Heuschrecken an den Hauptstadt-Büfetts

Begonnen von Kater, 15:09:41 So. 05.Juni 2005

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Kater

ZitatHeuschrecken an den Hauptstadt-Büfetts
Veranstalter entwerfen Steckbrief für ungebetene Gäste
Daniela Vates

Auf Empfängen gibt es meistens leckere Sachen. Häppchen, Sushi, Hähnchenschenkel, Mousse au Chocolat. Und all das umsonst. Wenn man eingeladen ist. Und auch, wenn man nicht eingeladen ist, aber so tut, als wäre man. Einfach ist das nicht mit dem Einschmuggeln. Irgendwie muss man an eine Einladung herankommen, einen Presseausweis oder eine Ausrede parat haben. In Berlin gibt es ein paar Leute, die es da zur Meisterschaft gebracht haben. Die Veranstalter sind genervt. So genervt, dass jetzt unter ihnen eine Liste der ungebetenen Gäste kursiert. Zehn Männer sind darauf steckbriefartig beschrieben, zum Teil mit Fotos. Von einem Herrn T. etwa heißt es: "Gebückter Gang, Brille. Trägt stets blaues, neuerdings grünes Jackett." Er erscheine meistens mit Herrn S., "immer blauer Anzug", der sich als Phoenix-Redakteur ausgebe. Ein Herr V. ist da noch - "dunkelblond, sehr ungepflegt, Ohrring". Oder Herr R. - "immer schmuddelige Lederjacke". Es folgt ein weiterer Hinweis: "Sie erscheinen zumeist eine Stunde nach Beginn der Veranstaltung und immer rudelweise." Als Tarnung zum Einsatz kommen selbstgebastelte Presseausweise und Fotoapparate . Die Visitenkarten sind "gerade alle ausgeteilt" oder "heute im anderen Jackett".Ganz leicht müssen die Nicht-Geladenen zu erkennen sein, wenn sie den Einlasser erst überwunden haben: "Sie fallen durch hohen Alkoholkonsum und unprofessionelles Verhalten auf, indem sie sich auf Büfett und Alkoholausschank konzentrieren", steht in dem Papier. Anschaulicher formuliert es der Mitarbeiter einer Landesvertretung: "Die fallen wie die Heuschrecken über das Essen her und saufen sich die Hucke voll." Heuschrecken! Müntefering hilf! Ungerührt von den Anzugträgern um sie herum trinken sie das Bier aus der Flasche. Und nicht immer bleibt es beim stillen Schlucken. Der Sprecher eines Verbandes berichtet von "geradezu pathologischen Beiträgen" des Herrn W. bei einer Podiumsdiskussion. Und neulich bei einer Parfumvorstellung, so wird erzählt, da habe doch einer der Mitesser tatsächlich eine Reise gewonnen.Die Warnliste soll dem Treiben ein Ende bereiten. Klappt das nicht, werden künftig vielleicht die Büfetts ein wenig kleiner. Denn alles lassen sich die Partyhopper nicht vorsetzen, sagt ein Organisator: "Wenn es nur Brezeln gibt, rufen die sich an und warnen: Es lohnt sich nicht."
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/454568.html

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