Krank machen

Begonnen von Hägar14, 12:55:23 Do. 18.Juni 2015

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Hägar14

Hallo ich bin neu in diesen Forum und würde gern einige erfahrene Mitglieder um Hilfe bitten.
Ich habe einen Industrieberuf erlernt und arbeite seit etwa 14 Jahren für diverse ZAF und war in über 30 Firmen eingesetzt.
Mann hat mich schon so oft als Helfer eingesetzt das ich inzwischen kaum noch Chancen auf ein normales Beschäftigungsverhältnis habe.
Ich bin schon beinahe 40 Jahre alt und merke langsam wie meine geistige und körperliche Gesundheit unter diesen Verhältnissen leidet.
Nun bin ich aufgrund der vielen berechtigten Streiks zurzeit wieder einmal arbeitslos und die Arge gibt sich jetzt gerade wieder die größte
Mühe mich in die nächste ZAF zu bringen (inzwischen die 9), und ob es ein Werkvertrag ist denen egal.
Ich wollte auf diesen Weg meine Leidensgenossen in diesen Forum fragen wie man sich am besten Krankschreiben lassen kann um die
Arge dazu zu bringen mich endlich einmal umzuschulen für eine Chance auf eine halbwegs akzeptable Beschäftigung.
Ich war bisher kein Drückeberger und habe daher in diesen Punkt kaum Erfahrungen.
Ich danke euch für eure Tipps und Ratschläge.

Gruß Hägar 14

Kuddel

Ach, "Drückeberger" ist so ein abwertender Begriff. Man hat ja auch diejenigen damit bedacht, die sich nicht an der Front erschießen lassen wollen.
Ich würde niemanden als Drückeberger bezeichnen, dem seine Gesundheit mehr Wert ist, als ein mieser und erniedrigender Job.

Vielleicht hilft ja diese Rubrik weiter: http://www.chefduzen.de/index.php?board=83.0

Hägar14

Danke für die Reaktion auf meine Frage die ich vielleicht noch einmal genauer stellen sollte.
Ich brauche eine "Krankheit" die mir es ermöglicht keine Schicht mehr zu arbeiten.
Ich wurde bisher von den Ausbeutern sehr gerne dazu eingesetzt um in Hochzeiten der Aufträge Contischicht zu arbeiten, die
Übernahme wurde mir versprochen, bei einer Auftragsflaute wurde ich dann von einen Tag auf den anderen abgelöst, nach den
Motto  "der Mohr hat seine Schuldigkeit getan der Mohr kann gehen".

schwarzrot

Zitat von: Hägar14 am 12:55:23 Do. 18.Juni 2015
HNun bin ich aufgrund der vielen berechtigten Streiks zurzeit wieder einmal arbeitslos
Hört sich echt schräg an. Auch der andere kram, den kuddel schon kommentiert hat.
Zitat
Ich wollte auf diesen Weg meine Leidensgenossen in diesen Forum fragen wie man sich am besten Krankschreiben lassen kann um die
Arge dazu zu bringen mich endlich einmal umzuschulen für eine Chance auf eine halbwegs akzeptable Beschäftigung.
Normalerweise gibt es in jeder grösseren stadt gute ärzte, die merken, wenn du nicht mehr kannst. Da ist am sinnvollsten mit offenen karten zu spielen, dafür brauchst du keine *geheimgeheim* 'krankheit' (sic!), was immer das sein soll, ausser allgemeiner erschöpfungszustand oder ähnliches.
Was die ZAF betrifft, die suchen immer 'zuverlässige' arbeitnehmer. Sobald du das nicht (mehr) bist, suchen die sich andere idioten.
Musst du halt hinbekommen, nicht mehr als 'zuverlässig' zu gelten.
Das überlasse ich mal deiner fantasie, wie das geht.

Die hoffnung, es gäbe irgend ein *geheimgeheim* passwort und dann wäre alles gut, haben nur leute, für die die welt als solches, ein grosses mysterium ist.
"In der bürgerlichen Gesellschaft kriegen manche Gruppen dick in die Fresse. Damit aber nicht genug, man wirft ihnen auch noch vor, dass ihr Gesicht hässlich sei." aus: Mizu no Oto

Wieder aktuell: Bertolt Brecht

Hochseefischer

@Hägar14:

Wenn Du an einem Erschöpfungszustand (oder umgangssprachlich auch "Burnout" genannt) leidest oder drohst, in so einen Zustand zu kommen, dann empfehle ich den Gang zum Psychiater. Der könnte Dich aus dem Verkehr ziehen, erstmal durch Krankschreibung. Und so weit ich weiß, reagieren ZAF's allergisch auf AU-Bescheinigungen, die Kündigung durch die ZAF könnte bei längerer AU nicht lange auf sich warten.

Aber vielleicht willst Du ja gar nicht gekündigt werden, sondern dort weiter arbeiten, aber eben nicht im Rahmen dieser Contischichten (was immer das ist) bzw. von Schichten (wahrscheinlich meinst Du die Nachtschichten dabei)? Falls ja, könnte Dein Psychiater Dir ein Attest ausstellen, das besagt, dass Du aus gesundheitlichen Gründen z. B. nicht mehr nachts arbeiten kannst. Das legst Du dann der ZAF vor, und mal sehen, wie sie dann reagiert: entweder nehmen sie Dich aus den Nachtschichten raus, oder sie kündigen Dir.

Rudolf Rocker

ZitatFalls ja, könnte Dein Psychiater Dir ein Attest ausstellen, das besagt, dass Du aus gesundheitlichen Gründen z. B. nicht mehr nachts arbeiten kannst.
Kann sowas nicht ein ganz normaler Hausarzt attestieren?
Ich meine; bei Schlafstörungen muss ich doch nicht gleich zum Psychater gehen, oder?

Hochseefischer

Zitat von: Rudolf Rocker am 17:42:20 Sa. 20.Juni 2015
ZitatFalls ja, könnte Dein Psychiater Dir ein Attest ausstellen, das besagt, dass Du aus gesundheitlichen Gründen z. B. nicht mehr nachts arbeiten kannst.
Kann sowas nicht ein ganz normaler Hausarzt attestieren?
Ich meine; bei Schlafstörungen muss ich doch nicht gleich zum Psychater gehen, oder?

Ja, stimmt, Rudi. Wenn nur Schlafstörungen vorliegen, dann hast Du wahrscheinlich Recht.

Bei Erschöpfungssyndromen landet man aber wahrscheinlich irgendwann doch beim Psychiater. Eben weil die Erholung von insbesondere intensiv ausgeprägten Erschöpfungssyndromen mitunter Jahre dauern kann.

rebelflori

Zitat von: Rudolf Rocker am 17:42:20 Sa. 20.Juni 2015
ZitatFalls ja, könnte Dein Psychiater Dir ein Attest ausstellen, das besagt, dass Du aus gesundheitlichen Gründen z. B. nicht mehr nachts arbeiten kannst.
Kann sowas nicht ein ganz normaler Hausarzt attestieren?
Ich meine; bei Schlafstörungen muss ich doch nicht gleich zum Psychater gehen, oder?
Der verschreibt doch nur Schlaffmittel. Wenn musst du ihm deutlich machen, das er dir eine Einweisung in eine Tagesklinik für Burnout oder Physiologie für Burnout geben soll. Ich stehe nicht so auf Schlaffmittel, dann lieber Achtsamkeitsübungen.
;D ;D Mich würde es wundern, wenn man danach noch in der ZAF bist.

Rudolf Rocker

Ja, das gibt es!
Wenn Du den falschen Psychater erwischst, kann es passieren das Du zum pillenfressenden Zombie wirst.
Bei meiner Mutter ist das passiert!
Erst beim Wechsel des Psychaters ist aufgefallen, was die überhaupt für Hammerpräparate bekommen hat!

rebelflori

Da hast du recht, aber man muss auch keine Pillen nehmen, wenn man nicht will.
Mache geben halt nur Pillen, aber deswegen bin ich ja auch aus der einer Psychatrie gegangen.
Mit meiner jetztigen Versorgung, bin ich übrings sehr zufrieden Medizinische Hochschule. ;)

Ich wollte damit auch nur deutlich machen. Das man an denn Ursachen arbeiten sollte und sich nicht mit Pillen vollstopfen lassen sollte.



dagobert

Zitat von: Hochseefischer am 17:20:47 Sa. 20.Juni 2015
Contischichten (was immer das ist)
So ziemlich das übelste was es an Arbeitszeitmodellen gibt. Die normale Wechselschicht mit wöchentlichem Wechsel ist dagegen fast wie Urlaub.
Beispiel:
2 Tage Frühschicht, 2 Tage Spätschicht, 2 Tage Nachschicht, 3 oder 4  Tage frei, danach alles wieder vorn, Wochenenden und Feiertage sind voll mit eingeplant.
Gibt's auch in Varianten, z.B. als 6-Stunden-Schichten.

War vor langer Zeit hier im Forum auch schon mal Thema:
http://www.chefduzen.de/index.php?topic=15303.0
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

Hochseefischer

@dagobert; danke für die Info. Jetzt kann ich Hägar14 umso mehr verstehen.

Nee, auf solche Arbeitsbedingungen hätte ich keinen Bock. Zum Glück bzw. immerhin schließt mein sozialmedizinisches Gutachten der Deutschen Rentenversicherung die Ausübung von Arbeit in Nachtschichten aus.

Hochseefischer

Zitat von: Hägar14 am 12:55:23 Do. 18.Juni 2015
Ich wollte auf diesen Weg meine Leidensgenossen in diesen Forum fragen wie man sich am besten Krankschreiben lassen kann um die
Arge dazu zu bringen mich endlich einmal umzuschulen für eine Chance auf eine halbwegs akzeptable Beschäftigung.

Was Deine Frage bzgl. einer Umschulung betrifft, so möchte ich kurz meinen Weg dorthin beschreiben:

Vor ein paar Jahren wurde mir durch meinen letzten AG aufgrund von Überlastung auf der Arbeit in der Probezeit gekündigt. Danach Restanspruch ALG I verbraucht, danach ein paar Monate lang Krankengeld bezogen. Innerhalb des Krankengeldbezugs habe ich einen Antrag auf eine medizinische Reha (umgangssprachlich "Kur" genannt) bei der Deutschen Rentenversicherung gestellt.

Diesem Antrag wurde entsprochen, ich absolvierte die medizinische Reha in einer Reha-Klinik mit einer Dauer von 6 Wochen. Im Entlassungsbericht der Reha-Klinik steht drin, dass ich meinen zuletzt ausgeübten Job nur zwischen 3 bis unter 6 h pro Tag ausüben kann, und dass die Reha-Klinik die Prüfung der so genannten "Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben" empfiehlt.

Was sind die "Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben"? Das sind Leistungen der Deutschen Rentenversicherung, aber auch der Agentur für Arbeit, der Berufsgenossenschaften und der Jobcenter, um Leute, die ihren ehemaligen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben können, wieder in Arbeit zu bringen. Unter anderem in Form von Umschulungen. Vollwertige Umschulungen dauern 2 Jahre, sie entsprechen einer 3jährigen Ausbildung.

Ein wichtiger Paragraf in Bezug auf die "Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben" ist der § 33 SGB IX:

http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_9/__33.html

Bereits in der Reha-Klinik hatte ich damals einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gestellt. Dieser wurde von der Deutschen Rentenversicherung zunächst abgelehnt. Ich bin dagegen in Widerspruch gegangen. Danach wurde ich zu einem Gutachter geschickt. Nach insgesamt 8 Monaten nach Antragstellung bewilligte mir die Deutsche Rentenversicherung diese Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben "dem Grunde nach", was bedeutet, dass zu dem damaligen Zeitpunkt noch nicht klar war, welche Art von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ich erhalten werde. Nach mehreren Monaten Kampf meinerseits bewilligte mir die Deutsche Rentenversicherung (DRV) dann eine Umschulung. Diese habe ich angetreten, aber inzwischen aus gesundheitlichen Gründen wieder abgebrochen.

Hägar14, das alles erzähle ich Dir, weil ich Dir einen Weg aufzeigen will, wie Du an eine Umschulung kommen könntest.

Beachte bitte, dass es mehrere Träger gibt, die Umschulungen finanzieren:

- die DRV
- die Agentur für Arbeit (bei Bezug von ALG I)
- die Berufsgenossenschaften
- die Jobcenter (bei Bezug von ALG II)

Zu den Jobcentern ist zu sagen, dass sie nur in seltenen Fällen vollwertige, außerbetriebliche Umschulungen finanzieren. Das liegt daran, dass deren Budget für Weiterbildungen, Umschulungen usw. in den letzten Jahren von den Bundesregierungen der letzten Jahre erheblich zusammengestrichen worden ist.

Dein bester Ansprechpartner für die Bewilligung einer vollwertigen Umschulung wäre deswegen die DRV. Beachte aber bitte, dass man eine so genannte Wartezeit von mindestens 15 Jahren erfüllt haben muss, damit die DRV die "Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben" (LTA) überhaupt bewilligt. Du müsstest also mindestens 15 Jahre lang Rentenbeiträge gezahlt haben, damit Du rein versicherungstechnisch die Voraussetzungen erfüllt hättest, um die LTA bewilligt zu kriegen. Neben den versicherungstechnischen Voraussetzungen müsstest Du aber auch bescheinigt bekommen kriegen, dass Du Deinen zuletzt ausgeübten Job aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr bzw. nicht mehr in Vollzeit ausüben kannst.

Deswegen müsstest Du den Weg beschreiten, den ich beschritten habe (Antrag auf medizinische Reha, Durchführung der medizinischen Reha mit entsprechendem negativen Ergebnis über Einschränkungen, was die Ausübung Deines letzten Jobs betrifft, danach Antrag auf LTA und Bewilligung der LTA durch die DRV). Dieses ganze Prozedere dauerte, bis zur Bewilligung der LTA durch die DRV "dem Grunde nach", in meinem Fall ca. 1 Jahr.

Hägar14

Vielen Dank für die zahlreichen Antworten, besonders der Beitrag von Hochseefischer hilft mir weiter

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