berliner bank

Begonnen von besorgter bürger, 01:24:30 So. 15.Mai 2005

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besorgter bürger

die Geschichte

Die Bankgesellschaft Berlin entstand 1994 als Holding-Gesellschaft für die Landesbank Berlin, die Berliner Hypotheken- und Pfandbriefbank sowie die Berliner Bank. Diese Konstruktion war schon zu Beginn stark umstritten, da die Landesbank eine öffentlich-rechtliche Anstalt ist, während die anderen beiden privatwirtschaftliche Unternehmen waren.

Die Berliner Bankgesellschaft engagiert sich in den Folgejahren über neu gegründete oder aufgekaufte Tochterfirmen und über Kredite im Bau- und Immobiliensektor. Bereits zwei Jahre nach ihrer Gründung muss die Bankgesellschaft die ersten Wertberichtigungen von mehr als zwei Milliarden DM vornehmen. Während andere Banken Engagements in Berlin bereits kritisch sahen expandierte die Bankgesellschaft weiter.
 
Um Wachstum zu erzielen, wurden Immobilienfonds mit für die Marktverhältnisse sehr günstigen Konditionen errichtet. So gab es hohe Mietzinsgarantien (selbst wenn die Immobilie leer stehen sollte), eine extrem lange Laufzeit (25 bzw. 30 Jahre) und am Ende eine Rückzahlungsgarantie. Durch rechtliche Konstruktion der Holding war das Land Berlin der letztendliche Bürge für diese Versprechen.
 
Unter den Immobilien, die von den Fonds erworben wurden, befanden sich vor allem Plattenbauten in den neuen Bundesländern. Diese wurden von der AUBIS-Gruppe, einer Firmenholding zweier CDU-Mitglieder von den verschuldeten Kommunen zu günstigen Konditionen aufgekauft. Die Mittel hierzu stammten aus einem Kredit über 650 Millionen DM, den die BerlinHyp vergab, obwohl AUBIS über fast kein Eigenkapital verfügte.

Im Zentrum ihrer dubiosen Geschäftspraktiken stand die Vergabe von Immobilienfonds-Anteilen, bei denen jedem Anleger das gesamte Risiko abgenommen wurde. Sie erhielten die Mieteinnahmen über 25 Jahre und danach ein Rückkaufrecht zum Einstiegspreis garantiert.
An diesen "Promi-Fonds", von denen Anteile im Wert von mehr als 20 Milliarden Mark ausgegeben wurden, waren nicht nur Landowsky und seine Crownies beteiligt, auch Sozialdemokraten, wie die Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul standen Presseberichten zufolge auf der Liste der Profiteure.

In Justizkreisen vermutet man, daß Wienhold und Neuling die Aubis mit ihrem komplizierten Firmengeflecht nur zu dem Zweck gegründet haben, sich persönlich gesundzustoßen. So wundert es nicht, daß auch honorige CDU-Politiker mit gut dotierten Pseudoposten bei der Aubis bedacht wurden. Etwa Ex-Postminister Christian Schwarz–Schilling und Ex-Landwirtschaftsminister Jochen Borchert, die als Beiratsmitglieder der Aubis mehrere hunderttausend Mark kassierten. Fünfstellige Summen flossen von Konten der Aubis aber auch an den CDU-Geschäftsführer der Bundestagsfraktion Peter Repnik und an Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm.

Chef der BerlinHyp war nämlich niemand anderes als Klaus Landowsky, der in Personalunion gleichzeitig das Amt des CDU-Fraktionsvorsitzenden ausübte. Der Banker Landowsky vergab ohne die üblichen Sicherheiten und Prüfungen einen 600-Millionen-Kreditrahmen an die beiden Geschäftsführer der Immobiliengesellschaft Aubis, die der Politiker Landowsky wiederum bestens kannte. Es handelte sich nämlich nicht um gewöhnlichen Geschäftsleute, sondern um alte CDU-Parteifreunde des Fraktionsvorsitzenden, die mit ihm lange Jahre im Abgeordnetenhaus gesessen hatten.

Klaus-Hermann Winhold der ehemaligen Kripobeamte bei der Mordkommission gehörte von 1984 bis 1990 der CDU-Landesgeschäftsführung an und sein Aubis-Geschäftspartner Christian Neuling saß für die Berliner CDU im Bundestag. Bei der Staatsanwaltschaft ist Neuling kein Unbekannter. 1985 wurde gegen ihn wegen des Verdachts des Verkaufs von Altöl als Heizöl ermittelt. Doch die Berliner Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren gegen den führenden CDU-Politiker rasch ein.

1991 Nachdem der Treuhandchef Detlev Karsten Rohwedder (SPD) am 1. April 1991 angeblich durch Terroristen der RAF ermordet wurde und die CDU-Politikerin Birgit Breuel am 13. April 1991 zur neuen Präsidentin der Treuhandanstalt gewählt wurde kam Neuling als Aufsichtsratsmitglied der Treuhandanstalt und Vorsitzender des Bundestagsunterausschusses in den Verdacht der Veruntreuung: Seine Firma habe von der Treuhand Grundstücke und Kredite zu äußerst günstigen Konditionen erhalten. Wieder leugnete Neuling alles, trat aber weniger als zwei Wochen später als Vorsitzender des Treuhandausschusses zurück. Wieder wurde das Ermittlungsverfahren eingestellt.

Bundesweit zeichneten rund 70000 Anleger die Fonds. Nach Angaben der früheren Berliner Finanzsenatorin Christine Krajewski (SPD) wusste bereits 1996 die gesamte deutsche Bankenwelt, dass die Bankgesellschaft Fonds auflegte, die auf Grund der Lage am Immobilienmarkt niemals Gewinne erzielen konnten. Dies betraf insbesondere geschlossene Immobilienfonds, so genannte ,,Promi-Fonds", die lediglich einem ausgewählten Kreis von Anlegern zugänglich waren. Der GehagFonds etwa wurde sogar nur bankenintern zur Zeichnung angeboten. 40 Spitzenmanager und Vorstandsmitglieder anderer Bankhäuser griffen zu und investierten jeweils mindestens 100000 Mark. Zu den Zeichnern gehörten neben Klaus Landowsky der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Dankward Buwitt, der Vorstand der Berliner Volksbank, Karl Kauermann, der NordLB-Vorstand Manfred Bodin und der WestLB-Chef Hans-Peter Sättele.

das Jahr 2001 war ein Desaster für die Bankgesellschaft Berlin. Dabei hatte es so gut angefangen: mit einem Riesenerfolg. Das mehrheitlich im Eigentum des Landes stehende Kreditinstitut hatte seine Immobilientöchter IBAG verkauft und damit einen Milliardenbetrag verdient. So zumindest hieß es Anfang Januar in einer knappen Meldung.

Wolfgang Rupf, hatte noch im November versichert: Die Aktionäre, das Land Berlin an erster Stelle, erhalten wie jedes Jahr 60 Cent pro Aktie. Das dazu erforderliche Geld werde sein Bankhaus »aus eigener Kraft« aufbringen, ohne an die Substanz gehen zu müssen.

 Die angeblichen Investoren hatte es gar nicht gegeben, und die Bank hatte kein Geld eingenommen. Es gab zwar eine neue Firma, unter deren Dach die Immobilientöchter des Geldhauses nun standen. Doch diese Firma war im Auftrag der Bankgesellschaft gegründet worden. Und das Geldhaus hatte der neuen »Eigentümerin« – einer Gesellschaft namens Greico mit Firmensitz auf der karibischen Insel Gran Caymann – die Milliarden selbst geliehen, damit sie den angeblichen Kaufpreis zahlen konnte. Eine raffinierte Konstruktion.
Der für Immobilien zuständige Vorstand der Bankgesellschaft Berlin war zu dieser Zeit der damalige Fraktionschef der Berliner CDU, Klaus Landowsky.

Im Februar nimmt die Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf, Anfang März 2001 tritt Klaus-Rüdiger Landowsky, der als Archtitekt der Bankgesellschaft und als Graue Eminenz der Berliner CDU gilt, von seinem Posten als Vorstandschef der BerlinHyp zurück, später wird er auch seine Posten in der Berliner CDU sowie im Abgeordnetenhaus zur Verfügung stellen, da ihm unter anderem die Annahme von 40000 DM, überreicht in bar von der AUBIS, vorgeworfen wird. Noch zwei volle Jahre wird ihm sein bisheriges Jahresgehalt von 700.000 Mark weiter bezahlt und anschließend erhält er bis zu seinem Lebensende eine Pension von knapp 30.000 Mark monatlich allein aus dieser Beschäftigung bei der BerlinHyp.

Zu Beginn des Jahres 2002 ermittelt die Staatsanwaltschaft in Dutzenden von Fällen.
Der versierte EDV-Fachmann Lars-Oliver P., seit 1998 bei der Aubis und nur den beiden Chefs unterstellt, blickte voll durch. Er zog heimlich Kopien der brisanten und betrügerischen Finanztransaktionen seiner Chefs und kopierte deren E-Mail-Korrespondenz auf Disketten. Am 11. Juli 2001, gut zwei Monate vor seinem Tod, meldete sich Lars-Oliver P. bei einem Rechtsanwalt der Berlin-Hyp. Er bot dem erstaunten Mann belastendes Material über Kreditbetrügereien und Auslandskonten der beiden Aubis-Chefs an. Der Anwalt unterrichtete die Spitze der BGB über das Gespräch. Dort wurde entschieden, daß der Rechtsanwalt Kontakt mit dem Informanten aufnehmen soll. Knapp eine Woche später kam es zu einem Treffen in einem Charlottenburger Restaurant. Lars-Oliver P. zeigte dem Rechtsanwalt eine Tasche mit mehreren Disketten, Akten und Briefen der Aubis. Deutlich machte er auch, daß weit mehr brisantes Material in seinem Besitz sei. Dafür aber wolle er Geld. Nach kurzer Durchsicht war der Rechtsanwalt von dem Material beeindruckt. Er sicherte Lars-Oliver P. die geforderte Vertraulichkeit zu. Man verabredete einen weiteren Termin. Der Anwalt erstattete in der Bank Bericht. Doch die Bankgesellschaft pfiff auf die zugesagte Vertraulichkeit und schaltete die Staatsanwaltschaft ein. Am nächsten Tag standen Oberstaatsanwalt und Soko-Chef Dorsch in der Bank. Alles, was Lars-Oliver P. dem Rechtsanwalt der Bank erzählt hatte, wurde nun zur Akte.
Lars-Oliver P wird Ende September erhängt im Grunewald aufgefunden.

Im Dezember 2001 vernahm die Mordkommission in Berlin zum ersten Mal Klaus Hermann Wienhold und Christian Neuling zum Fall Lars-Oliver P. Da beide als Beschuldigte galten, konnten sie die Aussage verweigern – was sie auch taten. Wienhold: »Wir haben damit nicht das geringste zu tun.« Dennoch mußten sich die beiden Aubis-Chefs eine Überprüfung ihres Alibis für den 28./29. September gefallen lassen. Sie hatten ein Alibi. Oberstaatsanwalt Willi Wiedenberg wollte daraufhin bereits Ende Dezember 2001 die Ermittlungen einstellen. Für ihn war klar: Der Aubis-EDV-Chef Lars-Oliver P. hat Selbstmord begangen. Der damalige Justizsenator Wolfgang Wieland, Bündnis 90/Die Grünen, erhob Einspruch: »Der Todesfall Lars-Oliver P. wird der Berliner Fall Barschel, wenn der Komplex nicht bis ins letzte Detail ausermittelt wird«, erklärte er sowohl gegenüber Wiedenberg als auch gegenüber Generalstaatsanwalt Hansjürgen Karge. Zähneknirschend ließen sie das Ermittlungsverfahren weiterlaufen.

Hansjürgen Karge war übrigens auch der zuständige Oberstaatsanwalt im Fall Boris F. der am 22.10.98 ebenfalls erhängt in einem Berliner Wald gefunden wurde aber nicht mit Karl Koch alias Hagbard Celine verwechselt werden sollte. Auch die Ermittlungen gegen Friedmann hat er geleitet.

Nach Erkenntnissen der Kanzlei Nörr Stiefenhofer Lutz hat sich der Vorstand der Berlin - Hyp über einen Beschluss des Aufsichtsrats hinweggesetzt, keine weiteren Kredite an Aubis auszureichen. Im Entwurf der Klageschrift schreiben die Anwälte, "dass die Kreditnehmer fast schon selbst über die Kredite entschieden". Ein Bericht der Berlin - Hyp - eigenen Revisions- und Prüfungsabteilung, wonach "sowohl das vollständige finanzielle als auch wirtschaftliche Risiko" auf der Bank lastet, blieb unberücksichtigt.

Wie die Immobilien von Aubis fanden auch andere Objekte in den Fonds keine Mieter. Ohne Mieter keine Einnahmen. Da die Bank ihren Anlegern aber Einnahmen garantiert hatte, musste sie selbst zahlen. Das konnte sie nicht, deshalb stand das Geldhaus nun vor der Pleite.

Neben der Kapitalerhöhung beschloss der Senat Ende 2001 auf Druck des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen (BAKred) die Übernahme aller Immobilienrisiken. Eine solche Maßnahme verhängt das BAKred nicht grundlos. Die Bankgesellschaft ist die größte Finanzpleite der letzten Jahrzehnte. Dagegen waren die Verluste der Herstatt Bank Peanuts. Allein das Enron -Desaster in den USA kann beanspruchen, in der gleichen Liga zu spielen. Und zwar sowohl hinsichtlich der Kapitalvernichtung als auch bezüglich der kriminellen Verfilzung zwischen Politik und Geld.
Über die Höhe der Risiken gibt es unterschiedliche Einschätzungen. Sie reichen von 3,73 Milliarden Euro bis zu 21 Milliarden Euro.

Von den vielfältigen Interessenverflechtungen blieb auch der Berliner SPD-Landesvorsitzende und Architekt des rotroten Bündnisses Peter Strieder nicht ausgenommen. Im Jahr 2000 rückte er in den Aufsichtsrat der Landesbank nach, obwohl er bereits vier Jahre zuvor 80000 Mark in einem offenen Fonds angelegt hatte. Erst nach starken Protesten auch aus der eigenen Partei gab er im Frühjahr 2002 seine Anteile zurück – kurz nachdem er im Abgeordnetenhaus für die Risikoabschirmung der Bankgesellschaft gestimmt hatte, die auch ihm die sicheren Einnahmen auf Kosten des Landes Berlin garantiert hätte.

In einem Berufungsprozess müssen sich derzeit Ex-Aubis-Manager Klaus Wienhold und eine frühere Geschäftsführerin des Tochterunternehmens Aubitec wegen Betrugs an mehreren tausend Mietern vor dem Landgericht verantworten. Wienhold und seine Lebensgefährtin sollen für 1997 bis 1999 falsche Betriebskostenabrechnungen erstellt und tausende Mieter von Plattenbauten in Ostdeutschland um rund 100.000 Euro geprellt haben. Der Anklage nach wurden die überhöhten Kosten auf die Mieter umgelegt, zugleich aber Beitragsrückerstattungen des Gebäudeversicherers nicht berücksichtigt. Das rückerstattete Geld soll von Wienhold zu privaten Zwecken verwendet worden sein

Es ist nichts Neues, dass Korruption und Betrug äußerst lukrative Erwerbstätigkeiten sind. Besonders wenn die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen die Risiken zumindest für die Clevereren unter den Wirtschaftskriminellen weitgehend minimieren. Ulf-Wilhelm Decken und Joachim Zeelen, beides Exvorstände der zur Berliner Bankgesellschaft gehörenden Landesbank Berlin, dürften die fünfstelligen Geldstrafen, die ihnen das Landgericht Berlin im Februar 2005 wegen Bilanzfälschung aufbrummte, locker aus der Portokasse zahlen, denn ihre üppigen Pensionen bleiben unangetastet.
Die Summen, um die es bei diesem ersten Prozess gegen ehemalige Topmanager der Bankgesellschaft ging, sind wesentlich höher. Die Bankmanager wurden schuldig gesprochen, in den Jahresabschlüssen 1997 bis 1999 Haftungsrisiken über 7,7 Milliarden Euro bewusst verheimlicht zu haben
Viele Menschen würden eher sterben als denken. Und in der Tat: Sie tun es.

Wilddieb Stuelpner

RBB, Sendung "Klartext": Belohnt – wie die Bankgesellschaft mit Superprämien ihre Mitarbeiter auszahlt

KLARTEXT vom 25.05.2005

20 Millionen Euro gab die skandalgeschüttelte Bankgesellschaft im letzten Jahr aus für so genannte "Halte-Prämien" an "Spezialisten und Leistungsträger" – wie es wörtlich heißt. Damit diese nicht lukrativere Angebote annehmen, heißt es. KLARTEXT-Nachfragen ergaben: "Halteprämien" sind in der Bankbranche heute nicht mehr üblich. Und beim derzeitigen Arbeitsmarkt auch unnötig. Die Berliner Bankgesellschaft aber zahlt das schon seit vier Jahren! Dabei könnte sie jetzt erstmals ihre Schulden beim Land Berlin abzahlen. Aber daran ist nicht zu denken.

Wir erinnern uns: Berlin vor vier Jahren. Bei der Bankgesellschaft fliegt der größte Wirtschaftsskandal der Nachkriegszeit auf. Völlig überzogene Mietgarantien in so genannten Sorglos-Fonds für Prominente stürzen die Bank in den Ruin. Auch Parteienspenden sind im Spiel, der damalige CDU-Senat muss abtreten. Die Folgen des Desasters bekommen die Berliner und Berlinerinnen täglich zu spüren. Denn Berlin übernahm von der Bank Finanzrisiken von über 20 Milliarden Euro. Jetzt schreibt die landeseigene Bankgesellschaft zum ersten Mal wieder Gewinne. Doch wir gebeutelten Steuerzahler sehen von diesem Überschuss: nichts. Sascha Adamek und Gabi Probst berichten.

Haushaltsnotstand in Berlin. Marode Schulen, es gibt nicht einmal Geld für das Nötigste. Eltern und Kinder greifen zur Selbsthilfe - verkaufen Blumen für neue Schulmöbel:

Mädchen
,,Tulpen für Tische, schöne Blumen."

Die Wasserpreise steigen: 15 Prozent auf einen Schlag. Auch die BVG-Preise explodieren. Gestern gingen sogar die Busfahrer auf die Straße. Warnstreik. Denn: ihre Löhne sollen gekürzt werden. Doch Berlins oberster Sparkommissar, Thilo Sarrazin bleibt hart:

Thilo Sarrazin (SPD), Finanzsenator Berlin
"Ich setze auf die Vernunft der Mitarbeiter."

Der Finanzsenator Sarrazin setzt also auf Vernunft. Als Aufsichtsratsmitglied der Bank-Gesellschaft Berlin, wie die BVG ein Landesunternehmen, bleibt Sarrazin lieber stumm, lehnt jedes Interview ab. Dabei hätten wir ihn gern einiges gefragt.

Bilanz-Pressekonferenz der Bank-Gesellschaft vor wenigen Tagen... Stolz verkünden die Bosse der Bank-Gesellschaft, dass sie Gewinne einfahren. 107 Millionen Euro!

Hans-Jörg Vetter, Vorstandsvorsitzender Bank-Gesellschaft Berlin
"Im weiteren gilt es mit hoher Geschwindigkeit die Steigerung der Erträge voranzutreiben."

Gewinne, steigende Erträge mit hoher Geschwindigkeit? So scheint aus dem einstigen Millionengrab Bankgesellschaft eine Gelddruckmaschine geworden zu sein. Und Geld hat das Land Berlin doch so dringend nötig. Denn: sein Schuldenberg wächst jährlich um Milliarden Euro – Prognose für 2019: über 69 Milliarden! Doch wie enttäuschend: Die Bank-Gesellschaft – so teilt sie im gleichen Atemzug mit - sieht sich nicht in der Lage, dem Berliner Haushalt etwas von ihren Gewinnen abzugeben, damit Schulden getilgt werden. Warum - erklärt sie nicht.

Freigiebiger ist der Vorstand, der dagegen bei den Zahlungen an eigene Mitarbeiter. Denn die erhalten nach KLARTEXT-Recherchen eine jährliche Sonderzahlung von etwa 20 Millionen Euro im Jahr, zusätzlich zum Gehalt. 20 Millionen Euro extra allein im Jahr 2004! Die satte Zahlung an ausgewählte Mitarbeiter soll diese laut Vorstand zum Bleiben bewegen. Retention-Zahlungen heißt der Fachbegriff – zu deutsch: Halteprämien.

Für den Wirtschaftsexperten Professor Hans-Peter Schwintowski, der seit Jahren Gutachten zum Bankenskandal schrieb, eine nicht nachvollziehbare Zahlung.

Prof. Hans-Peter Schwintowski, Humboldt-Uni Berlin
"Es also etwas überraschend, dass jemand eine Zusatzprämie nur dafür bekommt, dass er gehalten wird, nicht etwa dafür, dass er ein besonders erfolgreicher oder guter Mitarbeiter ist."

KLARTEXT hat deutsche Großbanken nach solchen Halteprämien gefragt. Weder die Commerz-, noch die Deutsche Bank zahlen so etwas. Gefragt ob Halteprämien üblich seien, schreibt etwa die Dresdner Bank: ,,Diese Anfrage können wir verneinen."

Prof. Hans-Peter Schwintowski, Humboldt-Uni Berlin
"Retentionzahlungen, also so genannte Halteprämie in der jetzigen Marktsituation sind etwas sehr erstaunliches und unübliches. Das hat etwas damit zu tun, dass wir im Beriech der Banken genügend Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben. Viele suchen Stellen, viele haben Schwierigkeiten einen Job zubekommen."

Was ist also anders bei der Berliner Bank-Gesellschaft, wollen wir vom Vorstand wissen. Kein Interview sagt die Bank-Gesellschaft. Schriftlich teilt sie uns mit, dass diese Zahlung – so wörtlich – dringend benötigten Spezialisten und Leistungsträgern gewährt würden. Und das schon seit vier Jahren. Nach Klartext-Informationen handelt es sich hier um einen erlauchten Kreis von mindestens 150 Mitarbeitern! Pro Person reichten die Zahlungen von 20.000 Euro aufwärts. Wie gesagt, insgesamt 20 Millionen! Was für teure Spezialisten... Darunter auch solche, die schon zu Zeiten des Bankenskandals dabei waren.

Prof. Hans-Peter Schwintowski, Humboldt-Uni Berlin
"Dieses Argument ist für mich nicht nachvollziehbar. Mitarbeiter, die große Fehler gemacht haben, die daran mitgewirkt haben, dass wir mit der Bank-Gesellschaft in ein riesiges Desaster geraten sind, sind nach meiner Meinung disqualifiziert für ihren Job und deshalb sollten sie jetzt nicht noch dafür belohnt werden, dass sie weiterhin an diesen Projekten mitarbeiten."

Die Bankgesellschaft schweigt, der Finanzsenator schweigt. Er will sich nicht ins operative Geschäft einmischen – sagt man uns. Doch offenbar hat das Schweigen einen Grund. Denn nach KLARTEXT-Recherchen hat der Aufsichtsrat, also auch Herr Sarrazin die jährlichen Sonderzahlungen durch gewunken. Das bringt selbst Sarrazins SPD-Parteifreunde auf. Angesichts des Berliner Haushalts-Notstands wollen sie die satten Halteprämien von 20 Millionen nicht einfach so hinnehmen.

Christian Gäbler (SPD)
"Leistungsabhängige Prämien für besondere Mitarbeiter in Banken sind sicherlich angemessen. Halteprämien sind angesichts des Personalabbaus der Bankgesellschaft und auch angesichts der Marksituation zu hinterfragen, passen eher nicht in die Landschaft. Das muss der Vermögensausschuss mal klären."

20 Millionen Euro im Jahr. Sonderzahlungen – und das seit vier Jahren. Wie schön könnten damit Berlins Schulen aussehen.

Beitrag von Sascha Adamek und Gabi Probst

besorgter bürger

BERLIN, 7. Juni. Der Berliner Senat verzichtet in den nächsten zwei Jahren auf die finanzielle Vorsorge für mögliche Risiken bei der Bankgesellschaft Berlin. Damit soll das Defizit von insgesamt 600 Millionen Euro, das durch die Steuermindereinnahmen entstanden ist, ausgeglichen werden. Gleichzeitig wird eine höhere Nettoneuverschuldung abgewendet, teilte Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) am Dienstag nach der Senatsklausur mit.

Noch am Montagabend hatte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) es ausgeschlossen, dass die Haushaltslücke mit Hilfe der Bank-Vorsorge geschlossen wird. Diese werde gebraucht, da die Ausgaben für die Bank in den nächsten Jahren steigen werden, so Wowereit. Da der Senat dann aber Steuererhöhungen, die Anhebung von anderen Gebühren sowie eine weitere Schuldenaufnahme ablehnte, griff man nach stundenlangen Beratungen doch auf die Bank-Vorsorge zurück. Bislang stellt der Senat pro Jahr 300 Millionen Euro als Risikovorsorge bereit, von denen aber in diesem Jahr nur rund 70 Millionen Euro wegen der riskanten Immobiliengeschäfte benötigt werden. "Wir müssen die Bankgesellschaft ohnehin bis zum Jahr 2007 verkaufen", sagte Finanzsenator Sarrazin.

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Viele Menschen würden eher sterben als denken. Und in der Tat: Sie tun es.

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Berliner Bankenskandal Lexicon [Wikii]

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Das Ende Der Welt brach Anno Domini 1420 doch nicht herein.
Obwohl vieles darauf hin deutete, das es kaeme... A. Sapkowski

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