Die Frage der Organisierung ist weiterhin interessant.
Neben Parteien und Gewerkschaften gibt es weitere Organisationen, Organisationsformen. Wie sieht eine solche Organisierung praktisch aus? Lockere Treffen, Stammtisch, regelmäßige Sitzungen? Zahlt man Mitgliedsbeiträge? Ist man Karteileiche? Wie wird man über organisationsinterne Diskussionen informiert? Treffen? Internet? Mitgliederzeitung?
Wer schließt sich mit wem aus welchem Grund zusammen? Was will man erreichen? Demos? Ein Umdenken bei der Politik?
Was ist man bereit zu opfern oder zu riskieren für soziale oder politische Veränderungen?
Ich werde nicht müde zu wiederholen, daß ich das Feld der Arbeit, der Ausbeutung, für das wirksamste halte, wenn man etwas erreichen will. Wenn es einem gelingt, Unruhe in den Bereich der Ausbeutung zu tragen, hat man ein wirkungsvolles Instrument, um Forderungen Nachdruck zu verleihen.
Heute scheint es so, daß die arbeitenden Menschen nach der Maloche keine Zeit und Kraft mehr haben, sich anderwärtig zu engagieren. Dann müßten die Erwerbslosen diejenigen sein, die ihre Zeit in den Kampf für eine bessere Welt investieren. Ist aber nicht so.
Die Erfahrungen mit der Erwerbslosenarbeit der letzten Jahrzehnte sind niederschmetternd. Beratungsarbeit, Sozialarbeit, Hilfestellung. Eine Einbahnstraße. Die Betroffenen wissen, wo sie Hilfe kriegen. Wenn sie die gekriegt haben, haben sie kein Interesse daran, sich zu revanchieren, weder bei der Erwerbslosenini, noch bei anderen Erwerbslosen oder anderen unterstützenswerten politischen Initiativen.
Ich war in England in einem quirligen Erwerbslosencenter mit Café und ein paar Räumen für Veranstaltungen und Organisationsarbeit. Tolle Plakate, gute Musik und Leute, die dabei waren, eine Zeitung zu layouten, Demos und Aktionen zu organisieren und ein Soli-Konzert vorzubereiten. Dann erfuht ich, daß nicht ein einziger Erwerbsloser dabei aktiv war. Das waren alles Leute mit Job, die nach der Arbeit sich für die Sache engagierten.
So etwas erlebe ich ständig. Deshalb die Frage: Warum sind Erwerbslose so individualistisch und nicht bereit sind mit anderen aktiv zu werden? Macht sie das Erwerbslosenleben so fertig, daß sie nicht mehr fähig zu einem solidarischen Handeln sind? Was macht sie an dem Erwerbslosendasein so fertig? Was kann man daran ändern? Läßt man sich einfach nur gehen?
Das sind Fragen, die mich umtreiben. Ich bin es leid mir die Geschichten anzuhören, was linke Erwerbslosenarbeit alles erreichen könnte. Sie tut es einfach nicht.