Psychiatrie als Waffe gegen Kranke

Begonnen von Judy, 18:38:50 Do. 28.Juli 2011

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Judy

Dieser neue Thread war ursprünglich Teil des "Tod im Jobcenter"-Threads:
http://www.chefduzen.de/index.php?topic=23807.new;topicseen#new
Ich habe ihn hierher verschoben, weil sich in der Diskussion das Thema geändert hatte.

Kellerkind





Zitat von: Ratrace am 16:55:08 Do. 28.Juli 2011
deshalb werden Steuerfahnder, die sich gegen die dicken Fische wenden, psychiatrisiert und aus dem Amt gekegelt

das nimmt langsam wirklich überhand, dass Leute  mit "psychiatrischen Gutachten" die sehr fragwürdig sind, aus dem Verkehr gezogen werden. Man sollte mal langsam eine Beobachtungsliste machen, wo das sonst noch so alles vorgekommen ist.
Danke für den Tipp, Ratrace, den Link werde ich mir bookmarken. Als Beweis, dass das keinerlei Einbildung ist und nicht nur uns Elos betrifft. Das ist scheinbar also gar nichts Neues im Waffenarsenal von bestimmten Leuten um ihre üblen Machenschaften vor Kritik zu schützen.

Ratrace

@ Judy:
Habe neulich erst im Rahmen eines Berentungsverfahrens von der DRV eine (weitere) Zwangsbegutachtung aufgedrückt bekommen - trotz eines vorhergehenden Gutachtens eines anderen DRV-beauftragten Psychiaters, der mich kaputtschrieb. In dem neuen Gutachten stellt der Gutachter alle meinen bisherigen Therapiebemühungen - unter anderem eine sechsjährige Psychotherapie - als nutzlos und kontraproduktiv dar. Als einzige Lösung führt er eine sechswöchige Unterbringung in einer Reha-Klinik der DRV an.

Jeden Einwand von mir deklariert er anhand seines Gutachtens als aus meiner kombinierten Persönlichkeitsstörung und dem daraus folgenden verdrehten Welt- und Selbstbild herrührend, er entmündigt mich damit quasi. Die Tatsache, daß ich mich gegen Behördenwillkür und die Willkür der DRV seit geraumer Zeit auch rechtlich gewehrt habe, wird im Gutachten als Zeichen gewertet, daß es mit den Depressionen und der Antriebsschwäche dann ja nicht so schlimm sein kann, wenn ich noch in der Lage bin, mich zu wehren, anstatt arbeiten zu gehen.

Wie Du siehst, ist die Psychiatrisierung von unbequemen Menschen und die behördliche Gewalt, mit der man diese mundtot machen will, allgegenwärtig. Nichts Neues im Westen.

Ich habe im Laufe meiner langjährigen Krankheitserfahrung einige Psychiater und sonstige Ärzte, die ihre "Kunst" in den Staatsdienst stellen, kennengelernt. Durch die Bank Mietmäuler, die auf den hippokratischen Eid scheißen. Die tun, was die Behörde ihnen zu tun vorgibt, damit sie weiterhin Zwangspatienten zugeführt bekommen. Muß wohl etwas mit dem ansonsten leeren Wartezimmer zu tun haben.

"Ich mache diesen Job [Psychiater, Anm. d. Verf.] nicht aus Überzeugung, sondern weil ich meinen Lebensstandard halten will" - Originalton des oben angeführten Gutachters.
Das einzig Freie im Westen sind die Märkte.

Judy

@Ratrace und alle: Nichts Neues, nun ja, neu ist jetzt aber schon, dass das jetzt ausgeweitet werden soll. Siehe diese Threads über die Psychotests für alle Elos, die jetzt kommen sollen.
Und dass psychisch Kranke so schnell wie möglich wieder arbeiten geschickt werden sollen.
Aber dass es mittlerweile auch Steuerfahnder treffen kann und ähnliche in ihren Berufen etablierte "unbequeme" Leute, das ist doch wohl schon ziemlich neu, oder war das schon immer so?
Dass es mit der Verrentung nicht wirklich gut klappt, das ist schon einige Zeit so, seit den 80ern wohl schon, oder?

Ratrace

Das "nichts Neues" war meinerseits eher sarkastisch gemeint. Zumindest in meiner kleinen Welt habe ich keine fachlichen oder ethischen Erwartungen an gemietete Ärzte und gekaufte Gutachter. Insofern hat es mich nicht überrascht, was ich im Gutachten zu lesen bekam.

Darüberhinaus traue ich dem Staat alles an Menschenrechtsverletzungen, Korruption und üblen Seilschaften zu. Folgerichtig hatte mich die Psychiatrisierung der "querulatorischen" Steuerfahnder nicht überrascht. Meine Güte, einen schmierbaren "Arzt" zu finden und wie man mit dem umgeht kann man sich von jedem Pharmakonzern beibringen lassen. Und daß so etwas getan wird, ist klar, weil es ein "Standortvorteil" ist. Alles, was der Elite und der Wirtschaft nützt, wird gemacht, so lange es nicht zuviel Aufruhr erzeugt und halbwegs vertuscht werden kann.

Außerdem sind die Steuerhinterziehungen in zweistelliger Milliardenhöhe pro Jahr Geldbewegungen, die alleine schon wegen ihrer Größe auffallen würden, ganz ohne komplizierte Ermittlungen, es fehlt lediglich der politische Wille. Jeder Kiffer wird mit seinen pissigen paar Gramm an der Grenze gefilzt, wenn die "kriminalistische Erfahrung", so der Terminus der Bullen, einen Verdacht nahelegt, soll heißen: Wenn der Zollfuzzi aufgrund der Optik des Autos / des Fahrers Verdacht schöpft. Diese kriminalistische Erfahrung scheint offenbar nicht bei Bonzenkarren mit abgedunkelten Scheiben und Köfferchen anwendbar zu sein. Und weil dem so ist, bieten Schweizer Banken diesen "Speditionsservice" mittlerweile inoffiziell, aber ganz offen an.

An welche ethischen Richtlinien glaubst Du denn, daß ein Staat wie D sie befolgen würde, welche Sauerei kann Dich denn noch überraschen? Ein Staat, in dem Parteien Schwarzgeschäfte mit Waffenschiebern und Despoten machen? Staatliche Verbrechen unterhalb dieser kriminellen Meßlatte sind hier problemlos möglich.
Das einzig Freie im Westen sind die Märkte.

Judy

Zitat von: Ratrace am 22:48:57 Do. 28.Juli 2011
Jeden Einwand von mir deklariert er anhand seines Gutachtens als aus meiner kombinierten Persönlichkeitsstörung und dem daraus folgenden verdrehten Welt- und Selbstbild herrührend, er entmündigt mich damit quasi. Die Tatsache, daß ich mich gegen Behördenwillkür und die Willkür der DRV seit geraumer Zeit auch rechtlich gewehrt habe, wird im Gutachten als Zeichen gewertet, daß es mit den Depressionen und der Antriebsschwäche dann ja nicht so schlimm sein kann, wenn ich noch in der Lage bin, mich zu wehren, anstatt arbeiten zu gehen.

Wenn das nicht mies ist, weiß ich aber auch nicht was sonst. Einerseits werden alle deine Einwände gegen die Reha vom Tisch gewischt (wetten dass die mit nem netten unbezahlten Praktikum daherkommen wird, siehe Gehirnschleim's Thread). Weil du angeblich zu persönlichkeitsgestört bist, um den Sinn dieser Reha zu erkennen.

Andererseits bist du dann aber wieder wegen deiner Wehrhaftigkeit nicht wirklich sooo schlimm gestört, dass du nicht arbeiten könntest. Das soll woll die verzerrte Selbstwahrnehmung sein, nehme ich an. Die wollen dir da anscheinend einhämmern, dass du zwar so krank bist, dass du bevormundet werden musst, andererseits bist du dann aber zum malochen wieder gesund genug...
Genau das, was denen am meisten in den Kram passt, kann arbeiten und darf den Mund nicht aufmachen, da alles was er sagt nur gestört sein kann.
Klar kommen da Begehrlichkeiten auf, dass noch auf viele viele andere Elos auszuweiten, vor allem auf die Wehrhaften unter ihnen.

Ja da kommt dann richtig Freude auf, bei einer solchen Sachlage. Diese Freude soll nun allen Elos zuteil werden, wie es aussieht. Und der Knackpunkt ist ja dann erst mal, was passiert, wenn du nicht machst, was die wollen: Reha mit wasweißichnichtallesanNeuroleptika und unbezahltem Praktikum
Dann droht Sanktion und bei Widerspruch vor Gericht wirst du als gaga gehändelt, der halt nicht weiß was er daherschwätzt und sowieso alles nur noch verzerrt wahrnehmen kann. Siehe friesischer Fallmanagement-Thread, da gibt es ja auch so ein Posting über den Fall von Nordlicht. Die Frau schreibt im Elo und ich hatte damals einen Link dorthin gesetzt. Das heißt, wenn du versuchst, dich gegen eine Sanktion zu wehren, kann es sehr gut sein, dass du darauf sitzen bleibst.
Ich weiß nicht, was man dagegen machen könnte. Ist ja auch eigentlich OT hier im "Tod im Jobcenter-Thread"
Das Thema wird aber bestimmt demnächst auftauchen, eventuell bist du der erste hier auf CD.

Ich würde mich an deiner Stelle auf jeden Fall mal schlau machen, was diese Psychopillen angeht, und eventuell schon mal Fühler ausstrecken nach einer Therapie-Möglichkeit ohne Psycho-Drogen und dann darauf bestehen. Damit baust du zumindest vor, dass du mit ganz fiesen Neuroleptika traktiert wirst, die echt üble Folgen haben könnten, das kannst du dann gar nicht mehr abschätzen, was für einer Achterbahn du da ausgesetzt bist. Und wenn du dann erst mal so richtig ausrastest, grad wenn du Besuch hast, dann glaubt dir auch keiner mehr, dass du nicht total durchgeknallt bist und nicht total zugedröhnt werden musst, so dass du nicht mal mehr reden kannst und nur noch wie ein Zombie durch die Gegend schlurfst. Die Links hast du ja zumindest überflogen denke ich, die ich beim Gehirnschleim-Thread gepostet hatte. Eventuell auch schon mal Fühler ausstrecken, wie du gegen ärztliche Fehler klagen kannst, falls Medis bei dir Verschlechterungen oder gar Schäden verursachen, bevor es zu einem ganz üblen Supergau kommt. In den USA gibt es schon eine regelrechte Klagewelle gegen die meisten Neuroleptika.
Bevor du irgendeinen Dreck schluckst, immer erst Nebenwirkungen googeln.

Von einem verzerrten Weltbild merken wir hier nichts, dein Selbstbild kann ich zwar nicht beurteilen, aber dein Weltbild ist durchaus logisch und schlüssig, oft bringst du hier in einige Threads noch mal gut Klarheit rein und untermauerst mit guten Links. Schwarzrot meinte ja auch schon oft, du bringst es mal wieder genau auf den Punkt...


Hoffentlich hast du einen guten Arzt, der auch wirklich hinter dir steht. Ich will dir jetz keine Angst machen oder so, aber sei wachsam.
Naja, wem sag ich das.

Das sollte hier eigentlich abgetrennt werden und in einen der Psycho-Threads eingefügt werden, ist nämlich eigentlich für alle wichtig, nicht dass da erst noch jede Menge Leute sich mit diesen angeblich so harmlosen Tests in Schwierigkeiten bringen, aus denen sie schwer wieder rauskommen.
Bin in letzter Zeit gar nicht mehr auf dem Elo zum Lesen, wegen Zeitmangel, bin mir aber sicher dass das Thema dort auch gut vertreten ist.

Ratrace

ZitatIch weiß nicht, was man dagegen machen könnte.
Ich habe einen behandelnden Psychiater, der eine entsprechendes fachärztliche Stellungnahme gegen das Gutachten geschrieben hatte. Ebenfalls wurde ich vom DGB in der Sache juristisch vertreten. Die Rente wegen voller Erwerbsunfähigkeit ist bis zum Mai 2013 durch, also kann in der Richtung nichts mehr passieren.

Hätte ich keinen guten behandelnden Psychiater und keine Rechtsvertretung, wäre ich wohl in einer nutzlosen Reha gelandet, und danach wäre ich wahrscheinlich als "erwerbsfähig" bei der ARGE gelandet, wo das Ganze wieder von vorne losgegangen wäre. Ich führte den Kampf gegen die DRV seit August 2008, seit August 2010 mit rechtlicher Vertretung des DGB (über ver.di).

ZitatWenn das nicht mies ist, weiß ich aber auch nicht was sonst. Einerseits werden alle deine Einwände gegen die Reha vom Tisch gewischt (wetten dass die mit nem netten unbezahlten Praktikum daherkommen wird, siehe Gehirnschleim's Thread). Weil du angeblich zu persönlichkeitsgestört bist, um den Sinn dieser Reha zu erkennen.
Ja, darauf war das Gutachten ausgelegt. Also zum einen, mich ini eine DRV-Reha zu pressen, wo mir wahrscheinlich gegen Ende (wenn ich das dort überhaupt durchgehalten hätte, denn vertrautes Umfeld ist mir sehr wichtig) weiter Steine in den Weg gelegt worden wären. Ich kenne nun mehrere Leute in meinem direkten Umfeld, die mir sagen, daß die Therapieangebote in den Reha-Kliniken ihnen gar nichts gebracht hätten, im Gegenteil. Einige dekompensierten und kamen kaputter raus, als sie reingingen. Überdies hilft mir keine Gruppentherapie, kein sporadisch stattfindendes Gelaber mit einem Therapeuten aus so einer Klinik, den ich mir nicht mal selbst aussuchen kann und den ich nur für sechs Wochen habe. Und therapeutisches Malen oder andere kunstbasierte Therapieangebote... pffffffffff... nee, ich bin da anders gestrickt.

ZitatAndererseits bist du dann aber wieder wegen deiner Wehrhaftigkeit nicht wirklich sooo schlimm gestört, dass du nicht arbeiten könntest. Das soll woll die verzerrte Selbstwahrnehmung sein, nehme ich an. Die wollen dir da anscheinend einhämmern, dass du zwar so krank bist, dass du bevormundet werden musst, andererseits bist du dann aber zum malochen wieder gesund genug...
Genau das, was denen am meisten in den Kram passt, kann arbeiten und darf den Mund nicht aufmachen, da alles was er sagt nur gestört sein kann.
Klar kommen da Begehrlichkeiten auf, dass noch auf viele viele andere Elos auszuweiten, vor allem auf die Wehrhaften unter ihnen.
Ja, gegen so etwas muß man sich wehren, und zwar mit allen Mitteln. Eine Persönlichkeitsstörung mit meinen Anteilen reicht aber nicht aus, um mich unter Vormundschaft zu stellen. Das könnte ich im Zweifel selber abbiegen. Aber man muß auch nicht die UFOs aus den Wänden kommen sehen, um psychisch krank zu sein, und zwar so krank, daß man erwerbsunfähig ist. Wie man bei meinen Symptomen verlässlich am Arbeitsleben teilnehmen soll, ist sogar dem Gutachter unklar, der eindeutig Integrationsmaßnahmen in den Arbeitsmarkt ausgeschlossen hat. Das Gutachten selber ist voller Widersprüche. Der Gutachter stand klar in dem Zwiespalt, einerseits nicht allzu weit von der Realität abweichen zu dürfen, damit man ihm keine Einseitigkeit zugunsten der DRV eindeutig nachweisen kann, und andererseits dem Auftrag der DRV, meinen Rentenanspruch abzubügeln. Das führte zu einem Gutachten, was in der diagnostischen Zusammenfassung klar sagt, daß nichts geht, im Fließtext jedoch entweder klar ausgesprochen oder angedeutet in Teilen mangelnden Willen aufzeigen will - und das nach einem Vorgängergutachten aus dem Jahr 2009, ebenfalls von der DRV in Aufrag gegeben, was mich in klaren Worten kaputtschreibt.

Finanziell habe ich übrigens nichts von der Rente. An dieser Stelle will ich die ganze Geschichte mal kurz schildern, ist etwas verworren:

Das Arbeitsamt hatte mich im September 2008 aus dem ALG II-Bezug geschmissen (mit dem lapidaren Verweis auf einen Rentenantrag), weil ich nicht erwerbsfähig bin (da wurde das klaglos eingestanden, da ging es ja auch darum, eine Zahlung einzustellen - die Erwerbsunfähigkeit wird wesentlich zögerlicher anerkannt, wenn es darum geht, eine Zahlung einzuleiten).

Weitere Schritte, die die Zahlung meines Unterhaltes gesichert hätten, hatte der Sachbearbeiter nicht unternommen, er war lediglich froh, mich als "Kunden" mit multiplen Vermittlungshemmnissen aus der Datenbank raus zu haben.

Ich mußte dann zum Sozialamt und dort Grundsicherung für Erwerbslose beantragen, inklusive einem dem Antrag folgenden Vorsprechen bei der Einigungsstelle, wo ich mich (in Begleitung eines Beistandes) einem Pulk von Beamten der ARGE und des Sozialamtes gegenüber sah, die klären wollten, wer für mich in Zukunft zuständig sein soll. Dort kam man zu dem Schluß, daß der Schritt des Sachbearbeiters, mich aus Hartz IV herauszunehmen, richtig war und sprach mir die Grundsicherung für Erwerbsunfähige nach SGB XII zu. Einen ersten Rentenantrag, den ich auf Anraten des ARGE-Sachbearbeiters, der mich aus dem Bezug schmiß, bereits laufen hatte, nahm ich daraufhin zurück. Ich dachte, daß das in Ordnung sei, und mir wurde auch nichts anderes gesagt, trotz der in der Sitzung vorgenommenen "Beratung". Daß ich einen Rentenantrag laufen hatte, war immerhin bekannt.

Auf meine Rücknahme des Rentenantrages stellte das Sozialamt die in dieser Einigungsstellen-Runde zuvor bewilligte Grundsicherung wieder ein mit der Begründung, die Rücknahme des Rentenantrages sei als Hinweis auf meine Erwerbsfähigkeit zu werten. Kurz: Kein Geld von der ARGE, keines vom Sozialamt und keines von der Rentenversicherung. Nichts. Krank und 0 Euro zur Sicheurng des Lebensunterhaltes.

Also hatte ich in der Not einen Eilantrag gestellt bei der ARGE wiederum, die bei Unklarheiten auch für Erwerbsunfähige die Zahlung erst mal übernehmen muß, so die Rechtslage nach § 44a SGB II. Die Zahlungen an mich hätten also gar nicht eingestellt werden dürfen. Ein im Vorfeld meinerseits eingereichter Antrag auf ein Darlehen zur Überbrückung der Notlage wurde vom Sozialamt abgelehnt - keine Zuständigkeit. Hier sprang ein enger Freund ein und überwies mir Geld für einen Monat.

Aufgrund des o.g. Paragraphen nahm die ARGE die Zahlung erst einmal notwendigerweise wieder auf, um mich wegen meiner Erwerbsunfähigkeit direkt wieder an das Sozialamt zu verweisen.

Also neuen Antrag auf Grundsicherung für Erwerbslose gestellt. Letzterer wurde dann wieder genehmigt, nachdem ich mich mit dem Leiter des Sozialamtes, der auch in der Einigungsrunde zugegen war und der meine Situation eigentlich hätte kennen müssen, telefonierte. Selbiger trug mir auf, einen neuen Rentenantrag zu stellen, damit eventuelle Zahlungsverpflichtungen der DRV abgeklärt werden können. Was ich auch tat. Danach habe ich bis jetzt mit der DRV um meine Rente gekämpft, zuletzt mit juristischer Hilfe, weil das Sozialamt sonst die Grundsicherungszahlung wieder eingestellt hätte.

Finanziell habe ich von der Rente keinen Vorteil, weil sie unterhalb des Existenzminimums liegt und das Sozialamt aufstocken muß. Das Geld kommt nur aus einem anderen Topf. Mir egal, ich will Ruhe. Nichts weiter. Ich hatte diese Ruhe seit Mitte / Ende 2004, also seit meinem Ausscheiden aus dem Berufsleben, nicht. Meine Gegenwehr kostete mich alle Kraft, die ich aufbringen konnte. Das wird dann im letzten Gutachten der DRV zur Energie, die aufzubringen ich dann doch wohl in der Lage sei, und dies freiwillig und gesteuert. Mit der gleichen abgründigen Logik kann man einem Arbeitslosen Freiwilligkeit bei der Aufgabe seiner Privatsphäre im Zuge der Beantragung von ALG unterstellen. Schließlich kann er es ja auch lassen, hat dann allerdings kein Geld zum Überleben. Für mich ein Highlight des Gutachtens. Nicht sonderlich schlau, weil zu durchsichtig, aber an Bösartigkeit nicht zu überbieten. Klarer Machtmißbrauch und Mißbrauch des Arztberufes.

ZitatNeuroleptika
Brauche ich glücklicherweise nicht, ich nehme hoch dosierte Antidepressiva, die zumindest meine depressiven Symptome etwas abmildern. Mit dem Rest muß ich genau das tun, was in diesem "schönen" Land immer so inkriminiert wird: Mich in der Situation einrichten.
Neuroleptika und ihre (Neben)Wirkungen kenne ich aus quasi hautnaher Erfahrung mit einem Freund, der psychotisch wurde. Hätte ich nicht genommen. Ich habe kein Wahnerleben im psychotischen Sinne, auch keine Halluzinationen oder paranoiden Wahnideen. Und die lasse ich mir auch nicht durch meine Wehrhaftigkeit unterstellen. Daß der Staat einem nichts Gutes will, habe ich schwarz auf weiß. Zum einen anhand meines Falles, aber auch durch dokumentierte andere Fälle, unter anderem hier bei Chefduzen.

ZitatBevor du irgendeinen Dreck schluckst, immer erst Nebenwirkungen googeln.
Hast Du Recht. Ich nehme ein Medikament, was eine bestimmte Ernährung voraussetzt. Mein behandelnder Psychiater hatte mich gut aufgeklärt.

ZitatVon einem verzerrten Weltbild merken wir hier nichts, dein Selbstbild kann ich zwar nicht beurteilen, aber dein Weltbild ist durchaus logisch und schlüssig, oft bringst du hier in einige Threads noch mal gut Klarheit rein und untermauerst mit guten Links. Schwarzrot meinte ja auch schon oft, du bringst es mal wieder genau auf den Punkt...
Danke. Ich habe, wie gesagt, auch kein Wahnerleben im psychotischen Sinne, deshalb kann ich stringent logisch denken. Und die depressiven Symptome stören beim Schreiben insofern nicht, als daß ich einfach nicht im Forum bin, wenn es mir zu mies geht. Meine Affektlabilität grätscht allerdings oft dazwischen. Und noch ein paar andere Bestandteile meiner Verfassung.

ZitatHoffentlich hast du einen guten Arzt, der auch wirklich hinter dir steht. Ich will dir jetz keine Angst machen oder so, aber sei wachsam.
Naja, wem sag ich das.
Mein behandelnder Psychiater ist gut, auch der Psychotherapeut, bei dem ich 2004-2010 in Behandlung war. Von dessen Therapie der DRV-Gutachter - noch ein kleines Schmankerl - sagte, sie sei nutzlos gewesen, da sie nicht zu einer Heilung geführt habe. Wobei er
1. übersieht, daß Gesprächstherapien auch einfach nur begleitend sein können und meine gerade anfänglich pure Krisenintervention und danach begleitend und immer wieder krisenintervenierend war und
2. er als Gutachter von seiner sechswöchigen Reha-Maßnahme, deren therapeutischen Sinn er mir für meinen Fall gar nicht erklären konnte, auch keine Vorschläge für eine Genesung machen konnte und er
3. offen sagte, er sei neidisch auf Psychotherapeuten, die diese das Doppelte an Stundensatz abrechnen könnten (Verhältnis angeblich 40 zu 80 Euro).

Da wundert es nicht, daß er auf seine direkte Konkurrzenz nicht gut zu sprechen ist. Erbärmlich, was heute so alles praktizieren darf.

Ohne den Psychotherapeuten und gute Freunde wäre ich sicherlich tot, das kann ich mit 99prozentiger Sicherheit sagen. Ohne den DRV-Gutachter wäre ich hingegen gut ausgekommen.

Wie auch immer: Hier stehen drei volle Leitz-Aktenordner herum, die das Geschehen seit Eintritt meiner Arbeitslosigkeit Ende 2004 dokumentieren. Ich habe alles lückenlos gesammelt, weil ich mir schon dachte, daß da einiges zusammenkommen wird und ich auf meiner Seite auch Sicherheit haben will.
Auch die fehlegeleiteten und inkompetenten ARGE-Stilblüten vor meinem Eintritt in die Erwerbsunfähigen-Grundsicherung / Rente sind vertreten. Eigentlich guter Stoff für ein Buch. Die Dokumente sind teilweise einfach nur grotesk. Anonymisiert wäre das guter Illustrationsstoff für ein Buch.
Das einzig Freie im Westen sind die Märkte.

Judy

@Ratrace:
Letztendlich beweist dein Fall aber, dass alles an guten Ärzten liegt. Einen Psychiater muss man sich aber selber aussuchen. Ich hatte auch mal nach einem gesucht, und so einige abgeklappert aber die guten hatten keine Vakanzen und der Rest, da will ich mich mal lieber nicht drüber äußern. Inzwischen hat sich die Sache von alleine erledigt, ich mache diverse Trainings-Methoden, Yoga und Meditation und da haben sich im Laufe der Zeit so einige Probleme in Luft aufgelöst, samt zugehörigem Suchtverhalten. Ich musste mir das Rauchen gar nicht abgewöhnen, das ist von alleine weggefallen, Alkohol trinke ich auch nur noch ganz selten, wenn ich wo eingeladen bin oder so. Wenn ich jetzt mal eine Schräglage habe, packe ich das so weg, gibt halt gute und schlechte Tage und alle möglichen Schattierungen dazwischen, so what? Das ist das Leben. Ich reagiere spontaner auf Sachen, wenn was Trauriges passiert, flenne ich, passiert was Gutes, brüll ich Yippie und das ist es dann, da muss ich nicht mehr viel Theater drumrum machen und superlang überlegen und theoretisieren.
Das war aber ein Prozess, der in etwa 20 Jahre ging, mit Meditation und Yoga werden die Dinge auch erst mal schlimmer, bevor sie besser werden und man muss halt dran bleiben und nicht bei den ersten Sturmwehen aufhören. (Sich aber dann auch nicht die doppelte Portion geben und ausklinken, das wäre auch nicht produktiv). Einen guten Lehrer braucht man auch, am Anfang kann und sollte man nicht alleine loslegen.
Solange du

Gut dass du jetzt erst mal versorgt bist und alles so weit eingetütet ist. Wie es weitergeht, ob mit oder ohne Medis, da kann ich dir eh nichts raten, ich kenne dich ja nicht und bin sowieso keine Fachfrau, aber du stehst ja nicht alleine da und Internet gibts auch.

Für uns anderen bleibt aber dennoch die Drohung, was ist wenn man psychiatrisiert werden soll und hat keinen guten Doc zur Seite? Die Gefahr ist und bleibt, bzw. kommt auf uns zu. Man findet nicht auf Anhieb einen guten Psychiater, du hast deinen sicher auch nicht auf Anhieb gekriegt.

Was mich aber stutzig macht, inwieweit ist Depression eine gestörte Persönlichkeit mitsamt verzerrter Wahrnehmung der Welt? Kapier ich nicht so ganz. Gestörte Persönlichkeit bedeutet doch eigentlich eher was in Richtung psychotisch, aber ich bin da keine FAchfrau. Eventuell fällt Depression ja auch unter gestörte Persönlichkeit. Dass du deswegen bevormundet wirst bzw. versucht wird dich zu bevormunden ist schon der Hammer.

Ratrace

ZitatWas mich aber stutzig macht, inwieweit ist Depression eine gestörte Persönlichkeit mitsamt verzerrter Wahrnehmung der Welt? Kapier ich nicht so ganz. Gestörte Persönlichkeit bedeutet doch eigentlich eher was in Richtung psychotisch, aber ich bin da keine FAchfrau.
Eine Erklärung schicke ich Dir per PN. Ich möchte hier nur ungern detailliert meine Diagnosen erklären. Nicht wegen der Community, sondern wegen der Mitleser aus anderen Bereichen.

ZitatLetztendlich beweist dein Fall aber, dass alles an guten Ärzten liegt.
Uneingeschränkt JA! Ich würde jedem raten, sich nur in ein Rentenbeantragungsverfahren zu begeben, wenn er oder sie in regelmäßiger psychiatrischer Betreuung ist. Ein psychologischer Psychotherapeut (also ein Diplompsychologe), auch einer mit medizinischer Ausbildung, reicht nicht. Zudem sollte man sich bei der ersten Ablehnung rechtlichen Beistand besorgen. Was man denen selbst zur Erklärung der eigenen Lage schreibt, interessiert die einen Dreck, und zwar im besten Falle. Im schlechtesten versuchen die, das gegen einen zu verwenden, wenn die da eine Möglichkeit sehen.

ZitatIch musste mir das Rauchen gar nicht abgewöhnen, das ist von alleine weggefallen, Alkohol trinke ich auch nur noch ganz selten, wenn ich wo eingeladen bin oder so.
Was meine Süchte angeht, konnte ich die im Zuge meiner ersten Medikation, damals noch Fluoxetin, abstellen. Als die depressiven Symptome verschwanden, verschwand auch ein Großteil des Dranges, mich abzustellen. Ich war keine Kind von Traurigkeit, habe viel getrunken, war polytoxikoman, habe Kette geraucht. Alles weg. Alkohol nur noch sehr, sehr selten (ca. ein Mal alle ein bis zwei Monate). Dazu noch seit einem Jahr regelmäßiger Sport und eine gesunde Ernährung und diverse andere gesundheitsfördernde Sachen. Natürlich auch keine Drogen mehr. An Yoga und andere meditative Sachen konnte ich mich bislang wegen einer verminderten Konzentrationsfähigkeit nicht herantrauen, kommt vielleicht noch. Ich höre nur Gutes darüber.

Ich spiele derzeit mit dem Gedanken, eine Psychoanalyse in einem Jahr machen zu lassen, also wenn ich wieder etwas mehr Kraft habe, weil ich da noch Bedarf und Therapielöcher sehe. Das wird noch hart werden.

Bin mal gespannt auf mögliche weitere Berichte von DRV-geschädigten. Oder vielleicht auch von Leuten, bei denen es keine Probleme gab.
Das einzig Freie im Westen sind die Märkte.

hanni reloaded

Zitat von: Ratrace am 12:18:22 Sa. 30.Juli 2011
Oder vielleicht auch von Leuten, bei denen es keine Probleme gab.


*meld*

Kurze Zusammenfassung:
nach Aufforderung des Jobcenters
-22.04.2009 zur RV marschiert und Rentenantrag gestellt
-25.05.2009 Begutachtung, bestand aus kurzer Untersuchung, EEG und "Gespräch"
-13.08.2009 Bescheid über volle Erwerbsminderung, befristet.

Verlängerungsantrag gestellt Januar 2011, war nur ein Formular für den Neurologen, keine Untersuchung, keine Reha, nada.
Bescheid über Weiterbewilligung Anfang Februar 2011 erhalten.


Wenn ich mittlerweile eines feststellen durfte, dann:
bei der DRV gibt es keine Regeln und nichts ist vorhersehbar, absolute Willkür.
Jeder Fall ist ein Einzelfall.

Umso wichtiger ist die richtige Planung im Vorfeld.

Ich habe jeden quersitzenden Furz ärztlich dokumentieren lassen, jedes Aua-Zwicken und jeden "Knall", den ich habe.

Mein Neurologe und meine Psychotherapeutin arbeiten eng zusammen und ich vermute, daß es an dem K.O-Gutachten lag, das meine Ärzte mir zur Rentenbegutachtung mitgaben.

Die Begutachtung war imho ein Witz.
Ich wurde "neurologisch untersucht" *haha, folgendermaßen:
"bitte greifen Sie mit dem Zeigefinger an Ihre Nase".
Das EEG wurde von dem Gutachter mit vielsagendem "Uh hmmmmmmmmmmm oh" kommentiert.

Das Gespräch, bei dem er mich nicht ein einziges Mal direkt ansah, war eigentlich (für normale Menschen)
harmlos, zielte aber genau auf meine Ängste und Zwänge, was zur Folge hatte, daß ich praktisch kreischend und hysterisch
Rotz und Wasser heulte.
War ne reine Provokation, ist mir klar.
Und vielleicht war meine absolut echte Reaktion der Ausschlag für den positiven Bescheid.
Wer weiß?


Eivisskat

Das Video ist vielleicht ein wenig polemisch, aber vermutlich stimmt so einiges  >:(


Frankfurt: Ausstellung informiert, wie Psychiater künftig jeden für verrückt erklären können


Hier ist die Adresse von der "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V. (KVPM)", über die ich allerdings nichts weiter weiss:

http://www.kvpm.de/start.html


Eine **Willenserklärung** könnte eventuell sinnvoll sein, muss aber anscheinend notariell beglaubigt werden.


Judy

Heftig, so schlimm hatte sogar ich mir das  nicht vorgestellt. Ich hatte aber schon mal einen Link zu denen gepostet, wo es um die Todesfälle ging.
Absolut übel. Hoffentlich geht das nicht einfach so ohne weiteres, dass man für verrückt erklärt wird, ohne dass man sich überhaupt von einem Psychiater ausfragen läßt.

Was für ein Dreck, ich hoffe diese Psychotests bei den Jobcentern kommen niemals durch.

Ratrace

Wobei man auch sagen muß, daß es einen heftigen Konkurrenzkampf gibt zwischen der Psychiatrie und irgendwelchen "Lebensberatern", die ja auch alle im Zuge der New-Economy-Blase ihre kurze Hochphase mit ihren ewig gleich blöden "Du kannst es schaffen, wenn Du nur willst (und mich üppig und willig bezahlst)"-Litaneien als ideologische Zulieferer der neoliberalen Indoktrinationsführer hatten und gerade zu der Zeit wie Pilze aus dem Boden schossen.
Der Typ aus dem Video kommt mir ähnlich suspekt vor. Ist aber nur ein oberflächlicher Eindruck. Was mir bei solchen Leuten immer fehlt, ist die Alternative. Was macht man denn, wenn man eine psychische Krankheit hat, unter der man leidet, aber jedes Psychopharmakon ablehnt und Psychotherapie alleine nicht hilft? Was macht der Psychosekranke, der nicht mehr schlafen kann, weil er glaubt, daß Nachbarn ihn beobachten, weil er aus den Wänden die Beobachtungswerkzeuge kommen sieht und die Stimmen in seinem Kopf ihn zum Suizid oder zum Mord gegen die "Feinde" aufrufen?

Ich bin bestimmt kein Vertreter der Psychiatrie oder eines blinden Wissenschaftsglaubens, aber es gibt eben auch gute und verantwortungsvolle Psychiater, und wie Judy schon sagte, muß man dort bei der Arztwahl eben genau so aufmerksam sein wie sonst (hoffentlich) auch. Wenn ein Psychiater die Ursachen der Problemlage seines Patienten diesem als Alleinverantwortung aufdrückt, ist er zu meiden. Das System, die Bedingungen, in denen der Mensch lebt, ist immer Teil seines Selbst. Wenn ein Psychiater oder auch Psychologe das nicht anerkennt, sollte man die Beine in die Hand nehmen.

Was erst mal zu verbessern ist, ist, daß man aus lauter Verzweiflung bei schlechten Psychiatern oder Psychotherapeuten bleibt, weil man nur Termine nach lächerlich langen Wartezeiten (bis zu einem halben Jahr sind keine Seltenheit) bekommt. Wenn man dann endlich im Behandlungszimmer sitzt, ist man bei entsprechendem Leidensdruck froh, eine Anlaufstelle gefunden zu haben, und nimmt fälschlicherweise einiges inkauf, um nicht erneut lange warten zu müssen.

Was die Medikamente angeht, ist leider nach wie vor in der Psychiatrie viel "Ausprobieren" angesagt. Es ist eben nicht "Depression-->Antidepressivum X", "Psychose-->Neuroleptikum Y". Ein gebrochenes Bein wird immer eingegipst werden, die Knochenheilung muß gewährleistet werden, das war so und wird mit kleinen Änderungen im Detail immer so bleiben. Aber das Gehirn und sein biochemisches Gleichgewicht sind von Individuum zu Individuum verschieden, auch bei Gesunden. Und es ist hier Mitdenken des Patienten gefragt. Wer ein Präparat verschrieben kriegt, sollte immer auch selbständig recherchieren, was es für Nebenwirkungen hat. Und wenn das Medikament eigentlich kontraindiziert ist, weil man gewisse Sachen nicht verträgt, und man hat dem Psychiater das voher klar gesagt, er hat es aber ignoriert, dann ebenfalls den Arzt wechseln.

Natürlich kann es auch vorkommen, daß es sich erst herausstellen muß, ob ein Medikament funktioniert. Beziehungsweise: Es kann nicht vorkommen, es ist in der Psychiatrie die Regel. Für solche und für andere Fälle, in denen man auf sofortige ärztliche Hilfe angewiesen ist, hat mein Psychiater Notfallsprechstunden. Da kriegt man am selben Tag noch einen Termin.

Und was das Erfinden von Krankheiten angeht: Viele Krankheiten sind vor 50 Jahren schlicht undiagnostiziert geblieben. Da hat sich ein Depressiver eben einfach mies gefühlt, ohne zu wissen, was mit ihm los ist und hat sich aufgehängt. Oder der Psychosekranke stand auf seinem Hausdach und verkündete, Jesus zu sein und predigte. Der war dann halt der Dorfdepp, der Sonderling. Aber deswegen nicht gerade besser dran oder besser integriert.
Persönlichkeitsstörungen zum Beispiel sind immer auch (meiner Ansicht nach) ursächlich in der Gesellschaft auszumachen. Natürlich verändert sich die Gesellschaft, es verändern sich Lebensbedingungen, und anders als beim oben angeführten gebrochenen Bein verändern sich die psychischen Probleme der Leute mit. Man kann das beispielhaft daran veranschaulichen, daß die Erschöpfungsdepression, also der Burnout, als Krankheitsbild recht neu ist. Was natürlich auch (und m. E. hauptsächlich) daran liegt, daß das Leben, das wir führen müssen, in einem Umfeld stattfindet, was diese Krankheit fast zwingend zur Folge hat. 70 Wochenarbeitsstunden, immer hochproduktiv sein und dazu noch Freizeitstreß haben, die eigenen Kinder ebenso prägen und mit drei Jahren in fremdsprachliche Betreuungen schicken, später mit Sport- und Musikkursen überhäufen oder - das Gegenteil - diese den direkten Folgen von Hartz-Armut und gesellschaftlicher Ausgrenzung bereits ab frühestem Kindesalter aussetzen zu müssen, prägt eben und macht auch oft krank.

Wie reagieren Kinder der Konsumgesellschaft denn auf den Mitschüler, der die Klassenfahrt nicht mitmachen kann oder ausschließlich gebrauchte Klamotten ohne nennenswerte Markennamen trägt oder sich das neue Apple-i-Schrott-Dingens nicht leisten kann? Und da sind wir sofort wieder bei dem kranken Wertesystem einer kranken Gesellschaft. Ausgrenzung und Mobbing (also Psychoterror, um mal ein klares Wort zu benutzen) im Kindesalter prägen für's Leben, wenn ausgeprägt und intensiv und langanhaltend genug.

Die Politik, die Medien und die Eliten haben dieses System krank gemacht, und darauf reagiert ein gesunder Mensch mit Krankheit. Ein Paradoxon, aber so ist es. Und bei Leidensdruck, den man nicht "verpacken" kann, braucht man eben Hilfe - egal, ob die Krankwerdung eigentlich konsequent natürlich war oder nicht. Irgendwann ist ein Leidensgrad erreicht, den man nicht mehr beherrscht.
Wer durch dieses System ohne wenigstens starkes tägliches Unbehagen geht, alle Anforderungen schadlos übersteht, sich darin wohl fühlt und nebenbei noch ein erfülltes und erfüllendes Privatleben hat (ohne sich ausgeklinkt zu haben aus dem Hamsterrad, wohlgemerkt), der muß definitiv einen Schaden haben.

Und daran ändern könnten nur die Verantwortlichen für das Hamsterrad etwas, aber die wollen das nicht. Die Profiteure, die ewig gleiche Scheiße aus Politik und Lobbyfunktionären, Medien- und Bildungs- bzw. vielmehr Verblödungsmafia, Großkonzerne sowie Hochfinanz. Und ja, auch die Pharmakonzerne stoßen sich über die Maßen gesund und bedingen das System mit.

Also ehrlich, ich wüßte nicht, wie ich, wäre ich Psychotherapeut, nicht nur gegen eine Krankheit, sondern auch gegen diese Gesellschaft antherapieren sollte. Das, was ich machen könnte, wäre maximal, den Patienten aus einem Teil des krankmachenden Umfeldes herauszunehmen. Was ja auch nur partiell, z. B. hinsichtlich eines krankmachenden Arbeitsumfeldes, machbar ist - die Gesellschaft wird ihn weiter umgeben.
Wenn dieser Patient mich dann nach Zukunftsaussichten fragen würde, wenn das Versagen der Politik auch nur im Ansatz thematischer Teil der Therapiestunden werden würde, wäre ich ratlos. Was anderes als "Sie haben recht" kann man jemandem sagen, der die (nicht nur, aber auch) in diesem Forum so deutlich an allen Ecken und Enden geäußerte Kritik an dem, was uns unsere Eliten bescheren, thematisiert, und zwar als wichtigen Mit- oder gar Hauptgrund für seine Probleme?

Das m. E. Wichtigste, was Ärzte aller Couleur tun können, ist meines Erachtens, sich nicht in den Staatsdienst zu stellen und den eigenen Berufethos nicht unter ihre Begehrlichkeiten zu stellen. Das hatten wir alles schon in der Nazizeit, wo sich Ärzte dazu hergaben, die Arbeitslagertauglichkeit von Exekutanden am Deportationswaggon stehend mit Daumen-hoch-Daumen-runter-Gesten zu beurteilen. Ach so, ich vergaß: Das kann ja niemals wiederkommen, wir sind ja heute alle so aufgeklärt und haben unser unumstößlich humanistisch geprägtes Wertegefüge, besonders natürlich akademische Weihenträger aus dem medizinischen Sektor. Deshalb darf man per Political-Correctness-Dekret natürlich solche Vergleiche niemals anstellen.
Das einzig Freie im Westen sind die Märkte.

Aloysius

Hallo hanni,

mir geht es grad wie dir, fast identische Situation. Hab auc bei verschiedenen Äzten bzw. Gutachtern schon was man so Zusammenbrüche nennt, unterschiedlich stark.

Da ist es auch kontraproduktiv, zu versuchen, das zu überspielen.

Und die EU-Rentenverfahren, das soll einer nachvollziehen.

Mein Hausarzt sollte jüngst nach 6 Monaten erneut ein Formular ausfüllen, ob sich wohl meine Lage großartig gebessert habe.

Der hat sich auch nur an den Kopf gefasst. Klar, Wunderheilung in zwei Quartalen, seeehhhr wahrscheinlich

Auch in einer psychiatrischen 'Abschlußbegutachtung' mit dem Klinikleiter, der sowas von das perfekte Beispiels des sich für einen nicht mehr Halb- sondern eher schon Dreiviertelgott hielt war im Grunde zum Lachen, wenn's nicht so traurig wäre:

Da wurden am Freiteg im Schnellverfahren die Leute in einem Gruppenraum die Patienten durchgeschleust und geprüft und für noch krank oder doch schon gesund erklärt.

Ich komme rein, setze mich auf einen der steinalten Couchsessel, und der bricht auseinander

Der Kommentar vom Chefarzt:

'Na, Ihnen geht's ja anscheinend wieder wunderbar, Sie strotzen ja vor Energie!'

Schon klar, unmöglich, dass der rotte Stuhl der Grund sein könnte. Natürlich wurde ich entlassen, und natürlich war ich dann auch bald wieder da.

Das war eine der Kliniken, die von einer der großen Klinikketten aufgekauft wurden und in der Folge dann auf blanke finanzielle Effektivität getrimmt wird.

Da ist dann nicht so arg viel Zeit und Personal über, um Leute wirklich gesund zu machen.
Reden wir drüber

Troll

Die Psychiatrie halte ich für den gefährlichsten Teil der Medizin, neben den Goodies der Pharmaindustrie, viele Therapeuten scheinen zu glauben sich ein ruhiges, lukratives, Arbeitsfeld ausgesucht zu haben und so "behandeln" sie auch Ihre Patienten. Da wird der Patient einfach mal lästig wenn sich nicht schnell ein Behandlungserfolg einstellt, auch in der Psychiatrie hat der Neoliberale Zeitgeist eingeschlagen, im Zweifel bzw. oftmals dank der Unfähigkeit des Therapeuten ist dann der Patient selbst Schuld, wird maximal mit allerlei Segnungen der Pharmabranche ruhiggestellt.

Einen guten Therapeuten zu finden gleicht beinahe einem Sechser im Lotto.
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

xyu

Zitat von: Eivisskat am 17:55:24 So. 31.Juli 2011

Hier ist die Adresse von der "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V. (KVPM)", über die ich allerdings nichts weiter weiss:

http://www.kvpm.de/start.html




--> die KVPM ist eine Vorfeldorganisation der "Scientology kirche", siehe http://www.ingo-heinemann.de/Psychiatrie.htm

hier noch weitere allgemeine links zum thema (anti)psychiatrie aus anderen ecken:

http://www.antipsychiatrie.de/

http://www.fau.org/ortsgruppen/hannover/gs/psy

Judy

Zitat von: xyu am 19:58:38 Mi. 03.August 2011

--> die KVPM ist eine Vorfeldorganisation der "Scientology kirche", siehe http://www.ingo-heinemann.de/Psychiatrie.htm

Schreck lass nach...
Da kriegt ja alles gleich wieder einen ganz anderen Sinn. Jetzt ist es auch erklärlicher, warum der Sprecher im Filmchen so eine "Verkäuferpersönlichkeit" zur Schau trägt...

War mir sowieso ein wenig unklar, woher denn das viele Geld kommen soll, das die wohl haben müssen, für ihre doch sehr aufwändigen Info-Stände und Adressen.

Eivisskat

Mir gings da nicht um den hässlichen Anzug des Typen oder um seinen möglichen Hintergrund zu den Scientologen, sondern einzig und allein um die Aussage, wie schnell man inzwischen entmündigt und in die Psychiatrie abgeschoben werden kann.

Und wieso die deshalb einen "anderen Sinn" bekommt, weiss ich auch nicht.

Und auch darum, dass das Abschieben anscheinend in Zukunft noch schneller gehen kann und mensch das eventl. mit dieser notariellen Vollmacht/Willenserklärung verhindert werden kann.

Also, hängt euch jetzt bitte nicht schon wieder an Dingen auf, die überhaupt nicht dazu gehören, nur weil mir dieser Film gerade in die Hände fiel.

Da kann man doch auch mal drüber weg sehen, über diesen Scientologen-Hintergrund, meine Güte, wenn's (wie gerade hier...) der Aufklärung dient und muss nicht gleich ohnmächtig werden.

Schliesslich sind wir hier doch nicht völlig verblödet, oder vielleicht doch?

hanni reloaded

Zitat von: Eivisskat am 16:08:50 Do. 04.August 2011

Schliesslich sind wir hier doch nicht völlig verblödet, oder vielleicht doch?

das nicht, aber manchmal übermässig paranoid.
Und da wird alles zerlegt und zerfieselt und zerfetzt und gesucht.
Und siehe da, man hat etwas gefunden, aufgrund dessen man sagen kann:
nehm ich nicht ernst, weil blabla.

Gefährlich, denn an der Grundaussage ändert es eben gar nix, wie du schon meintest.
:)



edit:


Zitatwie schnell man inzwischen entmündigt und in die Psychiatrie abgeschoben werden kann.

ich hatte geplant, für meinen SB-Ausweis ein Merkzeichen "B" (Begleitung) zu beantragen, weil ich mir einfach kopfmässig
schwertu, irgendwohin zu gehen.
Meine Therapeutin riet mir ab, denn sie meinte, ich könnte mir mit sowas selber ins Knie schiessen.

Beim Überlegen denke ich, sie hat vielleicht gar nicht so unrecht.

aussteiger

Ich habe jetzt nicht alles durchgelesen.
Aber hier geht es um die Psycho- und Entmündigungskeule, die der Staat immer verstärkter anwendet.
Das kenne ich auch von einem schwerbehinderten Kollegen von mir.
Der war Rentner und lag jahrelang, bis zu seinem Tod 2005 im Klinch mit einem Gericht vor Ort.
Als er wegen einem Verfahren den Richter schriftlich wegen Befangenheit ablehnte, bekam er ein Schreiben vom Gericht, daß man nun erwäge, ihn zu entmündigen.
Dazu kam es dann aber nicht mehr, er ist zuvor gestorben.
Aber bis zu seinem Tod war er voll auf geistiger Höhe, nur halt bewegungsmäßig eingeschränkt.
Nur mal als Beispiel, wie das teilweise eingesetzt wird, ich habe damals das Schreiben auch gelesen.
Der Staat hat Milliarden für Banken, Griechen, Portugiesen, Spanier usw. dann hat er gefälligst auch für Deutsche Schwerbehinderte zu zahlen !


Troll

Zitat von: aussteiger am 15:32:49 So. 18.Dezember 2011
Aber bis zu seinem Tod war er voll auf geistiger Höhe, nur halt bewegungsmäßig eingeschränkt.

Das ist der Normalzustand, eine körperliche Behinderung wird oftmals gerne, auch von Fachkräften von denen man anderes erwarten würde, mit einer geistigen Behinderung gleichgesetzt.
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Dieter Hildebrandt
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Jiddu Krishnamurti

Nick N.

Hier haben sie jemanden weggesperrt, der einen handfesten Skandal aufdecken wollte, einen whistleblower...
ZitatDer Fall Mollath Unschuldig in der Psychiatrie? (XL-Version)

aus der Sendung vom Dienstag, 13.12.2011 | 21.45 Uhr | Das Erste

Gustl Mollath aus Nürnberg sitzt seit fast sechs Jahren in der Psychiatrie. Weggesperrt von der Justiz. Angeblich sei er gemeingefährlich und leide an Wahnvorstellungen, dass seine Frau und andere Schwarzgeld in die Schweiz gebracht hätten.

Diese Behauptung hatte Gustl Mollath in einer detaillierten Anzeige gegenüber der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth im Jahr 2003 geäußert. Er lieferte Namen von angeblichen Schwarzgeldkunden, nannte Kontaktpersonen in der Schweiz, legte Dokumente vor. Dennoch sah die Staatsanwaltschaft Nürnberg keine Anhaltspunkte für Ermittlungen. REPORT MAINZ ist seinen Hinweisen nachgegangen und auf erstaunliche Indizien gestoßen
http://www.swr.de/report/-/id=233454/nid=233454/did=9021254/dulrzh/index.html

Das Video ist aus der Mediathek, verschwindet also wahrscheinlich bald wieder.
Satyagraha

Rudolf Rocker

ZitatDas Video ist aus der Mediathek, verschwindet also wahrscheinlich bald wieder.

Links in der Spalte kann mensch unter "Video herunterladen" genau das machen! ;)

inline

Zum Fall von Gustl Mollath

Ihm wird ja unterstellt, dass seine Anschuldigungen ein Teil von einem paranoiden Gedankensystem seien.

hm, hat paranoid nicht immer was mit Bedrohungsgedanken (gegen der eigenen Person) zu tun?
Also wenn er jetzt z. B. behaupten würde, geheime Mächte wollten ihm um sein Geld bringen...

Glaubwürdiger finde ich hier, dass Freunde der Staatsanwaltschaft auf der Namenliste stehen.

Troll

Fall Mollath
Kippt das Nürnberger Wahnsinns-Urteil?
BR-Quer (Video)

Prantl zum Fall Mollath
"Es ist etwas falsch gelaufen"
BR-Quer (Video)
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
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