Die Überhöhung der Mittelklasse

Begonnen von ManOfConstantSorrow, 16:58:27 So. 14.Oktober 2012

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ManOfConstantSorrow

Ich kann diese kollektive Idiotie nicht mehr ertragen.
Immer heißt es, es seien die gut gebildeten Mittelschichten, die die gesellschaftlichen Veränderungen erkämpften. Diesen Stuß verbreitet selbst der von mir ansonsten hoch geschätzte Kabarettist Georg Schramm. Es ist aber nichts weiter als eine Fehlinterpretation der gesellschaftlichen Kämpfe und eine gewaltige Geschichtsfälschung.

Bereits die "bürgerliche" Revolution in Frankreich begann mit Kämpfen der Unterschichten. Der Sturm auf die Bastille und der Marsch der Marktfrauen nach Versailles waren entscheidende Schritte der Veränderungen, doch das Bürgertum wußte davon zu profitieren und riß die Macht an sich. Die Reformen galten nicht für die Armen, die Revolution hörte bei denen auf, die nichts hatten. Aber im Kampf hat das anders ausgesehen, die Toten vor der Bastille waren so arm, daß man noch nicht einmal ihre Namen kannte.

Bei den Unruhen von 1968 in Deutschland sah es ähnlich aus. Neben den demonstrierenden Studenten gab es die Rebellion der Schüler, und die Lehrlingsbewegung war vielleicht bedeutender, als die der Studenten. Die Lehrlinge gingen dann irgendwann in ihre Scheißjobs, während die Studenten zum Teil Historiker, Literaten und Journalisten wurden. Dort setzen sie sich selbst ein Denkmal. In der Geschichtsschreibung wurde die Lehrlingsbewegung unter den Teppich gekehrt und so nennt man heute 68 die Zeit der "Studentenrebellion".

Noch fürchterlicher ist die Berichterstattung über den Arabischen Frühling. Dort wird immer wieder über die Facebook Revolution gequatscht, die Tatsache ignorierend, daß 90% der demonstrierenden Menschen nichteinmal einen Internetzugang besaßen. Die nichtsnutzigen Journalisten waren sich jedoch nicht zu schade für den amerikanischen Riesenkonzern Werbung zu machen.

Und weiter geht's mit China. Hier wird auch immer über die Mittelklasse als neues revolutionäres Subjekt berichtet. Der gutausgebildeten Jugend ist jedoch das neueste Handy und Tablet-Computermodell wichtiger, als die gesellschaftliche Veränderung und die etablierte Mittelklasse mag mit den politischen Verhältnissen unzufrieden sein, doch der neueste BMW ist dann doch wichtiger, als eine politische Veränderung. Der wirkliche politische Sprengkraft liegt in der Landbevölkerung, in den Wanderarbeitern und den Frauen in den Fabriken.

Die Dummheit in politischen Einschätzungen seitens Journalisten und Historikern ist einfach unerträglich. Ich hoffe, in diesem Forum kann man sich jenseits dieser Fehlinterpretationen der Verhältnisse mit den realen sozialen Spannungen und politischen Auseinandersetzungen befassen.
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Tiefrot

ZitatIch kann diese kollektive Idiotie nicht mehr ertragen.
Dito.
Zitat
Immer heißt es, es seien die gut gebildeten Mittelschichten, die die gesellschaftlichen Veränderungen erkämpften. Diesen Stuß verbreitet selbst der von mir ansonsten hoch geschätzte Kabarettist Georg Schramm. Es ist aber nichts weiter als eine Fehlinterpretation der gesellschaftlichen Kämpfe und eine gewaltige Geschichtsfälschung.
Gut gebildete Mittelschicht, du hast mir echt den Abend gerettet !  :D
Mann, ich hab noch nie so einen oberflächlichen Menschenschlag gesehn, als die.
Im Alltag sieht man von Bildung nicht viel.
Zitat
Bereits die "bürgerliche" Revolution in Frankreich begann mit Kämpfen der Unterschichten. Der Sturm auf die Bastille und der Marsch der Marktfrauen nach Versailles waren entscheidende Schritte der Veränderungen, doch das Bürgertum wußte davon zu profitieren und riß die Macht an sich. Die Reformen galten nicht für die Armen, die Revolution hörte bei denen auf, die nichts hatten. Aber im Kampf hat das anders ausgesehen, die Toten vor der Bastille waren so arm, daß man noch nicht einmal ihre Namen kannte.
Der Punkt dabei ist doch, daß sich auch die Unterschicht daran beteiligte, um etwas nach Oben zu kommen.
Für die Meisten erfüllt sich das Ziel nicht. Ganz klar. Und falls doch, bedenke, Macht korrumpiert.
Zitat
Bei den Unruhen von 1968 in Deutschland sah es ähnlich aus. Neben den demonstrierenden Studenten gab es die Rebellion der Schüler, und die Lehrlingsbewegung war vielleicht bedeutender, als die der Studenten. Die Lehrlinge gingen dann irgendwann in ihre Scheißjobs, während die Studenten zum Teil Historiker, Literaten und Journalisten wurden. Dort setzen sie sich selbst ein Denkmal. In der Geschichtsschreibung wurde die Lehrlingsbewegung unter den Teppich gekehrt und so nennt man heute 68 die Zeit der "Studentenrebellion".
Latürnich, oder denkst du im Ernst, daß Lehrlinge "hoch genug" im Ansehen stehen, um Spuren zu hinterlassen ?
Nein, grade heute sieht man doch, das mitdenkende Menschen eher als Systemgefährder gesehen werden.
Diese würden ja im Fall des Erfolgs den bisherigen Habenden Pfründe, Posten und die Macht kosten.
Zitat
Noch fürchterlicher ist die Berichterstattung über den Arabischen Frühling. Dort wird immer wieder über die Facebook Revolution gequatscht, die Tatsache ignorierend, daß 90% der demonstrierenden Menschen nichteinmal einen Internetzugang besaßen. Die nichtsnutzigen Journalisten waren sich jedoch nicht zu schade für den amerikanischen Riesenkonzern Werbung zu machen.
Die Fressenbuch-Schleichwerbung dürfte wohl Absicht gewesen sein.  kotz
Ich geb dir 'nen Schein drauf, dafür ist eine Menge Geld geflossen.
Zitat
Und weiter geht's mit China. Hier wird auch immer über die Mittelklasse als neues revolutionäres Subjekt berichtet. Der gutausgebildeten Jugend ist jedoch das neueste Handy und Tablet-Computermodell wichtiger, als die gesellschaftliche Veränderung und die etablierte Mittelklasse mag mit den politischen Verhältnissen unzufrieden sein, doch der neueste BMW ist dann doch wichtiger, als eine politische Veränderung. Der wirkliche politische Sprengkraft liegt in der Landbevölkerung, in den Wanderarbeitern und den Frauen in den Fabriken.
Momentan halte ich diese Aussage für Blödsinn.
Warum ? Die Leute interessieren sich auch nur für ihr Stück vom Kuchen.
Sollten sie es auch abbekommen (was ich denen von Herzen gönne),
liegt deren Interesse auch nicht in einer Veränderung der Verhältnisse.
So verwöhnt, steigen die auf den keinsten Fall mehr freiwillig vom SUV zum Fahrrad um. Mach dir nix vor.
Zitat
Die Dummheit in politischen Einschätzungen seitens Journalisten und Historikern ist einfach unerträglich. Ich hoffe, in diesem Forum kann man sich jenseits dieser Fehlinterpretationen der Verhältnisse mit den realen sozialen Spannungen und politischen Auseinandersetzungen befassen.
"Die" Mittelschicht existiert seit Mitte der 80er Jahre nicht mehr.
Das war schon die Zeit, wo sich die Einkommensschere merklich öffnete.
Das geht heute nur umso schneller. Genau genommen ist die Mittelschicht nur noch Trugbild.
Eins, was dazu genutzt wird, den Menschen vorzugaukeln, das es noch was zwischen arm und reich gibt.
Denke dran: Arbeiten gehen ist ein Deal !
Seht in den Lohnspiegel, und geht nicht drunter !

Wie bekommt man Milllionen von Deutschen zum Protest auf die Straße ?
Verbietet die BILD und schaltet Facebook ab !

Kuddel

Zitat...daß sich auch die Unterschicht daran beteiligte, um etwas nach Oben zu kommen.
ZitatDie Leute interessieren sich auch nur für ihr Stück vom Kuchen.

In deinen Augen ist das hierarchische System wohl gottgegeben. Ich halte es für plumpe Propaganda, daß jeder nur nach Macht und Prasserei strebt. Die meisten Erhebungen der Bevölkerung (arabischer Frühling) belegen, daß die Menschen ein Leben in Würde wollen, ein Leben, daß nicht von der ungleichen Verteilung von Macht und Wohlstand überschattet wird.

Als die gegen Umweltzerstörung protestierenden Chinesen ein lokales Regierungsgebäude in Qidong gestürmt hatten, nahmen sie die dort gefundenen Zigarettenstangen und Schnapsflaschen nicht mit, sondern breiteten sie auf den Treppen des Gebäudes aus, um die Bestechlichkeit der Politker und Beamten sichtbar zu machen. Sie wollen dieses Spiel nicht selbst spielen, sie wollen nur, daß es aufhört.

Tiefrot

Kuddel schrob:
ZitatIn deinen Augen ist das hierarchische System wohl gottgegeben.
Ich halte es für plumpe Propaganda, daß jeder nur nach Macht und Prasserei strebt.
Dann hast du was mißverstanden. Natürlich gibts Ausnahmen, wäre ja traurig.
Aber schau dir doch mal die Leute an, die hier von unten kamen und was mehr zu melden hatten.
Die haben sich fast durchgängig nicht mehr für die Menschen interessiert, die sie
Ihresgleichen nannten. Tut mir ja leid, aber Mensch wird sich nicht grundsätzlich ändern.

ZitatDie meisten Erhebungen der Bevölkerung (arabischer Frühling) belegen, daß die Menschen ein Leben in Würde wollen,
ein Leben, daß nicht von der ungleichen Verteilung von Macht und Wohlstand überschattet wird.
Die Ergebnisse sprechen eine leicht andere Sprache.
Zumindest sieht es mir nicht grade danach, daß die Leutz in Ägypten
wirklich glücklich damit geworden sind. Kannst mich aber gern korrigieren.

ZitatAls die gegen Umweltzerstörung protestierenden Chinesen ein lokales Regierungsgebäude in Qidong gestürmt hatten, nahmen sie die dort gefundenen Zigarettenstangen und Schnapsflaschen nicht mit, sondern breiteten sie auf den Treppen des Gebäudes aus, um die Bestechlichkeit der Politker und Beamten sichtbar zu machen. Sie wollen dieses Spiel nicht selbst spielen, sie wollen nur, daß es aufhört.
Respekt.

Zuweilen kann ich ohnehin nicht des Eindrucks erwehren, daß wir uns von einigen anderen Menschenschlägen
mal eine ganz dicke Scheibe abschneiden sollten.  :rolleyes:
Denke dran: Arbeiten gehen ist ein Deal !
Seht in den Lohnspiegel, und geht nicht drunter !

Wie bekommt man Milllionen von Deutschen zum Protest auf die Straße ?
Verbietet die BILD und schaltet Facebook ab !

ManOfConstantSorrow

ZitatDie Protestbilder und Kurznachrichten im Netz lassen deutlich erkennen, dass es sich bei den meisten Demonstranten um Angehörige einer Mittelschicht handelt, die immer souveräner auftritt.
http://blog.zeit.de/china/2012/10/29/chinas-neue-wutburger-begehren-auf/

ZitatUmweltproteste in China: Alles BANANA?

Im Juli 2012 kam es in den chinesischen Städten Shifang und Qidong zu großen und gewaltsamen Protesten gegen Industrieprojekte, von denen die Bewohner Umweltschäden sowie gesundheitliche und wirtschaftliche Beeinträchtigungen befürchteten. Beide Projekte wurden inzwischen von den lokalen Regierungen gestoppt.


Die Proteste in Shifang und Qidong lassen sich in einen größeren Trend zunehmender Umweltproteste einordnen, der spätestens mit den ,,Spaziergängen" in Xiamen im Jahr 2007 bekannt geworden ist. Beide Fälle sind typisch für diese neue Form des Bürgeraktivismus, der die chinesische Regierung vor erhebliche Herausforderungen stellt. Bürgerliche Aktivisten in China bedienen sich unkonventioneller Formen des Protests und greifen auch zur Gewalt. Dahinter steht nicht kleinbürgerlicher Egoismus, sondern eine tiefe Krise des Vertrauens zwischen Bürger und Staat.

- In China ist eine deutliche Zunahme des bürgerlichen Aktivismus festzustellen. Die Zahl an Protesten, Petitionen und sogenannten E-Movements nimmt seit dem Jahr 1993 kontinuierlich zu; die Zahl der Umweltproteste wächst besonders schnell.

- Die gängige Stigmatisierung dieser Proteste als NIMBY-Phänomene (not in my backyard), von Stadtplanern auch mit dem Akronym BANANA (build absolutely nothing anywhere near anyone) gekennzeichnet, die nur aus lokalem Eigeninteresse der Bevölkerung erfolgen, greift zu kurz, da sie die Beschränkungen des autoritären politischen Kontexts in China übergeht. Chinesische Bürgeraktivisten fordern die Einhaltung bestehender Rechte, ihr Zorn richtet sich gegen das Fehlverhalten lokaler Regierungen und sie sind bereit, dafür erhebliche politische Risiken einzugehen.

- Die Protestierenden besitzen eine erhöhte Risikobereitschaft, da sie das Vertrauen in die Lokalregierungen verloren und ein stärkeres Umwelt- und Rechtsbewusstsein entwickelt haben. Mangelnde institutionelle Mechanismen der Partizipation und die Möglichkeiten der Information über neue soziale Medien erhöhen zusätzlich den Druck auf die Regierung.

- Die Regierung hat bisher keine umfassende Strategie zum Umgang mit dem neuen
bürgerlichen Aktivismus, da sie mit den rasanten sozialen Veränderungen nicht
Schritt halten kann. Dies verweist auf die grundlegende Diskrepanz wirtschaftlichen Aufschwungs und politischen Stillstands. Angesichts der Politisierung einer jungen Generation bürgerlicher Aktivisten könnte diese reaktive Haltung für das Regime gefährlich werden.
http://www.juraforum.de/wissenschaft/umweltproteste-in-china-alles-banana-417497

Dieser Dreck ist mal wieder ein Beweis für das Niveau deutscher Journalisten und Intellektueller. Die Interpretation von Fotos und Twitternachrichten reichen als Grundlage für eine schon im Vorfeld feststehende Meinung.

Doch die Interpretation der Proteste hat wenig mit der Realität der Verhältnisse in China zu tun, sie spiegelt nur das Weltbild der Schreiberlinge wider: "Unterschichten" sind dumm und träge. Sie kämpfen erst dann, wenn sie hungern müssen. Allein die "Mittelklasse" hat die Fähigkeit zu denken und sich für moralische und gesellschaftliche Fragen einzusetzen.

Nur ist es in Wirklichkeit in China so, daß auf dem Land die Bauern kämpfen und in den Städten sind es großteils Arbeiter, Schüler, Erwerbslose, Hausfrauen und Rentner. Und zur Interpretation von Fotos möchte ich einfach darauf hinweisen, daß Fabrikarbeiterinnen aufgebretzelt in hippen Klamotten durch die Gegend laufen und auch so demonstrieren.

Aber die Idee von Klasse und Klassenkampf existiert schlichtweg nicht in den Hohlbirnen der abstürzenden Mittelschicht. Die Lohnschreiber haben noch nicht bemerkt, daß sie selbst bereits im Lumpenproletariat gelandet sind. Aber so lange man ein Smartphone und ein Laptop von Apple hat, will man es nicht glauben.

Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

BGS

Zitat von: ManOfConstantSorrow am 15:57:15 Do. 01.November 2012
ZitatDie Protestbilder und Kurznachrichten im Netz lassen deutlich erkennen, dass es sich bei den meisten Demonstranten um Angehörige einer Mittelschicht handelt, die immer souveräner auftritt.
http://blog.zeit.de/china/2012/10/29/chinas-neue-wutburger-begehren-auf/

ZitatUmweltproteste in China: Alles BANANA?

Im Juli 2012 kam es in den chinesischen Städten Shifang und Qidong zu großen und gewaltsamen Protesten gegen Industrieprojekte, von denen die Bewohner Umweltschäden sowie gesundheitliche und wirtschaftliche Beeinträchtigungen befürchteten. Beide Projekte wurden inzwischen von den lokalen Regierungen gestoppt.


Die Proteste in Shifang und Qidong lassen sich in einen größeren Trend zunehmender Umweltproteste einordnen, der spätestens mit den ,,Spaziergängen" in Xiamen im Jahr 2007 bekannt geworden ist. Beide Fälle sind typisch für diese neue Form des Bürgeraktivismus, der die chinesische Regierung vor erhebliche Herausforderungen stellt. Bürgerliche Aktivisten in China bedienen sich unkonventioneller Formen des Protests und greifen auch zur Gewalt. Dahinter steht nicht kleinbürgerlicher Egoismus, sondern eine tiefe Krise des Vertrauens zwischen Bürger und Staat.

- In China ist eine deutliche Zunahme des bürgerlichen Aktivismus festzustellen. Die Zahl an Protesten, Petitionen und sogenannten E-Movements nimmt seit dem Jahr 1993 kontinuierlich zu; die Zahl der Umweltproteste wächst besonders schnell.

- Die gängige Stigmatisierung dieser Proteste als NIMBY-Phänomene (not in my backyard), von Stadtplanern auch mit dem Akronym BANANA (build absolutely nothing anywhere near anyone) gekennzeichnet, die nur aus lokalem Eigeninteresse der Bevölkerung erfolgen, greift zu kurz, da sie die Beschränkungen des autoritären politischen Kontexts in China übergeht. Chinesische Bürgeraktivisten fordern die Einhaltung bestehender Rechte, ihr Zorn richtet sich gegen das Fehlverhalten lokaler Regierungen und sie sind bereit, dafür erhebliche politische Risiken einzugehen.

- Die Protestierenden besitzen eine erhöhte Risikobereitschaft, da sie das Vertrauen in die Lokalregierungen verloren und ein stärkeres Umwelt- und Rechtsbewusstsein entwickelt haben. Mangelnde institutionelle Mechanismen der Partizipation und die Möglichkeiten der Information über neue soziale Medien erhöhen zusätzlich den Druck auf die Regierung.

- Die Regierung hat bisher keine umfassende Strategie zum Umgang mit dem neuen
bürgerlichen Aktivismus, da sie mit den rasanten sozialen Veränderungen nicht
Schritt halten kann. Dies verweist auf die grundlegende Diskrepanz wirtschaftlichen Aufschwungs und politischen Stillstands. Angesichts der Politisierung einer jungen Generation bürgerlicher Aktivisten könnte diese reaktive Haltung für das Regime gefährlich werden.
http://www.juraforum.de/wissenschaft/umweltproteste-in-china-alles-banana-417497

Dieser Dreck ist mal wieder ein Beweis für das Niveau deutscher Journalisten und Intellektueller. Die Interpretation von Fotos und Twitternachrichten reichen als Grundlage für eine schon im Vorfeld feststehende Meinung.

Doch die Interpretation der Proteste hat wenig mit der Realität der Verhältnisse in China zu tun, sie spiegelt nur das Weltbild der Schreiberlinge wider: "Unterschichten" sind dumm und träge. Sie kämpfen erst dann, wenn sie hungern müssen. Allein die "Mittelklasse" hat die Fähigkeit zu denken und sich für moralische und gesellschaftliche Fragen einzusetzen.

Nur ist es in Wirklichkeit in China so, daß auf dem Land die Bauern kämpfen und in den Städten sind es großteils Arbeiter, Schüler, Erwerbslose, Hausfrauen und Rentner. Und zur Interpretation von Fotos möchte ich einfach darauf hinweisen, daß Fabrikarbeiterinnen aufgebretzelt in hippen Klamotten durch die Gegend laufen und auch so demonstrieren.

Aber die Idee von Klasse und Klassenkampf existiert schlichtweg nicht in den Hohlbirnen der abstürzenden Mittelschicht. Die Lohnschreiber haben noch nicht bemerkt, daß sie selbst bereits im Lumpenproletariat gelandet sind. Aber so lange man ein Smartphone und ein Laptop von Apple hat, will man es nicht glauben.


Herzlichen Dank für die erfrischenden Analysen. Auch in Skandinavien gibt es eine Mehrheit, die keinerlei Ahnung vom wirklichen Leben großer Teile der Ausgebeuteten hat bzw. überhaupt haben möchte.

Die sog. "Prekarität" kann heute in Deutschland so gut wie wirklich jede/n treffen. Was geschieht nach einem Jahr Arbeitslosigkeit?.

Auch in Skandinavien scheint oft zu gelten: "...so lange man ein Smartphone und ein Laptop von Apple hat", möchte man sich zum Teil  gar für überlegen halten. Warum? Weil man sich "angesagten" Plunder kaufen kann (wo sich nicht einmal die Batterie auswechseln lässt).

MfG

BGS

"Ceterum censeo, Berolinensis esse delendam"

https://forum.chefduzen.de/index.php/topic,21713.1020.html#lastPost
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ManOfConstantSorrow

Es wurde gerade ein wachender Rassismus hierzulande diagnostiziert.
Interessant finde ich, daß der stärkste Anstieg rassistischer Ideologie bei der Mittelklasse zu finden ist. Sie sieht sich auf dem absteigenden Ast und liebt es nach unten zu treten.
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Troll

Die politische Erziehung wirkt, immer hat man ein Grüppchen parat welches angeblich ursächlich Schuld hat, daß greift Global um sich und "Ausländer" sind politisch schon von jeher ein willkommener Prügelknabe.
Die global Marktradikale politische Ausrichtung braucht Prügelknaben dringender denn je, die sozialen Ruinen die diese Politik hinterlässt muß die wachsende Unzufriedenheit umlenken.

Wieder ein Wermutstropfen, es wird nicht ewig funktionieren.
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

NachbarArsch

Für mich ist das irgendwie nicht so ganz klar.
Zunächst woran wird festgemacht das es die Mittelschicht ist und auf der anderen Seite, kannst du belegen das es die Unterschicht ist?

Die Schere zwischen arm undreich geht auseinander, die Mittelschicht mehr und mehr wegfällt bzw sozial absteigt. (wird so pausenlos kommuniziert)
Wenn nun die angebliche Mittelschicht demonstriert, ist das dann eigentlich schon die Unterschicht?

Viele Journalisten oder eben gerade auch die Arbeitssklaven wie Praktikanten und Volontäre, zählen sich ja selber zu einer gebildeten Mittelschicht, obwohl sie längst unterbezahltes vereinzeltes Prekariat sind.
Ich kann mir vorstellen das diese Journalisten sich zum Teil in Protesten wiederfinden und so ihre oft nicht sonderlich reflektierte Weltsicht auf diese Bewegungen projizieren. Sie schreiben über ihre eigenen Vorstellungen und Ideen. Diese aber beschränken sich darauf das versprochene wachsende Stück vom Kuchen abzubekommen. Jeglichen Bewusstsein außerhalb dieser üblichen Verwertungsgesellschaft sehen sie nicht, da diese vereinzelten ausgebeuteten Journalisten selber nur versuchen mehr vom Kuchen zu bekommen bzw nach oben zu kommen.

Kurzum:
>sie sehen Proteste
> identifizieren sich damit / glauben diese zu verstehen
> projizieren ihre eingene Klasse (oder was sie als solche bezeichen) und Wünsche/Forderungen/Ziele hinein

Ob sie total falsch damit liegen weiß ich nicht
Gerade eine Mittelschicht wie Handwerker, Facharbeiter, oder einige Akademiker Berufe müssen sich neuerdings mehr auf einen globalen Markt behaupten, was früher eher auf höher Qualifizierte zutraf
Früher war die Konkurrenz eher, hey seid ihr zu teuer wandert die Firma woanders hin, jetzt trifft es diese Mittelschicht individuell, sie müssen den Jobs folgen (aktuell massenhaft Südeuropäische Handwerker, Facharbeiter in Deutschland)
Wenn die Konkurrenz für den einzelnen härter wird sinkt aber auch ihr Lohn (organisiert sind Handwerker und besonders Freelancer nicht sonderlich, wenn höchsten in einem Land), das hat vorher nur die bisherige Unterschicht getroffen

Inwiefern noch zwischen Mittelschicht und Unterschicht unterschieden werden kann? wahrscheinlich nur in ihrer Eigendefinition.


ManOfConstantSorrow

ZitatInwiefern noch zwischen Mittelschicht und Unterschicht unterschieden werden kann? wahrscheinlich nur in ihrer Eigendefinition.

Sicherlich ist es eine subjektive Entscheidung wohin man sich und andere rechnet. Aber gesellschaftliche Einflüsse und Wertungen prägen diese Entscheidung.
Vielleicht weil der traditionelle Begriff "Arbeiterklasse" nach DGB Stammbelegschaften klingt und scheinbar Hausfrauen und Erwerbslose ausschließt, spricht die WILDCAT lieber einfach von "Klasse"

Überhaupt mag man sich mit diesem Klassenbegriff als Folge des herrschenden Antikommunismus nicht befassen. Das gilt als verstaubt und überholt. Und in der Praxis kommen immer neue Abgrenzungen und Spaltungen dabei heraus. Die Ausgrenzungen gehen nach oben und unten. Ich erlebe das in meinen eigenen Bekanntenkreis. Jemand der nur noch prekär und ohne Krankenversicherung arbeitet, hält Hartz IV Bezieher für Privilegierte, die nur gepampert werden. Oder der Akademiker, unten angekommen sind, kaum mehr Zähne im Maul, sich aber von den anderen Prolls abheben will, die es an Geschmack, Ausdruckfähigkeit und politischer Weitsicht fehlen lassen. Und hier im Forum hatten wir "alfred", der gegen streikende Lokführer wetterte, weil sie ihren Arbeitskampf "auf dem Rücken der Reinigungskräfte" duchführen würden, oder "Wilddieb Stülpner", der Stammbelegschaften für Menschen "auf der anderen Seite", also Gegner hielt. Ich kann es auch nicht sonderlich leiden, was die Mayday Aktivisten zelebrieren. Es ist zwar löblich, daß sie nach einem neuen Weg jenseits der DGB Tradition suchen, doch ist ihr Zusammentrommeln der jungen Prekären aus der Kreativwirtschaft eine Abgrenzung gegen gemeinen Proll, den klassischen Arbeiter. Der PROLL ist ekelig, für die einen ist es der Bildzeitungslesende Malocher, für die anderen ist des der Stützekassierende, vor dem Fernseher sitzende und saufende Arbeitslose, gern auch Thema der skripted reality Sendungen der privaten Kanäle.

Die Amerikanische Occupy Bewegung hat versucht diese Spaltungen zu überwinden, in dem sie sagte: wir sind die 99%!

Man muß begreifen, daß diejenigen, die nicht über Reichtum und Produktionsmittel verfügen, dadurch eine Gemeinsamkeit besitzen und sie in gemeinsamen Handeln auch die gesellschaftlichen Verhältnisse verändern können. Eine Klassenzugehörigkeit macht einen aber nicht schlau und es gibt Dummheit und Rassismus in allen Schichten, auch in organisierter Form. Es reicht nicht von einer Gemeinsamkeit zu träumen, man muß sich mit "den 99%" herumschlagen und mit ihnen herumstreiten. Auch Bildung und ein subjektives Mittelklassegefühl machen nicht unbedingt schlau. Die Dummheit von Akademikern und Leuten aus der "Kreativwirtschaft" ist oftmals erschreckend:
ZitatNoch drastischer sehen es manche im Silicon Valley. Google-Programmiererin Justine Tunney schlägt einfach mal vor, den Armen und ihren Kindern keine Essensmarken mehr zu geben, sondern ,,Soylent", ein flüssige Proteinbrühe aus den Laboren des Valleys. Echtes Essen für die Oberklasse? Großinvestor Tom Perkins aus San Francisco verglich im Januar Demonstrationen gegen Google-Luxusbusse als Synonym für explodierende Mieten und Einkommensungleichheit mit dem Holocaust in Deutschland und der ,,Kristallnacht". Dies, lamentierte er, sei der Beginn eines ,,Kriegs gegen die kreativen ein Prozent" in den USA.
http://www.handelsblatt.com/politik/international/unruhen-in-missouri-fluessige-proteinbruehe-statt-essensmarken/10351382-2.html

Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kuddel

Immer wieder wird China genannt. Bei dem wirtschaftlichem Boom wächst nicht nur die Schicht der Superreichen, es sind auch zigmillionen zu einem schnellen Wohlstand gekommen.

Unsere Medien wiederholen immer wieder, daß dieser Mittelstand der Motor für Veränderung und Gefahr für das System ist. Durch die ständige Wiederholung wird diese Behauptung aber nicht richtiger. Es ist nichts weiter als ein Abbild des Weltbildes der westlichen Journalisten. Die können sich nämlich nicht vorstellen, daß Arbeiter denken und für ein besseres Leben kämpfen können.

Sie sehen das Foto einer Demo und sagen, "das ist die Mittelklasse!" weil sie sich nicht vorstellen können, daß chinesische Fabrikarbeiterinnen ziemlich hippe Klamotten tragen.

Die chinesische Mittelschicht tauscht freiwillg Freiheiten gegen Wohlstand, insbesondere dann, wenn die Freiheit denjenigen genommen wird, die sozial unter ihnen stehen.

Die einzig echte Bedrohung fur das chinesische System kommt von den Wanderarbeitern, den FabrikarbeiterInnen und den Landarbeitern.

Kuddel

Ist schon irre.
Einfache Arbeiter, Erwerbslose:
Die hält man für doof. Für unpolitisch. Unfähig zu politischen Auseinandersetzungen.

Und wenn sie plötzlich aufstehen, die Unterschichten, dann degradiert man sie zu einem aufgehetzten Mob oder man macht sie schlichtweg zur "Mittelschicht", damit das Weltbild wieder stimmt.
ZitatFrankreich
Aufstand der Mittelschicht





  • Eine Bürgerbewegung protestiert an diesem Samstag gegen Präsident Macron. Zehntausende in gelben Warnwesten blockieren Straßen.
  • Der Protest richtet sich gegen die steigende Spritsteuer. Aber es geht um mehr: In Frankreich rebelliert eine Mittelschicht, die sich an den Rand gedrückt fühlt.

Der Aufstand, von dem sie spricht, ist ein Aufstand des sogenannten peripheren Frankreich, die Rebellion einer Mittelschicht, die sich sozial und geografisch an den Rand gedrückt fühlt von den Gut- und Bestverdienern in den Großstädten.
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/frankreich-macron-protest-gilets-jaunes-1.4214095

2 x 3 macht 4
Widdewiddewitt
und Drei macht Neune !!
Wir machen uns die Welt
Widdewidde wie sie uns gefällt ....


Fritz Linow

Schön fand ich ja irgendwie, wie Macron letzten Montag in seinem Zimmerchen saß und "Zugeständnisse" an die olle Mittelklasse machte:


Kuddel

Diese sehr eigene Wahrnehmung ist schon ein Phänomen:

Zitat"Frankreich kann sich Stillstand nicht leisten"
Emmanuel Macron hat es nicht verstanden, den Franzosen seine Politik zu erklären, sagt der Ökonom Jean Pisani-Ferry. Der Reformkurs des Präsidenten sei aber richtig.


...forderte der Ökonom unter anderem die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes in Frankreich sowie eine Lockerung der 35-Stunden-Woche...
https://www.zeit.de/wirtschaft/2018-12/gelbwesten-bewegung-frankreich-proteste-emmanuel-macron
ZitatFrankreich:
Die Mittelschicht ist erschöpft
Frankreich ist ein Meister der Umverteilung. Doch gebracht hat es in den vergangenen Jahren wenig. Die Mittelschicht leidet unter steigenden Lebenshaltungskosten.
https://www.zeit.de/wirtschaft/2018-12/frankreich-gelbwesten-demonstrationen-carlos-ghosn-anklage-soziale-gerechtigkeit


counselor

Ich glaube eher, Frankreich kann sich Macron und die scheiß Neoliberalen nicht leisten.
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

BGS

Zitat von: counselor am 11:48:02 Sa. 15.Dezember 2018
Ich glaube eher, Frankreich kann sich Macron und die scheiß Neoliberalen nicht leisten.

Welches Land kann das schon?

MfG

BGS
"Ceterum censeo, Berolinensis esse delendam"

https://forum.chefduzen.de/index.php/topic,21713.1020.html#lastPost
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Kuddel

ZitatMittelschicht in Not
"Wenn die Waschmaschine kaputtgeht, haben wir ein Problem"
http://www.spiegel.tv/videos/1549870-wohlstand-in-gefahr?utm_source=sponhp

Mittelklasse? Fürn Arsch! Wenn die ein Problem haben, wenn die Waschmaschine kaputt ist, sind sie längst unten angekommen. Mittelklasse ist nur noch ein kultureller Begriff. Man versucht sich durch Bildung, Modebwewußtsein und Sprache von den Prolls abzuheben und wie die aussehen, weiß man aus dem Reality TV. Ich würde diesen Volldeppen ihren Mittelschichtsglauben am liebsten rausprügeln, aber das brauch ich gar nicht. Das machen die ökonomischen Verhältnisse schon.

BGS

Was sind das denn für elende Verhältnisse, wenn nichtmal eine 40-Stunden Woche Arbeit ausreicht, um etwas Geld für eine verstunkene Waschmaschine zurückzulegen?

"Modebewußtsein" war und ist m. E schlicht lächerlich und komplett fürn Arsch. Wie kann man sich von irgendwelcher Werbung einreden lassen, was man anzieht etc.?

"Bildung" besteht wohn inzwischen darin, dass Jüngere nicht mehr schreiben oder lesen können, dank der tollen "Technik".

Der Rest sogenannte "Mittelschicht", der evtl. noch da ist, wird aussterben.

Allein "Mittelschicht in Not" zu schreiben ... . Unten ist unten.

MfG

BGS
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Troll

Möglichst alle sollen sich bei der politisch umworbenen "Mitte" angesprochen fühlen, vom Obdachlosen bis zum fast Millionär, Kreuzchen machen und gut, funktioniert schon viele Jahre.
Das beeindruckend dümmste fällt dieser "Mitte" mit einem Kreuz bei der AfD ein, die haben die Wahrheit erkannt und wählen den kürzesten Weg zum Elend.
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

Kuddel

Es ist medialer Konsenz, daß Menschen unterhalb der Mittelschicht nicht kritisch oder politisch denken können.
Es herrscht eine permanente Verachtung der einfachen Menschen mit und ohne Arbeit.
Prolls sind dumm, häßlich und rechts, "wir" sind stets Mittelschicht, so einfach ist das.

ZitatElizabeth Warren:
Die linke Außenseiterin
Reichensteuer und kostenlose Kinderbetreuung: Die Demokratin Elizabeth Warren richtet sich im Wahlkampf an die Mittelschicht. Das Publikum in New York feiert sie dafür.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/purdue-pharma-will-sich-offenbar-vor-gerichtsprozessen-druecken-a-1256495.html

BGS

Zitat von: Kuddel am 12:27:56 So. 10.März 2019
... .
Es herrscht eine permanente Verachtung der einfachen Menschen mit und ohne Arbeit.
... .

Diese Verachtung ist durch nichts gerechtfertigt!

MfG

BGS
"Ceterum censeo, Berolinensis esse delendam"

https://forum.chefduzen.de/index.php/topic,21713.1020.html#lastPost
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Kuddel

ZitatDie Abscheu der etablierten Politik gegenüber den Gelbwesten aber zeigt nur, wie wenig sie vom neuen Gerechtigkeitsverlangen der ärmeren Mittelschichten versteht.
https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/frankreich-wo-die-gelbwesten-recht-haben-kommentar-a-1266878.html

Sie können einfach nicht anders. Arme Menschen werden dummdreist zu ärmeren Mittelschichten gemacht. Man muß den Menschen einfach einreden, sie würden zu einer ominösen "Mittelschicht" gehören, damit sie jemanden haben, auf den sie herabblicken und neben dem sie sich besser fühlen können. Nach diesem Weltbild sind die Unterschichten menschlicher Müll, dumm, besoffen, unfähig zu denken oder politisch zu handeln.

Auch die jungen alternativen Ausgebeuteten, die in Start-ups, in Crowdworking, Clickworking oder sonstwo in der Gig-Economy malochen, halten sich oftmals auch für Mittelklasse, obwohl sie (auch finanziell) ganz unten angekommen sind. Man hält sich dann an seinem bißchen Bildung oder subkulturellem Modebewußtsein fest, um sich besser zu fühlen, als diejenigen, die man nicht mehr für "Mittelklasse" hält. Man wird beschäftigt und besänftigt mit Möglichkeiten eines "Engagements" als "Mündiger Konsument" mit Konsumverzicht, Boykott und tollem, bewußtem Konsum. Ich könnte kotzen.

Scheiß auf diesen Mittelklassehype. Der gesellschaftliche Gegendruck kommt von ganz unten oder er kommt gar nicht.

counselor

Ich halte den Begriff "Mittelschicht" für Augenwischerei. Häufig wird die 'Mittelschicht' über das Gehalt definiert (zB. €1500 bis €3100brutto). Das lenkt davon ab, dass es auf die Stellung im Produktionsprozess ankommt, welcher gesellschaftlichen Klasse man angehört.
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

Kuddel

Was in von anderen "Mittelschicht" genannt wird, heißt im folgenden Kommentar "Bürgertum".

Lesenswert finde ich den Text deshalb, weil er der gemeinhin verbreiteten Meinung widerspricht, daß der Pöbel dumm und antidemokratisch ist, während die gesellschaftliche Mitte humanistisch ist und ein Hort der Demokratie darstellt.

Unter des spießbürgerlichen Fassade lauern tiefbraune Abgründe.

Zitat(...)
Der deutsche Diskurs ist wie ein brodelnder Hexenkessel, in den die immer gleichen Zutaten geworfen werden. Die Rechten entzünden das Holz, und die Bürgerlichen fachen das Feuer weiter an: Bürgerliche gehen auf irrationale Provokationen argumentativ ein, sie lassen sich unter Druck setzen, als wären sie intellektuell unterlegen. Sie verharmlosen rechtsextreme Netzwerke und vernachlässigen in ihrer Fixierung auf die Rechten die Minderheiten. Fast magnetisch haften sie an den kruden Thesen der Rechten und verzichten dabei auf eigene Narrative. Heraus kommt das derzeitige Giftgebräu aus nationalem Provinzialismus.

Zum Bürgertum zählen viele Journalisten. Sie bedenken hoffentlich, wie homogen ihre Arbeitswelt ist. Kürzlich behaupteten hochrangige Verantwortliche des öffentlich-rechtlichen Hörfunks, Gespräche mit dem Brandenburger AfD-Kandidaten Andreas Kalbitz seien journalistisch spannend, aber jedes Interview löse Empörung aus. Wieder verstehen Bürgerliche die Kritik nicht. Niemand verlangt, gewählte Politiker zu ignorieren. In einer demokratischen Gesellschaft kann man jedoch von öffentlich-rechtlichen Sendern verlangen, ihre Journalisten gegen faschistische Parolen zu wappnen, bevor demokratiefeindliche Positionen als unhinterfragte Wahrheiten in die Öffentlichkeit marschieren.

Bürgerliche müssen sich nicht dafür feiern, die besseren Demokraten zu sein. In Anbetracht der Konkurrenz ist das keine große Kunst. Demokratisch genug sind viele Bürgerliche deshalb noch lange nicht. Das als Teil des Problems zu erkennen, wäre ein Anfang.
https://www.sueddeutsche.de/politik/afd-buergertum-selbstbetrug-1.4589416

Troll

Ich empfinde es befreiend wenn dieser konservative Moloch Farbe bekennt und freimütig seine Abgründe offenbart, plötzlich sind es nicht mehr Randgruppierungen sondern die MITTE, jaja, das Bürgertum welches die Gesellschaft in dunkelste Zeiten katapultiert.
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

dejavu

ZitatSie können einfach nicht anders. Arme Menschen werden dummdreist zu ärmeren Mittelschichten gemacht. Man muß den Menschen einfach einreden, sie würden zu einer ominösen "Mittelschicht" gehören, damit sie jemanden haben, auf den sie herabblicken und neben dem sie sich besser fühlen können. Nach diesem Weltbild sind die Unterschichten menschlicher Müll, dumm, besoffen, unfähig zu denken oder politisch zu handeln.
Ja, unfähig zum Denken oder zum politischen Handeln natürlich nicht. Besoffen? In Rostock Lichtenhagen z.B. kam das schon vor, in Einzelfällen natürlich nur. Die Hatz auf Migranten in Chemnitz war bestimmt gut organisiert, von Unfähigkeit keine Spur.

ZitatScheiß auf diesen Mittelklassehype. Der gesellschaftliche Gegendruck kommt von ganz unten oder er kommt gar nicht.
Ja, da hast du recht, nur ist der Gegendruck schon da. Die Mittelschicht labert nur, die Unterschicht packt zu! Das kann sie gut, sie war und ist das Fußvolk der Nazis aus der Mittelschicht, früher kam die Kohle dafür von ganz oben.

ZitatBürgerliche müssen sich nicht dafür feiern, die besseren Demokraten zu sein. In Anbetracht der Konkurrenz ist das keine große Kunst.Demokratisch genug sind viele Bürgerliche deshalb noch lange nicht. Das als Teil des Problems zu erkennen, wäre ein Anfang.

Ja da ist was dran.
Zitatweil er der gemeinhin verbreiteten Meinung widerspricht, daß der Pöbel dumm und antidemokratisch ist
Der Pöbel ist nicht dumm.
Leiharbeit und Werkvertragsmißbrauch verbieten! Weg mit dem Dreck!

BGS

Jeder aus der sogenannten "Mittelschicht" sollte min. einmal im Leben über längere Zeit arbeiten müssen (>als ein Jahr) innerhalb der ach so tollen "Auswahl" an Jobs, die den Immigranten übrig bleiben!

Vielleicht setzt dann bei manchen dann das Denken und Erkennen von Zusammenhängen ausnahmsweise ein.

Am besten in einem Land, deren Sprachen sie nicht sprechen und wo sie direkt in Kontakt mit weiteren Einwanderern sind.

MfG

BGS
"Ceterum censeo, Berolinensis esse delendam"

https://forum.chefduzen.de/index.php/topic,21713.1020.html#lastPost
(:DAS SINKENDE SCHIFF DEUTSCHLAND ENDGÜLTIG VERLASSEN!)

Kuddel

@BGS, es schadet sicherlich nicht, wenn man seinen Horizont erweitert und Erfahrungen (auch negative) sammelt. Nur garantiert es keineswegs, daß man dadurch zu weisen Schlüssen kommt. Ich kenne drei deutsche LKW Fahrer, die sind ausgewandert. Für sie war es verdammt hart in ihrem Beruf Fuß zu fassen in einem fremden Land, einer in den USA, einer in Kanada und einer in Taiwan. Alle drei sind Verfechter strengerer Einwanderungsgesetze und alle drei sind auch rassistisch drauf. Es gibt ähnliche Erfahrungen mit Kriegsflüchtlingen, die aus Ostpreußen, Schlesien oder Pommern nach Westdeutschland gekommen sind, sich dann aber dagegen aussprachen, daß Flüchtlinge aus Afghanistan oder Syrien hierher kommen.


@dejavu, da hast du ja mal wieder dein verqueres Weltbild entblättert. Mir stehen bei deinen Postings oft die Haare zu Berge. Du taumelst durch eine Geisterbahn in der die Nachbarn und unbekannte Passanten potentielle Feinde, Pegidaanhänger und Hardcorefaschisten sind. Nunja, manchmal mag das nicht falsch sein und oftmals ist es wirklich ein Horrortrip unter Menschen zu sein. Irr' und wirr sind sie oft, die lieben Mitmenschen. Doch da läßt sich kaum eine politische Strategie draus schnitzen, wonach es bei dir oft aussieht.

Deine wirren und unpolitischen Vorstellungen vom rechten Mob sind dumm, reaktionär und kontraproduktiv!

Ich will mir keinesfalls mir ein schönes Bild irgendwelcher gesellschaftlicher Gruppen zusammenzulügen. Natürlich sind Migranten nicht die besseren Menschen und auch Unterschichtler verdienen keinen Heiligenschein. Überall findet man auch unangenehme und gestörte Menschen und richtige Arschlöcher.

Faschistische Strukturen, Organisationen und Bewegungen kommen jedoch nicht aus dem Nichts, sondern sie sind das Resultat aus den Macht- und Klassenverhältnissen. Es gibt zwar Leute, die finden Uniformen, Kadavergehorsam und Führerfiguren geil, doch diese Leute sind nur Fußvolk und Mitläufer, und sie bauen keine Organisationen und Bewegungen auf. Dahinter stehen nicht nur clevere Strategen, sondern auch knallhalte Interessen. Und hier kommen wir an einem Klassenstandpunkt nicht vorbei. Die faschistische Bewegung ist in Italien gegründet worden, als Großindustrielle Schlägertrupps brauchten, um gegen Streikposten vorzugehen und Mussolini dafür bezahlten. Die Großindustrie war Steigbügelhalter für Hitler und die NSDAP.

Ich fürchte, wir haben noch verdammt viel zu untersuchen und zu diskutieren, wenn wir die Rechtsentwicklungen in der Gesellschaft, den Rechtsterrorismus und auch die Simmung in der Ex-DDR verstehen wollen.

Keine dieser Entwicklungen kam "von selbst". Sie sind das Ergebnis eines cleveren Vorgehens der herrschenden Klasse, um soziale Unruhen zu verhindern, die bei der Abwicklung der DDR und der Enteignung der Volkeigenen Betrieben zwangsläufig ausgebrochen wären. Es ist gelungen einen Krieg unter den Unterschichten zu entfachen. Einfache Leute ließen sich gegeneinander aufhetzen und begannen einander zu hassen. Deutsche die Migranten, Westdeutsche die Ossis. Selbst die Antifa hat sich in dieses Scheißspiel einspannen lassen. Egal wie oft ich dieses Problem diskutieren wollte, die Diskussion war bisher hier im Forum nicht möglich.

Ja, es mögen die Schläger in Rostock Lichtenhagen oder in Chemnitz Prolls gewesen sein. Das allein sagt aber nichts über die Ursachen. In einem Krieg ist es egal, ob der einzelne Soldat ein sensibler, humanistischer Schöngeist, oder ein sadistischer Hohlkopf ist. Wir sollten uns überlegen, wer diesen Krieg mit welchem Ziel führt.

dejavu, deine Aussagen sind denen diverser bürgerlichen Medien verdammt ähnlich. Die Drecksmedien sind daran interessiert, daß wir glauben, dieser Faschodreck wäre die natürliche Kultur der Prolls. Die Medien wollen, daß wir, die wir alle so viel intelligenter, moralischer, kulturbeflissener und hipper sind, als der Pöbel, den Schulterschluß (miteinander, mit Medien und mit dem Staat) suchen gegen dieses fiese Unterschichtengesocks. Damit hat man genug damit zu tun, sich mit anderen armen Schweinen herumzuschlagen und läßt die Herrschenden in Frieden weitermachen. Damit liegt deine Argumentation voll im Mainstream.

Kuddel

ZitatDenn in Chile kämpft eine Mittelschicht, die sich um ihre Erfolge gebracht sieht...
https://www.welt.de/wirtschaft/article202361604/Chile-Diese-Zahl-offenbart-den-wahren-Grunde-fuer-die-Unruhen.html


Haha, in Chile kämpft also die "Mittelschicht". 

Troll

Klar, Mittelschicht-Millionäre ala Friedrich Merz
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

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