Es knallt nicht!

Begonnen von Rudolf Rocker, 09:54:02 Sa. 01.März 2014

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BGS

Zitat von: Kuddel am 10:32:23 Fr. 24.Juli 2020
In den letzten 20 Jahren haben sich soziale Bedingungen und Sicherheiten um mehr als 100 Jahre zurückentwickelt.

Überall?

MfG

BGS
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Kuddel


Kuddel

Ich bin nicht allein mit dem Gefühl, daß es nicht ewig so weitergehen kann.

Es hat etwas Bedrückendes und Bedrohliches, wie ein System, das auf Dauer nicht funktionieren kann, weiterläuft und weiter und weiter. Und es spielen alle mit und tragen diesen Schwachsinn mit.

Man braucht kein Marxist zu sein, von den Krisenzyklen und all dem Mist gehört zu haben. Es reicht nur ein Fünkchen gesunder Menschenverstand, um zu wissen, daß ein System, das auf permanentes Wachstum baut, an seine natürlichen Grenzen stößt.

Auch diejenigen, die es nicht zugeben, spüren oder ahnen, daß dieses System nicht nur zutiefst ungerecht ist, sondern auch zerstörerisch. Über kurz oder lang zerstört es sich selbst und sei es, durch die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen.

Die einen hoffen darauf, das "es" passiert und das System einfach zusammenbricht. Andere hoffen darauf, dieses System zu stürzen. Zu letzteren gehöre ich. Und die Schwurbler.

Was die Querdenkerbewegung so attraktiv macht, hat nichts mit Corona zu tun. Es ist eine Bewegung, die sich gegen Politik und die herrschenden Werte wendet und ein "weiter so!" beenden will. Die Bewegung ist so faszinierend durch die Radikalopposition, den praktischen Widerstand und das unausgesprochene Versprechen, die herrschenden Verhältnisse zu stürzen und in eine neue Zeit zu führen.

Das ist das radikalste Versprechen, daß es seit Ende der 60er Jahre gibt, als man das kapitalistische System stürzen wollte. Was den Querdenkerstrategen vorschwebt, ist ein rechter Staatsstreich. Die begeistert Mitlaufenden wollen nichts davon wissen und lassen sich einlullen von der Schwurbelpropaganda mit linker und demokratischer Oberfläche. Es klingt doch gut, "Demokratischer Widerstand", "Ziviler Ungehorsam", "Verteidigung der Grundrechte" und "gegen den autoritären Staat". Das ganze noch übergossen mit "Freiheit", "Liebe", "Herzchen" und esoterischer Soße.

Dahinter befindet sich eine faschistische Fratze. Egal! Der kurze Rausch, an einer umstürzlerischen Bewegung teilnehmen zu können, ist einfach zu geil. 

Ich habe alle möglichen ekligen Assoziationen, sehe die Soldaten, die begeistert für Kaiser und Vaterland an die Front zogen, um sich wegmetzeln zu lassen oder die Massen, die mit glänzenden Augen "Sieg Heil" brüllten.

Tiefrot

Zitatdie Massen, die mit glänzenden Augen "Sieg Heil" brüllten.
Diese Bilder geistern mir schon seit der immer noch laufenden "Finanzkrise" durch den Kopf.
Deutschmichel ist seit Einführung des Internets ziemlich stumpf geworden.
Das wird auf der einen Seite schwierig, wieder tausende auf die Plätze zu bekommen,
auf der anderen Seite werden die meisten aus Unwissenheit und Desinteresse
im stillen Kämmerlein sitzen bleiben und der Dinge harren, die da kommen mögen.

Oder der ganzen Scheiße noch nach Kräften Vorschub leisten um danach staunend
vor den Trümmern zu stehen. Mir wird bei dem Gedanken ganz anders...  :-\
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Kuddel

Nur mal ganz kurz.
Dieser Strang ist wohl entstanden, wegen des Frusts, weil alles so weiterläuft, wie es läuft.
Es war auch eine Auseinandersetzung darüber, ob es ok ist zu hoffen, daß "es" knallt oder ob man lieber aktiv für Veränderungen kämpfen sollte.

Letztendlich war es aber auch ein Mangel an Phantasie und man konnte sich einfach nicht vorstellen, daß alles mal anders wird. Daß es nicht mehr so weiterläuft. Daß die Verhältnisse sich ganz radikal ändern können. Ganz schnell.

Die Pandemie war ein erster Hinweis darauf, daß es die Garantie für einen ewig weiterfunktionierenden Kapitalismus nicht gibt. Und plötzlich ist aus heiterem Himmel wieder ein Krieg in Europa Realität geworden.

Unter dieser scheinbar immerwährenden Ruhe und Normalität gährt und brodelt es. Die USA haben nur noch Reste eines Gesundheitssystems, zigtausende sind obdachlos geworden, die Regierung ist stets am Rande der Unfähigkeit das staatliche Personal noch zu bezahlen.
Der Chinesischen Regierung fehlt es an Geld für die Rentenkassen angesichts des demografischen Wandels. Der Russischen Regierung fliegt die eigene Wirtschaftssituation um die Ohren. Die Antikriegsproteste dürften sich auf soziale Proteste ausweiten. Auch die türkische Wirtschaft ist kurz vor einem Zusammenbruch und Streiks und Sozialproteste gehören zum türkischen Alltag.

Die herrschende Normalität ist vorbei. Es bröckelt überall.
Die herrschende Klasse wird ihre Macht nicht freiwillig aufgeben. Krieg ist für sie eine Option.

Kuddel

Jeder, der eins und eins zusammenzählen kann, weiß, daß eine System, das auf permanentem Wachstum basiert, auf Dauer nicht funktionieren kann. Das ständige Umverteilen von unten nach oben kann nicht ewig weitergehen. Der Kapitalismus zerstört nicht nur das Ökosystem, er lebt zu weiten Teilen auf Pump und erzeugt immer neue Blasen. Die Coronahilfen, die aus dem Hut gezaubert wurden, waren unvorstellbar hoch und man fragte sich, wie man das Geld wieder reinholen will. Bevor man sich weitere Gedanken darüber machen konnte, waren 100 weitere Milliarden zur Kriegsfinanzierung da.

Es sieht so aus, als hätte man gar kein Interesse daran, diese Probleme mit den konventionellen Wirtschaftskonzepten zu lösen. Man will vielleicht dieses Regelwerk, das schon längst an seine Grenzen gestoßen ist, außer Kraft setzen. Ein Ausnahmezustand bietet sich an.

Zitat von: counselor am 22:37:30 Mo. 04.April 2022
Wir müssen begreifen, dass der Kapitalismus sich in einer Sackgasse befindet. Er kann das Inflationsproblem nicht lösen (die Erhöhung der Leitzinsen, die vielfach gefordert wird, wurde die Wirtschaft in eine tiefe, lang anhaltende Depression stürzen, die auch von Inflation begleitet wäre) und er muss massiv Kapital vernichten. Eine Möglichkeit dazu ist, einen größeren Krieg zu führen.

Rudi Rocker schrieb bereits vor 8 Jahren:
Zitat von: Rudolf Rocker am 09:54:02 Sa. 01.März 2014
ZitatIch kann es aber nicht mehr hören daß man darauf wartet, daß "es" knallt.

Jupp, so ist es!
Wenn es "knallt" und wir kein Konzept für eine Veränderung der Verhältnisse anbieten können, dann ist es zu spät!
Konnte und kann man in der Ukraine sehr gut sehen.

Es fehlte (auch mir) an Phantasie, was passieren würde, wenn es einfach nicht mehr so weitergeht. Das Ende der Fahnenstange des Kapitalismus hätte (jedenfalls in meiner Vorstellung) viel früher kommen müssen, doch es passierten unvorhersehbare Dinge. Der Fall der Mauer, der Zerfall der Sowjetunion, gab dem Kapitalismus neue Perspektiven, bzw. weitere Zeit. Das System konnte sich weiter nach Osten ausbreiten ohne Zutun der Wehrmacht. Die Wirtschaft, die zuvor in staatlicher Hand war, wurde geplündert. DDR Betriebe wurden für eine D-Mark verkauft, gut funktionierende "Konkurrenz" wurde abgewickelt. In der Ex-Sowjetunion herrschte Wildwest. Bei den Plünderungen der Staatswirtschaft herrschte Mord und Totschlag. Dort legten die Oligarchen die Basis für ihren Reichtum. Der Vormarsch nach Osten endete, als  er auf Pazifischen Ozean stieß. Nun ist auch China eine kapitalistische Großmacht und an seine kapitalistischen Grenzen gestoßen. Nun rollt die globale kapitalistische Krise in umgekehrter Richtung über den Globus wie ein Tsunami.

In einer solchen Situation erwarte ich eigentlich Massenproteste und Unruhen. Hier blieb es ruhig, während die Unruhen rund um den Globus stattfanden, die Arabellion, Chile, Hongkong, Haiti, Sudan, die Flamme der Rebellion loderte.

Einige sagen immer, in Deutschland könnte es nie passieren, doch das halte ich für Unsinn. Das hat mit fehlenden Phantasie der Linken zu tun. Die Herrschende Klasse befaßt sich schon länger mit dieser Möglichkeit, bewaffnet sich bis an die Zähne und kackt sich ein. Ein Ausnahmezustand, ein Krieg, ein äußerer Feind, das wäre ein möglicher Ausweg. Ein Aushebeln demokratischer Rechte, Massenenteignungen durch eine Inflation.

Geplante Obsoleszenz galt bisher für Produkte, die man kaufen und kurze Zeit später wegschmeißen sollte. Nun zerkloppt man ganze Städte und Gesellschaften. Dann kann man wieder aufbauen, Wirtschaftswachstum, Wirtschaftswunder, blablabla.

Soweit meine unausgegorenen Gedanken zum Thema.

BGS

Auch mir persönlich ist schon lange klar, dass der Wahn dieses Glaubens an ein "ewiges Wachstum" niemals zielführend war, und  dass -wie schon geschehen- die Zerstörung ganzer Länder und Gesellschaften durch Krieg sich wiederholen wird um die Umverteilung auf die Spitze zu treiben.

Und die gesamte Menschheit hat durch selbstverursachte Probleme wie Erderwärmung, Artensterben. Landgrabbing, Zerstörung des Planeten bzw. dessen Ökosysteme, Corona u.s.w. mit jedem Tag düsterere Aussichten, was ihr Ueberleben betrifft. Da hilft auch ein Ausnahmezustand nicht, im Gegenteil. Solcher würde für uns Ausgebeutete nur weitere Verschlechterungen in irrem Tempo mit sich führen.

Es ist auch kein Trost, dass auch der Kapitalismus auf einem komplett ruinierten Planeten vorbei sein wird.

MfG

BGS

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Kuddel

Es ist ziemlich absurd.

Es gibt kein einfaches "weiter so". Die Verhältnisse laufen Amok. Kapitalistische Krisen und internationaler Konkurrenzkampf führen zu Krieg. Der Krieg ist bereits außer Rand und Band und wird weiter befeuert.

Wenn man sich die Nachrichten über Extremwetter, Waldbrände etc. antut, kann man eigentlich nur zu dem Schluß kommen, daß unsere Lebensgrundlagen gerade den Bach runtergehen und der Point of no ruturn schon längst überschritten ist.

Massenverarmung in den reichen Ländern, Hungerkatastrophen in den ärmeren Zonen der Welt. Abschottung gegen Migranten, Aufrüstung gegen die Armen.

Vieles habe ich befürchtet oder geahnt, aber die Geschwindigkeit, mit der uns diese Entwicklungen überrollen, überrascht mich doch.

Die relative Ruhe in der Bevölkerung ist beklemmend.

Tiefrot

Ich sehe die Reaktion auf diese Zeiten mehr darin,
das die Leute nur noch wenige bzw. keine Kinder mehr kriegen (wollen).
Und viele Eltern fragen sich auch, ob es so eine gute Idee war,
Kinder in diese Welt zu setzen...

Mal so als spontaner Gedankengang
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counselor

Wir haben heute in der Mittagspause unter Kollegen über die aktuelle politische Lage diskutiert. Es herrschte große Ernüchterung über SPD und Grüne vor. Die Kollegen kommen sich verarscht vor, wenn die Regierung Milliarden für die Bewaffnung der Ukraine zum Fenster hinauswirft, aber für sie und die anderen Armen kein Geld da ist. Ein anderer Kollege und ich haben den Kollegen gesagt, dass sie, wenn sie von denen da oben gehört werden wollen, demonstrieren gehen müssen. Das (demonstrieren gehen) war wie böhmische Dörfer für die Kollegen. Es kamen haufenweise Gründe, warum sie nicht demonstrieren gehen wollen.

Ich denke, viele Leute müssen erst verstehen, dass sie demonstrieren gehen müssen, um gehört zu werden und dass sie erst lernen müssen, zu kämpfen.
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

Kuddel

Ich komme immer wieder zu der gleichen Frage zurück.
Warum lassen die Menschen sich das alles gefallen?
Warum ist es noch so ruhig?

Es knallt zwar rund um den Globus, aber in Europa ist es noch weitgehend ruhig.
In den USA bringen sich die Leute gegenseitig um oder machen sich weg mit Drogen.
In Frankreich hätte ich schon längst Massenproteste erwartet, doch bisher sind sie eher überschaubar.
Und was ist, wenn es hier trotz Massenverarmung, Kriegstreiberei und anrollender Klimakatastrophe keinen heißen Herbst gibt, keine Massenproteste, keine Aufstände?

Ich frage mich, wie man aus dem individuellen Abkacken rauskommt. Man hält es alles nicht mehr aus, schleppt sich aber weiter. Vielleicht betäubt man sich, läßt sich krankschreiben oder geht in die Psychiatrie. Oder man bringt sich um. Alles endet stets bei der eigenen Person und nie bei den Zuständen, die sie auslösen.

Ich frage mich, wieso nicht Leute, denen alles und auch ihr Leben egal ist, nicht mal richtig ausflippen und zumindest versuchen, dabei zurückzuschlagen, Rache zu nehmen.

Egal ob Amazon oder ein Callcenter, Leute fangen da an, nicht um sich zu verwirklichen, sondern um ihre Brötchen zu verdienen. Sie wollen das meist nur für eine begrenzte Zeit machen, für einige Monate... Doch vor Ort halten sie die Zustände nicht aus, gehen bereits nach wenigen Wochen oder Tagen. Warum gibts da nicht mehr Amokläufe, nicht gegen die Kollegen, sondern gegen die Einrichtungen? Warum werden sie nicht massenhaft sabottiert oder niedergebrannt?

Solche Gedanken mache ich mir, ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Ich habe oft das Gefühl, daß die üblichen politischen Konzepte nicht taugen für eine Mobilisierung und angemessene Kämpfe.

In Tunesien war es die Selbstverbrennung eines Gemüsehändlers, die schließlich einen Volksaufstand ausgelöst hat. Das ist kein Vorschlag, kein Konzept. Es zeigt nur meine Ratlosigkeit.


Strombolli

Also ich habe gelernt, dass es erst wenn sich die "Lage" ins Unerträgliche steigert eine "revolutionäre Situation" entstehen kann.
Dann braucht es jemanden, der die Sache lenkt und einen verwirklichbaren "Plan" hat. Eine große Gefolgschaft, die dessen Ziel zu ihren eigenen macht. - All das ist heute nicht wirklich vorhanden. Solange alle noch einigermaßen über die Runden kommen, sich in Scheinwelten flüchten können und Angst haben, hinterher wird es noch schlechter (und die Zeit nach einer ... Umstellung/Wende wird mit Sicherheit kein Zuckerschlecken!), solange wartet man auf die "Bahnsteigkarte" (falls das noch jemand versteht).
Das Systemmotto: "Gib mir Dein Geld! - Jetzt, Du dreckiges Opfer !!!! - Und habe immer ANGST VOR DEM MORGEN !!!"

"Hört auf, Profite über Menschen zu stellen!" Occupy
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Kuddel

Zitat von: Strombolli am 03:04:38 Mo. 15.August 2022
Also ich habe gelernt, dass es erst wenn sich die "Lage" ins Unerträgliche steigert eine "revolutionäre Situation" entstehen kann.

Das ist die "Verelendungstherie", die ich nicht für richtig halte.
Es ist zwar richtig, daß der Kapitalismus zur Verarmung immer größerer Teile der Bevölkerung führt und daß sozialer Druck und Elend die Wahrscheinlichkeit von Unruhen erhöht, doch ich sehe den Automatismus zur Revolte und Revolution nicht.

Gerade unter den Verirrten und Vewirrten, wie AfD Wählern, höre ich dieses Argument ständig: "Uns geht es wohl noch viel zu gut!"

Viele AfD Wähler sind auch nur einfache Menschen, die sich wünschen, daß "es knallt" und die Herrschenden endlich auf die Fresse kriegen. Sie trauen sich aber nicht, slch selbst gegen die Zustände zu wehren, sie wollen, daß eine starke Partei, am Besten ein Führer gegen "die Eliten" vorgeht und ein Volksgerichtshof die große Abrechnung vornimmt.

Ich halte auch das Warten von Linken auf eine weitere Verelendung der Menschen für völlig daneben.

In den 60ern gab es eben nicht nur Studentenproteste, sondern eine weltweite Rebellion gegen die herrschenden Verhältnisse, die nicht von Hunger und Elend angetrieben war. Sie wurde befeuert von dem Wunsch, die ungerechten Verhältnisse zu überwinden, Vietnamkrieg, Kolonialismus und Ausbeutung zu beenden. In Deutschland kam es zu massiven Wilden Streiks (meist von migrantischen Arbeiter:innen) und einige begannen einen bewaffneten Kampf aufzunehmen.

Es gibt auch immer wieder Beispiele dafür, wie Menschen in Hunger und Elend gestürzt werden, sich aber nicht wehrten, sondern einfach nur litten und verhungerten.

Deshalb will ich nichts von diesem "Es geht uns noch viel zu gut!" hören!

Es ist ein blödes sich-Zurückziehen auf Abwarten und Nichtstun in der Hoffnung, daß "es" irgendwann kanllt.

Ich glaube daran, daß WIR gefordert sind. Daß WIR uns Gedanken darüber machen müssen, was zu der Passivität der Menschen führt und zu ihrer Selbstunterwerfung unter die herrschenden Verhältnisse und ihre Ideologie.

WIR müssen sehen, wo man diese Mechanismen durchbrechen kann. Änderungen gehen immer von Minderheiten aus. Es geht nicht allein darum, Recht zu haben, man muß sich auch bewegen, aktiv handeln. Aktionen müssen inspirierend, mitreißend sein. Erst wenn kollektiv etwas in Bewegung kommt, entsteht ein Klima, in dem man sich andere gesellschaftliche Verhältnisse, eine andere Welt, vorstellen kann.

counselor

Dazu sollte man sich auch vor Augen führen, dass eine langsame Verarmung, wie wir sie in den letzten Jahren erlebt haben, die Menschen lethargisch macht. Dazu kommt noch, dass die Mittelschicht verbürgerlicht ist (hat Haus/Eigentumswohnung und Autole und fährt zweimal im Jahr in den Urlaub und denkt und handelt daher wie ein Eigentümer) und für linke oder gar sozialistische Ideen nicht mobilisierbar ist. Zudem sind gerade bei den ärmeren Schichten sozialistische Ideen diskreditiert.

Außerdem sind die Menschen es nicht gewohnt, dass sie demonstrieren müssen, wenn sie sich politisches Gehör verschaffen wollen. Das ist ihnen fremd. Sie sind demobilisiert.

Bleibt nur zu hoffen, dass im Herbst eine breite Massenbewegung gegen die Preistreiberei und den Ukrainekrieg entsteht.
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

Strombolli

Viel Wahres als Reaktion. Prima. - ABER: Das AFD "Argument ständig: "Uns geht es wohl noch viel zu gut!" übernehme ich nicht!
Gab mal eine Sendung zum Kempowski Roman vor vielen Jahren im TV "Uns geht's ja noch gold". Eine totale Reibefläche für mich, denn nichts anderes als biedere (Klein-)Bürgerlichkeit als Ideal wird rübergebracht. Genau das haben die Westdeutschen und mittlerweile auch Ostdeutschen verinnerlicht. Genau, wie ihr es beschrieben habt. Deshalb bin ich ja auch der Meinung, dass es zu Unruhen kommt, wenn genau diese Spieß...äh, Kleinbürger ihrer Wohlfühlzone beraubt werden. Ob das Pendel dann zu den Nazis oder den Linken ausschlägt... Ich befürchte, aufgrund der überschaubaren Intelligenz des Volkes, es geht nach rechts. Das wäre fatal. - Mit 64 habe ich längst die Menschheit aufgegeben. Zuviele Milliarden leben in Verhältnissen mit wenig Bildung und verkaufen ihre Arbeitskraft zum krassen Überleben. Wer soll also bitte eine "Weltrevolution" führen, beginnen oder gar gewinnen? Friedlich noch dazu? Das wird nicht klappen. Also wird es jahrelangen Mord und Totschlag geben, weltweit um die raren Ressourcen. Getrieben vom Wachstumswahn des Kapitals, wie wir gerade in der Unkraine sehen. - Meine überaus negative und fatalistische Aussage (die ich aber ablehne zu diskutieren): Mögen sie den Knopf drücken. Direkt oder indirekt. Egal von welcher Seite. Die Menschheit hat durch ihren gegenwärtigen Status bewiesen, dass sie nicht willens und fähig ist die nächste Evolutionsstufe zu erreichen. Sie hat es in mehrfacher, komplexer Hinsicht nicht verdient zu überleben.

Wenn jetzt der eine oder andere auf mich einschlagen will. Es ist meine Meinung. Keiner braucht sie teilen oder gar gut finden.
Der enorme Vorteil mit 64 ist: Ich halte es mit Udo Lindenberg - Mach dein Ding oder Udo Jürgens - Gegen den Wind, sowie besonders mit den ärzten - lass sie red'n

In diesem Sinne: Es wäre schön, wenn die Menschen die Kurve zum Positiven kriegen, statt sich in geistiger Umnachtung auf welche Art auch immer dem Kapital zu ergeben, so wie eh und je. Sehr schade um das Wunder des Lebens auf der Erde. Aber wer zu blöd ist, seine Fesseln zu sprengen...
Das Systemmotto: "Gib mir Dein Geld! - Jetzt, Du dreckiges Opfer !!!! - Und habe immer ANGST VOR DEM MORGEN !!!"

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counselor

ZitatDie Menschheit hat durch ihren gegenwärtigen Status bewiesen, dass sie nicht willens und fähig ist die nächste Evolutionsstufe zu erreichen

Es stellt sich die Frage, ob die Menschheit ein Fehler der Evolution ist bzw. wozu die Menschheit überhaupt nütze ist, wenn sie nur brutale Herrschaftssysteme wie den Kapitalismus schafft und sich mit Vehemenz gegen den Übergang in eine von Ausbeutung und Unterdrückung befreite Gesellschaft sperrt.

In Deutschland wird zur Zeit ja nicht einmal mehr für Reformen, die das Leben erleichtern würden, gekämpft.

Meine Prognose ist betreffend der Menschheit daher auch eher pessimistisch. Der Kapitalismus wird die Menschheit durch Kriege und Klimakatastrophe in den nächsten hundert Jahren vernichten (daher muss auch jeder, der den Kapitalismus stabilisiert, mit meiner tiefsten Verachtung rechnen).

Zur Zeit habe ich wenig Hoffnung, dass die Menschen das Ruder noch herumreissen und eine höhere Gesellschaftsform erkämpfen.
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

BGS

Die "überschaubare Intelligenz des Volkes" trifft den Nagel auf den Kopf. Dazu haben die Ausbeuter sich so gut wie alle Ressourcen unter den Nagel gerissen.

Die Menschheit scheint endgültig verspielt zu haben.

MfG aus dem Norden

BGS

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Onkel Tom

Zitat von: Strombolli am 00:50:03 Di. 16.August 2022
...
Deshalb bin ich ja auch der Meinung, dass es zu Unruhen kommt, wenn genau diese Spieß...äh, Kleinbürger ihrer Wohlfühlzone beraubt werden. Ob das Pendel dann zu den Nazis oder den Linken ausschlägt... Ich befürchte, aufgrund der überschaubaren Intelligenz des Volkes, es geht nach rechts. Das wäre fatal. - Mit 64 habe ich längst die Menschheit aufgegeben. Zuviele Milliarden leben in Verhältnissen mit wenig Bildung und verkaufen ihre Arbeitskraft zum krassen Überleben. Wer soll also bitte eine "Weltrevolution" führen, beginnen oder gar gewinnen? Friedlich noch dazu? Das wird nicht klappen. Also wird es jahrelangen Mord und Totschlag geben, weltweit um die raren Ressourcen. Getrieben vom Wachstumswahn des Kapitals, wie wir gerade in der Unkraine sehen.
...

Hmm.. gut und verständlich beleuchtet  :)

Zitat
...
In diesem Sinne: Es wäre schön, wenn die Menschen die Kurve zum Positiven kriegen, statt sich in geistiger Umnachtung auf welche Art auch immer dem Kapital zu ergeben, so wie eh und je. Sehr schade um das Wunder des Lebens auf der Erde. Aber wer zu blöd ist, seine Fesseln zu sprengen...

Ja, das finde ich auch cool, wenn die Menschen noch die Kurve zum Positiven gekratzt
bekommen. Ich glaube mittlerweile, das in vielen Köpfen der Gedanke schwirrt " In dem
System in dem ich lebe komme ich nicht mehr klar aber wie könnte ich das ändern, ohne
in die Rolle eines Martyrium zu geraten ?
Mensch will ja nach der "Reform", die bekömmlicher sein soll, auch noch mit genießen..

Das der Kapitalismus, so wie wir ihn erleben und für immer mehr Menschen so ungenießbar
wird, sich in einer Wirtschaftsdiktatur zu entdecken, überwunden werden muss, empfinde
ich wie das Amen in der Kirche.

Alternativen, wie es anders laufen könnte gibt es ja schon und das Rad wurde ja schon
erfunden. Der Sozialismus bietet sich dazu ja gerade an, wenn es um den Wunsch nach
gerechtere Verteilung von Gütern bis hin zur Macht geht.

Doch das hat meines Erachten leider einen Harken, der dem Sozialismus seine Chanchen
verwehrt. Nicht sofort aber dann, wenn der Punkt (Teilerfolg) bearbeitet werden muss,
wer wuppt was und wie ?

Daher in K-Kreisen eine "Einheitspartei" bevorzugt wird, befürchte ich, das die
"betörende Droge Macht" der gewollten Humanität und längerfristigen Etablierung
sozialistischer Politformen, einen Strich durch die "dem Volke gut gemeinter Rechnung"
macht. Ist in der Vergangenheit schon zu oft passiert, was zudem abschreckt, es erneut
zu versuchen, nicht mehr Bonzendiktiert leben zu müssen.

Es knallt in D nicht nur deswegen nicht, weil sich nur wenige trauen, den ersten Stein
des "revolotionären Anstoß" zu werfen, weil gern von der Gegenseite als zu bestrafendes
Redelsführertum klassifiziert wird.

Die Bereifung des Rades Sozialismus ist ein wenig abgefahren, das Außenstehende ein
scheinbares Problem damit haben sich mit dem Profil sozialistischer Struktur und
Umsetzungen an zu freunden.

Von daher denke ich, das es doch mal ganz gut wäre darüber zu tüffteln, wie eine
Neubereifung des Rades ausehen könnte, die auch Zustimmung der Mehrheit der
Bevölkerung gewinnt.

Ganz ohne demokratischer Anteile, gedeiht meines Erachten auch kein Sozialismus, der
überzeugend kapitalistische Vorgehensweisen verdammt.

Mein Gedankenansatz hat sich in Heimerziehung (Zwangsgemeinschaft), in der
Hausbesetzerscene (selbstbestimmter Basisdemokratie) entwickelt und lenze richtung
Syndikalismus und der "Solidarisch-Scene" solange Sozialismus-Fans an teils verknöcherten
historischen Vorempfehlungen fest halten a la das ginge nicht anders.

Vor ein paar Tagen habe ich in der Glotze bei Bericht aus Berlin den neuen Vorsitzenden
der Linkspartei rein gezogen und seine Kritiken fand ich sehr gut und er hatte sogar
sinngemäß von "Wir sollten uns mal über einen demokratischen Sozialismus Gedanken machen."
gesprochen.

Oops.. War der Gute auch mal hier unterwegst ?.

Naja, endlich tut sich da mal was, dem Rad Sozialismus neue Schlappen aufziehen zu können.

Körperliche Gewalt, die bei Teilerfolgen droht, blende ich mit " Das ist das Risiko des Reformers
und wenn es einem erwischt, vorab als unglücklich eingetretenes Schicksal akzeptiert zu haben.
(beschissender Zufall ins Märtyrertum stillgelegt zu werden, obwohl der Kosmos kein "Zufall"
kennt)

"Demokratischer Sozialismus" klingt utopisch aber verführerisch, dessen Bereifung zu erfinden.

Denn eins ist klar, das eine Politform nur dann eine Chance hat, wenn die Bevölkerung dahinter
steht.

Das könnte die gegenwärtigen Verhältnisse ablösen, die reichen Bonzen entmachten, Betongold-
Fetischisten enteignen und Politiker_innen in eine Richtung dirigieren, strickt den Wohle des Volkes
dienlich zu sein, statt kurrumpierten Lobbyisten zu folgen.

Der Spruch am Berliner Reichstag könnte anbei mehr Glaubwürdigkeit gewinnen.. Yupp  ;)
Lass Dich nicht verhartzen !

Strombolli

Danke für die Antworten. - Ich bin eben doch nicht allein, aber eben Angehöriger einer Minderheit.
Mein Kumpel, lange Jahre Techniker/Roadie in meiner mobilen Disco, sagte mir gestern 2 Sachen:
(1) Zunächst marschieren in meiner Heimatstadt immer noch ca. 60 Leute jede Woche gegen die gegenwärtigen Zustände.
Mittlerweile auch ohne Polizeibegleitung. Leider aber unter maßgeblicher Regie der AfD. Einer dieser Protagonisten war früher
Mitglied der SPD.
(2) hier etwas OFF-TOPIC: Im Krankenhaus sprach er mit einem dort zu behandelnden Ukrainer. Der sagte ihm, dass die
Berichterstattung in den hiesigen Medien schlicht unrichtig ist. Es wird verzerrt berichtet und viel verschwiegen. So zum Beispiel,
dass in der Ukraine die Korruption Ausmaße erreicht hat, die alles Bekannte in den Schatten stellt. Die meisten vom Westen gelieferten Waffen landen nicht an der Front, sondern auf dem Waffen-Schwarzmarkt. Die ersten Schiffe mit "Getreide für Afrika"
beförderten Mais nach Westeuropa.

Ich sehe zwar und male oftmals düstere Farben, bin jedoch vom Grundsatz her ein Optimist. Also lasst uns weiter für eine bessere
Welt einstehen und kämpfen!
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Kuddel

Danke @Strombolli für deine Worte.
Mein Grundansatz in diesem "Es knallt nicht!"-Thread ist folgender: Es nervt mich, daß alle Welt davon träumt, daß es endlich knallen möge und es dann zu einer Art Gerechtigkeit kommt, indem mit dem herrschenden Pack abgerechnet wird, aber selbst nicht bereit ist, etwas dafür zu tun.

Wolf Biermann dichtete, bevor er vollständig verblödet ist:

Die hab ich satt (1966)

Die kalten Frauen, die mich streicheln
Die falschen Freunde, die mir schmeicheln
Die scharf sind auf die scharfen Sachen
Und selber in die Hosen machen
In dieser durchgerissnen Stadt
– die hab ich satt!

Und sagt mir mal: Wozu ist gut
Die ganze Bürokratenbrut?
Sie wälzt mit Eifer und Geschick
Dem Volke über das Genick
Der Weltgeschichte großes Rad
– die hab ich satt!

Was haben wir denn an denen verlorn:
An diesen deutschen Professorn
Die wirklich manches besser wüßten
Wenn sie nicht täglich fressen müßten
Beamte! Feige! Fett und platt!
– die hab ich satt!

Die Lehrer, die Rekrutenschinder
Sie brechen schon das Kreuz der Kinder
Sie pressen unter allen Fahnen
Die idealen Untertanen:
Gehorsam – fleißig – geistig matt
– die hab ich satt!

Die Dichter mit der feuchten Hand
Dichten zugrund das Vaterland
Das Ungereimte reimen sie
Die Wahrheitssucher leimen sie
Dies Pack ist käuflich und aalglatt
– die hab ich satt!

Der legendäre Kleine Mann
Der immer litt und nie gewann
Der sich gewöhnt an jeden Dreck
Kriegt er nur seinen Schweinespeck
Und träumt im Bett vom Attentat
– den hab ich satt


Und überhaupt ist ja zum Schrein
Der ganze deutsche Skatverein
Dies dreigeteilte deutsche Land
Und was ich da an Glück auch fand
Das steht auf einem andern Blatt
– ich hab es satt


Ich bin überzeugt davon, daß die Veränderungen in dieser Welt nicht von selbst passieren. Ich hasse diese Standardmeinung, daß "die Rechten" sowieso das Ruder übernehmen werden, der "deutsche Michel" ihnen sowieso nachrennt.

Diese Haltung ist für mich nichts anderes, als eine Rechtfertigung für die eigene Trägheit und Feigheit.

Die Faschos warten nicht darauf, daß ihnen die Macht in den Schoß fällt. Sie tun aktiv etwas dafür.

ZitatZunächst marschieren in meiner Heimatstadt immer noch ca. 60 Leute jede Woche gegen die gegenwärtigen Zustände. Mittlerweile auch ohne Polizeibegleitung. Leider aber unter maßgeblicher Regie der AfD.

Ene gesellschaftliche Veränderung erzielt man nicht mit einer Demo oder einem militanten Kampf. Es bedarf beharrlicher und auch freudloser Arbeit. Man muß bereit sein, Dinge zu tun, die nicht angesagt sind und auch Dinge, die scheitern können. Sowas, wie dieser regelmäßige AfD geführte Protest, ist eine Grundlage dafür, wenn den Herrschenden die Menschen davonlaufen, sie bei den Rechten landen.

Den Erfolg der Rechten sehe darin, daß die Linken zu doof sind, sich um die notwendige Vorarbeit für einen politischern Umsturz zu kümmern. Sie sind interessiert an gerade angesagten Trends und spanneder Action. Sie können nichts mit "kleinen Leuten" und dem gemeinen Proll anfangen. Doch wenn sie nicht in der Lage sind, die einfachen Leute zu verstehen, ihre Sorgen und Nöte zu kennen, ihnen bei der Selbstverteidigung und Durchsetzung ihrer Interessen zu helfen, bleiben sie politisch unbedeutend und wirkungslos.

Das Verbleiben in der linken Blase ist keine linke Politik.
Spielwiese, Selbstbefriedigung, egal.




counselor

ZitatEs bedarf beharrlicher und auch freudloser Arbeit

Richtig! Das ist ein Grund, warum ich die MLPD unterstütze. Die Genossen machen kontinuierliche Arbeit im Wohngebiet und am Betriebstor. Man diskutiert mit den Menschen über ihre Probleme. Die Partei nennt es "Kleinarbeit ". Ich finde das gut.
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

Strombolli

Zitat von: Kuddel am 09:55:16 Mi. 17.August 2022

Den Erfolg der Rechten sehe darin, daß die Linken zu doof sind, sich um die notwendige Vorarbeit für einen politischern Umsturz zu kümmern. Sie sind interessiert an gerade angesagten Trends und spanneder Action. Sie können nichts mit "kleinen Leuten" und dem gemeinen Proll anfangen. Doch wenn sie nicht in der Lage sind, die einfachen Leute zu verstehen, ihre Sorgen und Nöte zu kennen, ihnen bei der Selbstverteidigung und Durchsetzung ihrer Interessen zu helfen, bleiben sie politisch unbedeutend und wirkungslos.

Das Verbleiben in der linken Blase ist keine linke Politik.
...

Sehr richtig, das ist das Dilemma. Ich werde aber immer links bleiben, weil ich in den letzten 32 Jahren, die Grundsätze der "linken Lehre" am eigenen Leib spüren musste und sie bis heute bei anderen feststelle. Der Kapitalismus ist vom Grundsatz schlecht für die Menschheit. Es ist immer schwierig "die nächste Stufe der Evolution" zu erreichen. Im Kleinen, wie im Großen. - Das Perfide an der ganzen Sache ist doch auch, dass ich mit 64 und Krankheit nichts mehr reissen kann. Wer bin ich denn? Und die normal Nachwachsenden haben das was die Alten wissen noch nicht im Kopf. Meine Aufgabe kann es nur sein, in meinem Umfeld Wissen und Erfahrungen weiterzugeben.
Das Systemmotto: "Gib mir Dein Geld! - Jetzt, Du dreckiges Opfer !!!! - Und habe immer ANGST VOR DEM MORGEN !!!"

"Hört auf, Profite über Menschen zu stellen!" Occupy
Permanent angelogen & VERARSCHT IN DEUTSCHLAND! - Ich habe mit Dir fertig

Kuddel

Iran. Wer hätte das gedacht??

Islamofaschismus. Tristesse. Hoffnungslosigkeit. Eine der höchsten Raten an Heroinabhängigen weltweit.

Es war ein blödes Kopftuch, das nicht richtig saß und das Faß zum Überlaufen brachte. Jetzt ist der Geist aus der Flasche und es gibt eine revolutionäre Bewegung, die niemand hat kommen sehen. Eine feministische revolutionäre Bewegung.

Wir staunen. Wir müssen lernen, daß Aufstände und Revolutionen nie so laufen, wie Linke sie planen...

Kuddel

Es hat etwas quälend deprimierendes, daß die Welt einfach so läuft, wie sie läuft. Das gilt sogar für die "guten Zeiten", die nicht von Krise und Krieg überschattet sind.

Der Einzelne hat das Gefühl an diesem Lauf der Welt nichts ändern zu können, egal wieviel sie uns von "Demokratie" erzählen.

Vielleicht liegt da die Attraktivität der Trumps oder Mileis, die sich völlig offen nicht an die herrschenden Regeln halten, die erklärtermaßen gegen "Eliten", Medien und Status Quo antreten. Sie wollen die herrschenden Verhältnisse aufmischen.

Mich hat die quälende Ruhe und die scheinbare Allmacht der herrschenden Verhältnisse schon immer runtergezogen.

Jetzt knallt es überall, doch ich bin kein Stück glücklicher. Bei der globalen Unruhe versuchen die Herrschenden uns zuvor zu kommen. Es werden faschistische Aufmärsche organisiert und an diversen Fronten der Krieg erklärt. Es ist kein Umstürz von unten, sondern ein Politikwechsel von oben in Richtung Ausnahmezustand als Normalzustand, Kriegswirtschaft und Autoritärer Staat.

Es gelingt dabei, einen Teil der Ausgebeuteten mitzureißen auf dem Weg vom Regen in die Traufe.

Kuddel

Bin nur ich das, oder geht es anderen Leuten auch so?

Es ist nervig zu sehen, welch krasse Ungerechtigkeiten es gibt und es niemanden zu interessieren scheint. Die Mehrheit der Menschen scheint sich alles gefallen zu lassen. Meint man.

Die Einzelfälle sind schon schlimm, aber das wirklich Deprimierende ist dieser Dauerzustand, mit der die Gesellschaft, die auf Ungerechtigkeit aufgebaut ist, einfach weiterläuft und läuft und läuft und läuft.

In den 80er Jahren hatte ich das Gefühl, daß der Kapitalismus an seine Grenzen gekommen ist und "es knallt". Dabei war das "no future" Lebensgefühl allgegenwärtig. Ich sah schon die Möglichkeit, daß man dieses System überwinden und auf den Müllhaufen der Geschichte werfen kann, aber unter Reagan, Thatcher, Helmut Schmidt (dann Kohl) erschien ein Weltuntergangszenario wahrscheinlicher, ein Atomkrieg oder der ökologischer Kollaps waren vorstellbare Zukunftsperspektiven.

Seit dem dominierte das Lebensgefühl, der Lauf der Welt ist auf Autopilot programmiert und man kann Proteste und Kämpfe organisieren und all das wird ins System intergriert und es ändert unterm Strich nichts.

Das zieht runter und man hat keine Kraft für eine andere Welt zu kämpfen, die eh nicht kommen wird. Deshalb macht man sich nicht einmal Gedanken, wie eine andere Gesellschaft aussehen könnte.

Aber diese Vorstellung, daß alles ewig so weiterläuft, ist auch nicht zutreffend. Plötzlich gibt es Massenproteste, die niemand vorhergesehen hat. Sie zeigen, daß dieses System durchaus angreifbar ist. Doch wir haben keine Ahnung, was wir aus dieser Situation machen können.

Da waren die Massenproteste zu Corona und den Lockdowns. Da konnte die Linke nichts mit anfangen, deshalb haben Esospinner und Faschos diese Proteste unterwandert.

Die Protestwelle in Deutschland nach dem Tod von George Floyd kam aus dem Nichts und hatte eine enorme Dynamik, doch sie verschwand, wie sie gekommen ist.

Die Bauernproteste hatten wir auch nicht auf dem Zettel. Sie mögen politisch widersprüchlich und planlos erscheinen, doch sie sind in der Lage, die Angreifbarkeit unseres Alltags und dieses Systems sichtbar zu machen. Sie können den Laden zum Stillstand bringen. Die Bauern in Frankreich zeigen das noch deutlicher.

Und die aktuelle Welle an Protesten gegen Rechts hat doch auch niemand kommen sehen. Es finden sogar Demos in kleinen Käffern statt, wo noch nie demonstriert worden ist.

Wir haben mal wieder keine Ahnung, was wir damit anfangen können.

Wir werden daran erinnert, daß wir viel weniger Ahnung von gesellschaftlichen Entwicklungen haben, als wir glaubten.

counselor

Es ist ja nicht so, dass sich die Leute nicht für die Ungerechtigkeit interessieren. Viele Menschen sind von Armut betroffen, andere erleiden massive Reallohnverluste durch die hohe Inflation (vor allem durch steigende Mieten und Energiepreise). Viele Menschen verlieren das Vertrauen in die Regierung und die etablierten Parteien.

Dagegen richten sich die Tarifauseinandersetzungen (wie zZt der GDL), die Kämpfe der kleinbürgerlichen Zwischenschichten (Bauern, Apotheker, Ärzte etc). Noch werden die Konflikte von Gewerkschaften und Verbänden verhandelt. Wie aber der selbständige Hafenarbeiterstreik in Hamburg am Burchardkai zeigt, kann diesen Organisationen der Protest auch entgleiten und dann besteht die Möglichkeit einer regelrechten Offensive.
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

krapotke

Wut reimt sich zwar auf Mut, hat aber nicht viel damit zu tun. Wut sehen wir häufig. Wut ist dagegen, kriegt Schaum vor dem Mund und tritt auf der Stelle. Empört und wütend "Ganz Kiel hasst die AfD", "Ampel weg", "Coronadiktatur" etc. zu brüllen ist das eine.

Auch wenn Szenen der Proteste aus Frankreich mit ihrem offensiven Krawallcharakter das autonome Hausbesetzerherz eher ansprechen als die bürgerliche Traktorkorsos, rütteln diese mMn auch nicht wirklich an den Grundfesten der Gesellschaftsordnung

Ein positives Bild zu formen, dass Menschen den Mut gibt ihre Komfort und Wutzone zu verlassen und etwas zu wagen, sprich aus ihrem bisherigen Trott auszubrechen, ist das andere.

Die Gelbwesten in FRA fingen an zu protestieren, weil ihnen der Sprit zu teuer war, um zur Arbeit zu fahren. Sie sammelten mit Sicherheit wertvolle Erfahrungen der Solidarität und Selbstorganisation. Wurde aber z.B. die Frage gestellt, warum Wohnort und Arbeitsplatz weit entfernt liegen? Warum Mieten in den Städten zT unerschwinglich geworden sind? Warum ÖPNV nicht ausreichend an Vororte und Dörfer angeschlossen ist?
Hätte Macron einfach kostenlos Benzin verteilt, wäre der Gelbwestenprotest mMn schnell abgeflaut.

Am Ende der DDR riefen die Menschen "Wir sind das Volk". Das brachte sowohl die Wut auf das verkrustete Staatswesen zum Ausdruck, als auch den Willen und den Anspruch selbst zu gestalten. Dass dann viele Menschen in ihren Wünschen und Hoffnungen enttäuscht wurden, steht auf einem anderen Blatt.
,,Das habe ich getan" sagt mein Gedächtnis. "Das kann ich nicht getan haben" sagt mein Stolz und bleibt unerbittlich. Endlich gibt das Gedächtnis nach.        Friedrich Nietzsche

Hartzhetzer

Zitat von: counselor am 13:14:42 So. 28.Januar 2024Es ist ja nicht so, dass sich die Leute nicht für die Ungerechtigkeit interessieren. Viele Menschen sind von Armut betroffen, andere erleiden massive Reallohnverluste durch die hohe Inflation (vor allem durch steigende Mieten und Energiepreise). Viele Menschen verlieren das Vertrauen in die Regierung und die etablierten Parteien.
Sie haben aber meistens die falschen Erklärungen für die Ursachen der Ungerechtigkeiten. Dadurch verlieren sie zwar das Vertrauen in die etablierten Parteien und die Regierung aber nicht in das Prinzip irgendeine Partei zu wählen die dann eine Regierung stellt von der man regiert wird.
Egal wie hoch ihre Reallohnverluste sind und wie stark sie verarmen, Marktwirtschaft ist was ganz tolles solange richtig regiert wird. Eine Wirtschaftskrise wird immer in ein: "Da sind wir mal wieder von unmoralischen, Pflichtvergessen dummen Hunden, Ökospinnern und Volksverrätern falsch regiert wurden." übersetzt.
Die Nazis vollzogen auf ihre Weise, was die Sozialdemokratie sich immer erträumt hatte: eine »ordentliche Revolution«, in der alles ganz anders wird, damit alles so bleiben kann, wie es ist.

Zitat Schwarzbuch Kapitalismus Seite 278

Kuddel

Es ist eindeutig so, daß die Linke nicht in der Lage war, eine Vision, ein Ziel aufzuzeigen, an das man selbst glaubt und das attraktiv und mitreißend für andere ist.

Warum das den Rechten gelingt, kann ich nicht recht verstehen. Das Schwurbelmagazin "Demokratischer Widerstand" macht es mit einem komischen Querfront links-rechts Mischmasch. Es sieht weitgehend aus, wie eine linksalternative Vorstellungswelt aus den 70ern, eine Basisbewegung von Freak bis Wissenschaftler, die sich gegen "die da oben" wehrt. In linkem Vokabular verpackt steckt jedoch ein brauner Kern.

In den rechten Auftritten und Demos, gibt es das Versprechen von Rache. Den Gedemütigten Menschen macht man Hoffnung, daß es denen an den Kragen geht, die für den Zustand der Welt verantwortlich sind. Niemand macht sich nicht die Mühe zu erklären, wie politische und wirtschaftliche Strukturen und Zwänge aussehen, man pickt einfach ein paar Figuren raus, die an allem Schuld sind. Bill Gates, Drosten, Lauterbach, Habeck, Özdemir. Auf Plakten stecken sie in Sträflingskleidung. In der Phantasie stehen sie bereits vorm Volksgerichtshof oder ein Lynchmob macht diesem Spuk ein Ende. Dann sind wir wieder wer. Dann herrscht das Volk. Wir sind das Volk.

Das Gefühl der Ohnmacht wird ersetzt durch das Gefühl der Allmacht. Das ist attraktiv. Man will nicht weiter darüber nachdenken, denn dann würde diese Welt einstürzen. Ein alter oder neuer Faschismus wäre auch wieder nur ein Machtgewinn der Eliten (die sich im Einzelfall von den alten Eliten ein wenig unterscheiden) und die einfachen Leute bleiben entrechtet und geknechtet.

Die Frage nach attraktiven linken Alternativen, die für Bevölkerungmehrheit schmackhaft sein könnten, bleibt unbeantwortet.

Der Kapitalismus hat nun nicht nur Krisen, sondern auch Kriege hervorgebracht, die immer näher rücken und in einen Weltkrieg übergehen könnten. Aber die Krisen haben die Bevölkerung in Unruhe versetzt. Es kommt zu Massenprotesten. Selbst wenn sie oft von rechten Vorstellungen durchsetzt sind, zeigen sie eines: Es bleibt nicht so wie es ist.

Ich halte die bisweilen hirnverbrannte "die Ampel muß weg!"-Unruhe für positiver, als die Vorstellung, die herrschenden Verhältnisse seien unkaputtbar und würden sich niemals ändern.

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