Hannover 12.8.: Besuch aus der Ukraine

Begonnen von admin, 13:06:50 Mo. 04.August 2014

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admin

12. August
19.30 Uhr
im UJZ Korn,Kornstr. 28

Besuch aus der UKRAINE

insgesamt kommen 17 AktivistInnen aus unterschiedlichen Gruppen und Zusammenhängen im Alter von 16 bis 60 Jahren aus verschiedenen Regionen der ehemaligen Ukraine und geben uns die Gelegenheit zur
Information und Diskussion
über die Situation in der Ukraine


u. a.
- die Verfolgung von Linken und GewerkschafterInnen
- der Krieg im Osten der Ukraine
- das Massaker an AntifaschistInnen in Odessa am 2. Mai 2014

Rote Hilfe e.V. Ortsgruppe Hannover
www.rh-hannover.de.vu



,,Wir sind vor wenigen Tagen aus der ukrainischen Kriegszone raus gekommen. Wir haben im letzten halben Jahr nach dem Kiewer Rechtsputsch (22.02.) unter Beteiligung von Faschisten erfahren wie EU- und NATO-Erweiterung von unten aussieht. Wir wissen, dass unser Entsetzen über die massive Unterstützung der Kiewer Junta durch die BRD-Regierung, ihre Waffen, Manöverbeteiligung, ideologische Schützenhilfe, Schweigen zu Nazi-Verbrechen nicht ausreicht. Die rechte Machtergreifung in der ehemaligen Ukraine lief koordiniert mit einem massiven Rechtsruck erfolgreich auch in den bürgerlichen Medien. Wir wollen mit Euch verstehen: im Austausch miteinander Besser verstehen, um effektiv antifaschistische Bündnisse für die Zukunft zu schmieden. Mit wem werden wir Solidarität aufbauen gegen die rechten Übergriffe und Gewaltmodelle im Spätkapitalismus, hier und international? Wir brauchen Eure kritische Stimme, Euren Einspruch und Widerspruch, Eure Erfahrungen und Einschätzungen. Nur wenn wir auf gleicher Augenhöhe zusammenkommen, können wir im entscheidenden Augenblick zusammenhalten und den Krieg des Kapitals verhindern? denn der könnte dann auch für uns der letzte werden.

Wir kommen aus den zusammenbrechenden Lohnverhältnissen der ehemaligen Ukraine. E. Hat als Einzelhandelsverkäuferin gearbeitet ? Laden wurde geschlossen ohne Abfindung entlassen. V. hat als Druckereiarbeiter 30 Euro im Monat verdient und die Arbeit niedergelegt da nur noch Werbe- und Armeeaufträge abgearbeitet wurden.Die letzten 6 Monate unter der Kiewer Putschregierung mit Faschisten haben uns den Zusammenbruch unserer bisherigen Arbeitsgrundlage als GewerkschafterInnen und AktivistInnen aufgezwungen. Pünktlich zur Übernahme der Wirtschaftspolitik durch den IWF ist für unsere politische Arbeit nichts mehr so wie es war.

Wir sind insgesamt 17 AktivistInnen aus unterschiedlichen Gruppen und Zusammenhängen im Alter von 16 bis 60 Jahren mit zwei Kindern. Wir kommen aus verschiedenen Regionen der ehemaligen Ukraine. Damit kommen wir aus zwei sehr unterschiedlichen Gebieten: in einem wird der Alltag wird von der Kiewer Putschregierung im anderen vom antifaschistischen Aufstand geprägt. Ein dritter Teil der Gruppe hat einen Pass der russischen Föderation und ist in der Autonomen Republik Krim aktiv. Uns eint das Misstrauen gegen alle bürgerlichen Nationalismen und die Ablehnung der faschistischen Helfershelfer neoliberaler Politik.

Wir versuchen, uns trotz der enormen Schwierigkeiten um politische Gefangene zu kümmern. Wir arbeiten gegen politische Repression und den rechten Terror der Kiewer Junta. Unser Hauptaugenmerk liegt auf der Faschisierung des Alltags im Erweiterungsgebiet der EU-, NATO- und der IWF-Kontrollinteressen. Die Mehrheit unserer Reisegruppe kommt aus prinzipiell herrschaftskritischen, anarchistischen Zusammenhängen. Einige sind in Organisationen aktiv, die sich gezielt für Interessen der ArbeiterInnenklasse einsetzen. Wieder andere, z.B. eine Schülerin und ein Arzt in unserer Gruppe, treten in der Öffentlichkeit der ehemaligen Ukraine mit demokratischer Aufklärungsarbeit auf. Gemeinsames Ziel ist uns z.B. die Durchsetzung von Menschenrechten politischer Gefangener in allen drei Zonen. Einige von uns haben einen russischen Pass, andere einen ukrainischen. Wir arbeiten z.B. in ukrainischer Sprache zusammen an Brechttexten gegen Faschismus und Militarismus, weil darin die besten Übersetzungen geglückt sind. Es gibt keinen Sprachenstreit. Es gibt keinen Nationalitätenkonflikt. Die Trennung verläuft nicht zwischen uns, sondern zwischen oben und unten. Das Vordringen der rechten ukrainischen Privatarmeen, die Spekulationen mit Armeetreibstoff und Organen Getöteter werden von wenigen milliardenschweren Oligarchenfiguren in Szene gesetzt. Die ,,Nationalgarde", eigentlich eine Privatarmee, operiert für die Kiever Junta. In ihr sind schwedische, aber auch viele russische Faschisten angeheuert. Diese Formation operiert unter dem Namen NatsGvardia 'Azov' mit dem offiziellen Abzeichen der Wolfsangel der historischen Panzerdivision ,,SS das Reich"; sie untersteht dem Privatbank-Chef Kolomojskij, dem neuen Gouverneur von Dnepopetrovsk.

Hat die EU, die NATO und der IWF ihren Frieden mit der neuen Führungskaste in Ukraine geschlossen? Wie können wir diesen Frieden der Paläste stören und den wirklichen Frieden der Hütten durchsetzten? Ein Weg, den wir sehen, ist internationale Solidarität und ein pragmatischer Lernprozess zwischen antifaschistischen AktivistInnen. Wir sind interessiert, uns auszutauschen und voneinander zu lernen. Der Aufbau einer starken und Grenzen überschreitenden Bewegung gegen den neuen Krieg des Kapitals ist die Aufgabe, vor der wir stehen. Was tun gegen die Gefahr eines neuen Herrschaftsmodells in Europa, das uns gemeinsam ins Visier nimmt?"

Rudolf Rocker


rebelflori

Zitat von: Rudolf Rocker am 18:41:11 Do. 07.August 2014
Kommt noch jemand mit?

Bin dabei , aber wieß nicht ob ich bis zum ende bleibe. (Zweite Woche Umschulung) Schuldest mir eh ein Bier :evil: :evil:

Troll

Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

Rudolf Rocker

Jupp, läuft!
Bier geht auf mich! ;)

Berichten werd ich auch!

rebelflori

Eigentlich schulde ich dir noch eins , für die Niedersachenwahl (FDP Wette) aber egal. Alle haben gelesen das Rudi mir eins ausgeben will. :]
Hätte so ab 17.30 Zeit, lust noch mal für deine alte Heimat zu gucken?


Rudolf Rocker

Ich weiß noch nicht genau wann ich in H aufschlage! Müssen wir ´nen Tag vorher mal abcheckern!

rebelflori

Ok dann machen wir es ein Tag vorher, werde so 19 uhr on sein oder soll ich dir meine Nummer geben?
Lust ans Wasser? Ich glaube die Schildkröten Wanderzeit ist vorbei. Aber was die mit denn Schwarzen gemacht haben, das hat schon gegen das GG verstoßen. Die mussten alle nackt im Park stehen.

admin

Es handelt sich wohl um eine von der Roten Hilfe organisierte Rundreise. Gestern fand in Kiel eine Veranstaltung dieser Reihe statt. Ich war da.
War relativ gut besucht. Es gab Übersetzungsprobleme, an denen die Veranstaltung litt. Anfangs übersetzte eine der Ukrainerinnen das Gesagte auf Englisch, ein anderer übersetzte das wiederum auf Deutsch. Als dann der russische(?) Übersetzer auftauchte, erwies er sich als Niete. seine deutschen Übersetzungen wurden nicht verstanden, weil er stets zu leise sprach. Nach Beschwerden aus dem Publikum gings wieder zurück zum Englischumweg.

Wo ich schon bei der Kritik bin, muß ich einen weiteren Punkt anführen. Die Reisegruppe besteht aus Russen und Ukrainern. So wie ich es verstanden hab, tritt jeweils nur ein Teil der Gruppe bei den Veranstaltungen auf, damit die anderen sich dann erholen können. Die Russen sollen bei der nächsten dabei sein. Das finde ich alles andere als gelungen.

Ansonsten war die Veranstaltung gut. Sympathische und kenntnisreiche Gäste, Journalisten und Aktivisten. So manches war mir schon bekannt, vieles hörte ich zum ersten Mal. Kurz ein paar Stichworte, woran ich mich noch erinnere:

Hier reden alle immer von Putin. Putin ist nicht das Problem. Der Feind steht im eigenen Land.
USA und Rußland betreiben beide eine imperialistische Politik, die USA sind dabei aggressiver und weitaus mächtiger.
Das Aufkommen der Faschisten begann nicht erst mit dem Maidan Protest. Sie wurden seit der Unabhängigkeit immer stärker und sie wurden kaum verfolgt. Seit der Maidanamnestie wurden führende Faschisten, die auch wegen Mordes und Terrorismus verurteilte, freigelassen. Faschisten werden nicht mehr verfolgt, sie werden immer dreister, ihre Gewalt artet aus. Linke, Gewerkschafter, Antifas werden angegriffen, entführt, gefoltert, ermordet.
In faschistischen Brigaden kämpfen Rechtsradikale verschiedener Länder, auch aus Westeuropa, um sich so militärische Erfahrungen anzueignen.
Die Presse und Journalisten stehen massiv unter Druck, in der ersten Hälfte dieses Jahres sind bereits 7 Journalisten umgebracht worden.
Jeder, der nicht die Politik des neuen Regimes in Kiew unterstützt, läuft Gefahr wegen Seperatismus oder Terrorismus verfolgt zu werden. Dazu gehören auch linke Organisationen, die nichts mit Seperatismus oder Terrorismus zu tun haben und zu tun haben wollen.
Das gilt auch für einen großen Teil der Menschen in der Ostukraine. Das ist ein hochindustrialisiertes Gebiet und deren Wirtschaft beruht auf dem Export nach Rußland. Wenn ihnen die Brücke nach Rußland genommen wird, wird der Region die ökonomische Basis entzogen.
Die Bombardierung der einfachen Bevölkerung in der Ostukraine durch das Regime in Kiew läßt die Stimmung in der Region radikaler gegen Kiew werden. Das war vorher nicht so. Die Stimmung ist regional unterschiedlich, doch keine Region vertritt eine politische Richtung einheitlich. Es gibt die Gleichzeitigkeit von Wünschen nach einer Unabhängigkeit der Ukraine, mit oder ohne einer politischen Ausrichtung nach Rußland oder zur EU, der Wunsch einer Abspaltung von Regionen mit totaler Autonomie oder als föderaler Staat, oder mit dem völligen Anschluß an Rußland. Die Menschen und die Oligarchen vertreten jeweils auch höchst unterschiedliche Positionen.

Die Mobilisierung des Kiew Regimes wird äußerst brutal durchgezogen. Für Kriegsdienstverweigerung gibt's 5-7 Jahre Knast. Leute mit Geld kaufen sich unter der Hand frei. Da trotz der Einberufungsbefehle sich viele der Einberufung entziehen, werden junge Männer einfach gekidnappt und an die Front geschickt. Sogar am Strand werden Männer weggefangen und in die Kasernen gekarrt. Offiziell dauert der Pflichteinsatz nur 45 Tage, doch man läßt die Soldaten dann nicht mehr nachhaus. Sie verlieren dann ihre Jobs, wenn sie nicht zurückkommen. An der Front fehlt es an allem. Nicht nur Ausrüstung, Waffen und Munition, sondern auch an Nahrung. Deshalb nehmen sich Soldaten frei, um in den Dörfern zu betteln, wenn sie keine Lebensmittel von ihren Familien geschickt kriegen.

Es wurde dort noch viel mehr berichtet, doch das war erstmal das, was mir spontan wieder in den Sinn kam.

Bin gespannt, was Rudi Rocker zu berichten hat.

admin

Mir sind gerade noch ein paar Dinge eingefallen. Nach einer 3 stündigen Veranstaltung habe ich mich zu Beginn der Diskussion verdrückt.
Es wurden da gerade die Ukrainischen Gäste gefragt, was wir denn hier tun könnten, um ihnen den Rücken zu stärken.

Da war der erste Vorschlag, man sollte genau hinsehen, ob die Bundesregierung die Spannungen in der Ukraine verschärft und Waffen liefert oder sonstwie Öl in Feuer gießt. Dann gilt es die Stimme zu erheben und zu protestieren. Antimilitaristische Proteste sind sowieso sinnvoll.

Nur den folgenden Punkt kann ich nicht unterschreiben: Es wurde gefordert, die 1. Hand Informationen in "sozialen Netzwerken" zu verbreiten.
Sorry, mich nervt diese Hilflosigkeit und dieses Hinterhergerenne hinter Trends. Ich bin angewidert von dem ganzen Müll, der sich über Facebook und Twitter  und Co. verbreitet, und ein paar vernünftige Informationen zwischendurch, macht die Gesamtsituation auch nicht besser. Wenn man seine Kommunikationsmittel in die Hand einiger (amerikanischer oder sonstiger) Konzerne legt, sollte sich sich nicht wundern, wenn es die Kommunikationskanäle plötzlich nicht mehr gibt, wenn es mal hart auf hart kommt.

Die digitalen Kommunikationsmittel sind bestenfalls eine ERGÄNZUNG zur politischen Arbeit. Die Solidarität zu den Aktivisten aus der Ukraine und die besseren Infos gegen den herrschenden Medienapparat entwickeln sich deshalb, weil sie als politisch aktive Menschen nach Deutschland gekommen sind, um hier selbst davon zu berichten. Persönliche Kontakte und reale Treffen sind durch nichts zu ersetzen. Flugblätter und Plakate sind völlig unterschätzt.

Rudolf Rocker

Moin!
Ich werde heute oder morgen noch mal einen ausführlichen Bericht zu dem Treffen schreiben.
Aber soviel schon mal vorweg:
Der Saal war gerappelt voll!
Es bestand ein riesen Interesse und das Publikum könnte man tatsächlich als strömungsübergreifend bezeichnen. Von Anarchist*innen, Kommunist*innen über Gewerkschafter*innen bis zu VVN und Friedens- Inis war alles dabei!
Eine Nazitante wurde geoutet und rausgeschmissen! ;D

Mir ist dabei gestern erst so richtig klar geworden, das wir in dem Konflikt sehr oft nur die internationalen Verstrickungen und deren Auswirkungen im Fokus haben, dabei aber völlig die Frage vergessen, wie es den Genoss*innen in der Ukraine geht.
Wie leben sie mit der Bedrohung durch die Faschisten und wie mit den sozialen Folgen des Putsches? (Arbeitslosigkeit, Explodierende Preise für Lebensmittel und Energie, usw.)

Ich halte das für ungeheuer Wichtig, das diese Menschen nach Deutschland gekommen sind und hier über ihre Erfahrungen berichten. Das gibt dieser Geschichte irgendwie ein Gesicht und ich versuche mir selbst vorzustellen, wie es wäre, wenn plötzlich die NPD in der Regierung sitzt und die "freien Kameradschaften" die Nationalgarde stellen.

Zu den sozialen Netzwerken:
Das kam gestern auch zur Sprache und da meldete sich sofort jemand zu Wort und sagte: "Denkt, bitte dran das nicht jeder in den sozialen Netzwerken vernetzt ist oder sein will!"

Ich sehe das auch so: Das Internet ersetzt nicht das Gespräch von Mensch zu Mensch.


xyu

zur info:
auf indymedia finden sich folgende weitere termine:

Nürnberg, Do., 21.8. | 19 Uhr 30 | Im Roten Zentrum | Reichstraße 8, (Nähe Friedrich Ebert Platz)
https://linksunten.indymedia.org/de/node/120301

Berlin, Freitag, der 15.08.2014, 19 Uhr | Stadtteilladen Zielona Gora, Grünbergerstr. 73, Nähe Boxhagener Platz
https://linksunten.indymedia.org/de/node/120478

weitere termine finden sich unter: http://www.18maerz.de/web/ (in der linken zeile):

Magdeburg, 19.08.

Köln, 25.08.

Stuttgart, 26.08.

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