Alte Frau raus aus Wohnung wegen 4€ Mietdifferenz?

Begonnen von Arwing, 00:43:27 Fr. 28.Oktober 2011

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Arwing

Hallo,

meine Mutter (65J.) soll wegen einer Mietdifferenz von 4,07€ in eine günstigere Wohnung ziehen.

Unsere Idee (Familie) war es, dass sie nun diese 4€ von ihrem Regelsatz selbst bezahlen will.
Das Grundsicherungsamt sagt, das gehe nicht. Der Regelsatz sei dafür nicht vorgesehen, sondern genau abgestimmt, für welche Lebensbereicht der Regelsatz ausgegeben werden müsse (Kleidung, Telekommunikation, Ansparen usw.).
Aktuelle Wohnfläche 65m² und angemessene Wohnfläche 53m².
Aktuelle Kaltmiete 263,77€ und angemessene Kaltmiete 259,70€

Ist das so zulässig? Wir meinen nein und im Internet finden sich schon viele ähnliche Fallbeschreibungen, wo die Restdifferenz der Miete, die die Grundsicherung nicht übernimmt, trotzdem aus dem eigenen Regelsatz abgegolten wurden.
Zudem war nachzulesen, dass bei einer Weigerung die Kaltmietkosten zu senken, die Grundsicherung nur den angemessenen Betrag der Kosten der Unterkunft übernimmt und nichts weiter tun kann, wenn man weiterhin in seiner scheinbar zu großen Wohnung lebt.
Wir wollen nun genauso verfahren und das Grundsicherungsamt auflaufen lassen, indem unsere Mutter die Kosten (4,07€), die über dem getragenen Anteil der Kaltmiete liegen, selbst von ihrem Regelsatz begleicht.

Des Weiteren sind viele Möbel 30-40 Jahre alt und können keinen weiteren Umzug überstehen. Geschätzt liegen die Umzugkosten mit Kosten der Renovierung der neuen und alten Wohnung samt teilweise neuen Einrichtungsgegenständen (Teppiche, Möbel usw.) und Kaution bei grob geschätzten 1000€ - 2000€ zu Lasten des Amtes, nur um 4€ Monatskaltmiete einzusparen. Rechnet man klar durch, so ,,amortisiert" sich die neue Wohnung erst nach 21 Jahren. bzw. 42 Jahren! Ein großes Maß an Geldverschwendung Seitens der Grundsicherung.
Insbesondere, da die vorher zuständige Arge auch damit argumentierte, dass diese kleine Abweichung von 4€ vom Amt übernommen würde bzw. meine Mutter sie selbst hätte vom Regelsatz tragen müssen, wenn sie dort wolle wohnen bleiben.

Kann sich bitte jemand, der dazu in der Materie kundig ist oder Erfahrung damit hat, äußern? Vielleicht mit einem Verweis auf ein positives Gerichtsurteil? Das wäre wirklich super.

Anbei eingescannt und hochgeladen das Schreiben vom Amt für Grundsicherung.

Seite 1: http://www.bilder-hochladen.net/files/big/6cr9-14-d67d.jpg

Seite 2: http://www.bilder-hochladen.net/files/big/6cr9-15-d645.jpg

Seite 3: http://www.bilder-hochladen.net/files/big/6cr9-16-3416.jpg
Das aktuelle Geldsystem ist auf die Gewinnmaximierung einer kleinen Elite ausgerichtet, die von der Gemeinschaft der Bürger Europas erbracht werden soll und die politische Elite fungiert als Handlanger.


Nikita

Es gibt einige rechtliche Argumente, die gegen die Auffassung der Behörde sprechen. Härtefall wg. des Alters, etc.
Wenn sie die Behörde zur Weißglut bringen möchte, soll sie 1 qm2 Wohnfläche an jemanden untervermieten, zum Preis von 4,07 Euro. Warum die beiden das machen geht die Behörde nichts an.

https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=140843&s0=unangemessene%20miete&s1=&s2=&words=&sensitive=

Nur mal ein Urteil:
Hessisches Landessozialgericht :

ZitatDie Kläger wären zu einem Umzug durchaus in der Lage. Aus rein finanziellen oder ideellen Erwägungen zu ihren Gunsten hiervon abzusehen, ist im Hinblick auf die wirtschaftlichen Folgen für die Allgemeinheit nicht sachgerecht. Ein solcher Wunsch wäre von den Klägern selbst zu finanzieren; entweder durch Einsparungen an anderer Stelle oder durch Reduktion der Kosten der Unterkunft durch Verhandlungen mit dem Vermieter oder Untervermietung.

Nikita

§ 22 SGB-II beinhaltet:
"Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. "

Allerdings wird sie ja bereits Grundsicherung im Alter beziehen. Dann muss man im SGB XII entsprechend schauen.

Arwing

Danke soweit, aber es geht nur noch darum, ob sie die Differenz von Kaltmiete zur angemessenen Miete, die das Amt maximal übernimmt (4€) vom Regelsatz bezahlen kann.
Dass sie eine Frist zur Wohnungssuche von 6 Monaten besitzt, in der die 4€ Mehrmietkosten übernommen werden, das ist nicht der Sorgenpunkt.
Sie will in der alten Wohnung wohnen bleiben und die 4€ unangemessenen Mietkosten selber vom Regelsatz tragen.
Das aktuelle Geldsystem ist auf die Gewinnmaximierung einer kleinen Elite ausgerichtet, die von der Gemeinschaft der Bürger Europas erbracht werden soll und die politische Elite fungiert als Handlanger.

Pfiffi

Wenn ich richtig gelesen habe geht es nicht um das SGB II sondern um das SGB XII, Grundsicherung.
Wobei da steht eindeutig die Miethöhe in vollem Umfang, auf die Begründung des Amtes bin ich gespannt.
Um es kurz zu machen, würde die volle Miethöhe beantragen, alles natürlich schriftlich, dann gegebenenfalls weiter mit Widerspruch und Klage mittels Anwalt.
Und zu den "Vorschriften" das sie den Regelsatz nur für die dafür vorgesehenen "Posten" ausgeben darf, da wäre Deine Mutter sicher verhungert oder verdurstet, müsste 0,30 € jeden Monat ansparen für einen neuen Personalausweis und andere Sachen. Die Behörde scheint es erst einmal zu versuchen.
Bei einem Betrag von 4,70 € kann man davon ausgehen das die unerheblich ist und bei entsprechenden Anträgen auch von der Behörde übernommen wird.
Wichtig ist schriftlich damit man was in der Hand hat, auch sollte man überlegen wie die derzeitige Zahlung gegenüber dem Vermieter zu leisten ist, also das man die KDU einzeln überweist in der Höhe die man vom Amt bekommt und die Differenz extra, dann eine ordentliche Forderung aufstellt mit Zinsen usw. das man auch etwas davon hat.

Ja das birgt "Sprengstoff" da würde sich Kafka selbst an die Birne fassen.
Jeder kennt den "Dreisatz", welcher ist davon bei den JCs anzuwenden?

JC Dreisatz: Warum?  Wo steht das? Alles nur schriftlich!!

Nikita

Zitataber es geht nur noch darum, ob sie die Differenz von Kaltmiete zur angemessenen Miete, die das Amt maximal übernimmt (4€) vom Regelsatz bezahlen kann.
Habe ich auch verstanden. Vielleicht war ich nicht deutlich genug.
In dem Urteil, welches ich zitiert habe, sagt das Landessozialgericht ganz deutlich, dass man die Differenz einer unangemessen hohen Miete selbst zahlen kann.

"Ein solcher Wunsch wäre von den Klägern selbst zu finanzieren; entweder durch Einsparungen an anderer Stelle oder durch Reduktion der Kosten der Unterkunft durch Verhandlungen mit dem Vermieter oder Untervermietung."

... und in dem zitierten Paragrafen 22 SGB II steht nichts davon, dass sie umziehen muss, sondern dass die Behörde nur die Differenz zur angemessenen Miete nicht bezahlen muss. Beides macht deutlich, dass sie die 4,07 Euro selbst zahlen darf.

Da sie bereits vermutlich Grundsicherung im Alter bezieht, gilt analog § 35 Absatz 2 Satz 1 und 2. Dort steht ebenfalls das, was ich zum § 22 SGB II bereits zitiert habe.

Arwing

Kein Thema @ Nikita ;) Auch allen anderen Antworten erstmal ein Dankeschön.
Wir werden es auch so handhaben, dass sie vom Regelsatz die 4€ Differenz selbst trägt. Nach 40 Jahren Wohnzugehörigkeit will sie auch gar nicht mehr weg und ihren restlichen Lebensabend dort verbringen.

@Pfiffi: Du meinst also, meine Mutter soll klagen und darauf hoffen, dass das Gericht die Möglichkeit offen darlegt, dass sie auch die Mietdifferenz selbst zahlen kann, damit das Amt für Grundsicherung dann direkt Ruhe gibt?
Das aktuelle Geldsystem ist auf die Gewinnmaximierung einer kleinen Elite ausgerichtet, die von der Gemeinschaft der Bürger Europas erbracht werden soll und die politische Elite fungiert als Handlanger.

schwarzrot

Zitat von: Arwing am 13:21:01 Fr. 28.Oktober 2011
Nach 40 Jahren Wohnzugehörigkeit will sie auch gar nicht mehr weg und ihren restlichen Lebensabend dort verbringen.

@Pfiffi: Du meinst also, meine Mutter soll klagen und darauf hoffen, dass das Gericht die Möglichkeit offen darlegt, dass sie auch die Mietdifferenz selbst zahlen kann, damit das Amt für Grundsicherung dann direkt Ruhe gibt?

Würde mich Pfiffi anschliessen. Bin zwar kein experte für 'grusi', aber bei ALGII empfängern gibt es sehr wohl gründe, dass mensch nicht umziehen muss, auch wenn die miete (geringfügig) zu hoch ist (was bei 4eus ja wohl der fall ist).
Weiterhin ist beim umzug wichtig, ob dieser nicht eine soziale härte darstellt, was bei 40 jahren in der wohnung/ort und alten menschen ja bestimmt der fall ist. Auch ob der umzug wirtschaftlich sinnvoll ist, was bei 4eus zu viel ja wohl auch eine klare sache wäre, ist wichtig.

Also, beratungshilfe beanragen, ab zum anwalt und dann klagen.
"In der bürgerlichen Gesellschaft kriegen manche Gruppen dick in die Fresse. Damit aber nicht genug, man wirft ihnen auch noch vor, dass ihr Gesicht hässlich sei." aus: Mizu no Oto

Wieder aktuell: Bertolt Brecht

Eivisskat

Eventuell auch mit dem Vermieter sprechen, da sollte ja nach 40 Jahren ein gutes Verhältnis bestehen, das der die Miete entsprechend angleicht.

Viele Vermieter kassieren doch inzwischen exakt die Summe, die H4 oder Grusi hergibt, weil sie wissen, dass das sichere Einnahmen sind. Vielleicht ist diese Summe diesem V. noch nicht bekannt.

Dearhunter

Das Amt will es nicht bezahlen und sagt, die Grundsicherung ist zweckgebunden und darf nicht dafür verwendet werden.

Praktische, pragmatische Lösung:

5 Euro (ich runde mal auf) dürften als "Nebeneinkommen" auf jeden Fall anrechnungsfrei sein, auch bei Grusi.

Man setzt Schreiben auf, in dem man sich dazu verpflichtet, jeden Monat 5 Euro an die Dame zu zahlen, die für die Mietdifferenz gedacht sind.

Der geringe Betrag ist anrechnungsfrei, das Amt muss nur den zulässigen Höchstsatz zahlen und es wird nicht von der zweckgebundenen Grundsicherung genommen.

Alle sind zufrieden.


DH

Onkel Tom

Manoman, das muss ja ne Amts-Ordendlich-stenge-Vorschrift-befolgende SB
bei der grusi sein.
Gibt der Mietvertrag wegen Kündigungsfristen nix her ? Alte Mietverträge
haben ja noch Kündigungsfristen, die mit der Vertragsdauer wachsen.

Ich glaube, so was ich alles an möglichen Unzumutbarkeiten und Unverhältnis-
mäßigkeiten verstanden habe, würde man die Person im Amt mittels Klage
ne kräftige Ohrfeige verpassen a la "Nu machen Sie mal ein Punkt und
verbeißen sie sich nicht zu sehr in Vorschriften !!".

Wenn die Karre wirklich so festgefahren ist, würde so ein SG-Prozess wohl
als Prozess wegen Überheblichkeitdes SB in die Geschichte eingehen.

Erst mit nem Anwalt was versuchen und wenn die Engstirnigkeit immer noch
nicht nachlässt, begleitende Aktionen abziehn und ggf. die Haare im StGB
finden, womit mann sone SB stilllegen kann..

Manchmal schreien die Spatzen auch nach Kanonenschüsse. Die Frage steht
nun im Raum, den Mut zu finden, die Lunte an zu zünden..

Ächt Ätzend sone Amtsschimmelschaft..
Lass Dich nicht verhartzen !

Arwing

Hallo zusammen,

danke auch für die vielen Antworten. Wir werde nauf jeden Fall usnere Mutter weiterhin in der Wohnung wohnen lassen und wenn nn der SB die Grundsicherung kürzen will (Sanktionen), weil die 4€ vom Rgelsatz bestritten werden, dann geht es auf alle Fälle und auch nur erst dann zum Sozialgericht.

Das aktuelle Geldsystem ist auf die Gewinnmaximierung einer kleinen Elite ausgerichtet, die von der Gemeinschaft der Bürger Europas erbracht werden soll und die politische Elite fungiert als Handlanger.

Pfiffi

Also jetzt nochmal langsam für mich, es gibt im SGB XII zu der Höhe der Grundsicherung eine Ausführung die besagt das die Grundsicherung nur für die Lebenserhaltung zu benutzen ist? Also KDU ein Posten der gezhlt wird und Regelsatz Grundsicherung ein Posten, und man darf nicht frei über die Grundsicherung verfügen? So verstehe ich das.
Wenn dies so ist, git auch hier der Dreisatz,  Warum? Wo steht das? Das geben sie mir schriftlich.
Dann sollte der oder die SB, dies mal darlegen, und dann ist natürlich der Weg über Widerspruch und Klage offen, gerade solche Fälle in denen es wirklich nur um einen geringen Kostenanteil dreht werden die Steuerfinanzierten Geldverwalter größenwahnsinnig. Guten Anwalt nehmen und wirklich so sehe ich das auch wie Tom, richtig größes Geschütz auffahren und auch gleich schießen, das muss so knallen, das die dort denken "Urknall", aber meist werden die wieder in der Behörde nicht wirklich dem Mumm haben, denn vorher knicken die ein und wir wollten doch niemanden etwas tun.

So da habe ich im SGB XII noch folgende §§ gefunden welche eindeutig sind, einmal der § 27a SGB XII hier besonders Abs. 1 und der § 35 SGB XII hier insbesonders der Abs. 2 .
Damit dürfte eigentlich alles klar sein, wenn die beginnen wollen zu pauschalisieren dann gleich deisem Treiben einen Riegel vorschieben.
Viel Glück und Kopf hoch, kann ein langer Weg werden, muss es aber nicht, würde auf jedenfall wenn entsprechende Bescheide vorliegen mir einen Anwalt zur Hilfe nehmen.


Jeder kennt den "Dreisatz", welcher ist davon bei den JCs anzuwenden?

JC Dreisatz: Warum?  Wo steht das? Alles nur schriftlich!!

Arwing

Danke dir für diese Infos.

Erstmal schaltet sich eine Sozialarbeiterin des Wohnungsbaugesellschaft mit ein.
Widerspruch und Anwalt sind dann die nachfolgenden Optionen, wenn die SB sturbleiben will.
Das aktuelle Geldsystem ist auf die Gewinnmaximierung einer kleinen Elite ausgerichtet, die von der Gemeinschaft der Bürger Europas erbracht werden soll und die politische Elite fungiert als Handlanger.

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