Versicherungsjob sozialversicherungspflichtig und eigener PKW

Begonnen von lummel47, 14:26:15 Di. 25.September 2012

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lummel47

In manchen Branchen werden sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsangebote an die Voraussetzung geknüpft, dass der Arbeitnehmer einen eigenen PKW hat und einsetzt.

D.h., der Job steht und fällt mit dem eigenen PKW. Ist der eigene PKW weg (Unfall oder andere Gründe) muss der Arbeitnehmer sich einen neuen PKW anschaffen oder der Job ist weg.

Ist es überhaupt arbeitsrechtlich zulässig bei einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, die Einstellung vom Einsatz des eigenen PKW abhängig zu machen?

Steht sowas dann im Arbeitsvertrag drin?

Ich frag mal hier mangels sonstige Ansprechpartner. Gibt es zu diesem Thema schon Diskussionen bzw. Gerichtsurteile irgendwo?

Falls das in anderen Bereich gehört, bitte dorthin verschieben.

Rudolf Rocker

In der Versicherungsbranche wird es hier wohl um Kundenakquise und ähnliches gehen, oder?

Zumindest müsste im AV  stehen, wie die Aufwandsentschädigungen und Kilometergeldregelungen für den Einsatz des eigenen Pkw sind.

Wenn nicht würde ich den auch nicht einsetzen und einen Dienstwagen verlangen!

dagobert

Vor allem in der Leiharbeit wird das ziemlich häufig so gemacht. Im AV steht dann i.d.R. nichts dazu drin, aber ohne eigenen PKW sind die Einsatzorte zu den verlangten Arbeitszeiten oft nicht zu erreichen. Dass die Bezahlung in den meisten Fällen den Unterhalt des Autos nicht trägt, ist denen egal.
Hast du kein Auto (mehr), dann bist du nicht einsetzbar und wirst gefeuert (oder gar nicht erst eingestellt). Der AG sucht sich dann den nächsten.

Hab das Thema woanders auch schon mit erwähnt:
http://www.chefduzen.de/index.php?topic=23201.msg265485#msg265485
http://www.chefduzen.de/index.php?topic=26129.msg265193#msg265193

In der Versicherungsbranche geht es dann wohl um eine Aussendiensttätigkeit. Da würd ich eher eien Dienstwagen verlangen, denn die höheren Versicherungskosten, den Verschleiß am Auto und die Ersatzbeschaffung zahlt dir kein AG.

Ob das rechtlich zulässig ist kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen, fragwürdig ist es auf jeden Fall.
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

lummel47

Die Begründung des eigenen PKW ist, dass die Arbeit ohne eigenen PKW-Einsatz nicht durchführbar ist. Diese Begründung ist dünn, denn sie wäre ja dann mit einem Dienstwagen genausogut, wenn nicht besser, durchführbar.
Wer den vom Arbeitnehmer den Einsatz des privaten PKW verlangt, könnte genausogut verlangen, dass ihm der Arbeitnehmer noch die Büromiete zahlt. Beides ist für die Durchführung der Arbeit nicht nochtwendig. Beides muss und kann der Arbeitgeber selber zahlen, die Büromiete und den Dienstwagen.
Das sind betriebliche Einsatzmittel, die der Betrieb zu stellen hat, so sehe ich das.
Das im Falle des PKW der Dienstwagen gespart wird auf Kosten des Arbeitnehmers, darin liegt imho ein arbeitsrechtliches Problem.

Hier werden ganz klar betriebliche Bringeschuld auf den Arbeitnehmer abgewälzt. Sowas muss doch irgendwie arbeitsrechtlich oder sonst irgenwie rechtlich angreifbar sein. Mich wundert nur, dass sich dagegen noch keiner gewehrt hat. Jedenfalls findet man keine Urteile, die das Problem unter diesem Blickwinkel angehen.
Es kann nicht sein, dass der Arbeitnehmer seine privates Beförderungsmittel dem Betrieb zur Verfügung stellen muss. Wenn die Arbeit ohne Fahrzeug nicht durchführbar ist, dann hat der Betrieb das Betriebsmittel (Dienstfahrzeug) zu stellen. Alles andere halte ich für rechtswidrig. Mir fehlt nur noch die Begründung mit den passenden Paragraphen.
Ich wollt es halt hier mal ansprechen, weil sich anscheinend noch keiner Gedanken zu dem Problem gemacht hat. Vielleicht gibts ja doch schon ne Lösung, die wir nur nicht kennen.

Rudolf Rocker

Zwei Dinge müssen dabei unterschieden werden:

1.) Pkw wird benötigt, um den Arbeitsplatz zu erreichen.
    Dieses Problem zu lösen ist die Aufgabe des Arbeitnehmers. Und dabei kann es ja dem AG egal sein, wie der AN seinen Arbeitsplatz erreicht.
    (Das Problem kennen viele die auf dem Land wohnen und/ oder Schichtarbeit machen)

2.) Pkw wird für die Ausführung der Arbeit benötigt.
     Hier verlangt der AG, das der AN seinem privaten Pkw für die Firma zum Einsatz bringt um z.B. Kunden zu besuchen, Baustellen anzufahren, usw.


Punkt 2. müsste auf jeden Fall im AV geregelt werden. Ich wüsste tatsächlich nicht, ob es dazu eine Verpflichtung gibt. Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.

Carpe Noctem

Zitat von: Rudolf Rocker am 17:12:00 Di. 25.September 2012
Punkt 2. müsste auf jeden Fall im AV geregelt werden. Ich wüsste tatsächlich nicht, ob es dazu eine Verpflichtung gibt. Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.

Zumindest ergibt sich daraus ein ernsthaftes Problem, wenn nämlich in der Probezeit dein Fahrzeug ausfällt. Du hast dann per Sofort einen Mietwagen zu organisieren oder bist gefeuert  kotz
Art. 1 GG: "Die Menschenwürde steht unter Finanzierungsvorbehalt"

dagobert

Zitat von: lummel47 am 16:47:10 Di. 25.September 2012
Mich wundert nur, dass sich dagegen noch keiner gewehrt hat. Jedenfalls findet man keine Urteile, die das Problem unter diesem Blickwinkel angehen.
Dafür gibt es wahrscheinlich einen sehr einfachen Grund:
Wer das von Anfang an ablehnt kriegt den Job nicht, womit ihm eine Klage auch keinen Nutzen bringen würde.
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

jobnomade

Zitat von: dagobert am 19:56:45 Di. 25.September 2012
Zitat von: lummel47 am 16:47:10 Di. 25.September 2012
Mich wundert nur, dass sich dagegen noch keiner gewehrt hat. Jedenfalls findet man keine Urteile, die das Problem unter diesem Blickwinkel angehen.
Dafür gibt es wahrscheinlich einen sehr einfachen Grund:
Wer das von Anfang an ablehnt kriegt den Job nicht, womit ihm eine Klage auch keinen Nutzen bringen würde.

Den einzigsten die die meisten Klagen "Nutzen bringen" sind Rechtsanwälte, jedenfalls solange die weiter für Pfusch nicht haften müssen.

Was solche "mit eigenem PKW" package- deals und weitere grassierende Tricks der Unternehmer betrifft, Risiken auf Angestellte abzuwälzen und meinen guten alten kompetenten Versicherungsagenten "Herr Kaiser" durch die "Pizzafahrer der Ergo" zu ersetzen, warte ich jetzt schon seit 10 Jahren auf gewerkschaftliche Handlungsanweisungen von unserer DGB- "Denkfabrik" HBS http://www.boeckler.de/index.htm , aber da kommt nix ausser heisse Luft, entweder wollen oder können die nicht gegen die Neoliberalen an, ich befürchte ersteres.

Sagt denen mal jemand, dass Schröder nicht mehr Kanzler ist? Vielen Dank.


Searching each day for the answers  Watching our hopes disappear.
Set on a course for disaster  Living our lives in fear.
Our leaders leave us in confusion.  For them there's only one solution.

Rudolf Rocker

Wenn die Karre verreckt hast Du meistens sowieso ein Problem!
Grade wenn mensch im Niedriglohnsektor arbeitet!
Die Reparatur der Kiste kostet meist mehr als einen Monatslohn!
Und wer kann sich von dem Hungerlohn schon Rücklagen für eine Reparatur leisten!

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