Der gesellschaftliche Niedergang, seine Ursachen und Folgen

Begonnen von Ratrace, 05:48:31 Mi. 23.November 2011

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Ratrace

Ich habe hier zwei aktuelle Telepolis-Interviews mit dem Sozialwissenschaftler Werner Seppmann. Er zeigt im ersten Teil sehr treffend, wie ich finde, die Degeneration der Gesellschaft und ihren schleichenden Rückfall in die Barbarei und - noch viel interessanter weil in einem politischen und gesellschaftlichen Konsens breit verschwiegen und verdrängt - im Teil 2 seine soziopsychologischen Ursachen auf:

Teil 1: Kultur der Barbarei:
ZitatMittlerweile ist die Amokhandlung in der Nähe des eigenen Alltags angesiedelt und findet in der Nachbarstadt statt, in der Jugendliche in ihrer Schule ein Blutbad anrichten, oder im Nachbarland, in dem ein arbeitslos gewordener Lohnabhängiger wild um sich schießt. Regelmäßig wird dann öffentlich Betroffenheit demonstriert - und schnell wieder zu Tagesordnung übergegangen. Eine ernste Ursachenanalyse findet nicht statt.
[...]
Nicht selten wird mit verharmlosender Absicht auch versucht, solche Ereignisse als die Handlungen von geistig verwirrten Einzeltätern zu deklarieren. Auch hier ist die Motivation zu erkennen, vergessen zu lassen, dass die Ursachen der Gewalt aus der Mitte der Gesellschaft kommen und mit den Funktionsprinzipien entwickelter kapitalistischer Gesellschaften zusammenhängen.
[...]
Schon die Äußerungsweisen der Gewalt sind vielgestaltig und vielschichtig. Zu ihnen gehören ja nicht nur die individuellen, unmittelbaren Aggressionsformen, wie die schon angesprochenen Amok-Handlungen, die Gewalt unter Jugendlichen, die keine Hemmschwellen mehr zu kennen scheinen, sondern auch strukturelle Gewalt. Beispielsweise in Gestalt arbeitsplatzvernichtenden Rationalisierungsstrategien.

Wenn aufgrund solcher Maßnahmen die Aktienkurse steigen, werden die verantwortlichen Manager großzügig belohnt, während die Betroffenen aus der Bahn geworfen werden und ihnen psychisches Leid zufügt wird. Angesichts der Massenhaftigkeit solcher Formen struktureller Gewalt, ist man fast versucht zu sagen, es sei von nebensächlicher Bedeutung, wenn ein durch seine trostlose Lebenslage zermürbter Jugendlicher, in einem Akt zielloser Aggression einen Passanten krankenhausreif prügelt.

Diese Zusammenhänge werden in Medien und Politik, aber auch in der Wissenschaft geflissentlich verdrängt.
[...]
Ein System des Hungers, der Unterernährung und ungesunder Lebensverhältnisse verschlingt Jahr für Jahr fast so viele Menschenleben wie der gesamte 2. Weltkrieg! Jean Ziegler hat das folgendermaßen ausgedrückt: Für die Menschen einer sogenannten 3. Welt, ist der Dritte Weltkrieg im vollen Gange. Das "Imperium der Schande" watet in Blut und Elend - und Professor Pinker intoniert das Lied einer fröhlich-friedlichen Welt! - Dabei ist angesichts des globalen und sich ausbreitenden Elends von besonderer Bedeutung, dass die intellektuellen und technischen Möglichkeiten im Übermaß vorhanden sind, um allen Menschen ein auskömmliches und würdiges Leben zu sichern.
[...]
Wenn Arbeitslosigkeit und Bedürftigkeit sich ausbreiten, bedeutet das auch eine Aushöhlung des normativen Fundament der bürgerlichen Gesellschaft, denn noch immer ist Leistungs- und Arbeitsorientierung der Dreh- und Angelpunkt personaler Stabilität. Aber es mehren sich eben auch die Fälle, dass die sozialisatorisch vermittelten und zu Selbstansprüchen geronnenen Leistungsimperative nicht realisiert werden können. Die Konsequenzen schon auf der unmittelbarsten psychischen Reaktionsebene sind Selbstzweifel und Orientierungslosigkeit.
[...]
Geschwiegen wird darüber, in welchem Maße die Alltagskultur in den Metropolenländer schon zu einer Gewaltkultur und in ihrer extremen Form auch zu einer Kultur der Barbarei geworden ist. Genau betrachtet, hat auch der norwegische Amoklauf nicht zu einem "Riss in unserer Zivilisation" geführt, wie ich es irgendwo gelesen haben, sondern die zivilisatorischen Bruchlinien nur deutlicher zu Tage treten lassen.
[...]
Man gehört entweder zur kleineren Zahl der Gewinner, oder ist gezwungen, im inferioren Bereich der Verlierer zu existieren. Wer dazwischen hängen bleibt, muss mit der beständigen Sorge vor dem Abstieg leben.
http://www.heise.de/tp/artikel/35/35911/1.html[/b][/i]

Teil 2: Schleichende Pathologisierung der Gesellschaft
ZitatDie Menschen werden von einem flexiblen Kapitalismus geprägt, der es ihnen nahe legt, sich an nichts zu binden und eine fragmentarisierte Identitätsstruktur auszubilden.
[...]
Dadurch wird die Ausprägung pathologischer Charakterstrukturen gefördert und dieser Prozess führt schleichend zu einer Pathologisierung der Gesellschaft. Indizien dafür sind, dass Bedenkenlosigkeit und Skrupellosigkeit in viele Alltagsbereiche eingedrungen sind, sich Rücksichtslosigkeit und ein egomanischer Individualismus ausbreitet.
[...]
Das schlägt auch auf die nachwachsende Generation durch: In den fragmentarisierten und nicht selten erodierenden Familienstrukturen findet kaum noch eine Stabilisierung der Psychostrukturen der Kinder statt. Sie verspüren den Druck, unter dem ihre Eltern stehen, aber auch, dass diese ihm wehrlos ausgesetzt sind.
[...]
Verwunderlich ist es also nicht, wenn, wie aktuelle Untersuchungen dokumentieren, über 50 Prozent aller deutschen Jugendlichen psychosomatische Störungen aufweisen, unter Ängsten und Depressionen, Essstörungen oder Nervösitätssyndrome leiden.
[...]
Der auf einer allgemeinen Ebene existierende Druck, wirkt in die Sozialisationsprozesse hinein; sie wirken in der geschilderten Weise nicht mehr festigend, sondern destruktiv. Diese sozialen Zustandsformen sind der Rahmen, in denen sich Destruktions- und Selbstzerstörungspotentiale entwickeln können. Sie können dann in solchen Handlungen zum Ausdruck kommen, wie sie sich beispielsweise kürzlich in Sachsen-Anhalt ereignet haben, wo eine 13-jährige Schülerin ihre Schule mit Benzin in Brand setzen wollte und mit einem Beil ihre Mitschüler attackiert hat.
[...]
Aktuelle neurobiologische Forschungen haben übrigens gezeigt, dass soziale Bedrängungs- und Defiziterfahrungen in frühen Entwicklungsphasen zu Angstabwehrmustern führen, die, weil sie nicht ausgelebt werden können, in den neuronalen Strukturen abgespeichert werden und zu einem viel späterem Zeitpunkt zum Ausbruch gelangen können.
[...]
Das Abgleiten in Formen psycho-sozialer Destruktion, denen immer auch ein Moment der Selbstbeschädigung innewohnt, geschieht nicht automatisch. Jedoch existieren in bestimmten Konstellationen große Wahrscheinlichkeitswerte. Vielen Krisenopfer versuchen, mit den Belastungen fertig zu werden. Jedoch verlangt das große psychische Energie. Wer sie nicht aufzubringen vermag, beispielsweise, weil er schon emotional und gesundheitlich angeschlagen ist oder der Druck zu groß wird, scheitert irgendwann an den Anforderungen der personalen Selbststabilisierung.
[...]
Die Menschen kultivieren verzerrte Weltbilder, auf deren Grundlage sie bestehende Fremdbestimmung akzeptieren. Aber Unsicherheit und Orientierungslosigkeit können auch Einfallstor für rechte Orientierungen sein, die Sinnperspektiven vermitteln, wie etwa die Annahme nationalistischer und rassistischer "Identitäten" und "Erklärungen" für die unverständlich gewordene Gesellschaftsentwicklung liefern, zum Beispiel Ausländer als Sündenböcke für die sozialen Verwerfungen.
[...]
Durch die Personalisierung diffuser Ängste bietet sich die vermeintliche Chance, wieder Ordnung in eine unverstandene und als Bedrohung erlebte Welt zu bringen. Das psychisch beschädigte Subjekt gewinnt durch die Identifikation mit einem weltanschaulichen Trend einen sozialen Schutzraum. Identifizierung kompensiert seine Isolation, die Übereinstimmung mit äußeren Mächten vermittelt ein Gefühl von Stärke und sozialem Eingebundensein.
[...]
Ja, um die völlige Zerstörung ihrer Persönlichkeitsstruktur zu verhindern und das Absinken in die Lethargie zu vermeiden, können sozial bedrängte Menschen bereit sein, in den Konflikt zu flüchten, um zumindest über solche entfremdeten Formen wieder einen Realitätsbezug herzustellen und das beschädigte Selbstbewusstsein zu stärken. Das provokative und aggressive Auftreten fällt umso leichter, als der soziale Verunsicherungs-, Dequalifizierungs- und Ausgrenzungsprozess von Beginn an - wenn auch zunächst unterschwellig - von Hass- und Wutgefühlen begleitet ist.
[...]
Es lässt sich jedoch nicht prognostizieren, bei welchem psycho-sozial defundierten Individuum alle Dämme brechen, vor allem wann sie auf Grundlage ihrer pervertierten Phantasie grauenvollste Taten folgen lassen. Dazu bedarf es besonderer alltagspraktischer Konstellationen und ideologischer Anlässe, die unendlich variieren können.
http://www.heise.de/tp/artikel/35/35916/1.html[/b][/i]

Besonders lesenswert finde ich persönlich im zweiten Teil die Schilderung des Verschwindens der sozialen Schutzräume des Individuums sowie die individuellen und gesellschaftlichen Folgen dieses Prozesses.

Das wäre mal ein Ansatz, der wirklich politisch aufgegriffen werden müßte. Aber je grundsätzlicher und damit systemumfassender eine derartige Kritik ausfällt, umso mehr begreift man, daß die politische Kaste sich niemals in diese Konfrontation begeben wird. Und man begreift ebenso, daß dem dumpfen Parlamentarier neben der Motivation überwiegend das intellektuelle Potential fehlen wird, um diese Zusammenhänge zu erkennen. Die politische Diskussion bewegt sich auf dem platten Niveau von verfehlten Sicherheitsdiskussionen, der heiligen Dreifaltigkeit des Terrorismus - Islamismus, Rechts- und Linksterrorismus - die alle weiteren, größeren Zusammenhänge ausblendet.

Nebenbei bemerkt: Bestes Beispiel für die Plattheit der politischen Diskussion ist die von Kristina Schröder in offenbarer Umnachtung ersonnene Extremismusklausel. Dazu - und zum inhaltslosen Gehampel der parlamentarischen Vollversager, was die Anerkennung und die Bekämpfung der Zerfallsprozesse der Gesellschaft angeht - paßt wunderbar folgendes Zitat aus dem Interview:
ZitatAber solcherart Realitätsverweigerung bringt selbst nur ein selbstzerstörerisches Existenzprinzip spätkapitalistischer Gesellschaften zum Ausdruck: Die Verleugnung der Ursachen für das Grauen wird zur Bedingung, um weiter so machen zu können, wie bisher. Die Energie, die aufgewandt wird, die Probleme zu verdrängen, fehlt bei dem Bemühen, sie zu lösen.
[/size]

So ist er, der postkapitalistische Mensch anno 2011: Entwurzelt, ohne kohärentes Selbst, orientierungslos, von Angst und unterschwelliger bis offener Gewaltbereitschaft getrieben, depressiv, lethargisch, sozial gestört, bindungsunfähig, gesellschaftlich desintegriert und desozialisiert.

Und so soll er gemäß der religiösen, komplett irrationalen Dogmen des ewigen Wachstums auch sein, denn nur so, ohne normative Anker im Alltag, ohne psychisches Fundament, ist er maximal manipulierbar. Nur so ist er produktiv und nützlich für die Renditeinteressen einer Minderheit, weil er nur noch die Produktivität und Effizienz als Selbstbild hat. Alles andere ist im Prozeß der Auflösung inbegriffen, muß es sein. So ist die psychische Selbstauflösung zugleich Folge und Bedingung für den auf seine Produktivkraft reduzierten Menschen. Und die sozialen Verwerfungen werden totgeschwiegen, nicht einmal angedacht, denn daran etwas zu ändern hieße, das System grundlegend infrage zu stellen, was keiner der parlamentarischen Versager jemals tun wird.
Das einzig Freie im Westen sind die Märkte.

Troll

Zitat von: Ratrace am 05:48:31 Mi. 23.November 2011
Und so soll er gemäß der religiösen, komplett irrationalen Dogmen des ewigen Wachstums auch sein, denn nur so, ohne normative Anker im Alltag, ohne psychisches Fundament, ist er maximal manipulierbar. Nur so ist er produktiv und nützlich für die Renditeinteressen einer Minderheit, weil er nur noch die Produktivität und Effizienz als Selbstbild hat. Alles andere ist im Prozeß der Auflösung inbegriffen, muß es sein. So ist die psychische Selbstauflösung zugleich Folge und Bedingung für den auf seine Produktivkraft reduzierten Menschen. Und die sozialen Verwerfungen werden totgeschwiegen, nicht einmal angedacht, denn daran etwas zu ändern hieße, das System grundlegend infrage zu stellen, was keiner der parlamentarischen Versager jemals tun wird.

Es ist ein bitterer Trost das dies auf Dauer nicht funktionieren kann und "die Märkte" irgend wann genauso zerfallen wie das zerstörte soziale Gefüge, der Mensch ist ein soziales Wesen, daß kann ihm nicht aberzogen werden ohne gleichzeitig seine Existenz zu zerstören.
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

Strombolli

Zitat von: Troll am 15:59:09 Mi. 23.November 2011
Es ist ein bitterer Trost das dies auf Dauer nicht funktionieren kann und "die Märkte" irgend wann genauso zerfallen wie das zerstörte soziale Gefüge, der Mensch ist ein soziales Wesen, daß kann ihm nicht aberzogen werden ohne gleichzeitig seine Existenz zu zerstören.

Ein sehr guter Einwurf von Ratrace aus telepolis. Der Text bringt es auf den Punkt. Ja, es würde mich traurig machen, nicht mehr zu erleben, wie dieses unmenschliche System in all seinen Spielarten und Bezeichnungen seinen endgültigen Abschied nimmt und wenigstens im Ansatz noch mitzubekommen, was danach kommt.
Das Systemmotto: "Gib mir Dein Geld! - Jetzt, Du dreckiges Opfer !!!! - Und habe immer ANGST VOR DEM MORGEN !!!"

"Hört auf, Profite über Menschen zu stellen!" Occupy
Permanent angelogen & VERARSCHT IN DEUTSCHLAND! - Ich habe mit Dir fertig

Nick N.

Diesen Text aus Telepolis finde ich im Prinzip ganz gut soweit.
Er hat aber auch wieder diese abstruse Eigenschaft, dass ich jeden Satz einzeln unterschreiben könnte, aber insgesamt könnte ich das Ding nicht unterschreiben.

Weil Seppmann zwar die Ignoranz anderer trefflich und zu recht lokalisiert, aber selber auch wieder einen dicken schwarzen Fleck auf der Brille hat. Und zwar übersieht auch er irgendwie, dass der Gegenstand seiner Betrachtung nicht nur eine Seele hat, sondern auch, genau wie Seppmann selber, einen Geist (um mal diese sicher diskussionswürdige Aufteilung zu bemühen).
Das heisst, nach Nick N., einen wie auch immer gearteten Raum (ich stelle ihn mir als virtuellen Raum vor), der Informationen enthält oder enthalten kann.

Und genau wie genetischer Code beschädigt sein kann, wie der Inhalt einer Festplatte beschädigt sein kann, so kann jede Information verfälscht oder unbrauchbar gemacht werden.

Und derzeit sind es die weltanschaulichen Fundamente der Gewaltlosigkeit, die massiv in ihrer Glaubwürdigkeit untergraben, aber auch in ihrem Inhalt verfälscht werden.

Die Glaubwürdigkeit wird durch das Verhalten der Eliten untergraben, dadurch, dass unsere Gewaltlosigkeit massiv ausgenutzt wird ("der Ehrliche ist der Dumme", immer und immer wieder, bis die Lektion sitzt) und ihre tragende soziale Funktion zunehmend verliert, weil sie durch Polizeistaatsmethoden und staatlicher Kontrolle ersetzt wird.

Eine Kultur der Gewaltlosigkeit kann nur auf Gegenseitigkeit funktionieren, und die Gewalt, der wir täglich ausgesetzt sind, wird gut versteckt. Statt das zu sehen, sieht man eher, naja, Gewaltlosigkeit funktioniert eben nicht. Doch, tut sie schon, nur es muss Gegenseitigkeit da sein. Gegenseitigkeit gehört dazu.

Ausserdem wird Gewaltlosigkeit als Antwort auf strukturelle Gewalt gefordert: Tu keinem was, dann gibt es einen Verbrecher weniger. Zum Beispiel vom Sachbearbeiter: Ich würg Dir eine rein, aber sobald Du Dich wehrst, flenn ich rum, dass ich doch auch gezwungen bin, und lege Dir noch nahe, dass Du Dich nicht wehren darfst, weil das mir gegenüber doch so gemein wäre.

Solche verstümmelten Darstellungen von Gewaltfreiheit, vorgetragen unter Druck und mit Macht, schädigen das weltanschauliche Fundament der Gewaltfreiheit und verursachen starken Abrieb an den Bremsen.

Ich finde es immer wieder schlimm, dass diese inhaltliche Ebene so untergeht und alles so ausschliesslich auf der Psycho-Ebene abgehandelt wird.

Soviel zu dem Text.

Zum wirklichen Leben:
Alleine um die Faust stets in der Tasche zu lassen, wird von den Erwerbslosen täglich ein gigantischer Aufwand an (Brems-)Energie eingesetzt, und dann kommen noch die Niedriglöhner dazu und so viele andere. Das ist reiner hundertprozentiger Goodwill. Und das, was dieser Goodwill jeden Tag leistet, wollen die irgendwann durch Polizeigewalt ausgleichen, wenn er alle ist?
Das halte ich für eine Milchmädchenrechnung.


Satyagraha

Nick N.

Ich poste extra bloss deswegen nochmal hier, um auf diesen wichtigen thread nochmal aufmerksam zu machen, der mir sehr am Herzen liegt, auch wenn er gar nicht von mir ist. Vielleicht wäre er aber im Theorieforum besser aufgehoben (gewesen?)
Da würde er auch länger aktuell bleiben und nicht so schnell wegrutschen.
Was sagst Du dazu, ratrace?
Satyagraha

Tiefrot

Deine Idee ist nicht verkehrt.
Oder (@Admins) festpinnen.
Denke dran: Arbeiten gehen ist ein Deal !
Seht in den Lohnspiegel, und geht nicht drunter !

Wie bekommt man Milllionen von Deutschen zum Protest auf die Straße ?
Verbietet die BILD und schaltet Facebook ab !

Ratrace

Ist ein guter Vorschlag, den Thread in den Theoriebereich zu verschieben.
Das einzig Freie im Westen sind die Märkte.

Strombolli

Wenn ich was zu sagen hätte, würde ich diesen Thread als Pflichtveranstaltung als "Aktuelle Vorlesungs-Stunde" in den Bundestag verlegen. Bei Nichtteilnahme Streichung eines monatlichen Bezuges. 
Das Systemmotto: "Gib mir Dein Geld! - Jetzt, Du dreckiges Opfer !!!! - Und habe immer ANGST VOR DEM MORGEN !!!"

"Hört auf, Profite über Menschen zu stellen!" Occupy
Permanent angelogen & VERARSCHT IN DEUTSCHLAND! - Ich habe mit Dir fertig

Ratrace

ZitatAlleine um die Faust stets in der Tasche zu lassen, wird von den Erwerbslosen täglich ein gigantischer Aufwand an (Brems-)Energie eingesetzt, und dann kommen noch die Niedriglöhner dazu und so viele andere. Das ist reiner hundertprozentiger Goodwill. Und das, was dieser Goodwill jeden Tag leistet, wollen die irgendwann durch Polizeigewalt ausgleichen, wenn er alle ist?
Das halte ich für eine Milchmädchenrechnung.
Das ist es auch, aber bei mangelndem Willen zur Änderung der Grundparameter dieses Systems - und zwar auch dann, wenn Deutschland vielleicht erst mal das einzige Land ist, was dies tun würde, was ja immer genau deshalb als ungangbar dargestellt wird - ist Repression das einzige verbleibende Mittel für den Staat zur Disziplinierung, zur Erhaltung der "Bremsenergie" des Menschen, bzw. seines Willens dazu, um im Bild zu bleiben.

Natürlich funktioniert das nicht langfristig. Es ist wie mit Gesetzen, die keinen Rückhalt in der Bevölkerung finden. Die kommen ja auch nicht über ihre theoretische Existenz hinaus zur praktischen, dauerhaften Anwendung. Man kann das immer wieder gut an den Streitereien um das Urheberrecht in der unsäglichen Filesharing-Debatte beobachten. Die Verfahren hierzu werden mittlerweile oft einfach eingestellt, weil schlicht zu viele Menschen sich mal die eine oder andere urheberrechtlich geschützte Datei (Musik, Filme, Spiele, E-Books etc.) aus dem Netz ziehen. Und viele Richter sehen es auch nicht ein, sich derart offensichtlich zu Erfüllungsgehilfen der Interessen der Unterhaltungsindustrie degradieren zu lassen.

So bilden sich dann neue "normative Kräfte des Faktischen". Zum Beispiel werden seit 1999, als die ersten kopiergeschützten Musik-CDs eingeführt wurden, immer weniger derartige Musikdatenträger mit Kopierschutz produziert. Weil so etwas beim Konsumenten keinen Anklang fand und auch massiv sanktioniert wurde. Mittlerweile sind kopiergeschützte Musik-CDs fast gänzlich und zurecht vom Markt verschwunden.

Und so ist es auch bei diktatorischen Systemen: Der Staat kann durch Repressionsmaßnahmen deren Niedergang nur verzögern, aber nicht verhindern. Das ist auch beim Kapitalismus so.

Damit man mich nicht faklsch versteht: Ich bin bei weitem nicht der Ansicht, daß wir angenehme Zeiten auf uns zukommen sehen dürfen. Im Gegenteil. Aber wer glaubt, daß der Kapitalismus in seiner jetzigen, oligarchischen Ausprägung das letzte Wort der Geschichte sei, liegt meilenweit daneben. Die Entrechtung, Enteignung und Auplünderung ganzer Länder und ihrer Bewohner ist nicht auf ewig aufrechtzuerhalten. Zwar wiederholt sich die Geschichte auch immer wieder, und es wird immer wieder Despoten, profilierungssüchtige Emporkömmlinge, raffgierige Arschlöcher, sonstiges asoziales, machtgeiles Gesockse und dessen Speichellecker geben, aber diesen wird es am Ende immer an den Kragen gehen.
Das einzig Freie im Westen sind die Märkte.

Strombolli

Nur einfach mal: Danke, Ratrace! - Nur das mir "das Ende" eben zu lange dauert und ich mir die Radieschen dann schon, zu Staub verbrannt, von unten angucken werde. Leider, denn ich hätte es schon noch gerne miterlebt, wie die ganzen Ar*****er Sch*** fressen müssen. 
Das Systemmotto: "Gib mir Dein Geld! - Jetzt, Du dreckiges Opfer !!!! - Und habe immer ANGST VOR DEM MORGEN !!!"

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Nick N.

Ich hatte in meinem ersten posting dieses threads dem letzten Absatz eine sehr negative Wendung gegeben und darüber vergessen, was ich eigentlich damit sagen wollte. (Tschuldigung.)

Um anzuknüpfen:

"Alleine um die Faust stets in der Tasche zu lassen, wird von den Erwerbslosen täglich ein gigantischer Aufwand an (Brems-)Energie eingesetzt, und dann kommen noch die Niedriglöhner dazu und so viele andere. Das ist reiner hundertprozentiger Goodwill."

Wenn ich mir alleine nur vorstelle, dass die Sanktionen wegfallen, welche positiven Energien das sofort freisetzen könnte.
Ich glaube, wir würden erstmal alle innerlich die Wände hochgehen, weil wir gar nicht mehr wüssten, wohin damit.
Es werden zu Recht viele Ängste geäussert, was passiert, wenn das System zusammenbricht.
Ich glaube, wir sind auf den Moment besser vorbereitet, wenn wir uns fragen, was mache ich in dem Moment, wenn die Sanktionen wegfallen, oder wenn ich diese ganze Energie wieder zur Verfügung habe, die mir derzeit das System täglich nimmt. Denn im Moment eines Zusammenbruchs gibt es eine grosse Chance, dass zumindest ein Zeitfenster entsteht, in dem Sanktionen nicht mehr durchgesetzt werden (können), in dem der erhebliche Aufwand, uns zu gängeln, nicht mehr geleistet werden kann.

Im schlimmsten Falle mindern oder verlieren die Sanktionen ihr Drohpotential dadurch, dass die Leistungen selber sich vermindern oder wegfallen.
Das gibt uns dann neben neuen Sorgen auch neue Handlungsspielräume, die wir nur dann nutzen können, wenn wir sie auf dem Schirm haben.
Die Frage: Was würde ich machen, wenn es keine Sanktionen gäbe, die beantwortet auch gleichzeitig für das heute und für mich ganz persönlich die Frage: Was will ich mit meinem Leben anfangen?
Und was ich dann will, versuche ich, auch trotz Sanktionen oder unter der Drohung mit Sanktionen zu tun und durchzusetzen, das gibt dem ganzen Durchsetzen und dem Kampf mit dem JC auch einen Inhalt, das macht ihn für mich persönlich jedenfalls leichter und weniger hohl. Die Frage hat also einen grossen Zusatznutzen im Jetzt.

Was den Niedergang der Gesellschaft betrifft, ist das obige sowieso alles OT, aber vielleicht sollten wir uns vornehmen, den Niedergang immer mal wieder mit einer Perspektive zum Besseren zu kontrastieren, damit dieser thread noch einen anderen Effekt hat, als uns depressiv zu machen.
Satyagraha

zak

Wir können es ändern. Wir sind nicht hoffnungslose Idioten der Geschichte, die unfähig sind, ihr eigenes Schicksal in die Hand zu nehmen. Das wurde uns Jahrhunderte lang eingeredet. Viele geschichtliche Zeichen deuten darauf hin, dass die Geschichte einfach nicht ein ewiger Kreisel ist, wo nur immer das Negative triumphieren muß. Warum sollen wir vor dieser geschichtlichen Möglichkeit halt machen und sagen: Steigen wir aus, wir schaffen es doch nicht. Ich bin davon überzeugt, dass der ständige Druck und die penetrante Sanktionspolitik Methode hat, sie lenkt uns ab vom Nötigen, vom Wesentlichen, sie macht uns schwach, politisch bedeutungslos.

Was fehlt, ist Zusammenhalt, Schulter an Schulter, eine Art entschlossene Gemeinschaft von Entschlossenen, die wirklich etwas verändern wollen.

Ich zitiere mal:

,,Erlauben sie mir eine letzte Frage: Würden sie die etablierten Kräfte in der Bundesrepublik so weit provozieren, dass sie ins Gefängnis gesperrt werden?"

,,Ich war schon im Gefängnis, und keiner von uns hat Angst davor. Es bedeutet nicht mehr sehr viel, wenn wir etwas tun, und wir werden angeklagt und gehen dann ins Gefängnis, dann gibt es am nächsten Tag 100, 200, vielleicht auch mehr Selbstanzeigen der Freunde, die daran mitbeteiligt waren, so dass der einzelne nie vereinzelt, dass er – wie in der Vergangenheit – einfach von der Bürokratie, von der staatlichen Exekutive vereinnahmt werden kann, kaputtgemacht werden kann. Wir sind nicht mehr so, dass wir Angst hätten, das Gefängnis nicht in Kauf zu nehmen. Es ist für uns keine Alternative, wir führen unseren Kampf, das Gefängnis steckt mit drin; wenn es sein muß, werden wir auch das nehmen, aber das hindert uns nicht, den Kampf weiterzuführen."

Interview am 3.12.1967 in der ARD mit Rudi Dutschke.

ZitatDer Staat kann durch Repressionsmaßnahmen deren Niedergang nur verzögern, aber nicht verhindern. Das ist auch beim Kapitalismus so.
Klar, aber mit dieser Erkenntnis kann man das Problem auch prima passiv aussitzen. Abwarten und der Geschichte ihren Lauf lassen.
Nichts anderes machen wir zur Zeit.


der große Zampano

Mir ist im Zusammenhang mit dem Thema "Werteverfall" ein generelles Problem unserer westlichen Gesellschaften bzw. deren Formen aufgefallen.
Dies betrifft nicht nur einen Teil, sondern meiner Meinung nach fast alle.

Ich möchte in diesem Zusammenhang zuerst eine Frage stellen und dann zu meiner Auffassung gelangen.
Die Frage soll sozusagen leiten.

Heruntergebrochen auf die Grundproblematik verstehe ich die Diskussion so.

Man versucht, an Hand verschiedener Symptome das Fehlen von moralischen Instanzen zu lokalisieren.
Unsere Gesellschaft sei schuld am Mangel der Moral.

Nun Frage ich.
Wenn ein Mangel bzw. eine Lücke existiert, welche ehemals der Moral ein zu Hause bot.

Wer oder Was soll diese Lücke füllen ??

Und schon sind wir beim Grundproblem und meiner Meinung nach einer Ursache.
Dem westlichen und aufgeklärten gesellschaftlichen Grundparadigma.

Die totale Beweisbarkeit allen menschlichen Tuns und die folgende totale Zweckhaftigkeit allen Seins.

Beim Blick auf so etwas wie Moral [(ische)Instanzen] (korrigiert) fällt auf, dass es sich hier um Dinge handelt, welche sehr schwer bzw. gar nicht durch mathematische Gesetzmäßigkeiten zu beschreiben sind.

Weiterhin fällt auf, dass unsere Vorstellung von moralischen Handlungen weit über die normalen empirischen Dimensionen hinaus geht.
Wir verlangen so etwas wie eine "universelle Moral" (bsp. du sollst nicht töten).

Dies kann uns aber die empirische Wissenschaft nicht geben. Da erstens jegliche Wissenschaft auf Wahrscheinlichkeitsaussagen beruht
(ja auch unsere Halbgötter in weiß machen Wahrscheinlichkeitsaussagen - wäre es nicht so gäbe es keine Fehldiagnosen und auch keine Fernsehserie "Dr. House [zur Erklärung - in dieser Fernsehserie versucht ein Arzt Krankheiten zu entdecken welche hinter asymptomatischen Krankheitsbildern versteckt sind, also nicht nach nach den klassischen medizinischen Dogma Symptome haben] und zweitens die Instrumente der Empirie stumpf (Fehler im Experiment, auch viele Menschen können unter dem Einfluss anderer verblendet sein und so falsche "Beobachtungen" machen)  sein können, haben wir hier ein Problem.

-> siehe auch Begriff "infiniter Regreß"

Da wir aber an die moralischen Handlungen bzw. deren normativen Gehalt Absolutheitsansprüche stellen befinden wir uns nun auf dem "fernen und weiten Feld" der Metaphysik oder des Glaubens.

Ein weiteres Problem taucht auf. Die Naturwissenschaften können per eigener Defintion keine Aussagen solcherlei Art treffen.
Siehe Immanuel Kant "Kritik der reinen Vernunft"

"Ich mußte das Wissen aufheben, um zum Glauben Platz zu bekommen."

An dieser Stelle also eine scharfe Grenze zwischen Wissen und Glauben versuchen zu ziehen.
Vernunft / Glaube(Metaphysik)

Wie will das "Wissen" Aussagen über Dinge des "Glauben" machen, wenn diese in seiner Welt "scheinbar" nicht existieren.


Kleiner Zwischeneinwurf:

Was besonders bemerkenswert ist, ist die Tatsache, dass es sich hier um ein scheinbar protestantisches Weltbild handelt.
( Kant war auch Protestant und auch protestantischer Philosoph)
"Der Katholik" hätte mit einem spezifischen Verhältnis von Wissen und Glauben in der Gesamtheit weniger Problem.
Siehe Thomas von Aquin "Summa Theologica".
Der Katholizismus lässt Platz für Evolution. Siehe auch die wissenschaftliche Forschungsarbeit der Jesuiten z.B. zur Astronomie.
Der Kreationismus ist in der angelsächsichen bzw. amerikanischen "Version" ein protestantisches Phänomen.




Nun stehen wir an einer Stelle des Problems.

Was macht eine Gesellschaft, welche sich zu 1000000000000000 % (bitte verzeiht die "Satire") dem Wissen, dem Alles Wissen, dem alles begründen, dem totalen Kampf gegen das eigene Ende (Medizin: am Leben erhalten von leeren Hüllen) verschrieben hat.....   ?!?

Ein Gesellschaft die Dinge außerhalb ihrer eigenen "wissenschaftlichen Existenz" ablehnt   ?!?

Die hat ein Problem.

Wir glauben alles durch neue Formeln, neue und schnellere Computer, durch den ständigen Kampf gegen das unvermeidliche lösen zu können.

Dabei vergessen wir alle, dass unsere ersten Annahmen.
Diese, welche wir als Grund unseres Weltverständnisses ansehen selber unbeweisbare Glaubenssätze sind.

Ebenso in der Naturwissenschaft.
Man betrachte den "Kampf" zwischen bzw. zur Bereinigung von Quanten und Relativitätstheorie.


Wie sollen wir, die wir jeglichen Blick über die stete Beweisbarkeit und die angeblich so logische und kausale Abfolge unserer Welt hinaus verloren haben uns Dingen bewusst werden welche darüber hinaus gehen.

Und hierzu zählen moralische Prinzipien mit universellem Geltungsanspruch.




Was zunächst erstmal fehlt ist ein Bewusstsein der eigenen Fehlbarkeit und Endlichkeit.
Auch im Angesicht der "noch so perfektionistisch" anmutenden "Weltformeln" der Wissenschaft.


"Der Mensch steht lediglich im Lichte der natürlichen Vernunft.
Er besitzt nicht die göttliche Vernunft (Ergänzung Meinerseits: Absolutes Wissen) und ist somit immer fehlbar."

(sinngemäß nach Thomas von Aquin in der Summa Theologica)

Dies Eingeständnis würde erst einmal reichen um einen Anfang zu setzen.

Nicht umsonst befand sich im "alten Rom" hinter dem siegreichen Feldherren eine Person mit auf dem Streitwagen, welche den Lobeerkranz hielt und ständig sagte:

"Bedenke das du sterblich bist."

Eine solche Person fehlt vielen Menschen im täglichen Leben und besonders "so manchem" Entscheidungsträger.


Bitte entschuldigt meine "Anklage" an alle. Ich wollte meine Äußerungen nur in den größeren Dimensionen unserer westlichen Welt schildern.  


Ich möchte noch als letztes etwas hier rein schreiben:
Es gibt sehr wohl Autoren, welche der Meinung sind sie können moralische Instanzen über empirische Beobachtungen fruchtbar erfassen.
Ich möchte hier nicht in voller Absolutheit argumentieren weil mir die Schwierigkeiten, auch meines Konstrukts bewusst sind.
Jedoch empfinde ich es wichtig die andere Möglichkeiten offen zu lassen auch wenn ich diese nicht vertrete und meine Theorie für die "bessere" halte.

Nick N.

Also Zampano,
ich meine, das Thema des threads ist viel weiter gefasst und beschränkt sich gar nicht auf Moral. Obendrein würde ich für meinen Teil auch noch meckern, dass "Moral" und "Moralische Instanzen" auch nochmal zwei paar Schuhe sind.

Ich bin persönlich sogar der Meinung, "Moral" ist das Gegenteil von "moralischen Instanzen".

Ich bin auch nicht der Meinung, dass der Gegenpol zum Wissen der Glaube ist, sondern das ist das bewusste Nichtwissen a la Sokrates.

Das heisst, ich entscheide mich bewusst, mit meinem Nichtwissen umzugehen, in dem Wissen, dass ich die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen habe (der Rest der Welt aber auch nicht!). Anstatt, und hier haben wir die Ignoranz, die im Rahmen des Niedergangs wieder dabei ist, mörderische Ausmasse anzunehmen, anstatt also irgendein Märchen an den Platz dessen zu setzen, was ich nicht weiss und nicht wissen will, und diesem Märchen mit Gewalt Geltung zu verschaffen.

Agnostizismus gegen Pseudowissenschaft, Agnostizismus gegen Ignoranz, das ist meine Position.
Satyagraha

der große Zampano

Tschuldigung.

Hab mich verschrieben.
"Fehler" ist korrigiert, müsste korrigiert sein. "
Asche auf mein Haupt"

Was "Wissen und Glauben" betrifft, so empfinde ich dies auch nicht als DEN Gegensatz wie große Teile der "heutigen Welt".
Ich empfinde jedoch den Menschen (meine Auffassung) als Konstrukt aus Wissen und Metaphysik (wer möchte, auch der "klassische Glaube).

Der Gegensatz existiert  leider "sehr oft"  in den Köpfen der Gesellschaft. Insbesondere in den Landstrichen, welche unter explizit protestantischer "Philosophie" geprägt wurden.


Ein bewusstes Umgehen mit dem Nichtwissen erfordert jedoch die Einsicht in diesen Standpunkt.
Und dazu sind "wir" scheinbar nicht fähig.


Für mich bildet die Problematik der Metaphysik eine große Herausforderung des philosophischen 20. Jahrhunderts prägend bis ins 21. Jahrhundert. Insbesondere bei der Definition des Begriffes des Menschen im 20. Jahrhundert spielte das "Bewusstsein" oder eben nicht "Bewusstsein" der Metaphysik eine Rolle. Die Leugnung des Glaubens und den Ersatz des Selben durch die Wissenschaft hatten wir als großen "politischen" Versuch, welcher scheiterte.  
Dies ist auch zu sehen an der Entwicklung der Wissenschaften.

Die Physik als Einheitswissenschaft ??
C.G. Jung oder Freud ?
Entwicklung der Psychologie als Wissenschaft ?

Die Frage nach einem temporärem Wissen bzw. auch Nichtwissen, als unvollständige Annäherung an das Gute, (Sokrates) kann in Verbindung mit "Der Mensch steht lediglich im Lichte seiner natürlichen Vernunft." im Bewusstsein erscheinen.

Doch die Frage bleibt. Was ist das Gute (universell gültig ?? - Metaphysik ??) Dieser Maßstab erscheint "absolut" (göttlich oder metaphysisch ??).

"Wer denkt steht im Einklang mit der göttlichen Weltvernunft. (...)  Es ist die tief verwurzelte Gewissheit des Herzens die ihn leitet...."
(Poller, Horst: die Philosophen und ihre Kerngedanken S.68)





Troll

Zitat"Die Gesellschaft ist vergiftet"

Als Bilanz der zehnjährigen Studie über "Deutsche Zustände" konstatiert der Sozialforscher Wilhelm Heitmeyer eine massive Zunahme von Fremdenfeindlichkeit und Rechtspopulismus

....
Für Wilhelm Heitmeyer haben während der 10 Jahre langen Studie Fremdenfeindlichkeit und Rechtspopulismus in Deutschland zugenommen. "Etwa zehn Prozent der Deutschen denken durch und durch rechts", so resümiert er nach Spiegel Online das Ergebnis der letzten Befragung. Zwischen 2010 und 2011 hätten sowohl die Rechtfertigung von Gewalt als auch die Gewaltbereitschaft bei Rechtspopulisten um 16 Prozent zugenommen. Misstrauen und Feindseligkeit gegenüber Muslimen seien besonders stark angewachsen. Die Hälfte der Deutschen will nicht in eine Gegend ziehen, in der viele Muslime leben. "Die zunehmende Spaltung zersetzt das Miteinander. Die Gesellschaft ist vergiftet", so Heitmeyer.

Quelle und vollständiger Artikel: telepolis

Die Studie könnte man auch International machen, mit, wie ich Glaube, ähnlichem Ergebnis. Auch der Rechtspopulismus/Fremdenfeindlichkeit ist wie der Güterhandel globalisiert, es ist nur um ein vielfaches einfacher den vermeintlich Fremden "am Kragen zu packen" und/oder als Schuldigen hinzustellen als die marodierenden Ausbeuter ganzer Gesellschaften.
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

Nick N.

Und diese Feindbilder sind derart erratisch und widersprüchlich. Ich denke mal daran, wie bei HIV die Kinder und Jugendlichen nochmal schwerer geschlagen werden als die Erwachsenen und somit diese beiden gegeneinander ausgespielt werden - aber aus den Kindern werden doch irgendwann Erwachsene?!
Genau dasselbe mit der Anti-Rentner-Hetze von diesem Precht: Die Rentner, die das in Zukunft ausbaden, ehm, wer issn dis? Kann dis vielleicht sein, ähm, wie sollichdis jetz sahng, das wir dis selber sin'?
Um das nicht mal mehr zu begreifen, muss doch der geistige Horizont wirklich in pathologischem Ausmass beschnitten sein!
Und deswegen spielt der geistige Niedergang in meinen Augen eine so grosse Rolle.

Und das hat mit Bildung offenbar auch nichts mehr zu tun. Früher mal war das ja wohl so, dass Bildung auch ne Chance beinhaltet hat, zu einem toleranten und nicht allzu asozialen Menschen zu werden. Und jetzt:

"Die Verrohung der Mittelschicht
...
Die besondere Wirkmacht der Studie geht eher von der Erkenntnis aus, dass fremdenfeindliche und sozialdarwinistische Vorurteile beileibe keine Besonderheit "bildungsferner Schichten" sind, sondern - ganz im Gegenteil - vor allem in den Kreisen des wohlsituierten Bildungsbürgertums rapide zunehmen.
...
So ist von einer "deutlichen Vereisung des sozialen Klimas", von einer "rohen Bürgerlichkeit", und von einem "zunehmenden Klassenkampf von oben" die Rede. "Zivilisierte, tolerante, differenzierte Einstellungen in höheren Einkommensgruppen scheinen sich in unzivilisierte, intolerante Einstellungen zu wandeln" - es gäbe Hinweise auf eine "entsicherte wie entkultivierte Bürgerlichkeit", so die Wissenschaftler.
...
Trotz der offensichtlichen de-facto-Umverteilung von unten nach oben ist immerhin jeder fünfte Besserverdiener der festen Überzeugung, er würde weniger als den gerechten Anteil an den gesellschaftlichen Ressourcen erhalten.
...
Schon länger vermitteln Politik und Medien den Eindruck, dass der Sozialstaat ein Auslaufmodell sei, das "Leistungsträger" über Gebühr belaste und "Sozialschmarotzer" über Gebühr bevorteile."

Quelle:
http://www.heise.de/tp/artikel/33/33857/1.html

Dieser thread ist echt nichts für Depressive!

In diesem Zusammenhang:
Wenn man aus Doofheit/ Versehen in diese unsägliche "Psychologie heute" und ähnliche Machwerke reinschaut, passiert es einem immer wieder, dass dort völlig offen darüber gesprochen wird, dass Realitätskontakt die Laune nicht verbessert.
Zu bemerken, dass dies ein Hinweis darauf sein könnte, dass mit der Realität in einem überindividuellen Rahmen was nicht stimmt, ist offenbar eine geistige Anstrengung, von der diese Branche überfordert ist.
Und das, obwohl obendrein Studien gemacht werden zur subjektiven Zufriedenheit der Bevölkerung verschiedener Länder im Zusammenhang mit der Verteilungsgerechtigkeit und dem sozialen Frieden und der Rechtssicherheit etc.
Der Weg, der geistig zu beschreiten wäre, ist also wirklich wirklich weder lang noch beschwerlich.
Stattdessen wird das Hohe Lied der rosaroten Brille gesungen, diese würde vor überzogenem Realitätskontakt und den damit verbundenen Stimmungseintrübungen schützen.

Ich bin der Meinung, dass auch von dieser Branche nicht unerhebliche Verblödungsimpulse ausgehen, unter dem Deckmantel der Wissenschaftlichkeit.
Satyagraha

Nick N.

@Zampano

Habe ich Dich jetzt richtig verstanden, dass Du so ungefähr sagst:

Das Problem ist der Absolutheitsanspruch, der die Auswahl der geistigen Werkzeuge oder Zustände oder wie man das nennen will auf Glauben und Wissen einschränkt (hier meine ich, dass genau der Agnostizismus, die Offenheit rausfällt und die geistigen Räume dichtgemacht werden), und die Wissenschaft zusätzlich nötigt, auf alle Relativierungen und Wahrscheinlichkeitsaussagen zu verzichten, sondern stattdessen ungedeckte absolute Aussagen zu machen.
(Wodurch genau sie in meinen Augen zur Pseudowissenschaft wird.)
Der Absolutheitsanspruch betrifft und pulverisiert sogar die Moral.
(Das wird imho noch befeuert von den Kreisen, die gerne moralische Instanzen sein oder als solche gelten möchten.)

Das ist jetzt eine extreme und wahrscheinlich von mir eingefärbte Zusammenfassung.

Zum Thema Moral und Werteverfall finde ich ausserdem, dass in unserer Kultur Werte ganz extrem als Sonntagssport gelten, als Privatsache, die weder die Sozialkontakte noch die Berufstätigkeit noch das Abstimmungsverhalten zu beeinflussen haben.
Unabhängig, ob die paar Schlagworte, die fast jedes Individuum auf die Frage nach Werten ausspucken kann, nun absolut oder relativ gedacht werden, muss man bei dem Versuch, sie anzuwenden, mit erheblichem Gegenwind rechnen.

Die Religionsfreiheit, und analog, die Freiheit der Weltanschauung wird konkret gesellschaftlich als etwas gelebt, was ausschliesslich in unseren Köpfen stattzufinden hat, und weiter keinen Einfluss haben darf.

Ich habe dazu mal ein interessantes Buch gelesen. Die Einwohner einer Ortschaft haben angefangen, sich bei ihren konkreten Alltagshandlungen und in ihrer Berufstätigkeit zu fragen, "Was hätte Jesus in dieser Situation gemacht?"
Ob das jetzt Jesus ist oder Che Guevara, oder gleich ein abstrakter Wert ("Welche Handlung unterstützt die Menschenwürde am Besten?"), es geht mir um die Methode, um die Anwendung, um eine "Durchführungsverordnung", die man sich natürlich nur selber geben darf.

Sobald Du das so handhabst, meine ich, wirst Du ein outcast sein. Es wird auch Leute geben, die das sehr zu schätzen wissen, auf die muss man sich dann konzentrieren, aber es gibt auch mit Sicherheit richtig Ärger.
Moralpredigten gegen Andere werden mit Sicherheit besser toleriert, als wenn man sich selber an seine eigenen Moralvorstellungen hält!
Satyagraha

Strombolli

Der Glaube bestimmter Bevölkerungsschichten an den Markt hat oftmals schon den Charakter einer Art Ersatz- oder Ergänzungsreligion (-ideologie) abgenommen. Den verordneten Kommunismus im Kopf gehabt und entsorgt, den Gott als nicht existent erkannt, stürzen sie sich, in dem Bedarf an eine "ordnende Macht", gern auf die von ihrer "progressiven" Vorkämpferin aller Frauen und Ossis, Merkel, vorgegebene Formel vom Wachstum und der regulativen, automatischen Aufgabe des Marktes.

An was sollen die Simpel denn auch glauben? - An sich selbst? Haben die/wir noch soviel Kreativität? Wenn sie/wir sie haben, wird man von den Gesetzen und Vorgaben der Gesellschaft früher oder später eingeholt, zurechtgestutzt oder betrügt solange man nicht erwischt wird. Eine wirklich "tolle" und "menschenfreundliche" Konstruktion.

Ich scheitere nach wie vor an der Frage: Passiert das alles nach einem bösen, hinterhältigen Plan der Spitzbuben "da oben", oder ist diese Entwicklung eine systeminterne, vom bewussten menschlichen Handeln unabhängige (Schwarm)Entwicklung? 
Das Systemmotto: "Gib mir Dein Geld! - Jetzt, Du dreckiges Opfer !!!! - Und habe immer ANGST VOR DEM MORGEN !!!"

"Hört auf, Profite über Menschen zu stellen!" Occupy
Permanent angelogen & VERARSCHT IN DEUTSCHLAND! - Ich habe mit Dir fertig

Tiefrot

Strombolli äußerte:
ZitatIch scheitere nach wie vor an der Frage: Passiert das alles nach einem bösen, hinterhältigen Plan der Spitzbuben
"da oben", oder ist diese Entwicklung eine systeminterne, vom bewussten menschlichen Handeln unabhängige
(Schwarm)Entwicklung?  
Der alte Marx schrob sinngemäß "Der Kapitalismus wird sich totlaufen".
Bis hierhin geb ich ihm Recht, man siehts ja auch.
Und ich tue noch einen Aspekt hinzu:
Stellt euch mal vor, der ganze (finanzielle) Reichtum ist nun in den Händen einiger weniger Figuren.
Was kommt danach ? Die übrige Bevölkerung hat Null Geld, wir müßten also wieder zum Tauschhandel zurück.
Die Geldsäcke sitzen auf ihren Goldbergen und müßten einsehen, daß man Geld und Gold nicht essen kann.
Wer dann Köpfchen hat, wird Gold & Co. nicht mehr als Zahlungsmittel akzeptieren.
Erfüllt ja keinen praktischen Zweck und ist nicht essbar.
Wenn sowas im Menschensinne liegt, wären die Geldsäcke dümmer, als ich es mir je vorstellen könnte.  ::)

In diesem Sinne

Peace on Earth
Denke dran: Arbeiten gehen ist ein Deal !
Seht in den Lohnspiegel, und geht nicht drunter !

Wie bekommt man Milllionen von Deutschen zum Protest auf die Straße ?
Verbietet die BILD und schaltet Facebook ab !

der große Zampano

@ Nick N.

Ich entschuldige mich voraus, wenn meine Ausführungen vielleicht etwas unverständlich sind. Es ist manchmal schwer die eigenen Gedanken auf den Punkt zu bringen.

Bezüglich der Zusammenfassung.

Ich sehe den Menschen grundsätzlich erkenntnistheoretisch geprägt von zwei Zuständen. Wissen und Glauben.
Des weiteren sind viele verschiedene Spannungsverhältnisse (Standpunkte) zwischen beiden Zuständen möglich.
Glauben meine ich nun nicht in dem Sinne, dass er immer Religion oder eben religiöser Glaube sein muss.
Mann kann auch an etwas glauben was abstrakt "vielleicht" in der Zukunft sein könnte.
Mir geht es nur um die beiden Zustände der menschlichen Erkenntnis.

Warum dies für mich und auch weitere Menschen (je nach Lebens- und Denkphilosophie) in der Gegenwart zum Problem wird (und auch früher war) möchte ich nun erklären.

Ich komme dann auch zu einem eventuell (je nach Philosophie des Sprechenden)  problematischen Status der Naturwissenschaften.
Dazu muss ich etwas weiter zurück. Ich bitte dies nicht als theologischen Vortrag zu sehen. Die Theologiegeschichte muss sein, weil daher unser westliches "Weltverständnis von heute" erwachsen ist.

Ein, meiner Meinung nach Super-Ansatzpunkt (frühere Reformatoren und deren Ansätze lass ich mal unter den Tisch fallen ) bildet die Reformation mit Luthers Thesen etc. und deren Weiterentwicklung.

Die Welt des katholischen Glaubens bildete ein ganz bestimmtes Spannungsverhältnis des Glaubens und des Wissens. Wissen und Glauben waren grob gesagt gleichzeitig  möglich um Erkenntnis zu gewinnen.
Hier war es für theologische Denker möglich (ich muss leider etwas verallgemeinern - wer mehr wissen möchte lese Thomas von Aquin "Summa Theologica") bzw. es schien möglich , Dinge des Glaubens mit Wissenschaftlicher Methode zu begründen bzw. zu erhärten.
Der Mensch erschien im Gegensatz zur "Absolutheit Gottes" als Fehler behaftet und nur "Im Lichte seiner natürlichen Vernunft".
Der Mensch war zwar fähig sich durch Studium und Lernen etc. weiteren Erkenntnis zu nähern.
Er war jedoch dazu verdammt nie Gottes Erkenntniserreichen zu können.
Hier äußert sich ein Fehlerbewusstsein.

Des weiteren werden durch die Möglichkeit, durch irdische Erkenntnis zu mehr "Weisheit" zu gelangen auch die irdischen Taten wichtig.
(Ganz vereinfacht dargestellt). Somit lassen sich auch die mittelalterlichen Mönchsorden erklären, welche in ihrem sammeln der Weisheit und des täglichen Dienstes, den Dienst an Gott und für ihr Seelenheil und für das Seelenheil aller verrichteten.  (wieder stark verkürzt)

Da jedoch in diesem Zusammenhang die irdische Tat für das eigene Seelenheil wichtig ist (Hölle Fegerfeuer etc.) lässt sich erklären warum der Ablasshandel gut funktionierte. Sprich. Mehr gute Taten, mehr Seelenheil.

Hier ist der Punkt in welchem Luther auch ansetzt.

Er "verdammt" den Ablasshandel und das Mönchstum als von der Welt abgewandt.

Erkenntnistheoretisch wichtig wird an dieser Stelle ein Umstand.

Um den Ablasshandel etc. (wieder verkürzt), also auch grob gesagt diese Wichtigkeit der Tat des Gläubigen in der Welt zurück zustellen verschiebt sich sein
Verhältnis von Wissen und Glauben.

"Der Mensch muss nur Glauben", um Erlösung zu finden heißt es nun grob gesagt.

Das ehemals katholische Verhältnis von Wissen und Glauben weicht dem Beginn einer Trennung von Wissen und Glauben.
Das heisst der Protestant muss nur Glauben, er muss nicht Wissen.
(Wer mehr wissen möchte zum Thema und auch welche Überzeichnungen (extreme Zuspitzung des Glaubens) dies annehmen kann der lese zum Thema Thomas Müntzer nach.)

Der nächste Punkt warum ich dies erzählen musst ist Immanuel Kant und seine "Kritik der reinen Vernunft".
Wichtig ist dies zudem weil Kant als protestantischer Philosoph zu verstehen ist.

Grob gesagt wollte Kant das unbestimmte Verhältnis von Wissen und Glauben, man erinnere sich an "Luthers Problem" der scheinbaren Trennung des Glaubens) genau setzen. Kant versucht eine Metaphysik zu verfassen. Sprich er möchte die Grenze zwischen Wissen und Glauben ziehen bzw. sie genau bestimmen.

An dieser Stelle lässt sich das Dilemma, welches ich beschrieben habe sehr gut nachvollziehen.
Die Trennung von Wissen und Glauben, welche dies zur Folge hatte. (bitte seht mir die starke Konzentration auf Kant nach aber an ihm ist diese Erkenntnistheoretische Entwicklung fantastisch nachzuvollziehen)

Nun haben wir plötzlich auf der einen Seite das Wissen (aufklärerischen sich entwickelnden Wissenschaften) und auf der anderen Seite den Glauben ( als religiösen oder eben als Dinge welche außerhalb der Naturwissenschaften liegen, grob gesagt Metaphysik).

Beide Seiten "meckern" nun über den anderen vergessen jedoch, dass sie historisch verbunden waren.

Was hier wieder DER Knackpunkt, besonders erkenntnistheoretisch, ist. Durch "Kants Trennung" sind Naturwissenschaften nicht in der Lage auch nur ansatzweise Erkenntnisse über Dinge des Glaubens, der Metaphysik (eben Dinge welche sich äußerst schwer empirisch beschreiben lassen) zu machen.


Dies hat weiterhin zur Konsequenz, dass sich Naturwissenschaften nicht auf Glaubensdinge im eigentlichen stützen können.
Das heisst sie müssen nach empirischen Daten forschen und arbeiten.
Zwar werden Gesetzesaussagen formuliert, diese funktionieren auch gut im System der Naturwissenschaft. Sie stellen jedoch auf Grund der empirischen Beschränkungen (infiniter Regress, Fehler bei Experimenten, unvollständiges Wissen etc. etc. ) nur Wahrscheinlichkeitsaussagen dar.

Zugegeben die Wahrscheinlichkeitsaussagen erreichen zum Teil hohe Werte, wie z.B. in der Medizin, sie sind jedoch nicht absolut.

Es gibt eben eine bestimmten Prozentsatz der nicht in die "Gesetzmäßigkeit" passt. Dies meinte ich mit Problemdiagnosen, bzw. ärztliche Fehlschlüsse. Dies stellt insoweit kein Problem dar, insoweit sich die wissenschaftliche Praxis ihrer potentiellen Fehelerhaftigkeit bewusst ist.
Fehler passieren das ist menschlich und das kann man nicht abändern. Wir wissen nicht alles deswegen forschen wir und wollen die Wahrscheinlichkeit unserer wissenschaftlichen Aussagen erhöhen.

Zum Problem wird dies jedoch wenn die wissenschaftliche Praxis ihre potentiellen Fehler leugnet. Dann wird ihr Erscheinungsbild zum Dogmatismus.

Des weiteren darf auch nicht vergessen werden, dass die Frage jeglicher Naturwissenschaft nach ihrem "Urgrund" DIE AUSSAGE DER AUSSAGEN bleibt.
Und solange nicht die "Krasse Superaussage" gefunden wird muss auch die gesetzesmässige Aussage der Naturwissenschaft auf einem anfänglichen Glaubenssatz beruhen.

Man muss an den Anfang glauben. Dies ist ganz gut an der Physik zu sehen, welche die Frage nach "DEM UrTeilchen" im Teilchenbeschleuniger stellt. Wenn das bewiesen ist bleibt jedoch trotzdem die Glaubensfrage:

Stringtheorie, Quantentheorie, Relativitätstheorie und wie kriegen wir den "Spaß" zusammen.


Nun komme ich zum Teilabschluss meiner Argumentation, bitte verzeiht mir die Ausführungen davor.

Der Mensch besteht jedoch nicht nur aus "Naturwissenschaft" (Beispiel: die Leber funktioniert so und so), sondern auch aus etwas anderem was sich nicht wissenschaftlich fassen lässt.

Der Glaube, die Religion, Freundschaft, Gefühle etc. etc.

Und z.B.  beim Glauben (egal was ob nun christlich , buddhistisch, atheistisch -weil auch nicht glauben ist ein Glauben etc.) haben wir plötzlich etwas, dass die Naturwissenschaft per eigener Definition gar nicht erklären kann.

Und hier ist mein Knackpunkt. Die heutige "verwissenschaftlichte" Gesellschaft vergisst, dass wir mehr sind als nur ein Haufen Zellen der sich seinen Wasser und Kohlenstoffnachschub übers Essen reinholt.

Da ist die Geschichte eines jeden Menschen und die Gefühle, welche im Laufe des Lebens völlig individuell gewachsen sind nur ein Beispiel.

Ich bitte meine Ausführungen nicht esoterisch zu verstehen.

Auch Moral und Werteverfall scheinen in diese Kategorie zu fallen. Nicht umsonst machen sich die schlauesten Philosophen bereits seit langem einen Kopf drum. Die Frage ist auch, kann die Hirnforschung die Moral "Fangen" ?. schwerlich, denn sie scheint zu etwas zu gehören, welches zum Teil einen Dialog zwischen Wissen und Metaphysik (wer möchte auch Glauben, auch religiösen Glauben) entspringt.

Das Wissen kann uns nur zum Teil zum Menschen machen. Irgendwas fehlt.

"Da uns das Jenseits verloren ging, sind wir im Diesseits ganz auf uns allein gestellt. Also nicht dein Wille geschehe, sondern dein Wille geschieht. Wir brauchen keine göttliche Offenbahrung und keine Tradition mehr. Wir haben die Welt entzaubert, und hinter dem Vorhang fanden wir nur uns selbst. Wir haben die Ansichten der Vergangenheit geprüft, und sie haben nicht standgehalten. Wir haben sie ihrer Haltlosigkeit überführt, wir haben den Schein, die Irrtümer und die Lügen der Vergangenheit entlarvt. Uns ist nichts heilig, weil es nichts Heiliges gibt. Uns ist nichts verbindlich, weil es nichts verbindliches gibt. Alles ist beliebig."

Wulff D. Rehfuss
"Die Vernunft frisst ihre Kinder"

Auch Friedrich Nietzsche stellt im "Antichrist" fest, dass wenn Gott tot ist, der Mensch ein einsames Leben führen muss.

Und was sind die Gesetze, welche uns täglich begegnen. Sie sind vor allem eins "vernünftig". Die Vernunft regiert.

Es wird der Mensch hinter allem vergessen.
Ein Bewusstsein für den Menschen, für dessen Sorgen und Nöte. Das ist es was fehlt.
Gesetze sind nicht moralisch. Das können sie auch gar nicht. Sie sind Ausgeburten der Vernunft.

An dieser Stelle kann ich mal abgeben. Man mag von Herrn Ratzinger halten was man will (ich gehe auch in vielen Dingen mit ihm nicht konform, bin auch nicht-gläubig) aber mit seinem Aufruf für mehr Tugenden wie "Liebe"  hat er recht.
(siehe Encyclica)
Sich um andere kümmern, sich wirklich um sie zu sorgen.
Das kann kein Gesetz vorschreiben.

Das muss wo anders her kommen. Doch woher, wenn "unser Gott" nur der totale Fortschritt ist.

Ein Empfehlung noch. "Metropolis" von Fritz Lang thematisiert auch das. Wenn man bedenkt wann dies Werk entstand, (1927) mit einem erschreckendem Weitblick.


All das was ich beschrieben habe. MAg uns nicht immer bewusst sein aber es ist zu einem Grundfeiler, wenn auch unbewusst,unseres europäischen Weltverständnisses geworden. Unser Bild der Wissenschaften kommt daher. Große Teile unseres "Grundverständnisses" (Grundparadigmen unserer Gesellschaften) sind aus dieser Entwicklung Abkömmlinge.
............

Ergänzung: Die Teilung des Menschen in Privat und öffentliche Person ist bereits bei Kant anzutreffen. Sie ist ein Zeichen der bürgerlichen Gesellschaft. Ohne Wertung.

Und zum Thema "was würde Jesus tun": Ein sehr interessantes Beispiel: Nietzsche sieht, man staune im Antichristen, in Jesus ein Vorbild, welches jedoch verklärt wird.






Weitere Erklärungen zu wichtigen Begriffen, zum weiterlesen (wer möchte):

Chalmers: "Wege der Wissenschaft"

gelbe Bände Reclam: Schneider "Erkenntnistheorie im  20. Jahrhundert"

                                  Geschichte der Philosophie (mehrere Bände)

Immanuel Kant: "Kritik der reinen Vernunft"

Skirbekk : Wahrheitstheorien

Karl Jaspers: Kant Leben, Werk, Wirkung

Heckmann, Heinz Dieter: Was ist Wahrheit?






Zu deinem anderen Beitrag:

"Wenn man aus Doofheit/ Versehen in diese unsägliche "Psychologie heute" und ähnliche Machwerke reinschaut, passiert es einem immer wieder, dass dort völlig offen darüber gesprochen wird, dass Realitätskontakt die Laune nicht verbessert."


Der Mensch hat ein Grundproblem. Er kann "DIE WELT" nicht als das sehen was sie ist, sondern nimmt immer im Erkenntnisprozess  eine Anpassung an das spezielle Individuum vor.
Biologisch sei da die Frage des "rot sehens" genannt. Männer sehen die Farbe rot anders als Frauen.

Weiterhin ist jedoch der Mensch auch ein Produkt seiner jeweiligen hoch individuellen Sozialisation und seiner jeweiligen Lebensumstände und da ist es eben so das jeder im Lichte seiner "Erfahrungen" sich die "Welt untertan" macht.
Als Beispiel sei hier die Zeugenbefragung eines beliebigen Verkehrsunfalles genannt. 5 Zeugen haben alles gesehen und plötzlich hat das eine Fahrzeug 5 unterschiedliche Farben.

Das ist der Mensch. Er kann nicht anders. Und man sollte auch nicht vergessen, dass die Psychologie keine Naturwissenschaft ist. Hier erlebt man auch "Trends". Ihre Aussagen sind keine Gesetze wie in den Naturwissenschaften. Der Psychologe ist immer darauf angewiesen, dass der Proband zumindest versucht die Wahrheit zu sagen. Beim Psychiater sieht das wieder anders aus. Der kann auf "Blutwerte" (Störung der Hirnchemie) zurückgreife. Psychologen haben auch nach ihrem Dr. ein "phil." stehen wenn ich mich nicht täusche. Sie kommen aus der Geisteswissenschaft.

Und die nächste Frage. Wollen wir die Wahrheit überhaupt wissen ??
Ich denke, ein Großteil der Menschen nicht.


Es gab da "diesen Hollywood Film", in welchem die Menschen als Sklaven der Maschinen bzw. deren Batterien sind .
(Matrix)

Sehr aufschlussreich ist die Szene als Agent Smith zu Neo spricht glaube ich. Wenn nicht berichtigt mich

(sinngemäss) "Wir haben euch zuerst eine heile Welt gegeben. Aber ihr habt sie nicht angenommen."

Ein Großteil zieht es vor gewisse Dinge nach eigenem Vorstellungen zurecht zu biegen, um diesem Dilemma zu entgehen.
Nicht wissen schützt vor denken müssen. Denken ist anstrengend.


Meine Äußerungen zum genannten Film bilden keine esoterische Theorie, sondern lediglich eine Verdeutlichung philosophischer Begriffe auf deren Grundlage der Film auch basiert. Ich bitte dies zu beachten bevor man mich verurteilt.

siehe Descartes. "Sind wir alle nur der Traum eines Wesens ??"

Strombolli

Der Makrokosmos existiert im Mikrokosmos und umgekehrt und der Urknall passiert in jedem Menschen täglich Milliarden Mal wenn die Synapsen knapsen!

(Das kann jetzt jeder interpretieren wie er/sie will. Wir brauchen neue Universen!)
Das Systemmotto: "Gib mir Dein Geld! - Jetzt, Du dreckiges Opfer !!!! - Und habe immer ANGST VOR DEM MORGEN !!!"

"Hört auf, Profite über Menschen zu stellen!" Occupy
Permanent angelogen & VERARSCHT IN DEUTSCHLAND! - Ich habe mit Dir fertig

Nick N.

Meine Synapsen sind auch noch am knapsen, aber ich will schon mal vorab sagen, Zampano, dass Du Dich überhaupt nicht bei mir zu entschuldigen brauchst. Ich find Deine Beiträge hier interessant, und wenn sie mir nicht gefallen würden, dann würd ich sie halt nicht lesen.
Und wenn ich anderer Meinung bin, dann hast Du ja auch dasselbe Recht wie ich, anderer Meinung zu sein. Sonst wäre es ja langweilig.
Also, auch wenn ich weiter oben gemeckert habe, entschuldigen brauchst Du Dich trotzdem nicht. Passt auch gar nicht zu Deinem nick.
Satyagraha

zak

Vieles fiele leichter, könnte man Gras essen. Hierin hat es der Arme, sonst als Vieh gehalten, nicht so gut wie dieses. Nur die Luft ist noch umsonst, aber der Acker muß bestellt werden, gebückt, manchmal aufrecht, aber immer bettelnd. Beständiger Hunger zieht durch das Leben, nur er zwingt zur Fron, dann erst zwingt die Peitsche.

Wäre der tägliche Bissen so sicher wie die Luft, gäbe es dann Elend?

Gäbe es Heilige, wenn es keine Sünder mehr gäbe?
Gäbe es das Gute ohne das Böse?
Wäre die Erde flach, wenn es nur Gipfel gäbe?
Hat Vielwisserei schon mal zum Erkennen geführt?
Kann ein sicherer Mensch widersprüchlich sein?
Gibt es ein Leben vor dem Tod?
Kann geborgte Wahrheit wahr sein?
Ist Wissenschaft Erkenntnis minus Selbsterkenntnis?
....?

Zitatder Urknall
Gab es je einen Urknall?

der große Zampano

Was mir dazu einfällt. Auch wenn es vielleicht nicht so gemeint ist und ich es falsch verstehe. Dann Sorry.


"Gäbe es Heilige, wenn es keine Sünder gäbe."
Ja.
Heilig zu sein setzt nicht voraus. Ohne Sünde zu sein.
Heilig zu sein setzt trotz oder vielleicht wegen der eigenen Sünden voraus "über den eigenen Schatten zu springen".
("Vom Saulus zum Paulus")


"Gäbe es das Gute ohne das Böse" ?
Vielleicht ist das Böse nur das "nicht-vollkommene Gute" oder nur dessen ganze oder teilweise Abwesenheit.
Bringt nicht jeder Mensch die Voraussetzungen mit ??
Das Bedürfnis des Menschen im "bösen Menschen" das "Andere und das Kranke" zu sehen ist ein Schutzmechanismus der Psyche, welcher verdeckt das wir all eine "dunkle Seite" haben.
Historisch waren so einige "böse Personen" zu Hause die besten Familienväter.
Leider ist nicht alles so schwarz oder weiß wie wir es gerne hätten.
Leider spielen in der Welt die Schattierungen zwischen "schwarz und weiß" die Hauptrolle.
Das Problem ist hier auch der Maßstab "des Guten".
Ist er ewig und universell ??

An dieser Stelle stelle ich die Frage:
"ist dies die beste aller möglichen Welten ??"

(bekannt unter dem theologischen Begriff der Theodizee)


"Wäre die Erde flach wenn es nur Gipfel gäbe?"
Nein, denn sie kann trotzdem ihre Kartoffelform behalten.


Hat Vielwisserei schonmal zum Erkennen geführt ?
Im System der Naturwissenschaften Ja. Denn viel Wissen erhöht die Wahrscheinlichkeit "richtig zu liegen".
Es erhöht die Wahrscheinlichkeit zu Erkennen.
Die andere Frage ist. Können Dinge der Metaphysik oder des Glaubens zur Erkenntnis führen ??
Weiteres Problem. Ist der Mensch überhaupt fähig den "Urgrund der Welt" zu erkennen oder muss er ständig nur durch die "Rosa Brille" sehen.
kleine Metapher: "Die Vertreibung aus dem Paradies auf Grund der Gier nach den Früchten des Baumes der Erkenntnis."
Wir werden nie den "Urgrund" erkennen geschweige den erahnen. Alles andere bleibt den Systemen des Wissens bzw. des Glaubens überlassen. Trotzdem bleiben diese gefärbt von unserer Erkenntnisfähigkeit.
Wir können eben nur Sehen, riechen, hören, fühlen, schmecken.
Den Rest müssen die Maschinen für uns machen. Und wissen wir ob das was die ausgeben der Wahrheit entspricht?
wenn es um das sehen geht ist uns eine einfache Biene überlegen. Denn sie kann im UV-Bereich sehen, wir nicht.

Metapher: "Gottes Wege sind unergründlich."



Kann ein sicherer Mensch widersprüchlich sein?
Ja. Kommt auf den Maßstab an, an dem man ihn misst.


Gibt es ein Leben vor dem Tod ?
Offensichtlich gibt es etwas. Wir haben uns zumindest auf minimalste Gemeinsamkeiten geeinigt, um miteinander kommunizieren zu können.
Die Position des radikalen Skeptikers erklärt nicht unsere "Sinneseindrücke" zu 100 %.
Wie wird Leben definiert ?
Was ist Leben ?
Hier liegt eine weitere Schwierigkeit.


Kann geborgte Wahrheit wahr sein ?
Warum nicht. Wenn Derjenige von dem wir sie borgen die Wahrheit besitzt.


Ist Wissenschaft Erkenntnis minus Selbsterkenntnis ?
Nein. Wissenschaftliche Erkenntnis findet in einem geschlossenen System mit gewissen Grundregeln statt.
In diesem System werden die Erkenntnisse nach klaren Regeln gewonnen.
Alles was diesen Regeln bzw. Bedingungen  nicht gehorcht ist nicht wissenschaftlich oder gehört zur Sphäre des Glaubens bzw. der Metaphysik und ist somit nicht von der Naturwissenschaft zu fassen.
Ohne Selbsterkenntnis, sprich positive eigene Standortfestelegung (erste Glaubenssätze bzw. Grundparadigma der Wissenschaft) ist Wissenschaft nicht möglich.
Die Selbsterkenntnis des Mensch ist Bedingung der Möglicheit für Wissenschaft.


Ist der Urkanll nicht beweisbar, so ist er einer der ersten Glaubenssätze der Naturwissenschaft.


Und was das bestellen der Äcker betrifft.
Was ist wenn die Äcker nur für die "Armen" bestellt werden?

Weiteres "Problem".

Wieso heißt es , dass der Arbeiter überlebt weil er arbeitet. "Man" überlebt, weil der Arbeiter arbeitet. "Man" ist auf den Arbeiter angewiesen. So dreht sich das Blatt wenn man so manche philosophische Theorie "durchspielt".
Ist es nicht vielmehr so, dass der sogenannte Herrscher unfähig ist seine eigene Nahrung zu erwirtschaften.
Er braucht jemand der sich für ihn krumm  macht. Fällt das weg hat auch er Hunger.
(Man betrachte als Beispiel die mittelalterlichen Umwälzungen. Die riesigen Verluste innerhalb der Landbevölkerung durch die Pesttoten führten zum Bedeutungsverlust des Landadels. Der Essenslieferant war weggestorben).
Nicht der "Arbeitnehmer" nimmt die Arbeit, sondern er gibt dem "Arbeitgeber" durch seine Tätigkeit Nahrung.
Denn er ist durch seinen "unproduktiven" Status nicht mehr in der Lage seine eigene Nahrung zu erwirtschaften.
Der "Kaviar" wird im Schweiß des Tagelöhners "gemacht", hier werden Werte "gemacht". Hier findet die Umwandlung der Rohstoffe statt.

Strombolli

Natürlich kann und sollte man wichtige Sachen wie den gesellschaftlichen Niedergang, seine Ursachen und Folgen auf vielfältigste Weise diskutieren.
Angesicht der letzten Beiträge frage ich mich jedoch, ob das Geschriebene nicht zuviel Nichtgeschriebenes enthält und Fantasie und Abstraktion überstrapaziert, statt anzuregen.

Bin halt ein einfacher Mann, dem das reale Leben näher ist als Kant & Co.

Ach ja: "Gibt es ein Leben vor dem Tod ?" - Sicher. Es ist ein Frage der Definition von Leben und Tod. Ist man tot, wenn man durch äussere Bedingungen darin behindert wird am Leben teilzunehmen?

Gute Nacht, Deutschland!
Das Systemmotto: "Gib mir Dein Geld! - Jetzt, Du dreckiges Opfer !!!! - Und habe immer ANGST VOR DEM MORGEN !!!"

"Hört auf, Profite über Menschen zu stellen!" Occupy
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der große Zampano

Ich muss persönlich sagen, dass es sich bei meinen Äußerungen nicht um Fantasie und starke Abstraktion handelt.

Ich bin auch so gesehen auch einfach gestrickt. Meine ehemaligen "Schulkollegen" sonnen sich in den feinsten Positionen und ich muss trotz hervorragender Leistungen in meinen Ausbildungen und Studium trotzdem zu Hausen rumsitzen und mich als "Aussätzigen" ("man ist ja immer selber schuld an der eigenen Arbeitslosigkeit")  behandeln lassen.

Kant & Co bzw. das Wissen darum  haben jedoch einen unwahrscheinlichen Vorteil, wie ich persönlich  finde. Ich durchschaue auch die raffiniertesten argumentativen Tricks der "Macher" und bin in der Lage noch weiter zu denken.
Ich bin weder abgehoben noch arrogant. Im Gegenteil.

Ich bin aufgewachsen in einem Bewusstsein, dass mir sagte : Bildung etc. lohnt sich für dich. Dieser "Programmierungsfehler" in meiner Persönlichkeit lag vielleicht am falschen "Politischen System" aber was solls.
Finanziell hat sich meine Bildung bis jetzt nicht wirklich ausgezahlt.
Trotzdem. Ich bin so manchen "politischen Schlaumeier" um Längen voraus. Ich laß mich nicht verarschen und darum geht es finde ich.
Ich weiß auch wie hart der tägliche Kampf um jeden Cent ist.
Aber trotzdem ich bewahre mir etwas ähnliches wie Stolz.
Ich muss nicht mitspielen. Ich muss mich nicht schuldig machen.
Es ist hart aber es geht. Ok. Bis jetzt aber ich kämpfe.

Ich vergleiche es mal mit dem komponieren von einem Song.
Es kann Monate dauern und unendliche Streiteren kosten in der Band.
Monatelang klappt nichts und dann ist er da.
Dann spiel ich den Song Live und habe meine 5 Minuten "Triumph".
Ja aber diese 5 Minuten waren die Monate wert.
Mehr als das.

Ich kämpfe genauso, wie ich seit Jahren Musik mache. Nur weil ich Spaß dran hab und weil ich Menschen etwas gebe was ihnen nur meine Musik geben kann. Es bringt nicht wirklich Geld aber was solls. Und wenn ich nur einen Menschen von etwas "überzeugt" habe, habe ich bereits gewonnen.

So lange in meinem Schädel mein eigener Wille pocht bin ich nicht tot.

Viele andere sind es jedoch, weil sie sich bereits mit Mitte 20 dem "Fluß des Lebens" als tote Fische anvertraut haben.
"Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom."

Bitte meinen Text nicht in aggressiver Weise interpretieren.


zak

Cool. Faszinierend ist dabei die unterschiedliche Auslegung der Fragen, hängt aber sicher auch an der kalten Technik dieses Mediums. Als direktem Gegenüber, sinnlich wahrgenommen, würden wir uns anders verstehen, erkennen. Interessant aber auch immer wieder, was aus den Antworten herauszulesen ist. Danke jedenfalls für die Zeit, die du dir für meine Fragen genommen hast.

Der Thread artet zum philosophischen Austausch aus...
Über das Thema: ,,der gesellschaftliche Niedergang, seine Ursachen und Folgen" wären wahrlich ganze Bücher zu schreiben, sind sie bestimmt auch schon. Ein komplettes, eigenständiges Forum ließe sich nur darauf gründen...

Gerne würde ich intensiver darauf eingehen, aber morgen fahre ich erst mal für eine Weile weg, vielleicht ja später dann. Frohe Festtage an alle !

der große Zampano

Frohe Festtage.

Hab mir gern Zeit genommen für die Fragen.

Strombolli

Zampano, ich kann das alles unterschreiben und speziell dein letztes Posting könnte auch von mir handeln. Fantasie und Abstraktion sah ich eher in den Köpfen der Leser. Und dazu brauche ich immer eine bestimmte Stimmung, sonst ist mir das alles zu theoretisch (aber es ist ja auch der Theoriebereich hier!) angesichts meiner schon fast an Weihnachten programmierten Knüppel die mir finanziell zwischen die Beine geschmissen werden. Pfändungen und deren Derivate.

Ich glaube sogar, dass die ganzen grundsätzlichen philosophischen Zusammenhänge in unserer Gesellschaft der Oberflächlichkeit viel zu kurz kommen.
Gerade auch die Rolle der Religionen werden oft zu undifferenziert diskutiert.
Das Systemmotto: "Gib mir Dein Geld! - Jetzt, Du dreckiges Opfer !!!! - Und habe immer ANGST VOR DEM MORGEN !!!"

"Hört auf, Profite über Menschen zu stellen!" Occupy
Permanent angelogen & VERARSCHT IN DEUTSCHLAND! - Ich habe mit Dir fertig

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