Kultur

Begonnen von Kuddel, 15:48:01 Di. 31.Dezember 2013

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Fritz Linow

Das Video ist schon schlimm, aber dieser Satz irgendwie auch:
ZitatAch, was waren das noch Zeiten, in denen Jeans, lange Haare und Rockmusik noch Protest gegen das System bedeuteten.

Das ist mir zu viel Verklärung. Und gibt es überhaupt eine Sub- oder Gegenkultur, die nicht sofort aufgesogen und zur Verwertung freigegeben wird und damit automatisch ihren Protestcharakter verliert?

Kuddel

Klar, da gab es den Super-8 Film "Rollo Aller", eine Persiflage auf das Gefühl mit Rockmusik die Welt zu verändern.
"Raus aus der Gesellschaft - Rein in den Rock!" https://www.mopo.de/metropolis-rollo-aller----der-abend-19747000

Natürlich konnte jeder Vollhonk sich die Haare wachsen lassen und Hippieklamotten überwerfen. Trotzdem funktionierte es, daß die vom Faschismus und dessen Ausläufern geprägte Elterngeneration sich dadurch provoziert fühlte und einem den Weg ins Arbeitslager wünschte. In dieser Beziehung funktionierte die Gegenkultur eine ganze Weile.

Die Symbolik dieser Maskerade richtete sich immerhin gegen Militarismus (Männer mit Mädchenfrisuren), gegen Arbeit und Konkurrenzkampf. Es ging eher um die schönen Dinge des Lebens.

Es funktionierte dann noch ein weiteres Mal, als die Punx aufkamen und die Vorgängergeneration aufmischte. "Never trust a hippie!" Sid Vicious mit Hakenkreuz T-Shirt. Als die Linken langsam den Punk für sich entdeckten und vereinnahmten, war es allmählich vorbei mit der subversiven Sprengkraft dieser Kultur. Heute ist es nur noch ein trauriges Abbild einer Kultur, die schon lange vorbei ist.

Es gab nochmal ein kurzes Aufflammen einer Gegenkultur, die auch nur so lange funktionierte, wie man ihre Logik nicht verstand. Die Rave Bewegung im Rahmen elektronischer Musik veweigerte sich irgendwelcher politischer Inhalte, doch in UK wurden leerstehende Fabrikhallen besetzt, um mit Tausenden zusammen zu feiern. Dann verschwand man wieder. Man schiß auf alles, Arbeit, Karriere, ging nur noch ab auf Feiern, Sex, Drogen, verneinte die ganze verkackte Welt inklusive der albernen Versuche, sie mit Protesten zu verändern. Man hat für einen Moment diese Welt außer Kraft gesetzt. Thatcher wollte mit polizeistaatlichen Mitteln diese Kultur beenden und versuchte es mit einem Verbot der "repetitative beats". In Deutschland forderte die Junge Union Techno zu verbieten. Ich hatte in der Zeit eine Menge Spaß, aber es hielt nicht lange an. Die beschissene Love Parade von Dr.Motte mit "Friede, Freude, Eierkuchen" sagte bereits alles. Neue Modelabel und grinsende Extacy Verstrahltheit. Leckt's mich, das war ein verdammt kurzes Vergnügen.

Die Halbwertszeit der subversiven Elemente wurde kürzer und kürzer.
Ich sehe inzwischen nicht mal mehr einen kleinsten Augenblick, in der diese Form kultureller Subversion eine Chance hat. Ich sehe sie nur noch als Bestandteil der herrschenden Kultur mit dem Ziel der Beschleunigung der Verwertungsprozesse.

Ich habe auch keinerlei Hoffnung, daß es mit einer neuen Subkultur anders kommen kann. Das Thema ist durch.

Troll

Mich nervt es wenn eine Massenbewegung zur Individualität erklärt wird, und als negativer Nebeneffekt Intoleranz in der angeblich immer toleranteren Gesellschaft aufblüht wie selten zuvor.
Wenn Filme, Bands u.ä. quasi schon als "Kult" geboren werden dann war mein bisheriges Verständnis dafür grundfalsch, der "Kult" entwickelt sich nicht mehr sondern wird von PR-Agenturen erfunden, da hab ich keinen Bock drauf.
Es erscheint mir alles so eklig Uniform.
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

Onkel Tom

Zitat von: Kuddel am 15:15:53 Do. 13.Juni 2019
...

Ich sehe inzwischen nicht mal mehr einen kleinsten Augenblick, in der diese Form kultureller Subversion eine Chance hat. Ich sehe sie nur noch als Bestandteil der herrschenden Kultur mit dem Ziel der Beschleunigung der Verwertungsprozesse.

Ich habe auch keinerlei Hoffnung, daß es mit einer neuen Subkultur anders kommen kann. Das Thema ist durch.

Das sehe ich weniger so.. Klar, selbstorganisierte Feste kosten auch ihr Geld und muss über die Festgäste
irgendwie wieder "eingesammelt" werden.
Das Bedürfnis, sich über Kultur von der großen Masse der sogenannten "Mitschwimmer" gesellschaftlicher
Erwartungshaltung zu distanzieren, sehe ich immer noch. Nicht am Outfit, jedoch an dem Interesse an
Veranstaltungen teil zu haben, die es vorübergehend ermöglichen, vom Alltag des Lebens abschalten zu
können..

Derzeit sieht es etwas mau aus, doch wenn sich Möglichkeiten ergeben, von der "dumpfen Gesellschaft"
Abstand zu nehmen, werden diese Möglichkeiten m.E. gern aufgesucht. In Hamburg wird dies jedes Jahr zum
Hafengeburtstag immer wieder und vermehrt von Jahr zu Jahr sichtbar..

Geht man am Rödingsmarkt los, sieht man bis zur NDR-Bühne Gäste, die allein "Party und Schiffe kosumieren"
wollen.. Geht mann weiter zur Rolly Rogers Bühne, ändern sich die Getränkepreise nicht, jedoch ist der Anspruch
der Besucher_innen etwas anders.. Die Atmosphäre geht anbei mehr in Richtung "Alternative und / oder Kritik
gegenwärtiger gesellschaftlicher Verhältnisse"..

Doch damit nicht genug.. Richtung Balduintreppe ändern sich die Getränkepreise und Verkaufsstände, die ihre
Beteiligung mit einer solidarischen Verknüpfung anbieten, werden mehr.. Nun geht es nicht mehr nur darum
"ordendlich Kasse zu machen", sondern auch Knete zu machen, für irgendwelche Kosten, die durch Protest,
Repressionen entstehen, ab zu mildern oder decken zu können.

Sprich an den der Hafenstraße angebundenen Ständen ist jeder dort erworbene Getränkeschluck mit einem
unbekannten Anteil Soliknete gegen gegenwärtiger Verhältnisse verbunden. Und ja, gerade da wird es schnell
sehr eng vor lauter Menschenmassen.. (Nicht allein deswegen, weil dort das Bier 1,50 statt 2-3 Eur kostet).

Was mich dieses Jahr besonders beeindruckte, das die Polizei glaubte, das sie anbei an der Balduintreppe
auf "Racial-Caching" gehen könnten und auf Kleindealer hofften.. Plötzlich wurden Jäger zu gejagten.
Es waren keine Afrikaner, die die Polizei die Balduintreppe hinab jagten.. Die Cops haben sich anbei voll auf
die Fresse gelegt und nix wie weg. Es waren hellhäutige, die Solidarität ausübten.

Ich betrachte es so, wie "Jägerzaun Pro und Contra Generationen". Die Eltern finden Jägerzaun ganz schick.
Deren Kinder reißen den Jägerzaun gern wieder ab und deren Kinder wollen den Jägerzaun wieder haben.

Derzeit glaube ich, das die jetztige Jägerzaun-Liebhaber-Generation in den nächsten Jahren wieder durch
Jägerzaungegner-Generation abgelöst wird.

Das rot zitierte könnte diesen Wandel fördern.  ;)
Lass Dich nicht verhartzen !

Kuddel

Die WACKEN Kultur...

ZitatAuf dem Wacken Open Air gibt es erstmals einen richtigen Supermarkt. Dahinter steht die Kette Kaufland. Die 450 Artikel sind extra auf die Festivalbesucher abgestimmt.
https://www.shz.de/24861412

Troll

Wacken die Supermarktkultur, cool!
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

Kuddel

Mir ist mal wieder nach einem Rundumschlag zumute.
Möchte mich über Mode auskotzen.

Die Mode ist einfach nur Retro.
Man zitiert vergangene Zeiten und meint es oft irgendwie ganz anders, ironisch gebrochen, was weiß ich.
Erst fand man die 70er so tierisch lustig. Knallbunte Hemden mit riesigen Kragen. Schlaghosen.
Ich hab die 70er als Teenager erlebt. Ich fand die 70er keineswegs lustig, sondern nur scheiße.
Der 70er Retrohype gipfelt im Schlagermove, organisiert von der BILD Zeitung, wo hundertausende Hirnamputierte mit bunten Hemden und Kleidern, komischen Brillen und lustigen Perücken zu Drecksmusik durch Hamburg tanzen.

Als dann Bärte wieder aufkamen, freute ich mich zuerst und dachte, nun würden sich Leute an die Zeiten erinnern, in denen man die Nächte durch rauchend über den Zustand der Welt und Möglichkeiten anderer Gesellschaftsformen diskutierte.
Aber so war es wohl nicht gemeint. Es soll nur so aussehen. Das ist auch einer Zeitjournalistin aufgefallen und von ihr recht lustig beschrieben:

"VW-Bus, Birkenstocks und Bärte: Plötzlich sehen alle aus wie meine Eltern."
https://www.zeit.de/2019/35/oekologischer-lebensstil-solidaritaet-hippie-zugehoerigkeit-mainstream

In der Werbung ist ja aus dem Silicon Valley der Afrolook hier rübergeschwappt. Erinnert an die Black Panthers und Angela Davis. Ist aber nicht so gemeint. Nur zitiert und ironisch gebrochen. Haha. Damals ging es um den bewaffneten Kampf gegen das schweinische, kapitalistische US-System. Heute kriecht man diesem System mit Vollgas in den Arsch. Mit Afrolook.

Dann wurde man ganz ironisch gebrochen und zitierend spießig. Pullis mit V-Ausschnitt, die Farben wurden immer beiger, die Röcke immer länger und die Mädels machten sich nen Dutt. Diese Vollhonks machen sich nicht lustig über Spießigkeit, sie sind durch und durch spießig.

Ist aber steigerbar. Mit Fußballern und Hipstern wurden mit dem Undercut übertriebene Nazifrisuren wieder modern. Hauptsache schön gescheitelt. Trachtenmode nicht zu vergessen. Röcke und Kleider sind in gedeckten Farben schon längst knielang, mindestens. Damit könnte man auch für ein Kraft durch Freude oder Mutterkreuzplakat posieren.

Ihr Fashion Victims, ihr seid weder cool noch witzig, sondern nur dumm und scheiße!

Kuddel

Keine Fotomontage:



Hans-Jörn Arp, CDU-Abgeordneter aus Wacken, trägt zu Beginn der Sondersitzung des Landtags eine Schutzmaske mit dem Logo des Wacken-Festivals.

Satan rules!

Kuddel

Ein schönes Beispiel aus der ZEIT:

Zitat Gleichberechtigung
Ja, wir wollen!



Frauen wollen arbeiten, führen, Karriere machen. Sie wollen entscheiden und Verantwortung tragen.
https://www.zeit.de/arbeit/2020-10/gleichberechtigung-frauenquote-jutta-allmendinger-karriere-gesetz

Man benutzt eine linke oder subkulturelle Bildsprache, um reaktionäre oder neoliberale Inhalte zu transportieren.

Die Forderungen übersetzt: Ja, wir wollen uns ausbeuten lassen, wir wollen Hierarchie und Konkurrenzkampf!

BGS

Grotesk das alles. Und doch gibt es m. E. hier und da zum Glück noch echte Subkultur. Die geht nicht in die Öffentlichkeit.

MfG

BGS
"Ceterum censeo, Berolinensis esse delendam"

https://forum.chefduzen.de/index.php/topic,21713.1020.html#lastPost
(:DAS SINKENDE SCHIFF DEUTSCHLAND ENDGÜLTIG VERLASSEN!)

Kuddel

Ein schöner Artikel aus dem Neuen Deutschland:

ZitatDas Ende des Hipstertums
Schluss, aus und vorbei: Die »Zeit« beerdigt die Hipster, die Städte sind durchgentrifiziert


Die Wochenzeitung »Zeit« heilt alle Wunden. In der aktuellen Ausgabe erklärt Ijoma Mangold die Hipster für überholt. Jene Subkultur der Jungerwachsenen, die die westlichen Metropolen durchgentrifizieren, verteuern und vereinheitlichen in Richtung eines ziemlich austauschbaren sogenannten guten Geschmacks mit altertümlichen Bärten (Männer), alten Sonnenbrillen (Frauen), alten Frisuren (Männer und Frauen), viel Körperpflege und »Emo-Talk«, wie Mangold das nennt. Sie waren es, die die Biomärkte als Supermärkte durchsetzten, wie auch das Fixie-Fahrrad, das Craft Beer und die Rückkehr des Filterkaffees - in teuer. Auf Geld kam es ihnen nicht an, sie hatten genug, von Haus aus, und hielten deshalb ein WG-Zimmer für 500 Euro in Berlin-Neukölln für einen fairen Deal. Das kostete ja nur soviel wie ein Kulturwissenschaftsstudium im Monat auf einer der halbprivaten Berliner Hochschulen. Kein Ding, denn die Hipster fanden alles irgendwie ironisch und lustig.

Sie waren ein neuer Typus, rebellische Verbraucher, die sich in der Masse nonkonformistisch fühlen möchten. »Der Hipster ist eine Person, die Konsumentscheidungen - das richtige T-Shirt, die richtige Jeans, das richtige Essen - als eine Kunstform versteht. Er bewegt sich dabei zwar innerhalb der Grenzen des Massenkommerzes, sucht aber dennoch nach Distinktion und Exklusivität«, schrieb der US-Kulturtheoretiker Marc Greif im Jahre 2012. Und über ihr Gerede machten sich die Goldenen Zitronen schon vor 25 Jahren in dem Lied »0:30, gleiches Ambiente« lustig: »Was machst du so? / Ich bin in der Werbung. / Oh wow, das ist stark. / Ja, ich mag Menschen. / Ich auch, ich liebe Menschen (...) Hast du den neuen Quentin Tarantino schon gesehen? / Ja, ich mag Filme. / Ernsthaft? Ich auch, ich leihe mir oft Filme aus. / Wow, ich auch«.

Kann sein, dass die Hipster weg vom Fenster sind, wenn die Männer sich nun in ihren überteuerten Eigentumswohnungen ihre langen Bärte wieder abnehmen und die Frauen ihre Retro-Sonnenbrillen. Für Mangold wird es jetzt wieder inhaltlich: »Nach hip kam ›woke‹ - das erhöhte Bewusstsein für patriarchale Strukturen und weiße Privilegien«. Das gefällt ihm nicht besonders, zu politisch irgendwie, denn wer »woke« ist, lebe nicht ironisch, wirft er ein, »sondern im Ernstfall (der Klimakatastrophe) und ist auch sonst nie im Zweifel darüber, was gut und was böse, was links und was rechts ist.« Politische Entschiedenheit ist für Mangold entschieden übertrieben, ist die Welt denn etwa nicht mehr lustig? Bestimmt mag er auch Menschen und den neuen Quentin Tarantino.

Was er nicht schreibt: Früher war Hipster noch kein Schimpfwort. Da gab es den Hipster, aber nicht die Hipster. Das war eine coole Ausnahmefigur, keine uncoole Konsumentenbewegung. Entstanden in der Jazz-Szene der USA, im Bebop der 40er Jahre. Typ stylisher Durchblicker und magischer Realist. Hipstertum war auch eine Form der künstlerischen, proletarischen und schwarzen Selbstermächtigung. Also durchaus »woke«.

Vom Hipster wurde angenommen, dass er stets mehr als man selbst wusste. Kann man sich vorstellen, das es hip sein könnte, sich die »Zeit« zu kaufen, das Blatt der meist etwas betulich-akademischen Verwandtschaft, oft Lehrkräfte? Vielleicht, wenn man in die fünfte oder sechste Klasse geht und mit dieser dicken Zeitung durch die Gegend läuft. Bis irgendjemand sagt: »Oh wow, das ist stark« - »Ja, ich mag Zeitungen.«
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1147683.die-zeit-das-ende-des-hipstertums.html

Fritz Linow

Von den Roten Raketen (ca. 1928 oder so):

Niggersong

In Vergnügungsstätten der Bourgeois
tanzt ein Nigger - ha,ha,ha.
Begeistert schreibt der Zeitungsmob!
- Halt, stop! -
Versklavtes, schwarzes Arbeiterheer,
steht auf, steht auf!
Will nicht mehr!
Wutgeheul
in der Geldsackzeitung:
Negergreuel!
- Halt, stop! -

[Refrain:]
Ob schwarz, ob weiß,
wir ziehn am selben Strick.
Ob Kanton, Budweis,
Berlin, Kamerun -
nur eins ist zu tun:
Dem Unterdrücker ans Genick!
Werft sie raus, werft sie raus,
die Despoten,
macht eure Länder frei.
Schwenkt eure Fahnen, die roten,
befreit euch aus Sklaverei!

Das bürgerliche Pressereptil
hat auch das Ziel:
Haß zwischen Schwarz und Weiß zu säen,
uns uneinig zu machen.
Wir wissen und lachen,
denn jetzt
keiner gegeneinander aufhetzt!

[Refrain]

In einem Sechsteil der Welt
der Arbeiter hoch hält
die rote Fahne der Freiheit.
- Halt, stop! -
Dies leuchtende Beispiel
ist auch unser Ziel!
Drum ran, drum ran,
ob schwarz, ob weißer Mann!


Kuddel

Die ZEIT ist ein Medium, das sich mit Fotos und Grafiken in der Ästhetik, teilweise auch in Sprache aus einem linken subkulturellem Millieu bedient.

Es wird da ein Mittelschichtspublikum bedient, das schon ahnt, daß dieses System grauenhaft und ungerecht ist und Sympathie für Kritik und Protest hat, aber keinsfalls etwas am eigenen Status und der Lebensweise ändern möchte.

Ihnen bietet man Äußerlichkeiten mit denen man sich als "den Guten" zugehörig fühlen kann.
Dicke Schuhsohlen bei Frauen bedeuten ein "feministisches Empowerment".
Ein Afrolook setzt Zeichen gegen Rassismus.

Der politische Kampf wurde zum Friseur und in die Boutique verlegt.

Der ZEIT ist nun aufgefallen, das es US Großkonzerne genauso machen wie sie selbst:
ZitatWoke, bis es ums Geld geht
Großkonzerne in den USA nutzen die Sprache sozialer Bewegungen, um ihr Image aufzubessern
https://www.zeit.de/wirtschaft/2021-05/us-konzerne-black-lives-matter-buergerrechte

Ferragus

Fragt sich, ob die Massenkultur - Fernsehen, Kino, Radio, Internet, Reklame, Vergnügung wie Diskothek oder Freizeitpark, der Sport, die Best-Seller, Magazine - wirklich Ausdruck des Innenlebens der heutigen Menschen ist oder ob sie dieses nicht längst vernichtet hat und zukleistert. Man ist ja umstellt von diesen Dingen, es gibt da kein Entkommen und sie absorbieren und verhindern die Fantasie, die sich auch mit einer zukünftigen, anderen Form von Gesellschaft befassen könnte oder einfach vor sich hinträumt und sich nicht in die Funktionen einspannen lässt.

Troll

Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

Kuddel

Zitat Wir waren mal weiter
Popkultur. Sie stand einmal für das Spiel mit Identitäten, für Entgrenzung, gegen Spießertum. Es waren glückliche Zeiten


(...) Deshalb ist Entgrenzung den Identitätskämpfer*innen ein Gräuel. Sie sehnen sich nach einer Welt, in der es so geordnet zugeht wie in einer Amtsstube. Ihr Ideal ist ein Staat, in dem jeder Mensch sein Aktenzeichen erhält: cis- oder transgeschlechtlich, farbig oder weiß, muslimisch oder christlich, mit oder ohne Behinderung.

Kommt Ihnen das bekannt vor? Eine Gesellschaft, in der jeder seinen festen Platz hat? In der die Gruppe alles und das Individuum nichts ist? Es ist die Welt der 1940er und 1950er Jahre. Die Welt vor der Popkultur. Mit einem Mal begreift man: Wo Identität draufsteht, ist Restauration drin. Es gibt neue Spießer.
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/wir-waren-mal-weiter

Kuddel

Es gibt nicht nur die feindliche Übernahme jeglicher Protestkultur.

Musik als Waffe. Ein neues Arbeiterlied:


https://youtu.be/MV5LtY01cz0

Troll

ZitatIdentitätspolitik tötet das Kino

Der Weltkonzern Amazon will die Regeln Hollywoods neu definieren. Die neuen Richtlinien des Tochterunternehmens Amazon Studios verpflichten im Namen von ,,Diversität, Gerechtigkeit und Inklusion" Filmemacher, künftig Schauspieler so zu besetzen, dass ,,deren Geschlecht, Geschlechtsidentität, Nationalität, Ethnizität, sexuelle Orientierung und Behinderung" mit den Figuren, die sie im Film verkörpern, übereinstimmt. Ein Schwuler darf also nur noch von einem schwulen Schauspieler, ein Italiener nur noch von einem Italiener gespielt werden. Dabei ist es doch eigentlich die Kunst des Schauspiels, fremde Charaktere zu verkörpern. Die meisten großen Filme der Vergangenheit hätte es mit diesen Richtlinien nie gegeben, die größten Schauspieler wären wohl heute Kellner oder Taxifahrer, da sie kein Engagement bekommen hätten. Und selbst für die Minderheiten, für die man sich angeblich einsetzen will, bringen solche Richtlinien mehr Nach- als Vorteile. Es wäre besser, Amazon würde sich mal um die Rechte seiner Mitarbeiter einsetzen, als das Medium Film mit dem woken Zeitgeist kaputtzumachen. Von Jens Berger.
...


https://www.nachdenkseiten.de/upload/podcast/210803_Identitaetspolitik_toetet_das_Kino_NDS.mp3
Quelle: NDS

Diese Kritik kann ich nachvollziehen, ein Schauspieler beeindruckt durch die überzeugende Darstellung einer Person die er nicht ist, Selbstdarsteller (sehr schlechte Schauspieler) finden sich schon zuhauf auf Youtube, Identitätspolitik entwertet in so einem Fall die Kunst des Schauspiels, da ist Vorsicht geboten.
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

Kuddel

Diese Streamingdienste (Netflix und Co.) haben ja erstmal etwas Leben in Bude gebracht. Die Macht der kommerziellen Hollywoodstudios und der verfilzten europäischen Filmförderungen haben halt im Wesentlichen filmische Plörre hervorgebracht. Die Streamingdienste wollen erst einmal den Markt erobern und das Geldverdienen kann später kommen. So gab man talentierten Filmemachern in aller Welt erstaunlich hohe Bugets und ein Maximum an künstlerischer Freiheit. Es kam so manche erstaunlichlich gute Produktion dabei heraus.

Naja, Google und Youtube waren in ihren Anfangstagen auch gar nicht so übel, dann ging es nur noch bergab. Inzwischen sind sie und ihre Macht echt zum Kotzen. Ich erwarte ähnliche Entwicklungen bei den Streamingdiensten.

Und bei der Kritik in den Nachdenkseiten kann ich Jens Berger nur zustimmen.
ZitatEs wäre besser, Amazon würde sich mal um die Rechte seiner Mitarbeiter einsetzen, als das Medium Film mit dem woken Zeitgeist kaputtzumachen.

Mich nerven bereits im Alltag die Regeln politischer Korrektheit. Ich halte sie für kein Mittel des Kampfes für eine bessere Welt und erst recht nicht für subversiv. Es ist schnödes Regelwerk, das nicht den Geist der Rebellion atmet, sondern der Spießigkeit.

Und solche Regeln sind in der Kunst der Tod. Es kommen gutgemeinte Werke ohne Seele und Eigenleben dabei heraus.

Die 120 Tage von Sodom (Pier Paolo Pasolini), Querelle (Rainer Werner Fassbinder), Pink Flamingos (John Waters) haben auf gesellschaftliche Moral und Erwartungen von Studios und Filmförderungen geschissen. Werke mit einer solchen Wucht entstehen nicht auf Zuruf oder aus Regeln zur Diversität.




dagobert

Zitat von: Troll am 10:37:44 Mi. 04.August 2021
ZitatIdentitätspolitik tötet das Kino

Der Weltkonzern Amazon will die Regeln Hollywoods neu definieren. Die neuen Richtlinien des Tochterunternehmens Amazon Studios verpflichten im Namen von ,,Diversität, Gerechtigkeit und Inklusion" Filmemacher, künftig Schauspieler so zu besetzen, dass ,,deren Geschlecht, Geschlechtsidentität, Nationalität, Ethnizität, sexuelle Orientierung und Behinderung" mit den Figuren, die sie im Film verkörpern, übereinstimmt. Ein Schwuler darf also nur noch von einem schwulen Schauspieler, ein Italiener nur noch von einem Italiener gespielt werden. Dabei ist es doch eigentlich die Kunst des Schauspiels, fremde Charaktere zu verkörpern. Die meisten großen Filme der Vergangenheit hätte es mit diesen Richtlinien nie gegeben, die größten Schauspieler wären wohl heute Kellner oder Taxifahrer, da sie kein Engagement bekommen hätten. Und selbst für die Minderheiten, für die man sich angeblich einsetzen will, bringen solche Richtlinien mehr Nach- als Vorteile. Es wäre besser, Amazon würde sich mal um die Rechte seiner Mitarbeiter einsetzen, als das Medium Film mit dem woken Zeitgeist kaputtzumachen. Von Jens Berger.
...


https://www.nachdenkseiten.de/upload/podcast/210803_Identitaetspolitik_toetet_das_Kino_NDS.mp3
Quelle: NDS

Diese Kritik kann ich nachvollziehen, ein Schauspieler beeindruckt durch die überzeugende Darstellung einer Person die er nicht ist, Selbstdarsteller (sehr schlechte Schauspieler) finden sich schon zuhauf auf Youtube, Identitätspolitik entwertet in so einem Fall die Kunst des Schauspiels, da ist Vorsicht geboten.
Filme über das antike Rom fallen dann also künftig komplett aus, weil sie nicht besetzt werden können.
Interessant wird es auch, wenn ein Serienmörder besetzt werden muss. ::)
Oder ein Außerirdischer, die Star-Wars-Serie ist damit endgültig zu Ende.


Immer wenn man denkt es geht nicht bekloppter ...
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

Fritz Linow

Es geht um Schauspielerei und um den ganzen Kladderadatsch drumherum. Nur noch echte Schauspieler dürfen Schauspieler spielen. Die Schauspielkunst wird von Amazon auf eine neue Ebene gehoben. Ein Schauspiel des Schauspiels. Die gewollte mediale Empörung ist grandios. Realitätsnahe Schauspielerei wurde ersehnt, nun ist sie da, haha.

(Haupsache irgendwie authentisch, aber doch so fern, weil nur Schauspieler)

Kuddel

ZitatCampino im Interview: ,,Ein bisschen Unvernunft geht völlig in Ordnung"
https://www.fr.de/panorama/campino-toten-hosen-album-40-jahre-alles-aus-geburtstag-interview-91579557.html

Dieser nervige Idiot schon wieder...

Kuddel

Im Bereich der Kultur werden viele politische Schlachten geschlagen.

Ich war noch nie auf der Documenta, hatte auch nie sonderliches Interesse.
Ich habe mir sagen lassen, das Kollektiv Ruangrupa aus Indonesien hätte ein interessantes und bisweilen überzeugendes Konzept, den Blick des Globalen Südens auf die Welt darzustellen.

In dem Medien explodierte der Vorwurf des Antisemitismus und von dem eigentlichen Konzept der Dokumenta und ihren Werken hört man nichts. Vielleicht will man auch nichts von einem Blick des Globalen Südens auf die Welt wissen.

Was in der Debatte besonders unangenehm auffällt, wie radikal nun die Politik auf die Kunst einwirken will.
ZitatMan forderte den Rücktritt von Schlüsselfiguren der Documenta und der Kulturstaatsministerin, die Streichung von Geldern sowie die Einführung staatlicher Kontrollen der Kunst.

Ein lesenswerter Kommentar: https://prod.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/antisemitismus-als-bumerang-was-die-documenta-debatte-verschleiert-li.243351

Ferragus

in der heutigen Klassenordnung dieser Epoche ist die bürgerliche Klasse obenauf. Sie ist im Besitz der natürlichen Reichtumsquellen, verfügt über Boden und Bodenschätze, gebietet über land und meer. ihr gehören die Produktionsmittel und Transportwege, fabriken und Maschinen, Kolonien, Märkte und Warenvorräte. In ihrem Dienst stehen die Machtmittel und Organisationen, Staatseinrichtungen und Gesetze, Behörden und Strafvollzugsorgane. nach ihrem Willen gestalten sich die Formen der Sexualität, Ehe und Erziehung, die Gesetze der Moral, die Ideale der Kunst, die Illusionen der Massen.
Sie monopolisiert die Resultate der Wissenschaft, die Logik der Gehirne, das Gewissen der Öffentlichkeit, den Geschmack der Zeit. Sie herrscht mittels der ökonomischen, sozialen, ideologischen Diktatur. Ihre Kultur ist allmächtig. Und sie wacht mit Eifer darüber, dass diese Kultur keinen Angriff erleidet, keine Schmälerung erfährt. Denn ihre Kultur ist ihre Sicherungsmaschinerie. Mit ihrer Kultur steht und fällt ihre Autorität, ihre Existenz.

Kuddel

Für mich ist Alltagskultur weitaus spannender, das was in den Kulturtempeln von Museum bis Konzerthaus sich so abspielt.

Die ZEIT ist für mich ein extremes Beispiel dafür, wie das Bürgertum sich selbst inszeniert.
Es gibt ein starkes Unwohlsein an der eigenen Rolle in gesellschaftlich krass ungerechten Verhältnissen. Man möchte nicht als unmoraisch gelten, aber auch nicht die eigene gesellschaftliche Position verlieren.

Man sucht nach einem kulturellen Ausdruck, der einen als kritisch, bewußt und moralisch auszeichnet. Und wer möchte, kann sich sogar als rebellisch inszenieren.

Die ZEIT spiegelt den Versuch wider, mit Lifestyle die eigene Rolle zu übertünchen.

Man sucht nach einer moralisch einwandfreien Sprache, die befreit ist von herrschaftlichem Ausdruck, sie soll keine Spuren von Sexismus, Rassismus, Kolonialismus, etc. haben. Man möchte frei, offen, divers und sonstwie wirken. Deshalb ist auch der Angela Davis Afrolook in der Zeit so schwer angesagt.

Bei den Klamotten legt man Unsummen für das hin, was sich mal Punks und andere Habenichtse in ihren Subkulturen ausgedacht haben.

Die Fotos in der ZEIT haben eine Bildsprache übernommen, die in den 70ern als gegenkulureller Ausdruck entstanden ist. Das Bürgertum saugt alles auf, übernimmt die kulurellen Errungenschaften seiner Gegner. Das heutige Wohnen ist von dem geprägt, was die Hausbesetzerbewegung sich erkämpft hat. Leben in Fabriketagen, in Altbauten und auf Dachterrassen.

Auch beim Thema Urlaub orientiert man sich in dem, was sich einst die Freaks und Hippies erobert haben.

Insgesamt fällt mir auf, daß es füher eine ästhetische Abgrenzung vom Pöbel gegeben hat mit Frack, Zylinder und Monokel. Heute tragen Millardäre Jeans, T-Shirt und Sneakers. Alles, was die armen Leute entwickelt haben als Ausdruck ihrer Phantasie und Würde, eignen sich die Reichen an. Sie haben nun die Viertel, die von Rebellion geprägt wurden, übernommen, der Pöbel soll sich in irgendwelche Plattenbauten oder die Pampa verziehen.

Ich könnte mich noch ellenlang ergehen über die Sprache und Ästhetik der ZEIT. Und über die Lifestyleentwicklungen des Bürgertums.

Kurzgefaßt bleibt für mich folgendes übrig:

Das Bürgertum ist einerseits phantasielos, andererseits zeigt es uns permanent den Stinkefinger und beweist, daß uns nichts gehört. Selbst der subkulturelle Ausdruck, der lange als Ausdruck der Rebellion, aber auch als Rückzugsort aus der Welt der Spießer galt, gehört nicht mehr uns. Sie können uns alles nehmen und tun es auch.

Außerdem sehe ich eine totale Paranoia in diesen Tendenzen der bürgerlichen Ästhetik und dem Kampf und Krampf um Lifstyle.

Man spürt, wie ungerecht und kaputt die Welt ist, bzw. die gesellschaftliche Verhältnisse und man weiß auch, daß es so nicht weitergeht. Viele erahnen eine Mitschuld, verspüren ein Unwohlsein und große Angst. Sie wissen, daß diejenigen, die gegen die Ungerechtuigkeit rebellieren, moralisch jedes Recht dazu haben. Sie wollen sich ihnen nicht anschließen, sie wollen nichts riskieren, sie wollen ihre behüteten Verhältnisse nicht verlieren.

Deshalb ist das Bedürfnis so groß, sich als moralisch oder gar rebellisch zu inszenieren und zu verkleiden.

In der Werbung ist der Afrolook bereits normal. Ich möchte aber daran erinnern, daß die Wurzeln des Afrolooks bei der Black Panther Bewegung zu finden sind. Das war eine militante Bewegung in den USA, die bewaffnet gegen Rassismus, Verarmung und Ausbeutung gekämpft hat.

Liebe ZEIT-Leser, meint ihr, ein Afroklook würde euch verschonen, eines Tages in den Lauf einer Waffe zu blicken? Oder könnte die Verkleidung davor schützen, daß eure Villen brennen oder von Obdachlosen übernommen werden?

Kuddel

Künstler halten sich oft für frei, kritisch und ein wenig links.
Ich glaube, die Fähigkeiten und die Arbeit von Künstlern/Kulturmenschen, werden in dieser Gesellschaft massiv genutzt. In der Werbung und Selbstdarstellung der Wirtschaft. Sie sind auch verstrickt in die Herrschaftsmechanismen. Selbstdarstellung der Politik, gesellschaftlicher Kleister, Unterhaltung, Einlullung.

Nur extrem wenig Künstler haben es "geschafft" mit einer guten Honorierung ihrer Arbeit. Die meisten leben in relativ prekären Verhältnissen, viele auch in sehr prekären.

Künstler sind Individualisten und sie hinterfragen ihre Rolle innerhalb des gesellschaftlichen Zusammenhangs kaum. Sie wollen sich darstellen und hoffen auf den persönlichen Erfolg, der nur selten kommt.

Die Reichen und die Mächtigen schmücken sich gern mit Kunst und Künstlern.
Und das darf auch gern sozialkritisch sein oder kritisch gegen sie selbst.

Immendorf hat Schröder wie einen Kaiser portraitiert und in Gold gemalt. Im Hintergund toben Affen herum, im Vordergrund Videoüberwachung.



Oder das: Der abstürzende Bundesadler im Bundeskanzleramt.



Kritische bis revolutionäre Gedanken werden integriert. An die Wand gehängt. Will man als Künstler das?

Ich glaube, die Mehrheit der Künstler schon. Man träumt von Anerkennung und Geld.

Und da setzen die Spekulanten an. Kunst als Spekulantionsobjekt ist nichts neues. Aber jetzt soll das nochmal alles professionalisiert werden.

ZitatAuftragskunst für Unternehmen, Verkaufsplattform für Künstler – Millionen-Investment für Artoui
Ein Drucker, ein Galerist und ein Fotograf machen gemeinsame Sache. Künstlern wollen sie nie gekannte Vermarktungschancen bieten. Das zieht immer mehr Investoren an.
https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/kunsthandel-auftragskunst-fuer-unternehmen-verkaufsplattform-fuer-kuenstler-millionen-investment-fuer-artoui-/28926094.html

Kuddel

Ach, ihr nennt euch Generation Z, die Generation, die mit Corona und Lockdowns so richtig auf die Fresse gekriegt hat. Aber eure momentane Klamottenwahl hat mich doch zum Grinsen gebracht.

Tja, wer hätte es gedacht!?! Ich selbst laufe eher mit abgerockten Klamotten rum, die ich auf dem Flohmarkt oder eher bei KiK erstanden hab, aber ich hab manchmal schon ein Auge für Mode, eher die sublulturelle. Es ist ja zumeist ein Ausdruck eines großen Fuck Offs an die Gesellschaft, zumindest die Elterngeneration.

Nach Krieg und Faschismus war es klar, daß in den 60ern die Jugend auf den soldatischen Männlichkeitskult gekackt hat. Die Typen trugen lange Haare, Rüschenhemden und Halsketten, die Girls waren weit entfernt von aller Mütterlichkeit, Minirock, hohe Stiefel, bunt, kurze oder lange Haare, sexy, androgyn, whatever, hauptsache nicht wie die Mütter mit Knielangen Röcken und blickdichten Nylonstrümpfen.

Die 70 waren eher verkackt, der Versuch einer Fortsetzung der 60er ohne Witz und Rebellion. Alternativkultur, Räucherstäbchen, Kiff, seicht verblödet, statt Minirock nun Walleklamotten. Das Jahrzehnt kann man eher abhaken.

Anfang der 80er rummste es kulturell kräftig. Hausbesetzungen und militante Demos selbst jenseits der Metropolen. Eine Rebellion nicht nur gegen die Gesellschaft, sondern auch gegen die Hippies. No Future! Ästhetik des Straßenkampfs und des Untergangs. Hundehalsbänder, Stachelfrisuren, Lederjacke mit Nieten und "Schieß doch Bulle" Aufschrift. Eine möglichst ungesunde Gesichtsfarbe. Die Frauen liefen Sturm gegen die Ästhetik der 70er. Statt walle walle Klamotten zerissene Strumpfhosen kurze Röcke, leopardenmuster.

Die Medien zitieren die 80er am Liebsten mit den beschissenen Frisuren, Schulterpolstern und Karottenhosen. Dieser Dreck wurde nur von den langweiligsten Menschen dieser Generation getragen.

Da waren selbst die Popper interessanter. Das war pures Klassenbewußtsein der Upper-Class Kids. Die trugen Klamotten, die man hier nicht kriegen konnte und die man vom USA Urlaub mitgebracht hat. Man schaute naserümpfend auf die Prolls herab. Man gab sich snobbish wie die Elitekids in UK und den USA.

Von mir noch die herzlichsten Glückwünsche an die Punks, die die Popper vermöbelt haben!

Lustig fand ich die Rebellion gegen die Leopardenmuster der Punks. Man trug Kunsfell mit dem Schwarzweiß einer hosteinischen Milchkuh.

Die Autonomen blieben Ewigkeiten stehen mit ihrer domestizierten Punkmode. Ganz schwarz. Die Jeans mußten hauteng sein und damals gab es noch keine Stretchjeans. Oftmals Belstaff- statt Lederjacken. Da bewegte sich nicht viel. Man trug dazu T-Shirts mit politischen Motiven oder Bands, die in der autonomen Szene anerkannt waren.

Deren Kinder waren dann Hiphopper, die ihre Eltern nerven mußten, indem sie keinen Bock auf Armeestiefel hatten, sondern sich irre teure bekloppte Turnschuhe gekauft haben. Nix mehr mit hautengen Jeans, die Hosen hängen bis in die Kniekehlen und der Arsch guckt raus.

Die Technobewegung schüttelte in dem 90ern nochmal einiges durch, bunt, schrill, eine Ablehnung der gesellschaftlichen Werte, der Karrierevorstellungen, es ging um Spaß, Sex, Drogen und fuck the World. Dem konnte ich auch einiges abgewinnen, auch wenn es die Loveparade, Blümchen und Kirmestechno gab.

Es wurde dann nicht mehr so eindeutig. Die neoliberale Kultur wurde angeblich ironisch zitiert, ich fand es völlig unironisch. Die Typen mit der Gesichtsklobrille, die smarten Klamotten, das Gehabe, als hätten alle einen geilen Job oder gerade ein Vermögen an der Börse gemacht. Die Frauen im Knielangen Rock. Vielleicht ist dann auch dieser Pseudodutt aufgetaucht. Diese Unsitte gibt es bis zum heutigen Tag. Nicht auszuhalten!

Die Hipstermode war eine Eintagsfliege. Uff. Ich denke, die Leute haben alle Fotos vernichtet, auf den denen sie gescheitelt und mit fettem Bart zu sehen sind. Das war vom 1. Tag an zum Kotzen.

Dann passierte wenig und plötzlich war Corona da und die Lockdowns. Das Auftauchen der Kids mit neuen Klamotten, fand ich ziemlich erfrischend. Das sah so aus, als hätten sie auf dem Dachboden ihrer Eltern oder Großeltern Kartons mit alten Klamotten gefunden. Eher so aus den 80ern, aber das ganz schlimme zeug. Haben sich das übergeworfen und vorm Spiegel nen Lachfläsh gekriegt. Entweder sie haben ihre Schlabberjogginghosen von Lockdown anbehalten, oder olle Jeans angezogen. Mit Schlag und Wasserstandsmeldung. Aber nicht die "echten" Markenjeans in Dunkelblau, sondern die hellblauen, in denen man damals als "arm" oder vollig geschmacklos an der Schule verortet wurde. Die Tops möglichst in Unfarben, wie beige oder fleischfarben. Schuhe, da geht viel, Plateauschuhe der Technozeit, Pumps oder Sneakers. Fingernägel mit Nagellack in strangen Farben. Und Typen stehen auf Sportklamotten, irgendwelche Streifen dran, auch eher so Bundeswehrfrisuren, vielleicht noch nen Pornobalken, äh, Oberlippenbart dazu. Soll möglichst nach Fußballfan aussehen, gern wie'n Hooligan. Recht proletarisch halt.

Ach, ich find's echt witzig.
Und ich könnt sie knutschen, die die Gen-Z Kids, die das alles mit einer absoluten Scheißegalhaltung tragen.

Aber da fängt die Tragik auch an. Sie haben die Klamotten nicht aus der Altkleidersammlung. Dieser Trash wird von den großen Modelabels geliefert.

Kuddel

Immer wieder schön, wenn Bewegungen so breit werden, daß sie eine eigene Kultur hervorbringen.

Der Song der französischen Gelbwesten "On est lá" wird in der momentanen Revolte überall gesungen:
ZitatOn est là! ist ein französisches Volkslied, das auf der Melodie des leicht abgewandelten Refrains des italienischen Liedes Che sarà in sozialen Bewegungen angestimmt und 2018 während der Gelbwesten-Bewegung populär wurde. Ursprünglich ein Lied von Fußballfans, wurde es später zu einer Melodie der Revolte, die sich gegen die Politik von Staatspräsident Emmanuel Macron richtete. Es wird regelmäßig bei Demonstrationen gesungen, wobei die Texte je nach Forderung variieren können.

Wir sind hier, wir sind hier! Auch wenn Macron es nicht will, wir sind da! Für die Würde der Arbeiter und für eine bessere Welt! Auch wenn Macron es nicht will, wir sind da!

Vor der französischen Botschaft in Athen:

https://twitter.com/PAME_Greece/status/1638949420493316106


BGS

So kanns gehn. Würg.

MfG

BGS
"Ceterum censeo, Berolinensis esse delendam"

https://forum.chefduzen.de/index.php/topic,21713.1020.html#lastPost
(:DAS SINKENDE SCHIFF DEUTSCHLAND ENDGÜLTIG VERLASSEN!)

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