Bin-Laden-Todesschütze ist pleite

Begonnen von admin, 19:58:59 Di. 12.Februar 2013

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admin

ZitatBin-Laden-Todesschütze ist pleite

Zum ersten Mal spricht der Mann, der Osama Bin Laden erschoss, öffentlich über seinen Einsatz. Er offenbart nicht nur grausige Details des Himmelfahrtskommandos, sondern rechnet auch mit der US-Armee ab.


Als der Mann, der Osama Bin Laden tötete, von seinem Auftrag erfährt, denkt er nicht an den Ruhm, die Verantwortung, mögliche Vergeltungsschläge. "Wir haben gedacht, yeah, okay, gut. Es ist Zeit, diesen Motherfucker zu killen." Es sei so einfach gewesen. Der Mann, der von seinem Gesprächspartner nur "The Shooter" genannt wird, hat zwei Jahre geschwiegen. Nun hat er einem Journalisten erstmals seine Geschichte erzählt - anonym.

Davon, dass er und seine Kameraden vom Navy-Seals Team 6 sicher waren, von diesem Einsatz im Mai 2011 nicht lebendig zurückzukehren. Wie er Abschiedsbriefe an seine beiden Kinder schrieb. Dass er im Flugzeug auf dem Weg nach Abbottabad dringend mal musste, und in in eine leere Wasserflasche pinkelte, um seinen Einsatz nicht mit voller Blase zu beginnen. Und dass er deshalb dem laut US-Geheimdienst gefährlichsten Mann der Welt mit einer Flasche voller Urin in der Tasche gegenüber trat.

"Seine Zunge hing heraus"


"Er sah verwirrt aus. Und deutlich größer, als ich erwartet habe", erzählt der Soldat. Er habe sich an frühere Schussübungen in den Trainingszentren seiner Einheit erinnert gefühlt, als viele Ziele das Gesicht Bin Ladens zeigten. Er habe sich gesagt: "Er ist eine Bedrohung." Und dann zweimal auf seine Stirn geschossen. Beim zweiten Schuss sei Bin Laden zu Boden gesunken. Daraufhin habe er ein weiteres Mal abgedrückt: "Bumm, gleiche Stelle. Er war tot. Bewegte sich nicht. Seine Zunge hing heraus." Danach habe er sich nur noch gefragt: "Ist das das Beste, was ich je getan habe, oder das Schlimmste?"

Mit seiner Geschichte bestätigt der Soldat frühere Berichte, wonach das Ziel der Mission von Anfang an gewesen sei, Bin Laden zu töten. Allerdings habe dieser eine Kalaschnikow in Reichweite gehabt. Der "Shoter" widerspricht damit den Schilderungen eines Kameraden, wonach der Al-Qaida-Chef unbewaffnet gewesen sei.

Das Porträt enthält eine Fülle solch detaillierter Schilderungen von dem Himmelfahrtskommando. Mehr als ein Jahr lang hat sich der Journalist Phil Bronstein mit dem Elitesoldaten getroffen. Doch er hat mit ihm nicht nur über das Todeskommando von Abbottabad, sondern vor allem über die Zeit danach gesprochen. Bronstein verlässt in seiner Schilderung die Rolle des objektiven Beobachters, er hat sich das Schicksal des "Shooters" zu eigen gemacht - und auch dessen Anklage. "Behandelt Amerika so seine Helden?", ist die Frage, die der Journalist einmal explizit und ansonsten unterschwellig andauernd stellt.

Angst vor Rache

"Er ist riesengroße Risiken eingegangen", lässt er den Vater des Todesschützen zu Wort kommen. "Aber ist nicht in der Lage, die Belohnung einzufahren." Der Schilderung zufolge ist der Mann, der US-Präsident Barack Obama die wichtigste Munition für seinen Wahlkampf lieferte, inzwischen arbeitslos und finanziell nicht einmal mehr in der Lage, die Krankenversicherung für sich und seine Familie zu zahlen. Die US-Regierung hatte 25 Millionen Dollar Kopfgeld auf Bin Laden ausgesetzt. Der "Shooter" und seine Kameraden hätten keinen Cent davon gesehen, kritisiert Bronstein. Stattdessen müsse er sich nach 16 Jahren im Militär - den Dienst bei den Navy Seals quittierte er im Sommer 2012 - nun mehr schlecht als recht als Sicherheitsberater durchschlagen.

Hinzu kommt die Angst vor Vergeltungsschlägen. Seit Abbottabad habe er seinen Kindern beigebracht, sich bei den ersten Anzeichen von Gefahr in der Badewanne zu verstecken, erzählt der Mann. Seine Frau weiß, wie sie einen Angreifer durch die Schlafzimmertür erschießen kann. Das Paar ist getrennt, doch die Familie lebt weiterhin unter einem Dach, in erster Linie um Kosten zu sparen, heißt es. Unterstützung, um ein neues Leben nach dem Dienst fürs Vaterland zu beginnen, um seine Familie vor der Rache der Terroristen zu schützen, habe er nie bekommen.

Was ihm nach 15 Jahren bei der Elitetruppe, nach Kampfeinsätzen und vielen grausigen Erlebnissen am meisten Angst mache, fragt Bronstein einen Kameraden des Todesschützen. "Das Leben als Zivilist", lautet die Antwort. Sie dürfte auch für den Mann gelten, der Osama Bin Laden erschoss.
http://www.fr-online.de/politik/osama-bin-laden--bin-laden-todesschuetze-ist-pleite,1472596,21738912.html

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