BSG entscheidet gegen Tilgung von Mietkautionsdarlehen nach dem SGB II

Begonnen von dagobert, 23:38:20 Do. 09.Juli 2015

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

dagobert

Zitat9.7.2015: BSG entscheidet gegen Tilgung von Mietkautionsdarlehen nach dem SGB II durch Aufrechnung gegen den Regelbedarf

Seit nunmehr vier Jahren rechnen die Jobcenter die Tilgung von Mietkautionsdarlehen wieder gegen den Regelbedarf auf. Wenn Bezieher von Leistungen nach dem SGB II umziehen, führt das regelmäßig zu einer längerfristigen Unterdeckung des Bedarfes. Dieser Praxis ist das Bundessozialgericht (BSG) jetzt entgegengetreten und hat entschieden, dass das Jobcenter die Tilgungsraten für das Mietkautionsdarlehen nicht einbehalten durfte.
[...]
Auch wenn es sich lediglich um eine Kostenentscheidung handelt, die nur durch die drei Berufsrichterinnen und Berufsrichter ergeht, dürfte der 4. Senat des BSG damit klargestellt haben, dass die Tilgung von Mietkautionsdarlehen aus der Regelleistung auch nach neuem Recht weder gefordert, noch durch Aufrechnung erzwungen werden darf. Im noch anhängigen Verfahren B 4 AS 16/15 R wird die Frage erneut zu entscheiden sein. In diesem Verfahren ist dann eine ausführlichere Begründung zu erwarten, aus der wohl zu ersehen sein wird, wie die Zweifel daran, dass § 42a SGB II nach seinem Wortlaut so auszulegen ist, dass die Aufrechnung auch Mietkautionsdarlehen umfasst, rechtsdogmatisch zu begründen sind.
http://www.sozialrecht-rosenow.de/meldung/bsg-entscheidet-gegen-tilgung-von-mietkautionsdarlehen-nach-dem-sgb-ii-durch-aufrechnung-gegen-den-regelbedarf.html

Der BSG-Beschluss:

http://www.sozialrecht-rosenow.de/files/roland-rosenow/downloads/1436430395_E150285.pdf



Edit:
Links ausgetauscht, da die alten nicht mehr gefunzt haben.
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

schwarzrot

D.h. also hundertausendfacher rechtsbruch seit vier jahren.
Und dank der neuen SGBII-spezialgesetze bekommen die geschädigten der letzten 3 jahre, ihr vom JC abgepressents geld, nicht zurück.

'Job'center: Legal? Illegal, Scheissegal.  >:(
"In der bürgerlichen Gesellschaft kriegen manche Gruppen dick in die Fresse. Damit aber nicht genug, man wirft ihnen auch noch vor, dass ihr Gesicht hässlich sei." aus: Mizu no Oto

Wieder aktuell: Bertolt Brecht

dagobert

Quelle: Thome-Newsletter vom 02.08.15:

2. Zu meinem Aufruf vom letzten Newsletter offensiv gegen die Mietkautionsaufrechnung vorzugehen
=========================================================================
Also ich denke mittlerweile, mein Aufruf (im Newsletter 18/2015 unter Ziff. 1) offensiv gegen die Aufrechnung von Kautionsdarlehen vorzugehen war zu euphorisch, das BSG hat eben nicht eine grundsätzliche Entscheidung getroffen, sondern nur über die Kostenübernahme im Verfahren entschieden, weil das BSG nicht näher ausgeführte Zweifel an der Aufrechnung hat. Das heißt alles oder nichts. Ich denke daher, mein Aufruf war zu verfrüht (wäre schön wenn) und ich möchte daher zum jetzigen Zeitpunkt vom offensiven Vorgehen gegen weitere Mietkautionsaufrechnungen abraten.
Zu der Problematik hat mein Kollege Bernd Eckardt auch was geschrieben: http://www.sozialrecht-justament.de/aktuelle-beitraege-zum-sozialrecht-sgb-ii-sgb-xii/Kautionsdarlehen/
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

dagobert

Zitat4. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
4. 1 Sozialgericht Kassel, Beschluss v. 23.09.2015 - S 3 AS 174/15 ER - rechtskräftig

Normen: § 22 Abs. 6 SGB II, § 42a Abs. 2 Satz 1 SGB II - Schlagworte: Kautionsdarlehen, Aufrechnung mit 10% der Regelleistung - Aussetzung der Tilgung

SG Kassel entscheidet im Eilverfahren: Mietkautionsdarlehen nach § 22 Abs. 6 SGB II unterfallen nicht der Regelung des § 42a Abs. 2 Satz 1 SGB II. Die Aufrechnung von Kautionsdarlehen im SGB II – Leistungsbezug sind unzulässig.

Im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Juli 2014 (1 BvL 10/12) ist schon unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten der Ausschluss des Mietkautionsdarlehens nach § 22 Abs. 6 SGB II von der Tilgung durch Aufrechnung mit dem monatlichen Regelbedarf geboten.

Leitsatz ( Autor )
Die Anwendung des § 42a Abs. 2 S 1 SGB II ist nach dem Gebot einer verfassungskonformen Auslegung im Wege einer teleologischen Reduktion der Gestalt einzuschränken, dass er nicht auf Mietkautionsdarlehen anwendbar ist.
Quelle: Rechtsanwalt Sven Adam, Lange Geismarstraße 55, 37073 Göttingen: Anwaltskanzlei Sven Adam | Grundsicherung (SGB II & SGB XII) | Sozialgericht Kassel - Az.: S 3 AS 174/15 ER

Anmerkung: Zu der Rechtsfrage, Mietkautionsdarlehen- Tilgung durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 10 % des Regelbedarfs - Verfassungsmäßigkeit, sind derzeit beim BSG 3 Verfahren anhängig ( B 4 AS 11/14 R, B 4 AS 14/15 R und B 4 AS 24/15 R ).
Rechtstipp1: BSG-Hinweis in der Kostenentscheidung der Freiburger

Beschluss BSG vom 29.06.2015, B 4 AS 11/14 R

Der Senat hege "Zweifel [..], ob Mietkautionsdarlehen – jedenfalls bedingungslos – der Regelung des § 42a Abs. 2 S. 1 SGB II unterfallen".

S. dazu: 9.7.2015: BSG entscheidet gegen Tilgung von Mietkautionsdarlehen nach dem SGB II durch Aufrechnung gegen den Regelbedarf, ein Beitrag von RAe Fritz u. Kollegen, Sozialrecht in Freiburg:
http://srif.de/files/1436430395_E150285.pdf

Rechtstipp 2: Das BSG hat mit Urteil v. 25.06.2015 - B 14 AS 28/14 R entschieden, dass die Aufrechnungsregelung in § 42a Abs. 2 SGB II, unabhängig von der nicht entscheidungsrelevanten Frage, ob die Bestimmung überhaupt für Mietkautionsdarlehen gelte, zumindest auf Mietkautionsdarlehen, die vor dem Inkrafttreten des § 42a SGB II zum 01.04.2011 ausgezahlt wurden, nicht anwendbar sei. Hierfür sprächen der Wortlaut der Bestimmung, die Gesetzesmaterialien sowie verfassungsrechtliche Vorgaben.
Quelle:
Tacheles Rechtsprechungsticker KW 40/2015
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

dagobert

Zitat von: dagobert am 20:56:06 Mo. 05.Oktober 2015
Anmerkung: Zu der Rechtsfrage, Mietkautionsdarlehen- Tilgung durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 10 % des Regelbedarfs - Verfassungsmäßigkeit, sind derzeit beim BSG 3 Verfahren anhängig ( B 4 AS 11/14 R, B 4 AS 14/15 R und B 4 AS 24/15 R ).
Am 08.12.16 stehen beide im Zitat rot markierten Verfahren zur Verhandlung an, dann wird es in dieser Frage hoffentlich endlich Klarheit geben.
http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2016&nr=14439
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

mousekiller

Also heißt es jetzt abwarten und Tee trinken. Zumindest bis 08.12.
Wenn man keine Ahnung hat - einfach mal die Fresse halten.

dagobert

"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

dagobert

ZitatTerminbericht Nr. 47/16
[...]

1)     Nach einem Hinweis des Senats, dass dem angefochtenen Bescheid keine Regelung iSv § 31 SGB X zur Aufrechnung entnommen werden kann, hat der Kläger seine Berufung vor dem Termin zurückgenommen.

SG Köln                                     - S 33 AS 1916/14 -
LSG Nordrhein-Westfalen           - L 7 AS 1451/14 -
Bundessozialgericht                   - B 4 AS 24/15 R -


2)     Der Senat hat darauf hingewiesen, dass die Berufung nicht zulässig gewesen ist, weil der Berufungsstreitwert nicht erreicht wird. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit vor dem Termin für erledigt erklärt und beantragen, über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.

SG Berlin                                   - S 207 AS 24297/11 -
LSG Berlin-Brandenburg             - L 20 AS 261/13 -
Bundessozialgericht                   - B 4 AS 14/15 R -
http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2016&nr=14449
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

dagobert

"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

  • Chefduzen Spendenbutton