammenbruchsregionen des subsaharischen Afrika und des Nahen- und Mittleren Ostens, die unter hohem Risiko auf überfüllten Booten den Fluchtweg in die EU suchen, oder die militärisch gesicherten Grenzen in der südöstlichen Peripherie Europas zu überwinden trachten. Schätzungen zufolge fielen allein im Jahr 2006 an die 6 000 Flüchtlinge dem immer weiter perfektionierten, perfiden Grenzregime der EU zum Opfer.

Für diese permanent von Festnahme und Abschiebung bedrohte Einwanderergruppe bestehen nur wenige Verdienstmöglichkeiten, da ihre Tätigkeit zumeist auf wenige Wirtschaftsfelder beschränkt bleibt. Hierunter fallen der Bausektor, das Hotelgewerbe und die Gastwirtschaft, die Landwirtschaft, Transport und Logistik sowie die Arbeit in Privathaushalten. Die undokumentierten afrikanischen Einwanderer wurden beispielsweise bis zum Krisenausbruch in der spanischen Landwirtschaft durchaus toleriert, da sie mit Hungerlöhnen abgespeist werden konnten. Auf dem Höhenpunkt des durch eine spekulative Blasenbildung auf dem iberischen Immobilienmarkt befeuerten Wirtschaftsaufschwungs gewährte die spanische Regierung sogar 700 000 irregulären Migranten eine Aufenthaltserlaubnis, um so dem wachsenden Arbeitskräftebedarf in der Landwirtschaft und im Bausektor zu decken. In einem Relativ knappen Zeitraum von acht Jahren entwickelte sich Spanien von einem Auswanderungsland mit weniger als einem Prozent von Migranten zu einem Einwanderungsland, in dem 2008 Arbeitsmigranten mehr als ein Zehntel der Bevölkerung stellten – während zugleich die Arbeitslosenquote von 18 Prozent auf 10 Prozent sank!

Die Migration in Europa bei Krisenausbruch


Anfang 2009 betrug der Anteil der ausländischen Migranten an der Bevölkerung der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union im Durchschnitt 6,7 Prozent. Die europäische Statistikbehörde Eurostat gab an, dass rund ein Drittel dieser etwa 32 Millionen Ausländer in der Europäischen Union aus anderen EU-Staaten stammt. Die meisten dieser geschätzten 12 Millionen Binnenmigranten der Europäischen Union stammen aus Rumänien, Polen und den klassischen Auswanderungsländern Italien und Portugal. Etwas mehr als 7 Millionen der ,,legalen" Migranten in der Europäischen Union stammen aus europäischen Ländern, die nicht Mitgliedstaaten der EU sind. Hiernach Folgen Bürger afrikanischer Staaten (knapp 5 Millionen), Asiens (etwa 4 Millionen) und Nord-, Mittel- sowie Lateinamerikas (3,3 Millionen).

Dabei weisen die osteuropäischen Staaten, die zu den wichtigsten Herkunftsländern der jüngsten Migrationsströme zählen, die niedrigsten Quoten an Einwanderern auf. In Polen, Rumänien und auch Bulgarien stellen Migranten weniger als ein Prozent der Bevölkerung. Einen überdurchschnittlichen Anteil an Migranten wiesen - neben Spanien - Länder wie Griechenland (8,3 Prozent) Deutschland (8,8 Prozent), Belgien (9,1 Prozent), Österreich (10,3 Prozent) oder auch Irland (11,3 Prozent) auf. Die jüngsten Migrationsbewegungen in Europa waren aber vor allem dadurch charakterisiert, dass sie mit Irland, Großbritannien, Spanien oder Griechenland Volkswirtschaften zum Ziel hatten, die derzeit besonders heftige wirtschaftliche Einbrüche erleben. Die meisten dieser Länder bildeten eine zumeist mit spekulativer Blasensbildung auf den Immobilienmarkt einhergehende Defizitkonjunktur aus, bei der ausartende private oder staatliche Verschuldung als ein Konjunkturtreibstoff fungierte, der maßgeblich zu dem Wirtschaftsaufschwung der vergangenen Jahre in diesen Staaten beitrug. Grade dieser schuldenfinanzierte Wirtschaftsboom wirkte auf die - legalen oder undokumentierten - Migranten aus dem Osten oder Süden so anziehend! Um beim Beispiel Spanien zu bleiben: Während der Anteil der Migranten an der spanischen Bevölkerung von einem auf über 10 Prozent zwischen 2000 und 2008 anstieg, verzeichnete die iberische Halbinsel ein durchschnittliches jährliches Wirtschaftswachstum von 2,8 Prozent. In der Eurozone waren es nur 1,5 Prozent. Die mit diesem höheren Wirtschaftswachstum einhergehenden Arbeitsgelegenheiten zogen die Arbeitsmigranten über Jahre an, die sich nun nach dem Platzen der spanischen Immobilienbalse in einer besonders schwierigen Situation wiederfinden.

Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow

ZitatAuswirkungen der Krise auf die Migranten und die Migrationsströme in der EU

Neben dieser Migrationsbewegung in die nun von der Weltwirtschaftskrise besonders schwer getroffenen Länder, kommen noch generelle Charakteristika der zumeist von Migranten besetzten Nischen in der kapitalistischen Arbeitsgesellschaft hinzu, die zu einer besonderen ökonomischen Belastung dieser Bevölkerungsgruppe in der Krise beitrugen. In nahezu allen Ländern der Eurzone ist die Tendenz feststellbar, dass Migranten als Erste innerhalb eines Konjunkturzyklus entlassen und als Letzte eingestellt werden. Neben den verbreiteten rassistischen und xenophoben Ressentiments in der Mehrheitsbevölkerung führen die konjunkturabhängigen Beschäftigungsfelder von Tagelöhnern und Wanderarbeitern zu dieser Entwicklung. Die Beschäftigung auf dem Bausektor – wie sie in Großbritannien, Irland und Spanien bei Migranten vorherrschte – ist nun von besonders harten Einbrüchen in diesen Ländern gekennzeichnet. Zudem ging die von ökonomischen Erosionsprozessen bedrohte Mittelschicht vieler europäischer Länder dazu über, ihre Ausgaben zu kürzen, was den als Haushaltshilfen tätigen – oftmals undokumentierten - Migranten einen großen Teil ihrer Verdienstmöglichkeiten nahm. Zudem arbeiteten die Wanderarbeiter Europas oftmals auch für Zeitarbeitsfirmen, die ja ohnehin die Funktion einer Arbeitskräftereserve bei Konjunkturaufschwüngen ausüben und ihre Lohnabhängigen als Erste in Zeiten der Rezession entlassen.

Diese konjunkturelle ,,Pufferfunktion" der Migranten fasste Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung am Beispiel der BRD folgendermaßen zusammen: ,,Arbeitslosigkeit und Beschäftigung von Migrantinnen und Migranten reagieren stärker als die von Einheimischen, also in unserem Falle von Deutschen, auf den Konjunkturverlauf, d. h. im Aufschwung steigt die Beschäftigung stärker und im Abschwung sinkt sie stärker". Die Migration ,,wirke als Konjunkturpuffer", so Brückner bei den von dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) organisierten ,,Europäischen Migrationsgesprächen" 2009 in Berlin, die sich dem Thema ,,Migration und Krise" widmeten.

Die jüngste Studie der Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die Arbeitsmigration publizierte der in Washington beheimatete Thinktank The Migration Policy Institute am 7. Oktober. Im Rahmen dieser umfassenden Untersuchung wurden auch die Unterschiede in der Arbeitslosenquote zwischen den Migranten und der Mehrheitsbevölkerung etlicher europäischer Staaten verglichen. In nahezu allen europäischen Volkswirtschaften ist ein Anstieg der Diskrepanz bei den Beschäftigungsquoten dieser beiden Gruppen feststellbar, die jeweils für das vierte Quartal 2007 und 2009 angegeben wurden. Besonders dramatisch entwickelte sich die Arbeitslosenquote bei den in Spanien lebenden Migranten, die in 2007 ,,nur" um 4,4 Prozent höher als bei der spanischen Mehrheitsbevölkerung war - ende 2009 überstieg die Erwerbslosigkeit der Migranten die der Spanier bereits um 12,9 Prozent! Ähnliche Tendenzen zum verstärkten Auseinanderdriften der Erwerbslosenquoten bei Einwanderern und Mehrheitsbevölkerung sind vom Migration Policy Institute auch in Frankreich (von 8,3 Prozent in 2007 auf 9,8 Prozent in 2009), Schweden (7,1 auf 8,9 Prozent), den Niederlanden (2,8 auf 8,1 Prozent) und im geringeren Umfang auch in Portugal, Italien und Irland (ende 2009 mit Differenzen zwischen 5,3 und 4,1 Prozent bei den Erwerbslosenquoten) konstatiert worden.

Zwei nennenswerte Ausnahmen von dieser Regel bilden die Bundesrepublik und Großbritannien. In der BRD sank die Differenz bei den Erwerbslosenquoten von Deutschen und Einwanderern von 8,6 in 2007 auf 7,1 Prozent, was aber im internationalen Vergleich immer noch eine hohe Diskrepanz darstellt. Zu dieser Entwicklung dürfte der durch die deutsche Exportindustrie beförderte Wirtschaftsaufschwung beigetragen haben. In Großbritannien ist der ohnehin sehr niedrige Unterschiede bei dem Niveau der Arbeitslosigkeit zwischen Mehrheitsbevölkerung und Einwanderern von 2,2 Prozent sogar noch weiter auf 1,6 Prozent in 2009 gesunken.

Von den Massenentlassungen im Gefolge der Wirtschaftskrise waren insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene betroffen. So verwundert es nicht, dass die Jugendarbeitslosigkeit unter den Migranten in den meisten europäischen Ländern dramatische Ausmaße erreicht hat. Den höchsten Wert verzeichnet auch hier Spanien, wo 41 Prozent der im Ausland geborenen, jugendlichen Immigranten Ende 2009 arbeitslos waren. Ähnlich hoch fällt die Arbeitslosenquote unter den jungen Einwanderern mit 37 Prozent in Schweden aus. In der gesamten Eurozone betrug die Erwerbslosenquote unter dieser Bevölkerungsgruppe 24 Prozent.

Diese massive Verschlechterung der sozialen und ökonomischen Perspektiven von Migranten dürfte in Wechselwirkung mit dem Anwachsen xenophober Ressentiments maßgeblich zum Einbruch der Migrationsbewegungen in die, wie auch innerhalb der Europäischen Union beigetragen haben. Zwischen 2008 und 2009 sank die ,,legale" Einwanderung in die EU um 41 Prozent, während die EU-Grenzschutzbehörde Frontex einen Rückgang der ,,illegalen" Migration über das Mittelmeer von 43 Prozent meldete.

Den Extremfall bildet auch in dieser Hinsicht Spanien, wo der Zustrom von legalen Arbeitsmigranten in 2009 um 66 Prozent gegenüber dem Vorjahr einbrach. Nachdem die jahrelange Defizitkonjunktur auf der iberischen Insel im Gefolge der geplatzten Immobilienblase einbrach, explodierte die Arbeitslosenquote auf inzwischen gut 20 Prozent. An die 1,6 Millionen Arbeitsplätze sind während der schweren Rezession in Spanien verloren gegangen, wobei gut 800.000 dieser abgebauten Stellen auf den durch die Spekulationsdynamik aufgeblähten Immobiliensektor entfielen, auf dem insbesondere Arbeitsmigranten beschäftigt waren. Inzwischen gerät aufgrund dieser ökonomischen Verwerfungen der Zuzug von Migranten auf die Iberische Halbinsel nahezu zum Stillstand. Stieg die Anzahl der Einwanderer mit Aufenthaltserlaubnis in 2006 oder 2007 noch um bis zu 30 Prozent im Jahresvergleich, so sank diese Migrationsbewegung auf zehn Prozent in 2009 und drei Prozent im zweiten Quartal 2010.
Neben rumänischen und bulgarischen Migranten, die in 2009 knapp 17 Prozent aller Einwanderer in Spanien umfassten, sind noch die marokkanischen (11,1 Prozent aller Migranten) und vor allem Lateinamerikanischen (knapp 20 Prozent) Communities in Spanien von Bedeutung. Neben dem Bausektor waren viele - auch ,,illegale" - Migranten in der spanischen Landwirtschaft tätig, deren Dumpinglöhne viele einheimische Arbeitskräfte abschreckten. Aufgrund der steigenden Arbeitslosigkeit sind nun viele Spanier bereit, auch eine Anstellung als Landarbeiter anzunehmen, wodurch die Migranten auch aus dieser ökonomischen Nische verdrängt werden. So sank die Erwerbslosenquote innerhalb der spanischen Migranten von 12,4 Prozent in 2007 auf inzwischen 30,2 Prozent. Bei der spanischen Mehrheitsbevölkerung liegt die Arbeitslosenquote bei 18,1 Prozent.

Die Einwanderung nach Irland sank wiederum in 2009 um 33 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Seit September 2009 wandelte sich Irland erneut von einem Einwanderungs- in ein Auswanderungsland, da die Grüne Insel erstmals seit 1995 wieder einen positiven Auswanderungssaldo verzeichnete. Nur rund ein Drittel der Menschen, die Irland verließen, waren tatsächlich irische Staatsbürger. Es handelte sich zumeist um osteuropäische Arbeitsmigranten, die entweder in ihre Herkunftsländer zurückfuhren, oder in anderen westeuropäischen Ländern auf Arbeitssuche gingen. Die Migrationsbewegung aus Osteuropa nach Irland brach entsprechend aufgrund der rasanten Arbeitsplatzverluste um 60 Prozent ein. Die irische Bauindustrie – in dem die meisten Migranten ein Auskommen fanden – kollabierte regelrecht im Gefolge der geplatzten Spekulationsblase auf dem irischen Immobilienmarkt, was zu einer Reduzierung der Beschäftigung in diesem Sektor von 37 Prozent führte. Das Irische Statistische Amt schätzt, dass die Bevölkerungsgruppe der ,,Ausländer über 15 Jahre" sich zwischen 2008 und 2010 um 20 Prozent verringert habe. 35 000 Menschen sollen im vergangenen Jahr Irland verlassen haben. In Spanien und

Auswirkungen der Krise auf die Ursprüngsländer der Migrationsströme


Diese hier exemplarisch an den Fallbeipsielen Spanien und Irland illustrierten ökonomischen Verwerfungen, denen sich Arbeitsmigranten in Europa ausgesetzt sehen, zeitigen auch entsprechende sozioökonomische Auswirkungen auf ihre Herkunftsländer. Viele der Ursprungsländer der jüngsten Migrationsströme erlebten in den vergangenen Jahrzehnten einen umfassenden Deindustrialisierungsprozess, der das Scheitern einer industriellen Modernisierungsstrategie - mit der eine ,,nachholende Industrialisierung" dieser peripheren Regionen vorangetrieben wurde - in den Ländern des Südens, wie auch 1989 in Osteuropa besiegelte. Der Zusammenbruch ganzer Industriezweige in vielen Ländern Osteuropas im Zuge der Systemtransformation ließ gerade den Migrationsdruck entstehen, der sich nach der EU-Osterweiterung in 2004 und 2007 entlud. Die neoliberale Schocktherapie, der viele osteuropäische Volkswirtschaften unterzogen wurden, führte zu einem chaotischen Ausverkauf der industriellen Basis dieser Länder an westliches Kapital. Zumeist wurden diese von westeuropäischen oder amerikanischen Konzernen erworbenen osteuropäischen Betriebe umgehend geschlossen, um sich unliebsame potentielle Konkurrenz vom Halse zu schaffen. Polen beispielsweise verzeichnete vor dem EU-Beitritt in 2004 eine exorbitant hohe Arbeitslosenquote von 20 %, die nach den besagten Migrationsschüben auf circa 11 % in 2010 sank. Dennoch verzeichnen viele ökonomisch rückständigen Regionen im Nord Osten und Südosten des Landes, in denen Industriebetriebe kaum noch vorhanden sind, immer noch Erwerbslosenquoten von mehr als 20 %.

Infolge dieser – durch westliches Kapital forcierten - Deindustrialisierung spielen die Rücküberweisungen von Migranten in Ländern wie Rumänien, Bulgarien, Litauen oder Polen eine wichtige ökonomische und vor allem soziale Rolle: Sie ersetzen den kaum vorhandenen Sozialstaat. Bei den vom DGB in 2009 organisierten ,,Migrationspolitischen Gesprächen" bemerkte hierzu Bernd Balkenhol von der Interntional Labour Organisation, dass rund 85 Prozent der Rücküberweisungen von Arbeitsmigranten in ihre Herkunftsländer im Schnitt in den Konsum fließen. Zehn Prozent würden zudem in Erziehung, Fortbildung und besserer Gesundheitsvorsorge der angehörenden der Wanderarbeiter investiert, fünf Prozent gingen in ,,Privatinvestitionen". Die Geldüberweisungen der Arbeitsemigranten an ihre Familien tragen folglich maßgeblich zur Entschärfung der sozialen Spannungen in diesen Ländern bei.

Polens Wanderarbeiter schickten 2008 beispielsweise 7,1 Milliarden Euro in die Republik. Hiernach folgte der krisenbedingte Einbruch: Im Jahr 2009 etwa transferierten die polnischen Emigranten laut offiziellen Angaben der Polnischen Zentralbank nur noch 6,4 Milliarden Euro in ihr Herkunftsland, was einen Rückgang von knapp 12 Prozent darstellt. Die Geldüberweisungen der rumänischen Arbeitsemigranten sanken in den ersten vier Monaten dieses Jahres um ein gutes Viertel auf 1,1 Milliarden Euro. Die Überweisungen der bulgarischen Wanderarbeiter an ihre Familien sind im vergangenen Jahr um 15 % gegenüber 2008 auf 600 Millionen Euro eingebrochen. Dennoch übersteigen diese bulgarischen Geldüberweisungen immer noch die Mittel aus den Strukturfonds der Europäischen Union. Die nach Bulgarien überwiesenen Finanzmittel üben eine ähnliche Funktion aus, wie die Geldüberweisungen nach Polen und Rumänien: Die Gelder würden hauptsächlich zur ,,Begleichung der alltäglichen Rechnungen, für Medikamente und Behandlungen sowie Lebensmittel" aufgewendet, bemerkte die polnische Tageszeitung Gazeta Wyborcza.

Hinzu kommt, dass mit Ausbruch der Weltwirtschaftskrise auch die ohnehin quälend langsame Angleichung osteuropäischer Löhne an das Westniveau zeitweilig zum erliegen kam. So sank im zweiten Quartal 2009 der Durchschnittslohn in Polen um real 4,2 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 3081 Zloty (ca. 750 Euro) brutto. Die Jüngsten Erhebungen weisen einen leichten Anstieg des Durchschnittslohns auf 3433 Zloty brutto aus, was einem Nettoverdienst von etwa 2250 Zloty (ca. 550 Euro) entspricht. Zum Vergleich: In Großbritannien verdient ein polnischer Arbeitsmigrant im Monat circa 7.500 Zloty - netto. Noch ausgeprägter sich dieses erneute Auseinanderdriften der Diskrepanz im Lohnniveau zwischen Ost und West in Südosteuropa: In Bulgarien sank der Durchschnittslohn im zweiten Quartal 2010 im Jahresvergleich um 0,9 Prozent, während in Rumänien aufgrund von massiven Sparmaßnahmen der Regierung die durchschnittliche Vergütung sogar von umgerechnet 500 Euro auf 350 Euro einbrach. Angesichts einer oftmals wieder ansteigenden Arbeitslosenquote und des immer noch sehr niedrigen Lohnniveaus bleibt vielen Osteuropäern schlicht nichts anderes übrig, als auf Arbeitssuche gen Westen zu ziehen. Diese verehrende Entwicklung des Lohnniveaus - die durch die EU, den IWF und die Weltbank im Rahmen von krisenbedingten ,,Austeritätsprogrammen" für viele osteuropäische Länder noch befördert wird - dürfte den Migrationsdruck in der östlichen Peripherie der EU somit auch künftig erhalten.
http://www.konicz.info/?p=1570#more-1570
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kuddel

ZitatUN-Konferenz zu Entwicklungshilfe
Arm finanziert Reich

Aus den Entwicklungsländern fließt doppelt soviel Geld in die Industriestaaten wie umgekehrt. Das besagt nun erstmals eine Studie.


http://taz.de/UN-Konferenz-zu-Entwicklungshilfe/!5213683/


Das Geld darf unbegrenzt in den reichen Norden fließen.
Menschen dürfen sich nicht frei in diese Richtung bewegen. Da sind sich Wirtschaftverbände und DGB einig: Es muß gefiltert und sortiert werden und nur beruflich hochqualifizierte dürfen her.

ManOfConstantSorrow

Wohnen in Deutschland, malochen in der Schweiz:

ZitatAusbeutung auf Kehrichtverbrennungsanlage:
Polnische Bauarbeiter haben 75-Stunden-Wochen

Rund 60 Bauarbeiter aus Polen werden auf der Kehrichtverbrennungsanlage der Industriellen Werke Basel (IWB) ausgebeutet.


Die Tage der polnischen Arbeiter sind endlos. Morgens um kurz nach sechs Uhr müssen sie bereitstehen für den Shuttlebus, der sie aus der schmucklosen Arbeiterbaracke in Wehr (D) in die Kehricht-verbrennungsanlage (KVA) an der Hagenaustrasse in Basel bringt. Nach einer Stunde Busfahrt warten Zehnstundenschichten, in denen es höchstens kleine Pausen gibt. Wer Pech hat, der muss in der Nachtschicht ran. Dann heisst es: Durcharbeiten, mit Schutzmaske, bis man morgens völlig erschöpft wieder abgeholt und in der Herberge abgeladen wird.

Mehrere mündliche Quellen sowie Dokumente fördern zutage, wie die Arbeitskräfte ausgebeutet werden – und wie das schweizerische Arbeitsrecht ausgehebelt wird.(...)
https://www.bzbasel.ch/schweiz/nach-begrenzungsinitiative-bundesrat-will-seine-position-in-naechsten-wochen-klaeren-139306734
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kuddel

ZitatGroßkontrolle in Bad Fallingbostel: Illegale Sammelunterkünfte sowie viele Verstöße gegen Infektionsschutzgesetz, Melde- und Bauordnungsrecht
Diverse Hinweise auf "Ausbeutung von Arbeitskräften"

Teure Schlafplätze auf engem Raum in heruntergekommenen Wohnungen: So etwas gibt es auch in der Nachbarschaft. Bei einer Razzia am Montag, 26. Oktober, haben Mitarbeiter von Heidekreis und Kreisstadt zusammen mit der Polizei zahlreiche Missstände aufgedeckt.
https://www.wz-net.de/lokales/diverse-hinweise-auf-ausbeutung-von-arbeitskraeften_10_111945952-21-.html

ManOfConstantSorrow

Die Extremausbeutung von Arbeitsmigranten ist nur dadurch möglich, daß sie flankiert wird durch Rassismus, Abschiebungsdrohung und Behörden, die sie nicht schützen, sondern kriminalisieren.

ZitatNiedrigstlöhne und fehlende Sicherheit: Bei einer Kontrolle auf einer Baustelle in Gronau sind Mitarbeiter des Zolls auf einen drastischen Fall von Ausbeutung eingeschleuster Arbeiter gestoßen.

Nach einem Hinweis der Berufsgenossenschaft waren die Schwarzarbeits-Kontrolleure auf der Baustelle auf sieben ukrainische Arbeiter ohne entsprechende Erlaubnis gestoßen, die später angaben, für einen Stundenlohn von 4,50 Euro auf dem Bau eingesetzt gewesen zu sein. Das ist weit weniger als der Mindestlohn im Baugewerbe von 12,85 Euro.

Sie seien ins Land geschleust worden, erhielten keine freie Unterkunft oder Verpflegung, ebenso wenig wie Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, sagten sie bei ihrer Befragung demnach aus. Auch über eine Krankenversicherung verfügten sie nicht. «Selbst für die erfahrenen Zollbeschäftigten waren derartig schlechte Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmern ohne Aufenthaltserlaubnis eine traurige Besonderheit», hieß es in der Mitteilung des Zolls von Mittwoch. Ermittlungsverfahren gegen die Bauarbeiter, aber auch gegen den Arbeitgeber wurden eingeleitet..
https://www.wn.de/nrw/zoll-deckt-fall-von-ausbeutung-auf-1338629

Stoppt die Kriminalisierung ausgebeuteter Arbeitsmigranten!
Geht gegen die Ausbeuter vor!
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kuddel

ZitatDie Ausbeutung von Arbeitskräften ist das grosse Tabu der EU

Bei der Pflege, Landwirtschaft, Prostitution, Logistik oder im Bau: Ohne Arbeitsmigranten läuft in den reichen EU-Staaten wenig.

In der EU werden Arbeits- und Sozialrechte, die in der Universellen Erklärung der Menschenrechte begründet sind, sowie die Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO massiv verletzt und verdrängt. Die EU kennt vor allem keine kollektiven Arbeitsrechte. Mit besonderer Schärfe zeigt sich dies bei den immer zahlreicheren Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten. Widerstand ist verbreitet, aber noch gering, und wird zudem politisch und medial verdrängt.

Deutschland – führender Arbeits-Unrechtsstaat in der EU

Mit der Agenda 2010 förderte die Regierung Schröder/Fischer aus SPD und Grünen in den Jahren 1998 bis 2005 das steuerbegünstigte Eindringen vor allem der neuen, unregulierten US-Investoren wie Blackstone, KKR, BlackRock, Vanguard – und gleichzeitig wurde für sie mit den vier Hartz-Arbeitsgesetzen der grösste Niedriglohn-Sektor in der EU geschaffen. Dazu gehörten die erweiterte Leiharbeit, Mini-Jobs, befristete und Teilzeit-Jobs sowie die Disziplinierung und Verarmung der Arbeitslosen.

Die Folge-Regierungen unter Bundeskanzlerin Angela Merkel/CDU haben die Praktiken bis 2021 verschärft und erweitert und mit der ,,Ost-Erweiterung" der EU auch den Umfang und die Vielfältigkeit migrantischer Arbeit. Sie ist meist zeitlich begrenzt und wird zudem vielfach halblegal oder illegal verrichtet...
https://www.infosperber.ch/wirtschaft/arbeit/die-ausbeutung-von-arbeitskraeften-ist-das-grosse-tabu-der-eu/

Kuddel

ZitatIn Deutschland fehlen Pflegekräfte. Immer mehr Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen setzen daher auf Fachkräfte aus dem Ausland. Viele von ihnen werden über private Personalvermittlungsagenturen aus einkommensschwächeren Ländern angeworben.

Doch einige dieser Agenturen wirtschaften am Rande der Legalität – und das auf Kosten der Pflegekräfte: Statt guter Bezahlung und Festanstellung wie versprochen geraten einige am Ende sogar in die Schuldenfalle.
https://www.zdf.de/politik/frontal/pflegekraefte-aus-dem-ausland-dubiose-pflege-vermittlungsagenturen-100.html

Kuddel

ZitatMenschenhandel und Ausbeutung
Rumänen auf Baustellen ausgebeutet – Anklage wegen Zwangsarbeit

Wegen Zwangsarbeit, Menschenhandels und Ausbeutung sind in Berlin vier Männer angeklagt worden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft vom Freitag brachten sie Arbeiter aus Rumänien nach Berlin und ließen sie auf Baustellen arbeiten.


Bis zu dreißig Menschen sollen die Verdächtigen pro Monat auf verschiedenen Baustellen in Berlin beschäftigt haben. Dabei sollen insgesamt 487.000 Euro Sozialversicherungsbeiträge zwischen 2018 und 2020 nicht gezahlt worden sein.

► Angeklagt sind ein 50-jähriger Mann und sein 32-jähriger Sohn sowie wegen Beihilfe ein 61-jähriger Inhaber von Abriss- und Demontagefirmen und ein 35-Jähriger Kolonnenführer auf Baustellen.

Die Männer sollen ,,bewusst ausgenutzt haben, dass die Arbeiter ohne Sprachkenntnisse in Deutschland quasi hilflos waren und auch durch die strenge Überwachung keine Gelegenheit hatten, Hilfe zu holen".

Die Rumänen, den Angaben zufolge häufig Analphabeten, sollen mit einem überladenen Kleinbus nach Berlin geholt worden sein. Große Teile des Lohnes wurden demnach für Transport, Verpflegung und Unterkunft einbehalten.

In den Unterkünften sollen sich bis zu acht Personen zeitweise auf engstem Raum befunden haben, schon kleinste angebliche Regelverstöße sollen mit Drohungen und Schlägen oder wochenlangem Rausschmiss bestraft worden sein.

,,Erst als einer der betroffenen Arbeiter doch Anzeige erstattete, kam das Verfahren ins Rollen", teilte die Staatsanwaltschaft mit.
https://www.bz-berlin.de/polizei/rumaenen-auf-baustellen-ausgebeutet-anklage-wegen-zwangsarbeit-2

Kuddel

Tja, man holt billige Arbeitskräfte in die befriedete Bundesrepublik, kann aber nicht verhindern, daß man damit auch den Klassenkapf importiert.

Wild zu streiken, das trauen sich die Deutschen nur sehr selten.
Die letzten bedeutenden Wildcat Strikes kamen von Migranten. Erntearbeiter beim Spargelhof Ritter nahe Bonn. Essenkuriere bei Gorillas in Berlin. Jetzt Trucker an der Raststätte Gräfenhausen.

Das Migazin hat einen Bericht aus migrantischer Sicht formuliert.
Zitat,,Eure Gesetze sind gut. Inschallah."
Arbeiten in Deutschland für polnischen Mindestlohn

Der Streik osteuropäischer Fernfahrer auf einer Raststätte in Südhessen wirft auch ein Licht auf die Schattenseite der Transportbranche. Inzwischen sind sogar Diplomaten aus den Herkunftsländern alarmiert - auch im fernen Kaukasus gibt es Protest.


Die Hose des jungen Georgiers Tornike ist fadenscheinig und gerissen, aber das ist nicht dem modischen ,,shredded look" geschuldet. Der Job als Fernfahrer, für den er vor knapp vier Monaten seine Arbeit in einem Metallbetrieb aufgab, erwies sich bisher als Verlustgeschäft. ,,Ich habe bisher 50 Euro ausgezahlt bekommen", erzählt der schmale junge Mann mit dem dunklen Bart, dessen Lächeln ein wenig schüchtern wirkt, der Deutschen Presse-Agentur. Wovon er denn in der Zeit gelebt habe? ,,Meine Familie hat mir Geld geschickt, um auszuhelfen."

Seit fast drei Wochen harren auf der Raststätte Gräfenhausen in Südhessen an der A5 mittlerweile fast 60 Lastwagenfahrer vor allem aus Georgien und Usbekistan aus, die von ihrem polnischen Auftraggeber ausstehenden Lohn fordern. Unterstützt werden sie nicht nur von deutschen und niederländischen Gewerkschaftern sowie Beratern des Netzwerks ,,Faire Mobilität". Der georgische und der usbekische Konsul waren schon mehrmals vor Ort, seit einigen Tagen sind auch zwei Vertreter des georgischen Gewerkschaftsverbandes vor Ort.

Der Fahrerstreik an der Autobahnraststätte hat eine internationale Dimension bekommen – nicht nur wegen des Solidaritätsvideos südkoreanischer Lastwagenfahrer, das über soziale Medien verbreitet wurde. ,,In Tbilisi (Tiflis) fand eine Kundgebung vor dem polnischen Generalkonsulat statt, an der auch Familien der Fahrer teilnahmen", sagt Raisa Liparteliani, die Vizepräsidentin des Georgischen Gewerkschaftsverbands. ,,Wir haben auch einen Livestream hierher organisiert von dem Protest."

Unternehmen in der Verantwortung

Zusammen mit dem niederländischen Gewerkschafter Edwin Atema verhandelt Liparteliani im Auftrag der Fahrer mit dem polnischen Spediteur. Sie habe auch versucht, mit polnischen Gewerkschaften Kontakt aufzunehmen. ,,Aber bis jetzt haben wir noch keine Antwort bekommen." Für sie als Georgierin, die die Zukunft ihres Landes in Europa sehe, sei der Umgang mit den georgischen Fahrern enttäuschend. ,,Ich hoffe, diese Praxis hat keine Zukunft."

Der Anwalt des polnischen Speditionsunternehmens hat unterdessen bei der Staatsanwaltschaft Darmstadt Anzeige erstattet. In der Anzeige gehe es um die mutmaßliche Unterschlagung von 39 Lastwagen, teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit. Eine Anzeige wegen unterbliebener Lohnzahlungen sei hingegen bisher nicht bekannt.

Bis jetzt haben die Fahrer weder Geld erhalten, noch hat der Arbeitgeber Dokumente vorgelegt, die Lohnabzüge untermauern können, die bislang völlig intransparent sind, wie Anna Weirich, Beraterin von ,,Faire Mobilität", sagt. Sie verweist auf ein Gesetz mit dem sperrigen Namen ,,Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz". Dieses weist den Unternehmen die Verantwortung für ihre gesamte Lieferkette zu – auch wenn diese dank zahlreicher Subunternehmen häufig sehr intransparent sei, so auch in diesem Fall. ,,Die Kunden sind multinationale, große Unternehmen", sagt Weirich, die auch diese Unternehmen in der Verantwortung für die Bezahlung der Fahrer sieht.

Kein Einzelfall

Die Fahrer in Gräfenhausen bekommen dank ihres Streiks gerade viel Aufmerksamkeit, doch ein Einzelfall sind sie nicht, betont Weirich. ,,Das ist grundsätzlich ein Problem der gesamten Branche. Egal, auf welchen Parkplatz Sie fahren – die Fahrer der Lastwagen mit polnischen, litauischen oder rumänischen Kennzeichen erhalten den Mindestlohn dieser Länder."

Und dieser Mindestlohn liegt deutlich unter dem deutschen Mindestlohn. Bereits Ende 2020 war Polen vor dem Europäischen Gerichtshof mit einer Klage gegen die Entsenderichtlinie gescheitert, deren Grundsatz ,,Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am selben Ort" lautet.

Doch die Realität sieht nicht nur in Gräfenhausen anders aus. ,,Keiner dieser Fahrer arbeitete je in Polen", betont Weirich. ,,Die werden mit Minibussen von der Basis in Polen hierher gebracht und fahren monatelang im Westen." Dabei leben sie quasi durchgehend in ihren Fahrzeugen, viele der Fahrer haben ihre Familien seit Monaten nicht gesehen.

,,Mafia-Methoden"

Seinen Job als Fernfahrer hat sich Tornike jedenfalls anders vorgestellt: Arbeit in Westeuropa, gutes Geld verdienen, auf dem heimischen Dorf am Fuß des Kaukasus ein Haus bauen, ein gutes Leben haben, eine Familie gründen. Das sind ähnliche Träume, wie sie die meisten Fahrer auf der Raststätte schildern. Die Gespräche mit dem polnischen Speditionsunternehmer hatten sie so verstanden, dass er sich um Arbeitspapiere für Deutschland, Österreich, Italien oder andere Länder im Westen kümmern würde.

,,Wir stehen hier, um das uns zustehende Geld für die Arbeit zu bekommen, die wir geleistet haben – keine Kopeke mehr" betont Koba, ein anderer Georgier. Die Fahrer berichten, dass der polnische Spediteur inzwischen versucht, sie einzeln anzurufen, um jeweils persönlich zu einer Einigung zu kommen. ,,Wir kämpfen zusammen, wir lassen uns nicht auseinanderdividieren", versichert etwa Lukhmari, ein stämmiger Fahrer mit Stirnglatze. Er reckt optimistisch den Daumen hoch und zeigt ein breites Grinsen.

Auf Anfragen zu einer Stellungnahme hat der polnische Unternehmer nach wie vor nicht reagiert. Seit er am Karfreitag mit einer Sicherheitsfirma vergeblich versucht hatte, die Lastwagen in Besitz zu nehmen, hat er sich in Gräfenhausen auch nicht mehr blicken lassen. ,,Mit so einem Kommando zu kommen, das sind Mafia-Methoden. Da hat er sein wahres Gesicht gezeigt", sagt Atema. Die Polizei ermittelt inzwischen wegen des Vorfalls.

,,Vertrag ist Vertrag!"

Gawron aus Usbekistan steht vor seinem Lastwagen und bemüht sich um eine Hotspot-Verbindung. Zu Hause in Samarkand sind seine Frau und seine Kinder, drei und sechs Jahre alt. ,,Ich habe sie seit drei Monaten nicht gesehen", sagt er traurig. ,,Vor allem der Kleine kann das nicht verstehen." Gawron fühlt sich getäuscht vom polnischen Unternehmer. ,,Ich habe hart gearbeitet, ich habe nichts gegen harte Arbeit. Aber dafür will ich auch das Geld, das mir zusteht. Vertrag ist Vertrag!"

Dass die Stimmung dennoch gut ist, dazu trägt auch die Erfahrung von viel Solidarität bei. Wenn andere Fahrer, gerade solche mit osteuropäischen Kennzeichen, an den Streikenden vorbei auf die Autobahn fahren, wird gehupt und gewinkt. Ein Mann bringt spontan Tabak vorbei. Es gebe auch ganz pragmatische Angebote, erzählt Tiny Hobbs von der Gewerkschaft Verdi – etwa die Kleidung einzusammeln, damit die Fahrer nach drei Wochen wieder frischgewaschene Wäsche haben.

Auch das provisorische Streikcamp hat so etwas wie eine Struktur bekommen. Vor der Streikküche steht eine Mülltonne – Ordnung muss eben sein. Ein benachbarter Wagen wurde zum provisorischen Versammlungsort, wo Unterhändler und Fahrer über das weitere Vorgehen diskutieren.

,,Eure Gesetze sind gut. Inschallah."

Am Abend leert sich der Platz. Die Regenwolken haben sich verzogen. Einige Fahrer ziehen sich schon früh in ihre Kabinen zurück, andere stehen in kleinen Gruppen zusammen und kümmern sich um das gemeinsame Abendessen. Wo tagsüber alle gemeinsam sind, trennen sich beim Essen die Nationalitäten. Die Georgier haben auf dem Asphalt einen Holzkohlegrill angeheizt und grillen Hühnchen, es gibt Bier.

Bei den Usbeken gibt es Pilaw mit Halal Fleisch, Cola und Limonade. Ein älterer Mann mit grauem Kinnbart winkt ab, als die große Gemeinschaftsschüssel in seine Richtung geschoben wird. ,,Ramadan!" erklärt er und wirft einen Blick zum langsam dunkler werdenden Himmel. ,,Noch 20 Minuten", sagt er. Die anderen rücken unterdessen zusammen, laden Gewerkschafter Atema und andere Besucher ein: "Setzt euch, esst mit uns!"

Die Einladung ist nicht nur ein Gebot der Gastfreundschaft, die Fahrer wollen auch etwas zurückgeben: ,,Wir sind sehr dankbar für die Unterstützung hier in Deutschland", versichert ein grauhaariger Fahrer. ,,Eure Gesetze sind gut. Inschallah (so Gott will), wir werden auch unser Recht bekommen."
https://www.migazin.de/2023/04/13/lkw-fahren-in-deutschland-fuer-polnischen-mindestlohn/

Kuddel


ManOfConstantSorrow

ZitatRazzia in Duisburg gegen Ausbeutung polnischer Arbeiter

In Duisburg, Kempen und Gelsenkirchen gab es heute eine Razzia. Es ging um Menschenhandel und Ausbeutung polnischer Arbeiter. Die Ermittler gehen von rund 30 Opfern aus.


Bei einer Razzia gegen Menschenhandel sind am Morgen fünf Menschen festgenommen worden. Durchsucht wurden vor allem Räume in Duisburg, aber auch in Kempen und Gelsenkirchen. Dabei wurden eine vierstellige Summe Bargeld, Drogen und über 5000 Schachteln illegaler Zigaretten sichergestellt. Die Beschuldigten sollen Polen nach Deutschland gelockt und unter katastrophalen Bedingungen als Arbeiter ausgebeutet haben. Dabei soll es auch zu Demütigungen und körperlichen Übergriffen gekommen sein.

Miese Arbeiterunterkünfte für horrende Mieten


Die beiden Hauptverdächtigen sollen die Polen etwa in Wohnungen untergebracht haben, die in einem desolaten hygienischen Zustand waren - teils ohne Strom oder Warmwasser. Trotzdem wurden laut Polizei horrende Mieten verlangt. Außerdem sollen die Beschuldigten vollständige Gehälter vereinnahmt haben - unter dem Vorwand, es müssten Schulden etwa für den Transfer beglichen werden. Die Ermittler gehen von über 30 Opfern und eine Schadenssumme im mittleren sechsstelligen Bereich aus.
https://www.radiokw.de/artikel/razzia-in-duisburg-gegen-ausbeutung-polnischer-arbeiter-1648464.html
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kuddel


ManOfConstantSorrow

Migration ist nicht nur Flucht vor Diktatoren und Krieg.
Es hat auch mit der Suche nach einem besseren Leben zu tun. Viele Deutsche träumen von einem Leben in den USA, Kanada oder Australien. Selbst aus meiner Sippe verwirklichte man sich einen solchen Traum. Die einen wollen und die anderen sollen in ein anderes Land gehen und weitere dürfen nicht.

Europa wird zu einer Festung, Zäune und Mauern werden gezogen. Unser Arbeitsminister ging nach Brasilien, um Arbeitskräfte für das deutsche Gesundheitswesen zu rekrutieren.

Die "Lenkung" der Menschen über die Kontinente und Staatsgrenzen wird brutaler und teilweise militärisch. Innerhalb der Staaten gibt es Razzien und Abschiebungen. Die Bedingungen sind nicht für jeden gleich. Der eine kommt mit Handkuß, der andere kann verrecken.

Über solche Fälle wissen wir wenig:

ZitatSchlag gegen Menschenhandel:
Mehr als 200 Verdächtige bei Polizeieinsatz festgenommen

Bei einem internationalen Einsatz identifizierten Ermittler etwa 1400 Opfer in 44 Ländern. Dabei ging es um unter anderem um Zwangsprostitution und Zwangsarbeit.


Fahnder von Interpol, Frontex und Europol haben bei einem internationalen Einsatz gegen organisierten Menschenhandel 212 Verdächtige festgenommen. Insgesamt seien etwa 1400 mutmaßliche Opfer in 44 Ländern identifiziert worden, teilte Interpol am Donnerstag in Lyon mit. (...)

Etwa 130.000 Mitarbeiter seien an dem Einsatz beteiligt gewesen, der von Österreich und Rumänien gesteuert worden war. (...)
https://www.tagesspiegel.de/internationales/schlag-gegen-menschenhandel-mehr-als-200-verdachtige-bei-polizeieinsatz-festgenommen-9912701.html

Hundertdreißigtausend Mitarbeiter? Ist da nicht eine Null zuviel im Spiel?
[Ich habe ein wenig herumgegoogelt. Auch andere Quellen sprechen von 130.000 Mitarbeitern...]

Eine ganze Armee rollt über Europa um gegen Ausbeutung und Menschenhandel zu kämpfen?? Traue ich Interpol, Frontex und Europol? Sicherlich nicht. Es sind selbst Strukturen, in denen Rassismus etabliert ist. Und diese Organisationen vertreten nicht die Interessen der Ausbeuteten und Gedemütigten. Es sind bewaffnete Einheiten, die sich um die Lenkung von Menschenmaterial je nach Bedarf der europäischen Wirtschaft.

In kleinerem Stil gibt es solche Razzien oft. In den Medien klingt es meist gut, Kampf gegen Menschenhandel und so, aber am Ende wissen wir nicht, was mit den Betroffenen passiert. Erst Sklavenarbeit, dann Festnahme und Abschiebung?
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

BGS

Die Suche nach einem besseren Leben hängt u. a. auch damit zusammen, dass es vielen Auswanderern schlicht nicht ermöglicht wurde und wird, im Land ihrer Geburt in Würde zu leben.

Persönlich sind mir Menschen bekannt, deren Emigration aus D. nach U.K., Kanada und die USA angesichts der Schwierigkeiten und Hindernisse dort letztendlich mit einer Rückkehr endeten.

Neulich traf ich im Hafen zwei deutsche Techniker mittleren Alters auf Montage  welche fest vorhatten, D. angesichts der dortigen Stimmung und Verhältnisse endgültig den Rücken zu kehren... .

Muss zur Schicht.

MfG

BGS
"Ceterum censeo, Berolinensis esse delendam"

https://forum.chefduzen.de/index.php/topic,21713.1020.html#lastPost
(:DAS SINKENDE SCHIFF DEUTSCHLAND ENDGÜLTIG VERLASSEN!)

ManOfConstantSorrow

Die Klasse reagiert auf sich wandelnde Bedingungen und nutzt sie für sich. Linke stellen sich Kämpfe in der Arbeitswelt anders vor, doch die Abstimmung mit den Füßen und "Jobhopping" sind wirkungsvolle Kampfformen.

Wenn die Unternehmen nach Arbeitskräften lechzen, sucht man sich einfach etwas anderes, wenn einem eine Bude nicht paßt. Wenn der Boss nicht mehr zahlen will, dann geht man halt. Die Wirtschaft muß reagieren:

ZitatAmazon hebt Einstiegslohn auf 14 Euro
https://logistik-heute.de/news/logistikgehaelter-amazon-hebt-einstiegslohn-auf-14-euro-im-september-2023-40483.html

Deshalb schreit die Wirtschaft herum, man brauche Einwanderung in den Arbeitsmarkt. Das Überangebot von Arbeitsstellen soll möglichst schnell durch Zuwanderung beendet werden. Den Migranten will man aber keine Aufstiegsmöglichkeiten geben. Es geht schließlich um die Umgehung von Lohnerhöhungen. Hier dürften sich die nächsten Konflikte entwickeln...

Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow

Eine Untersuchung des DGB:


Westbalkanregelung und Einwanderung in befristete Beschäftigung
Erwerbsmigration ist das Thema der Stunde. Längst geht es dabei nicht mehr um Fachkräfte.


Aber haben wir tatsächlich einen Arbeitskräftemangel? Laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit waren im Dezember 2022 2,5 Millionen Menschen in Deutschland arbeitslos. Legt man die Zahl der Unterbeschäftigten zugrunde, die der tatsächlichen Zahl der Menschen ohne Arbeit näherkommt, waren es sogar 3,3 Millionen – Tendenz zuletzt wieder steigend. Demgegenüber waren nur 0,8 Millionen unbesetzte Stellen gemeldet.

Selbst eine konservativere Berechnung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschungkommt für 2022 auf 1,4 Arbeitslose pro unbesetzte Stelle. Zugleich sind eingewanderte Beschäftigte besonders schutzlos, häufig prekär beschäftigt und von Arbeitsausbeutung betroffen. Die massiven Missstände beispielsweise in der Landwirtschaft, der Baubranche und bei Post- und Kurierdienstleistern sind durch die Presseberichterstattung allgemein bekannt.

Dessen ungeachtet konkretisieren sich jedoch Pläne, die Einwanderung in Helfertätigkeiten weiter auszuweiten. In ihren Eckpunkten zur Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten plant die Bundesregierung, die Westbalkanregelung zu entfristen und auszuweiten. Zusätzlich soll eine neue Regelung für ,,kurzzeitige kontingentierte Beschäftigung" geschaffen werden. Die Beschäftigungsverordnung soll entsprechend angepasst werden.

https://www.dgb.de/downloadcenter/++co++107fa696-9be4-11ed-9f90-001a4a160123
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kuddel

Ich denke, die Unruhe unter Arbeitsmigranten dürfte zunehmen...

ZitatRumänen auf dem deutschen Bau
Vom falschen Versprechen guter Arbeit

Tausende rumänische Arbeiter bauen unter miserablen Bedingungen an der Zukunft Deutschlands. Ein Projekt am Institut für Sozialforschung in Frankfurt begleitet einige der Wanderarbeiter.


(...) Die Rumänen hier beschreiben sich bisweilen selbst als ,,Arbeitssklaven". Sie unterliegen Arbeitsbedingungen, in denen die Ausbeutung System hat. Allenthalben begegnen wir Erzählungen von Lohndiebstahl in erheblichem Umfang. Geleistete Arbeitsstunden werden oft nicht abgerechnet. Arbeiter werden durch falsche Meldungen an die SOKA-BAU gänzlich um ihr Urlaubsgeld betrogen. Andere werden noch während ihrer Tätigkeit auf dem Bau durch ihre Arbeitgeber von den Krankenkassen abgemeldet, die mitunter auch Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall verweigern und Arbeitsunfälle vertuschen. Arbeitsverträge umfassen häufig nur zwanzig Stunden wöchentlich, während die Arbeitszeit 55 Stunden und mehr beträgt. Der Arbeiter Remus kommentiert die Situation mit den Worten: ,,Ein Sklave ist jemand, der endlos viel arbeitet und nicht anerkannt wird." (...)

Die Konstrukteure von Kindergärten, Wohnhäusern und Einkaufsstraßen wohnen in miserablen Unterkünften, die sie ,,Rattenloch" oder ,,Dschungel" nennen. In einer dieser Behausungen teilen sich drei bis vier Männer ein Zimmer. Auf ein Bad oder eine Küche kommen 30 bis 60 Männer. Es gibt Ungeziefer und in manchen Ecken Schwarzschimmel. Die stetig steigende Monatsmiete liegt bei 340 Euro pro Person. Bezahlt wird in bar, eine Quittung gibt es nur auf Nachfrage.

Trotzdem ziehen viele Arbeiter diese Unterkunft den Firmenwohnungen vor, in denen ein Konflikt mit dem Arbeitgeber schnell in die Obdachlosigkeit führen kann. Im ,,Rattenloch" hingegen wird nur obdachlos, wer die Miete nicht mehr bezahlt. Die so gewonnene Mobilität nutzen die Beschäftigten, um von einer Arbeitsstelle zu einer besseren zu wechseln. (...)
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/wie-es-arbeitern-aus-rumaenien-auf-deutschen-baustellen-19120806.html?premium=0x52b699f646e342bde48d5762b384a4546d26e5815cb0682c839a001b506f0a4c

Kuddel

ZitatMänner mit Gewalt zur Arbeit gezwungen
Berliner Staatsanwaltschaft klagt 35-Jährigen wegen Zwangsarbeit an

Ein Mann soll in Berlin Rumänen für Abrissarbeiten auf Baustellen eingesetzt, sie aber nicht bezahlt und sogar geschlagen haben.
https://www.tagesspiegel.de/berlin/manner-mit-gewalt-zur-arbeit-gezwungen-berliner-staatsanwaltschaft-klagt-35-jahrigen-wegen-zwangsarbeit-an-10368988.html

ManOfConstantSorrow

Ein paar aktuelle Zahlen zu Arbeitsmigration und Ausbeutung:

ZitatLaut Weltmigrationsbericht 2022 gibt es rund 87 Millionen internationale Migrantinnen und Migranten in Europa. Knapp zehn Millionen ,,Wanderarbeiter" sind dabei Nicht-EU-Bürger, von denen viele als ,,essenziell wichtige" Arbeitskräfte gelten. Zahlreiche Menschen sind mit dem Plan nach Europa gekommen, dort Arbeit zu finden. Allerdings gibt es ebenso eine große Nachfrage nach ihrer Arbeitskraft seitens der europäischen Unternehmen. Wie in so vielen Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Konstellationen ist diese Beziehung jedoch alles andere als rosig.

In Europa und Zentralasien gibt es insgesamt 4,1 Millionen Menschen, die als Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter eingesetzt werden. In Serbien organisierten indische Arbeiter öffentliche Protestaktionen, um ausbleibende Lohnzahlungen einzufordern (Menschen aus dem Balkanstaat werden ihrerseits des Öfteren diskriminiert, wenn sie in Westeuropa arbeiten wollen). In Italien begehen Landarbeiter Selbstmord. In Spanien wurden migrantische Arbeiterinnen und Arbeiter in Unterkünften untergebracht, die weitaus schlimmere Bedingungen aufwiesen, als sie in Flüchtlingslagern herrschen – es gab weder fließendes Wasser noch Strom oder sanitäre Anlagen. Frauen, die als Hausangestellte von Diplomatinnen und Diplomaten in der Schweiz arbeiteten, haben Klagen gegen ihre Chefs wegen Nötigung und Menschenhandel eingereicht.

Diese Unterdrückungsstruktur existiert nicht nur in herkömmlichen Fabriken und in landwirtschaftlichen Betrieben, sondern zunehmend in der Online-Welt, auf Plattformen und in der sogenannten Gig Economy. In Deutschland kann beispielsweise ein Unternehmen, das Reinigungsdienste über eine Plattform anbietet, die Konkurrenz im Preiskampf unterbieten und so von den (teils informellen) Arbeitskräften profitieren, die es anzieht. Die Arbeiterinnen und Arbeiter agieren dagegen isoliert voneinander – was zu wenig beziehungsweise nahezu gar keiner Durchschlagskraft in Gehaltsverhandlungen führt.(...)
https://www.ipg-journal.de/rubriken/arbeit-und-digitalisierung/artikel/atmosphaere-der-angst-7088/
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kuddel

ZitatKritik an Thyssen-Krupp
»Refats Tod gilt nicht einmal als Arbeitsunfall«

NRW: Angehörige von Thyssen-Steel-Arbeiter warten nach über einem Jahr noch immer auf Aufklärung und Entschädigung. Ein Gespräch mit Philipp Lottholz


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Seit der bulgarische Arbeiter Refat Süleyman in einem Werk von Thyssen-Krupp-Steel (TKS) in Duisburg starb, ist bereits mehr als ein Jahr vergangen. Was müssen die Angehörigen aktuell juristisch noch durchmachen?

Derzeit warten wir auf den endgültigen Abschluss der Untersuchung. Interne Quellen bestätigten, dass diese sich ihrem Ende nähert und keine Anklage gegen TKS erhoben wird. Bis heute wird der Tod von Refat nicht als Arbeitsunfall eingestuft. Die Unfallversicherung weigert sich, die Witwe zu entschädigen.

Süleymann war am 17. Oktober 2022 auf dem Werksgelände tot aufgefunden worden, seit dem 14. galt er als verschwunden. Wie sind die Ermittlungen verlaufen?

Die erste Phase der polizeilichen Ermittlungen wurde am 19. Mai 2023 abgeschlossen. In der vorläufigen Schlussfolgerung heißt es: »Die Entfernung der Schutzbrüstung und die fehlende Möglichkeit, diese überhaupt gesichert am Beckenrand zu fixieren, dürften eklatante Verletzungen gegen Arbeitssicherheitsvorschriften sein und den Tod von Refat Süleyman begünstigt haben.« Ein Arbeiter, der anonym bleiben möchte, hatte sich vor der Veröffentlichung des Polizeiberichts mit der Familie von Refat in Verbindung gesetzt und erklärt, dass ein entferntes Geländer der Grund für seinen Sturz gewesen sei. Als er den Vorgesetzten vor Ort darauf hinwies, sei dem Arbeiter gesagt worden, er solle den Mund halten. Kurz darauf sei er nach mehr als zehn Jahren Arbeit in der Fabrik entlassen worden.

Sie hatten anlässlich der Hauptversammlung am 2. Februar für Aufklärung demonstriert.

Der Protest war ein Aufruf im Namen der Familien von Arbeitern, die in der Fabrik ihr Leben verloren oder schwere Arbeitsunfälle erlitten haben. Die Familien Dalip, Naydenov und Özcan sowie Aktivisten von »Stolipinovo in Europa« versammelten sich, um eine Klärung des Todes von Refat Süleyman und eine angemessene Entschädigung zu fordern. Außerdem forderten sie, dass TKS die Verantwortung für die Nichteinhaltung von Sicherheitsvorschriften übernimmt sowie die gefährlichen Arbeitsbedingungen und die unfaire Behandlung der Arbeiter beendet.

Wie reagierte Thyssen-Krupp-Steel?

Die Antwort von TKS war, dass sie der Familie von Refat über die Leihfirma Eleman, die ihn eingestellt hatte, und bei dem Treffen mit dem bulgarischen Botschafter im November 2023 Unterstützung angeboten haben. Diese Information wurde von der Botschaft als »absurde Behauptung« zurückgewiesen. Ein Vertreter erklärte, dass es bei dem Treffen im November kein solches Angebot gab und dass der Botschafter nicht einmal an dem Treffen teilgenommen hat, sondern die Sozialattachée.

Verunglücken Mitglieder bestimmter Gruppen im Betrieb häufiger?


Leihfirmen müssen solche Unfälle nicht an TKS melden. Der Tod von Refat ist nicht einmal als Arbeitsunfall einzustufen. Laut Kollegen und Betriebsräten sind solche Unfälle an der Tagesordnung. Sie sagen, dass sich jährlich zwischen zehn und 15 schwere Arbeitsunfälle ereignen, unter Direktbeschäftigten und Zeitarbeitern, wobei letztere eine höhere Zahl von Arbeitsunfällen aufweisen.

Wurde mittlerweile der Arbeitsschutz verbessert?

Gegenüber der bulgarischen Botschaft behaupteten TKS-Mitarbeiter, dass seit dem Tod von Refat rigorose Verbesserungen umgesetzt wurden. Beweise lieferten sie nicht. Aus internen Quellen wissen wir, dass TKS ein »ausgeklügeltes Kontrollverfahren für das Lieferantenmanagement« einführte: strenge Kontrollen in der ersten Reihe der Auftragnehmer und »völlige Nichtkonformität in der zweiten und dritten Reihe«. Unternehmen wie Eleman sind damit aus dem Schneider.

Und wer steht der Familie bei?

Seit dem Tod von Refat hat seine Familie weder von TKS noch von den deutschen Behörden Unterstützung erhalten. Mit Hilfe von »Stolipinovo in Europa« und einigen Sozialarbeitern aus Marxloh hat Refats sechsjähriger Sohn endlich einen Kindergartenplatz bekommen, leider nicht in einer spezialisierten Einrichtung für Kinder mit schweren Formen des Autismus. Das Jobcenter Duisburg hatte Maria Naydenova nach dem Tod ihres Mannes sofort die Unterstützung gestrichen. Vor zwei Monaten erklärten sie, dass sie eine Teilzeitbeschäftigung aufnehmen müsse. Das Arbeitsamt besteht darauf, dass sie mehr Stunden arbeitet, um Anspruch auf Unterstützung zu haben.
https://www.jungewelt.de/artikel/469576.html

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