Der graue Star
Dieser Augenarzt ist Krankenkassen und Gesundheitskonzernen ein Dorn im Auge. Und manchmal auch der Stachel im Fleisch seiner christdemokratischen Parteikollegen. Denn Hans-Walter Roth rebelliert unverdrossen gegen den Ausverkauf des Gesundheitssystems. In seiner Ulmer Armenklinik behandelt er auch jene Menschen, die sich medizinische Versorgung nicht mehr leisten können.
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Besonders in Fragen der Gesundheitspolitik sieht Roth rot. Die zunehmende Privatisierung und das damit einhergehende Gewinnstreben zulasten einer fairen Allgemeinversorgung für alle Menschen haben seiner Ansicht nach bereits unerträgliche Formen angenommen. "Die Konsortien haben den Patienten längst als Melkkuh ausgemacht", sagt der Mann, der als Vater und Entwickler der Kontaktlinse gilt. "Gesundheit gibt es bald nur noch für Wohlhabende." Um an die entsprechenden Futtertröge zu kommen, machten Krankenkassen und Großversorger gemeinsame Sache und unternähmen jegliche Anstrengungen, Praxen niedergelassener Ärzte zu übernehmen, um medizinische Versorgungszentren zu installieren.
"Enteignung" nennt der renommierte Augenarzt diese planvolle Vorgehensweise, der auch seine Praxis 2008 zum Opfer gefallen ist. Damals wurde der Druck über Budgetkürzungen so lange erhöht, bis sich die Praxis nicht mehr rechnete: "Die Praxen werden regelrecht ausgehungert." Eine Belagerung mit schriftlicher Ankündigung: "Ich erhielt einen Brief mit der Mitteilung, dass ich runterbudgetiert werde." Zuvor belief sich das zugestandene Regelleistungsvolumen pro Patient und Quartal auf 80 bis 90 Euro. "Dann wurde es heruntergesetzt auf 18 Euro." Und der gewünschte Effekt stellte sich prompt ein – Roth gab seine Praxis auf: "Ich wäre nicht mehr zahlungsfähig gewesen."
Nutznießer seien gewinnorientierte Konsortien wie Sana, Helios oder die Rhön-Klinik, die Preise gegenüber den Krankenkassen bestimmen könnten und sich nur noch jenen Patienten bevorzugt widmen würden, deren Krankheitsbilder lukrativ zu behandeln seien. "Kaufleute haben längst die Macht über die Medizin übernommen", bestätig die Ulmer Autorin Renate Hartwig. ...
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Quelle: kontextwochenzeitung.de
Es ist frustrierend mit anzusehen wie ein vormalig gutes Gesundheitssystem zerstört wird, der Markt richtets.
Und wieder werden die Toten die das "erfolgreichste aller Systeme" auskotzt nicht gezählt.