Klausel rechtskräftig?

Begonnen von Carpe Noctem, 14:25:08 Mi. 11.Mai 2005

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Carpe Noctem

Hallo,

vorgestern rief mich eine erboste Freundin an, die seit Jahren auf diversen "Astrolines" arbeitet und dort den Anrufern - meist Anruferinnen - die Karten am Telefon legt.

Bitte keine Diskussion über den Sinngehalt eines solchen Berufsbildes! Mir ist vollkommen klar dass wir uns hier in einem von meist links orientierten Rationalisten frequentierten Forum befinden, aber ich sage nur:
Arbeitnehmer sind Arbeitnehmer, manche tun produktive Arbeit und manche müssen für Mehrwertabschöpfer und solche Schwachmaten arbeiten. Wenn wir uns die Arbeit aussuchen könnten wären wir besser dran und könnten für den ethischen Wertgehalt unserer Tätigkeit zur Verantwortung gezogen werden.

Die Frau ist allein erziehende Mutter und kam zu dem Telefonjob, weil sie ihr kleines Kind betreuen muss und von zu Hause aus per Log-In und Anruf-Weiterschaltung die Kunden bedienen kann, somit verdient sie den Lebensunterhalt für sich und das Kind.

Der Ablauf ist folgendermaßen: Ein Kunde ruft an, wählt aus einer Ansageliste z.B. sie aus und ihr Telefon schellt. sie geht dran und berät so gut wie möglich. Abgerechnet werden nur Nettogespräche, also nicht die Bereitschaftszeit dazwischen. Das ist bei allen Lines gleich, gilt auch für Sexlines.

Neulich kam der Lohn nicht pünktlich. 10 Tage nach Zahlungstermin wurde sie nervös und rief mich an um zu fragen ob ich ihr helfen kann. Das juristische Kernproblem ist eine Klausel im Vertrag:

"Honorarzahlungstermin ist der 1. des Monats, oder SOBALD DER CARRIER ZAHLT."

Das heisst, der Dienstleister für den sie arbeitet, hat eine 0190-er Nr. von einem Carrier (dessen Name uns zum Glück bekannt ist und den wir darauf hin schön nerven konnten) gemietet. Der Carrier rechnet die Gebühren mit der Telekom ab und überweist dem DL die zustehende Summe. DARAUF HIN erst (!) schickt der DL die Honorarzahlungen an die Freiberuflichen MA raus. Damit nimmt der DL die Position eines Kommissionshändlers für Dienstleistungen ein, der seinen Lieferanten erst bezahlt wenn er selbst vom Kunden das Geld hat.

Laut einem Selbständigen den ich kenne, ist die Klausel rechtskräftig, allerdings nur, solange sich der DL nicht länger als 2 Monate darauf ausruht. Dann nämlich kann die MA arbeitsgerichtlich auf Honorarzahlung klagen.

Stimmt das so?

Danke und Grüsse - CN
Art. 1 GG: "Die Menschenwürde steht unter Finanzierungsvorbehalt"

aian19

Rechtskräftig klar, sobald ein Vertrag unterschrieben ist.
Fraglich ist, ob eine solche Klausel evtl. gegen die Guten Sitten verstößt wegen der Unbestimmtheit ! Müsste man mal googeln oder auf einschlägigen Seiten schauen, ob´s dahingehend schon Urteile gegeben hat.
Hab leider keinen Zugang mehr zum Uni-Rechner, sonst wär´s einfacher für mich gewesen, Hilfe zu geben.
Rechtskräftig heißt nicht gleich, das es in Ordnung ist.

Ansonsten hätte ich Deiner Freundin empfohlen, zum AA zu gehen und dort ihren Fall zu schildern und sowas wie damals "Überbrückende Sozialhilfe" zu fordern mit einer Abtretungserklärung, das bei Auszahlen des Gehalts der erhaltene Betrag zurückgezahlt wird. Damals ging´s, als es noch Sozialamt gab, allerdings werden die sich heute wohl querstellen, weil A: Keine Ahnung und B: noch weniger Ahnung.
Das ist nämlich das sog. Niemandsland, welches ich bei der ganzen Hartz-Geschichte sehe....
Einfach nicht abwimmeln lassen, alles schritftlich bescheinigen lassen, auch evtl. Ablehnungen und evtl. Widerspruch, Einstweilige Verfügung beantragen usw.usw.
"Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren"

"Wenn Unrecht zu Gesetz wird, ist der Gesetzlose der einzige, der noch rechtmäßig handelt."

Mene mene tekel upharsin

Carpe Noctem

Hallo Aian,

danke für deine Mühe  :)

Zum AAmt gehen und Überbrückungsgeld beantragen geht - soweit ich weiss - nur wenn man angestellter AN auf Steuerkarte ist. Freiberufler gucken in die Röhre und müssen dem AG androhen ihre Leistung dort bis auf weiteres einzustellen. Das hat miene Freundin auch gemacht.

Ansonstren haben wir eine ähnliche Strategie verfolgt wie BUWsucks - du erinnerst dich? - und haben den Carrier genervt* bzw. angedroht ihn in den einschlägigen Spiriforen unmöglich zu machen. Da Direkte Aktion oft schnell hilft, ist das Geld heute gekommen. Trotzdem bleibt die Frage nach der Gültigkeit dieser vertrackten Klausel mittelfristig zu klären.

* unter Phantasienamen als Kundinnen aufgetreten (telefonisch, per Mail usw.) und behauptet die Beraterinnen würden sich am Telefon während der Beratungen über ausstehende Löhne beschweren, und das ZU RECHT!!! Na ja, halt im Tonfall einer angepissten Zahnarztgattin, die das Geld und die Zeit hat sich noch eine ganze Weile dahinter zu klemmen. Solche Leute sind ja unangenehm wie nasser Hund :D

Grüsse - CN
Art. 1 GG: "Die Menschenwürde steht unter Finanzierungsvorbehalt"

flipper

bei freiberulichen werk-/dienstleistungsverhältnissen ist das nicht nur zulässig sondern üblich, 2 monate aufs geld zu warten...

sry.
"Voting did not bring us further, so we're done voting" (The "Caprica Six" Cylon Model, BSG)

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