Soziale Proteste im arabischen Raum

Begonnen von Kuddel, 09:04:19 So. 06.September 2015

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

Kuddel

Über den arabischen Raum wird nur berichtet, wenn es um religiösen Wahn, Anschläge, Bürgerkrieg und Krieg geht.
Daß die Bevölkerung gleichzeitig für die Ermöglichung eines halbwegs erträglichen Alltags und für mehr Freiheit kämpft, wird jedoch kaum wahrgenommen.

Zitat Libanon
Libanesische Polizei räumt besetztes Umweltministerium

"Ihr stinkt": Wegen zu viel Müll auf den Straßen gibt es seit Wochen Proteste gegen Libanons Regierung. Die Demonstranten fordern den Rücktritt des Umweltministers.


In Beirut haben Polizisten das Umweltministerium gestürmt. Zuvor hatten Demonstranten das Gebäude besetzt, um gegen die Müllkrise im Land zu protestieren. Nachdem im Juli eine überquellende Deponie geschlossen wurde, türmt sich der Abfall in den Straßen. Seit Wochen demonstrieren Tausende dagegen.

Die Aktivisten nennen ihre Bewegung "Ihr stinkt. Gegen Mittag drangen einige von ihnen in das Umweltministerium ein und besetzten es. Sie fordern den Rücktritt von Umweltminister Mohammed Maschnuk und haben ihm ein Ultimatum bis Dienstagabend gestellt. Nach etwa sechs Stunden räumte die libanesische Polizei das Gebäude und vertrieb die Demonstranten. Dabei sollen die Einsatzkräfte gewalttätig geworden sein, berichten die Aktivisten auf ihrer Facebook-Seite.

Die Wut der Libanesen richtet sich gegen die gesamte politische Führung. Sie protestieren gegen Korruption und Misswirtschaft der Verwaltung. Zudem kritisieren sie die politische Blockade, die seit einem Jahr die Präsidenten-Wahl verhindert. Zur Lähmung der Politik trägt auch der Bürgerkrieg im Nachbarland Syrien bei. Mehr als 1,5 Million Syrer sind seit Ausbruch des Krieges in den Libanon geflüchtet. Sie machen inzwischen ein Viertel der Bevölkerung aus und gelten als billige Arbeitskräfte. Die Infrastruktur ist überlastet. Immer wieder kommt es zu Spannungen. Viele Libanesen fürchten, dass mit den syrischen Nachbarn der Terror des "Islamischen Staats" ins Land kommt.
http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-09/beirut-proteste-libanon-besetzung-umweltministerium-muell

ZitatTausende Iraker demonstrierten gegen Korruption



Bagdad – Tausende Iraker haben am Freitag in Bagdad gegen die Korruption und Ineffizienz der Verwaltung demonstriert. Bei ihrem Protestzug durch die irakische Hauptstadt schwenkten sie die irakische Flagge und riefen Parolen gegen die Korruption. Erstmals nahmen nach einem Aufruf des einflussreichen schiitischen Geistlichen Moktada al-Sadr auch dessen Anhänger an dem Protestmarsch teil.

Nach wochenlangen Protesten hatte Ministerpräsident Haider al-Abadi vor zwei Wochen ein Reformpaket zum Kampf gegen die Korruption und zur Verschlankung der Verwaltung vorgelegt, das vom Parlament einstimmig angenommen wurde. Ein Drittel der Kabinettsposten wurde gestrichen.

Am Freitag ordnete Al-Abadi an, Straßen in Bagdad und anderen Städten wieder zugänglich zu machen, die auf Geheiß einflussreicher Politiker für die Öffentlichkeit geschlossen worden waren. Außerdem verfügte er, dass Vermietungen und Verkäufe staatlicher Gebäude überprüft werden sollten. Unrechtmäßig erworbene Immobilien sollen demnach an den Staat zurückgegeben werden. Dies dürfte auch politischen Entscheidungsträgern missfallen, die auf dubiosen Wegen an Immobilien gelangt waren.
http://derstandard.at/2000021449543/Tausende-Iraker-demonstrierten-gegen-Korruption

Kuddel

ZitatMarokko: Proteste gegen hohe Wasser- und Stromkosten

In der marokkanischen Küstenstadt Tangier sind gestern Abend Hunderte Menschen gegen hohe Wasser- und Strompreise auf die Straße gegangen. ,,Schande, Schande, sie haben uns an den Kolonialismus verkauft", skandierten die Demonstranten in der Innenstadt.

Bereits in der vergangenen Woche hatten Tausende gegen die gestiegenen Rechnungen protestiert. Es war die größte Demonstration seit dem Höhepunkt der Demokratiebewegung 2011. Es ist in Marokko sehr selten, dass Menschen zu Protestkundgebungen auf die Straße gehen.

In Tangier wie auch im benachbarten Tetouan ist die Tochter Amendis des französischen Veolia-Konzerns seit 2002 für das Wasser-, Abwasser- und Stromgeschäft verantwortlich. Eine weitere Tochter ist unter anderem in der Hauptstadt Rabat dafür zuständig. Die marokkanische Regierung hat bereits angekündigt, die Rechnungen von Veolia zu überprüfen, und hat vor weiteren Protestkundgebungen gewarnt.
http://orf.at/stories/2308766/

ZitatProteste in Beirut: Warten auf eine Lösung der Müllkrise



In Beirut gehen die Menschen auf die Barrikaden, sie rufen ,,Weg mit der Regierung" und ,,Thaura" - Revolution. Einige treten in den Hungerstreik, andere werfen Steine. Die Polizei reagiert mit Tränengas und Verhaftungen. Die Regierung sieht sich dennoch nicht im Zugzwang.


Seit nunmehr drei Monaten protestieren die Libanes/innen gegen eine Müllentsorgungskrise und einen Gestank, der einfach nicht aufhören will. ,,You stink" heißt die Kampagne, die eine Gruppe junger Aktivist/innen im Libanon ins Leben gerufen hat. Sie richtet sich nicht allein gegen die bestialischen Gerüche des in den Straßen dahinvegetierenden Mülls, sondern auch gegen ein anrüchiges politisches System, das vor Korruption nur so strotzt.

Die Müllkrise ist ein Symptom der Regierungskrise, die das Land seit Jahren heimsucht. Seit im Juli 2015 endgültig der Vertrag für die längst überfüllte größte Mülldeponie ausgelaufen ist, kann man das Versagen der politischen Spitze nicht mehr übersehen.

Die Müllberge in den Straßen und der Gestank, der von ihnen ausgeht, reiben den Libanes/innen das Unvermögen der Regierung wortwörtlich unter die Nase: Die verschiedenen Fraktionen sind zerstritten, das Parlament verlängerte sich 2014 selbst die Amtszeit, und die im gleichen Jahr angesetzten Präsidentschaftswahlen fanden nicht statt, sondern wurden in den vergangenen 16 Monaten immer wieder vertagt, da man sich nicht auf einen Präsidenten einigen kann.

Der Innenminister macht Party in Griechenland

In dem Staat ohne Staatsoberhaupt wollen die Menschen also längst mehr als ein funktionierendes Abfallmanagement. Die Liste der Anklagen gegen die politische Elite ist lang: Da wäre zum einen der amtierende Umweltminister Akram Chehayeb, dessen einzige Idee zu sein scheint, die im Juli geschlossene Mülldeponie wieder zu öffnen. Sie war 1990 vorübergehend errichtet worden und sollte eigentlich nur bis 2004 genutzt werden. Dass hier gefährliche Schadstoffe und Gase in das Grundwasser einsickern – und schlicht und einfach auch kein Platz mehr ist –, muss selbst Chehayeb eingestehen. Dennoch erwägt er keine andere Lösung, als neue Deponien auszuweisen.

Zum anderen ist da der Innenminister Nouhad Machnouk, der Gewalt gegen die Demonstrant/innen als einziges Kommunikationsmittel mit dem Volk versteht. Um seine Glaubwürdigkeit ist es endgültig geschehen, seit er am 22. August 2015 aus seinem Urlaub anordnete, den Protesten in Beiruts Innenstadt mit Tränengas und Wasserwerfern beizukommen. Währenddessen strahlten die Fernsehsender ein Video aus, das ihn in leichtbekleideter Gesellschaft auf Strandparties in Mykonos zeigte. Machnouk hielt es offenbar nicht für nötig, seinen Trip zu unterbrechen.


Protestversammlung im Zentrum von Beirut. Urheber: Alisha Molter. All rights reserved.

Auf Demonstrant/innen gerichtete Gummigeschosse, das in der Luft Rumfeuern mit scharfer Munition, die hohen Zahlen an Verletzten und Verhafteten tragen dazu bei, dass mittlerweile Tausende Demonstrant/innen den Rücktritt des Innenministers fordern. Die Liste geht weiter: Nehmen wir den Ministerpräsidenten Tamaam Salam, der ,,weil es noch keinen guten Vorschlag" zur Lösung der Krise gäbe, die Kabinettssitzung erneut vertagen lässt.

Oder den Parlamentarier General Michel Aoun, der die Anti-Regierungs-Proteste nutzt, um sich als Alternative zu dem politischen Chaos zu inszenieren. Im Libanon muss das Staatsoberhaupt maronitischer Christ sein, und als Anführer der größten christlichen Partei, dem Free Patriotic Movement, sieht Aoun sich als den einzigen rechtmäßigen Präsidentschaftsanwärter an, der (wenn es nach ihm ginge) eigentlich nur noch vereidigt werden muss – wäre da nicht die Demokratie im Wege.

Aouns Sympathieverkündigungen mit den Protesten wirken umso absurder, wenn man seine Position bedenkt. Aoun, der selbst für das erneuerungsarme politische Establishment des Libanons bereits ein gesegnetes Alter erreicht hat und sich in einer Koalition mit der schiitischen Hisbollah befindet, ist ein Urgestein eben jener politischen Elite, gegen die die Demonstrant/innen wettern.

Politiker profitieren von aufgeschobenen Entscheidungen


Die Entscheidungs- und Handlungsunfähigkeit des ohnehin schon zerstrittenen Kabinetts tritt durch die aktuelle Krise besonders zutage und macht die Libanes/innen wütend. Denn die Auswirkungen auf die Umwelt sind immens und die Schadstoffe, die durch den in Flüsse und Wälder geschütteten Müll langsam ins Grundwasser einsickern, lassen sich nicht vertagen.

Im Libanon gründen sich daher ständig neue Bürger/innen-Kampagnen. "Akkar is not a Dump"- Akkar ist keine Müllkippe" ist eine davon. Die Bürger/innen der strukturschwachen Kommune Akkar im Norden des Landes haben sich gegen die Pläne des Umweltministers vereinigt, eine Mülldeponie vor ihrer Haustüre einzurichten. Sie alle wollen endlich eine nachhaltige Lösung der Müllkrise – und dass die Politiker/innen zur Rechenschaft gezogen werden.

Doch die halten zusammen. Man sollte meinen, es sei auch in ihrem Interesse, wenn eine Lösung gefunden wird. Es entsteht der Verdacht, dass die Verantwortlichen aus der aktuellen Müllkrise Profit ziehen. So wurde etwa der Vertrag zwischen der nationalen Müllentsorgungsfirma Sukleen und der Regierung nie öffentlich präsentiert, und es mangelt an Transparenz.

Bekannt ist lediglich, dass Sukleen dem Staat 160 US-Dollar pro Tonne in Rechnung stellt. Das ist das Dreifache dessen, was im internationalen Vergleich für die Müllentsorgung anfällt. Aktivist/innen vermuten, dass die Politiker durch spezielle Vertragsklauseln selbst von dem Umsatz des Unternehmens profitieren, denn obwohl das Geschäft mit dem Müll so lukrativ ist, ist augenfällig, dass Sukleen nie Mitbewerber zu fürchten hatte, weil keine andere Firma sich um den Auftrag bewirbt.

Nase zu und durch?

Wer jetzt denkt, dass die Libanes/innen sich beschweren, aber selbst ideenlos daneben stehen, irrt. Viele der aktiven Gruppen schlagen konkrete Lösungen vor oder legen selbst Hand an. Privatpersonen haben begonnen, ihren Müll zu trennen und zu recyceln. Aktivist/innen fordern, den Gemeinden mehr Entscheidungshoheit einzuräumen und werben für die Vorteile des Recyclings.

Doch solange die politische Führungsriege Sitzungen zur Müllkrise vertagt und Aktivist/innen lieber wegsperrt als ihre Vorschläge anzuhören, werden die Proteste weitergehen.
https://www.boell.de/de/2015/10/20/proteste-beirut-warten-auf-die-loesung-die-nicht-kommt

Kuddel

ZitatErfolgreicher Proteststreik im öffentlichen Dienst Marokkos



Marokko: Streik im Öffentlichen Dienst (Dezember 2015)4 Gewerkschaftsverbände in Marokko hatten zum 10. Dezember zu einem landesweiten Proteststreik aufgerufen. UMT, CDT, UGTM und FDT forderten die Wiederaufnahme dessen, was sie sozialen Dialog nennen. Die Verbände berichteten von einer Streikbeteiligung von rund 80% der Beschäftigten: Diese haben, unabhängig davon, ob sie die Orientierungen der Gewerkschaften teilen, allen Grund zum Protest, deren größter die rasante Teuerung im Lande ist, der wiederum ein Angriff auf die Renten gegenübersteht – was ausserdem ein klarer Bruch früherer Vereinbarungen ist. Die kurze Meldung ,,Morocco: Workers Send Clear Message to Government in National Strike" des IGB vom 11. Dezember 2015 fasst diese Sachlage zusammen und kritisiert die marokkanische Regierung für die Verweigerung jeglicher Verhandlungen seit 2013. Siehe dazu auch zwei weitere Beiträge
http://www.labournet.de/internationales/marokko/gewerkschaften-marokko/erfolgreicher-proteststreik-im-oeffentlichen-dienst-marokkos/

Kuddel

ZitatKrise in Ägypten
Kein Zucker, keine Perspektive

Die Wirtschaft liegt am Boden, Lebensmittel sind knapp: In Ägypten brodelt es mal wieder. Um Milliarden vom IWF zu bekommen, akzeptiert Präsident Sisi die harten Sparvorgaben – und unterdrückt die Proteste der Bürger.


Die Ägypter sind wütend und erbittert. Zucker ist knapp, Getreide kaum erhältlich, Benzin massiv teurer geworden. Subventionen auf Lebensmitteln sind gekürzt oder gestrichen. In sozialen Medien wurde zu Massendemonstrationen aufgerufen, die am 11. November hätten stattfinden sollen. Die Muslimbrüderschaft wittert ihre Chance, an die Macht zurückzukehren.

Doch Präsident Abdel Fattah el-Sisi wehrt den Anfängen. In Kairo und in anderen Großstädten unterdrücken Sicherheitskräfte die Demonstrationslust. So ließ Sisi am Freitag die Metrostation am Tahrir-Platz im Herzen der Hauptstadt schließen – dort, wo vor fünf Jahren der Aufstand gegen den damaligen Präsidenten Hosni Mubarak begonnen hatte. Maskierte Polizisten mit Sturmgewehr besetzten den Platz.

Im ganzen Land, von Alexandria am Mittelmeer bis Zagazig in Unterägypten, dominieren Uniformierte die Szene. Denn Sisi hat guten Grund, nervös zu sein. Die nächsten Wochen könnten entscheidend sein für das Überleben seines Regimes. In zwei Jahren finden die nächsten Präsidentschaftswahlen statt. Will er sie gewinnen, muss er jetzt Strategien gegen die Wut der Bürger entwickeln und durchsetzen. Sonst drohe in den nächsten Monaten ein neuer Volksaufstand, sagen Experten voraus.

Der Präsident, meint zum Beispiel der israelische Ägyptenexperte Yoram Meital, müsse sich entscheiden. Um sein Regime zu retten, könne Sisi entweder die Polizeistaatsmethoden verschärfen und seine politischen Gegner unterdrücken. Oder er könne Demonstrationen zulassen und die Bürger in die Politik einbeziehen.

Sicher ist bloß: Die Wirtschaftskrise zwingt ihn zu raschem Handeln. Nachdem sich Sisi während Monaten geweigert hatte, die Bedingungen des International Währungsfonds (IWF) zu akzeptieren, hat Kairo jetzt das Diktum akzeptiert. Dem Nilland wird ein Kredit von rund zwölf Milliarden gewährt.

Die schwer angeschlagenen Ökonomie erhält damit zwar wirtschaftlich etwas Luft. Aber die vom IWF verlangten Sparmaßnahmen erhöhen die politischen Spannungen. Experten wie Meital warnen: ,,Ägyptens Präsident Sisi geht ein hohes Risiko ein." Allerdings bleibe ihm keine andere Wahl, als die IWF-Bedingungen zu akzeptieren, nachdem der saudische Geldsegen versiegt ist. Jetzt könne das Regime nur noch auf ein Wunder hoffen, um zu überleben.

Dass Ägypten auf Gelder aus dem Ausland angewiesen ist, um wirtschaftlich zu überleben, ist nicht neu. Aber nach dem Sturz des Langzeitpräsidenten Hosni Mubarak im Jahr 2011 ist die Abhängigkeit weiter gestiegen. Imageprobleme der Tourismusindustrie, weniger Überweisungen ägyptischer Fremdarbeiter am Golf und eine enttäuschende Entwicklung am Suezkanal haben dazu geführt, dass seit dem Sturz Mubaraks die Hälfte der Währungsreserven abgeflossen ist.

Sparkurs verschärft die Armut

Sisi konnte anfänglich auf die Hilfe Saudi Arabiens und anderer Golfstaaten zählen. In den vergangenen zwei Jahren überwiesen sie rund 30 Milliarden Dollar nach Kairo, um Ägyptens Ökonomie vor dem Kollaps zu retten. Selbstlos war die Hilfe freilich nicht. Vor allem Saudi Arabien wollte seinen wichtigsten Partner in der Region nicht im Stich lassen.

Doch Riad wurde von Sisi enttäuscht. Statt wie Saudi-Arabien den Sturz des syrischen Präsidenten voranzutreiben, sieht der Politiker im Fortbestehen des Assad-Regimes die Lösung der syrischen Krise. Statt im Jemen auf Seiten Saudi-Arabiens zu kämpfen, beschränkt sich Kairo auf logistische Hilfe. Statt dem wachsenden Einfluss Teherans in der Region entgegenzuwirken, ist der ägyptische Präsident an guten Beziehungen zu den Ayatollahs interessiert. Und weil er vom Westen beschuldigt wird, Menschenrechte zu verletzen und ein diktatorisches Regime aufzuziehen, sucht er die Nähe zu Moskau. So bestellte er neulich bei Russlands Wladimir Putin KA-52 Angriffshubschrauber.

Für Sisis außenpolitischen Kurs muss Ägypten einen hohen Preis bezahlen. Vor zwei Monaten kürzte Riad die Hilfe massiv. Weil damit auch das subventionierte saudische Öl wegfiel, musste Sisi auf die knappen Währungsreserven zurückgreifen, um das Öl zu Weltmarktkreisen zu beschaffen.

In der Not wandte sich Sisi an den IWF. Nachdem er während mehr als zwei Jahren nichts von Wirtschaftsreformen hatte wissen wollen, bleibt ihm jetzt keine andere Wahl, als die Bedingungen zu akzeptieren. Er befahl die Einführung der Mehrwertsteuer, erhöhte den Benzinpreis und die Stromtarife, um die Staatskasse vor dem Ruin zu retten. Zudem setzt er jetzt die bisher überbewertete Landeswährung den Marktkräften aus. Der bisher fixe offizielle Wechselkurs des ägyptische Pfunds stürzte ab und verlor 50 Prozent seines Wertes. Weil das die Importe verteuern wird, ist mit einem starken Inflationsschub zu rechnen.

Für die Bürger, von denen rund 40 Prozent pro Tag lediglich zwei Dollar zur Verfügung haben, ist die IWF-Medizin zwar bitter; sie wird die Armutsprobleme verschärfen. Mit der Umsetzung der IWF-Reformen hofft Sisi aber, Vertrauen in die ägyptische Wirtschaft aufzubauen.

Doch den Investoren sei das nicht genug, sagt Samer Atallah, Ökonomieprofessor an der American University in Kairo. Sie zweifeln nämlich am wirtschaftlichen Sachverstand Sisis und fordern zum Beispiel Informationen über den Verbleib der 30 Milliarden Dollar, die Saudi Arabien und andere Golfstaaten nach Ägypten überweisen haben. Sie würden auch gerne wissen, weshalb die von Sisi einst hoch gelobte Erweiterung des Suezkanals zum wirtschaftlichen Flop wurde.

Kurz: Die mangelnde Transparenz, so ein westlicher Diplomat in Kairo, werde Investoren weiterhin abschrecken – IWF-Reformen hin oder her. Zudem befürchten Wirtschaftshistoriker eine Wiederholung der 1977er Jahre. Damals hatte Anwar Sadat auf Druck der Weltbank das Pfund ebenfalls abgewertet und Subventionen gekürzt. Doch als die Masse dagegen protestierte und, machte Sadat die Reformen nach weniger Tagen wieder rückgängig.
http://www.handelsblatt.com/politik/international/krise-in-aegypten-kein-zucker-keine-perspektive/14835858.html

Wir sollten aufhören auf den religiösen Unsinn in diesen Regionen zu starren. Die wachsenden ökonomischen Probleme bringen neue Kämpfe hervor!

Kuddel

ZitatSoziale Proteste in Marokko
"Wir sind alle Mouhcine Fikri!"

Der Fall eines tragisch zu Tode gekommenen Fischhändlers steht symptomatisch für die weit verbreitete Armut innerhalb der marokkanischen Gesellschaft. Die Wut ist groß. Das Königshaus versucht daher mit allen Mitteln, die Unruhen im Zaum zu halten, um einen zweiten Arabischen Frühling zu verhindern. Aus Rabat informiert Matthew Greene.




Die Proteste nach dem Tod des Fischhändlers Mouhcine Fikri am 28. Oktober hielten Marokko rund zwei Wochen lang in Atem. Es waren die bislang umfangreichsten Demonstrationen, die Marokko seit dem Arabischen Frühling 2011 erlebt hatte, als die "Bewegung des 20. Februar" zu Massendemonstrationen für demokratische Reformen aufgerufen hatte.

Als Antwort auf den Tod des Fischhändlers in der nördlichen Hafenstadt Hoceima gingen auch am 10. November wieder Tausende Demonstranten auf die Straße, um gegen die grassierende soziale Ungerechtigkeit in Marokko zu protestieren. In den sozialen Medien waren Liveaufnahmen von der Kundgebung in Hoceima zur Erinnerung an den Tod des 31-jährigen "Märtyrers" Mouhcine Fikri zu sehen. Die Demonstranten, unter ihnen viele Jugendliche, trugen eine Kerze oder eine Blume in der Hand.

Fikri war in Hoceima in der Presse eines Müllwagens zerquetscht worden. Elf Verdächtige, darunter Behörden- und Ministeriumsmitarbeiter, wurden bislang festgenommen - unter anderem wegen fahrlässiger Tötung. Die Veranstalter der Proteste fordern insbesondere Aufklärung darüber, wer die Müllpresse in Gang setzte. Fotos und Filme des grausamen Ereignisses, die von Zuschauern mit Mobiltelefonen aufgenommen wurden, hatten sich daraufhin schnell über soziale Medien wie Facebook und Twitter verbreitet und eine Flut wütender Reaktionen ausgelöst.

Aufgrund der massiven Demonstrationen, die sich anschließend über das ganze Land verbreiteten, sah sich der sogenannte "Makhzen" (das politische Netzwerk der königstreuen Elite) rasch dazu veranlasst, die Wogen zu glätten, um der Protestbewegung den Wind aus den Segeln zu nehmen. Die marokkanischen Behörden stuften den Todesfall als fahrlässige Tötung ein und versprachen, die Verantwortlichen juristisch zur Rechenschaft ziehen zu wollen.

Alles Lüge?

Bereits wenige Tage vor der Veröffentlichung dieser Erklärung war Fikris Familie vom Innenminister ein Beileidsschreiben des marokkanischen Königs Mohammed VI. übermittelt worden. Das Ministerium versprach der Familie, gegen die Verantwortlichen mit aller Härte des Gesetzes vorzugehen. Dies blieb nicht ohne Folgen: Einige Familienmitglieder Fikris äußerten inzwischen den Wunsch, den Tod ihres Verwandten nicht politisch zu missbrauchen. Während seines Auftritts im marokkanischen Staatsfernsehen behauptete Fikris Bruder gar, die sozialen Medien versuchten in diesem Fall massiv "politisch zu manipulieren". Manche politische Beobachter gehen davon aus, Fikris Bruder habe sich nur aufgrund des politischen Drucks durch hohe Beamte auf seine Familie zu dieser Aussage hinreißen lassen.


Soziale Proteste in Hoceima; Foto: AFP

Explosion aus Wut und Protest: Zwei Wochen nach dem grausamen Tod eines Fischverkäufers in einem Müllwagen in Marokko kam es im Norden des Landes abermals zu Protesten von Tausenden Demonstranten gegen soziale Ungerechtigkeit. Zu sehen waren Porträts des Opfers und Berber-Fahnen der Rif-Republik, die zwischen 1923 und 1926 bestand, bevor sie von den Besatzungsmächten Spanien und Frankreich gewaltsam aufgelöst wurde. Der Protest richtete sich gegen "Korruption" und die "Missachtung der einfachen Bürger durch die Behörden".

Marokkos Monarchie versucht um jeden Preis, die Protestwelle in den Griff zu bekommen, damit diese nicht das Ausmaß der Unruhen von 2011 erreichen. Die Proteste hatten damals den König zu Verfassungsreformen veranlasst, einen Teil seiner absoluten Macht musste der an eine gewählte Regierung abtreten. Mohammed VI. betrachtet sich selbst als Garant für eine stabile politische Ordnung in einem unsicheren geopolitischen Umfeld – als Regent, der für wirtschaftliche Reformen bürgt und für sozialen Frieden sorgt. So zumindest sein Selbstverständnis.

Unvermeidliche Politisierung

Jetzt, wo viele Marokkaner ihre Wut und ihre Frustration auch auf das Fehlverhalten der Polizei und die Korruption auf höchster staatlicher Ebene ausdehnen, ist es zu spät, die zunehmende Politisierung von Fikris Tod ungeschehen zu machen. Einige lokale Medienvertreter betrachten den tragischen Vorfall als verstörendes Symbol für die Armut und Unterdrückung, gegen die zehntausende Marokkaner Tag für Tag ankämpfen.

Zweifelsohne weist Fikris Tod auch Parallelen zum Fall Mohamed Bouazizi auf, dem tunesischen Straßenverkäufer, der sich nach einem ähnlichen Streit mit der Polizei selbst tötete - ein entscheidender Auslöser für die Proteste des Arabischen Frühlings. Berichten zufolge bezogen sich zahllose Demonstranten in Hoceima auf Bouazizis Heimatstadt, indem sie sangen: "Sidi Bouzid ist nicht weit von hier."

Wie 2011 in Tunesien traf Fikris Tod den Nerv insbesondere der jüngeren Bevölkerung, die von Arbeitslosigkeit, stagnierenden Löhnen sowie finanzieller Ungleichheit betroffen ist und die nun ihrem Missfallen über staatliche Korruption und Vetternwirtschaft freien Lauf ließ. Westliche Journalisten nehmen die politische Situation in Marokko seit dem Ausbruch der jüngsten Unruhen genauer unter die Lupe, um einschätzen zu können, ob aufgrund der Vergleichbarkeit der Umstände zwischen den Todesfällen von Bouazizi und Fikri womöglich eine ähnliche Bewegung wie die im Rahmen des Arabischen Frühlings zustande kommen könnte.

In einem kürzlich geführten Interview mit dem amerikanischen Radiosender "Democracy Now" meinte die marokkanische Anthropologin Miriyam Aouragh, die meist von Jugendlichen ausgehenden Demonstrationen stellten teilweise eine "fortgesetzte Explosion aus Wut und Protesten des Jahres 2011" dar. Bereits in den vergangenen fünf Jahren war es in Marokko immer wieder zu Protesten gegen die öffentliche Versorgungs- und Energiebetriebe, die Ausbildungspolitik, die Ausbeutung natürlicher Ressourcen und die Besetzung der Westsahara gekommen.


Demonstranten in Marokko; Foto: picture-alliance

Aufschrei der Ausgegrenzten: "Jetzt, wo viele Marokkaner ihre Wut und ihre Frustration auch auf das Fehlverhalten der Polizei und die Korruption auf höchster staatlicher Ebene ausdehnen, ist es zu spät, die zunehmende Politisierung von Fikris Tod ungeschehen zu machen. Einige Kommentatoren der örtlichen Medien betrachten den tragischen Vorfall als verstörendes Symbol für die Armut und Unterdrückung, gegen die zehntausende Marokkaner Tag für Tag ankämpfen", schreibt Greene.

Eine Neuauflage des Arabischen Frühlings?

Es wäre jedoch zu voreilig, eine Neuauflage des Arabischen Frühlings zu erwarten. Schließlich wurden den vielen öffentlichen Versammlungen bereits kurze Zeit nach dem Bekanntwerden der ersten Proteste durch die Sicherheitskräfte enge Grenzen gesetzt, um eine weitere Ausbreitung der Unruhen zu verhindern. Und Vieles spricht heute dafür, dass Fikris Tod keine landesweite Revolution auslösen und der Funke auch nicht auf den Rest Nordafrikas überspringen wird. Aber immerhin konnte als Konsequenz aus dem Todesfall eine Diskussion über die Gestaltung der Wirtschaftspolitik des Landes angestoßen werden. Auch die Liberalisierungsprogramme und die Privatisierung der Wirtschaft werden inzwischen offen kritisch hinterfragt.

Fikri wurde von den Behörden beschuldigt, Schwertfisch im geschätzten Wert von 11.000 Dollar zum Verkauf angeboten zu haben. Laut marokkanischem Gesetz ist der Handel mit dieser gefährdeten Fischart in dieser Jahreszeit aber verboten. Manche fragen nun, warum Fikri diese Regel verletzt hat, auch wenn niemand behauptet, er habe wegen dieses Gesetzesverstoßes den Tod verdient.

Die Verteidiger des Fischhändlers behaupten allerdings, durch die marokkanischen Fischereiverträge mit der Europäischen Union würden die lokalen Fischvorkommen ausgeplündert, was in Küstenstädten wie Hoceima, die historisch und kulturell mit dem Meer verbunden sind, zur Zerstörung der lokalen Fischereiindustrie führe.

Während der COP-22-Konferenz, die gegenwärtig im marokkanischen Marrakesch stattfindet, wird eine ganz ähnliche Kritik an den Handels- und Investitionsabkommen mit europäischen Staaten laut. Kritisiert werden auch die umfangreichen öffentlichen Kredite, die die marokkanische Regierung zur Finanzierung großer Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien aufnimmt. Durch diese Abkommen, argumentieren Kritiker, würden im Austausch gegen ausländische Investitionen die natürlichen Reichtümer Marokkos ausgebeutet, und den vielen Mouhcine Fikris bleibe zum Überleben nichts anderes übrig, als das Gesetz zu brechen.
Matthew Greene
© Qantara.de 2016
Übersetzt aus dem Englischen von Harald Eckhoff

https://de.qantara.de/inhalt/soziale-proteste-in-marokko-wir-sind-alle-mouhcine-fikri

Kuddel

ZitatMarokko: Jagd auf Anführer der Proteste

In Al Hoceima in Marokko soll der Anführer der Proteste Nasser Zefzafi festgenommen werden, aber er konnte laut Medien vor Ort vor den Sicherheitskräften auf das Dach eines Hauses fliehen und entkommen. Unterstützt wird der 39-Jährige von seiner Familie und von Freunden.


Die Behörden beschuldigen Zefzafi, das Freitagsgebet in der Moschee von Al Hoceima gestört zu haben. Tatsächlich fordert Zefzafi – der zuvor einen Telefonladen hatte – das Recht, den König von Marokko kritisisieren zu dürfen.

Schon lange organisiert Nasser Zefzafi – auch über die sozialen Netzwerke im Internet -Proteste in Al Hoceima, einer Stadt mit mehr als 50.000 Einwohnern im Norden von Marokko, wo im Oktober 2016 ein Fischhändler unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen war.

Bilder aus den sozialen Netzwerken zeigten damals, wie der Fischhänder Mouhcine Fikri vermutlich gestorben ist: Er wurde in einer Müllpresse zerquetscht. Polizisten hatten illegale Ware des Fischhändlers beschlagnahmt und in einen Müllwagen geworfen.

Mehrere Personen wurden wegen des Todes des Fischhändler verurteilt. Doch die Proteste in Al Hoceima, wo viele wie Nasser Zefzafi als Muttersprache Berberisch sprechen, sind nicht zu Ende.
http://de.euronews.com/2017/05/27/marokko-jagd-auf-anfuhrer-der-proteste

Kuddel

ZitatProteste in Marokko weiten sich auf weitere Städte aus.

Rabat – Die seit Monaten anhaltenden Proteste im Rif drohen auf das übrige Land überzugreifen. Wie euronews meldet, wurden erstmalige politisch motivierte Proteste in zahlreichen Großstädten des Königreiches gemeldet. Neben der Hafenstadt Tanger und der Wirtschaftsmetropole Casablanca soll es nun auch zu Demonstrationen in der Hauptstadt Rabat gekommen sein. Über Art und Umfang der Demonstrationen außerhalb der Protesthochburg Al Hoceima ist wenig bekannt



Demonstrationen in Al Hoceima teilweise gewalttätig.

In der Region Al Hoceima kam es zu Beginn des Ramadans und damit am letzten Wochenende erneut zu Konfrontationen zwischen den meist jungen Demonstranten und den Sicherheitskräften. Es soll zu Straßenkämpfen gekommen sein, bei denen sowohl Demonstranten als auch Sicherheitskräfte verletzt wurden. Während die Demonstranten die Sicherheitskräfte mit Steinen bewerfen, reagieren diese mit Schlagstöcken und Wasserwerfern. Es soll zu zahlreichen Verhaftungen gekommen sein. Auch zu Sachbeschädigungen soll es infolge der Zusammenstöße gekommen sein. Am letzten Sonntag sollen die Demonstrationen allerdings friedlich geblieben sein.

Regierung fahndet nach Anführer der Protestbewegung.

Die Zentralregierung in Rabat hatte vor wenigen Wochen bereits angekündigt, dass man zwar die Forderungen für nachvollziehbar und legitim halte, aber die Art und Weise missbilligt und zur Zurückhaltung und Beruhigung aufrufe. Jetzt scheint die Regierung erste Versuche zu starten die Situation unter Kontrolle zu bekommen. Mittlerweile setzen die Sicherheitskräfte teils schweres Gerät ein. Aber auch erste Verhaftungen hat es gegeben. Ende letzter Woche wurden 20 Aktivisten in Al Hoceima verhaftet. In der Zwischenzeit sind weiter zwei Personen ebenfalls Verhaftet worden.

Haftbefehl gegen Zefzafi Nasser ausgestellt.

Gegen den vielleicht prominentesten Aktivisten Zefzafi Nasser wurde am letzten Freitag Haftbefehl erlassen. Hintergrund des Haftbefehls soll eine Störung des Freitagsgebets in einer Moschee, durch Nasser, gewesen sein. Es soll das Gebet unterbrochen, die Forderungen der Demonstranten wiederholt und den Abbruch des Gottesdienstes herbeigeführt haben.


Zefzafi Nasser

Er erneuerte seine Forderung nach einer Abschaffung des Militärprotektorats Al Hoceima sowie das Recht auch die Monarchie und damit König Mohammed VI. kritisieren zu dürfen. Daraufhin wurde die Fahndung nach dem Aktivisten ausgeschrieben, der sich bisher der Verhaftung entziehen konnte.
https://www.maghreb-post.de/proteste-in-marokko-weiten-sich-auf-weitere-staedte-aus/

Kuddel

ZitatMonatelanger Protest im tunesischen Süden auch durch Militäreinsatz nicht zu stoppen



Die Jugendporteste im Süden Tunesiens haben sich nach dem Tod eines Demonstranten radikalisiert - hier am 24.5.2017,,Alles begann am 23. April, als 1.200 Demonstranten aus dem südtunesischen Gouvernement Tataouine einen Sitzstreik auf den größten Ölfeldern Tunesiens in der Sahara veranstalteten. Der Funke des zivilen Ungehorsams sprang auf die Stadt Tataouine über, wo Männer, Frauen und arbeitslose junge Leute die Demonstranten in der 120 Kilometer weiter südlich gelegenen Region El Kamour unterstützten. Die Region grenzt an ein Militärgebiet und ist Standort internationaler Öl- und Gasunternehmen. So sind dort u. a. die österreichische OMV und das kanadische Unternehmen Winstar vertreten" – so beginnt der Beitrag ,,Tunesiens Rebellion der Entrechteten" von Houda Mzioudet am 19. Mai 2017 bei Qantara externer Link, worin zur Kursänderung der Regierung noch hervor gehoben wird: ,,Unter anderem sollten 350 Arbeitsplätze bei den Ölgesellschaften geschaffen und der Gouverneur von Tataouine abgelöst werden. Das Angebot wurde abgelehnt. Präsident Beji Caid Essebsi trat daraufhin am 10. Mai vor die Fernsehkameras und kündigte den Einsatz von Militärkräften zum Schutz der Ölfelder an, während er gleichzeitig das verfassungsmäßige Recht der Demonstranten auf Protest anerkannte.  Der plötzliche Umschwung der Regierung von einer "Beschwichtigungspolitik gegenüber den Demonstranten" durch unzureichende Angebote hin zu einer "offenen Eskalation" des Konflikts löste unter den Tunesiern landesweit Schockwellen aus".
http://www.labournet.de/internationales/tunesien/soziales/tunesien-erwerbslosenproteste/monatelanger-protest-im-tunesischen-sueden-auch-durch-militaereinsatz-nicht-zu-stoppen/

Kuddel

ZitatTunesien
Tausende protestieren gegen Korruptionsamnestie
Tunesiens Regierung will korrupten Eliten die Strafen erlassen, um die Wirtschaft anzukurbeln.
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-05/tunesien-proteste-korruption-gesetz-amnestie

(die Meldung ist einige Wochen alt)

Kuddel

ZitatProteste im Norden Marokkos
Tausende demonstrieren gegen Regierung



Seit dem Tod eines Fischers im vergangenen Jahr kommt es im Norden Marokkos immer wieder zu Demonstrationen. Nun wird der Anführer des Protests festgenommen - was noch mehr Menschen auf die Straßen lockt.


Am sechsten Tag in Folge sind in Marokko Tausende Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die Regierung zu demonstrieren. Die Proteste konzentrieren sich auf die Stadt Al-Hoceïma in der nördlichen Rif-Region, wie zahlreiche arabische Medien, darunter Al-Jazeera, berichten. Die Demonstranten fordern demnach die Freilassung ihres Anführers Nasser Zefzafi, der am Montag gemeinsam mit weiteren Protestführern festgenommen wurde. Die Protestierenden, unter denen laut Al-Jazeera viele Frauen und Kinder waren, skandierten "Wir sind alle Zefzafi" und "Stoppt die Militarisierung".

Bei den aktuellen Protesten wurden nach offiziellen Angaben 40 Menschen festgenommen. Menschenrechtsgruppen nennen eine deutlich höhere Zahl.
Töteten Polizisten einen Fischer?

Gegen den 39-jährigen Zefzafi wurde Haftbefehl erlassen, nachdem er während des Freitagsgebets in einer Moschee den Prediger unterbrochen und weitere Proteste gefordert haben soll. Der Imam hatte ihn persönlich angegriffen, Zefzafi rief lautstark: "Ist das eine Moschee für Gott oder eine Anbetungsstätte der Zentralmacht?". Zefzafi gilt als Gesicht des Protests in der nördlichen Rif-Region, die seit Oktober vergangenen Jahres von sozialen Unruhen heimgesucht wird.

Damals wurde der 31-jährige Fischer Mouchcine Fikri in der Presse eines Müllwagens zerquetscht, nachdem Polizisten seinen Fang beschlagnahmt und in die Presse geworfen hatten. Mit Verweis auf ein Fangverbot hätten die Polizisten den Schwertfisch beschlagnahmt und wollten ihn in der Müllpresse vernichten. Fikri versuchte, seinen wertvollen Fang zu retten. In Marokko kursieren Gerüchte, wonach die Polizisten angeordnet hätten, die Presse zu starten, nachdem Fikri hineingesprungen war.

Sein Fall entwickelte sich anschließend zu einer Art Sinnbild für die Willkür und den Machtmissbrauch der Polizei und die wirtschaftliche Hoffnungslosigkeit in vielen Regionen Marokkos. In der nördlichen Rif-Region ist die Arbeitslosigkeit besonders hoch, Korruption grassiert und die Gesundheitsversorgung ist im Landesvergleich unterdurchschnittlich.
http://www.n-tv.de/politik/Tausende-demonstrieren-gegen-Regierung-article19870292.html

ZitatDreitägiger Generalstreik und Proteste im Norden Marokkos

In der Stadt Al-Hoceima, im Norden Marokkos, haben Demonstranten zu einem dreitägigen Generalstreik aufgerufen. Zahlreiche Läden und Handwerker beteiligten sich am Freitag an dem Ausstand, nachdem die Behörden Anfang der Woche einen führenden politischen Aktivisten wegen Gefährdung der nationalen Sicherheit festgenommen hatten. Regierungschef Saad Eddine El Othmani versprach, auf die Forderungen der Demonstranten einzugehen, gleichzeitig aber auch für Sicherheit und Ordnung im Land zu sorgen.
https://deutsch.rt.com/newsticker/51718-dreitagiger-generalstreik-und-proteste-marokko/

Kuddel

ZitatDer Maghreb in der Krise

In Marokko, Tunesien und Algerien wächst die Wut junger Menschen. Überall herrscht Unmut über stagnierende Wirtschaft, hohe Arbeitslosigkeit, Korruption und Selbstbereicherung der politischen Klassen.


Aufstand im Rif, Revolten in Tataouine, gewalttätige Wirtschaftskrise in Algerien – möge Gott den Maghreb schützen", twitterte eine besorgte Aktivistin. Ähnlich wie sie bangen sich dieser Tage viele in Nordafrika um die Zukunft ihrer Region.

Zwar ist dem Maghreb ein Staatszerfall wie in Libyen, Jemen, Syrien oder Irak erspart geblieben. Aber die Frustration seiner Bürger, die vor sechs Jahren die Lawine des Arabischen Frühling auslösten, existieren fort, egal ob in der Monarchie Marokkos, der Öl-Diktatur Algeriens oder der jungen Demokratie Tunesiens. Überall herrscht der gleiche Unmut über stagnierende Wirtschaft und hohe Arbeitslosigkeit, die wachsende Kluft zwischen Stadt und Land, endemische Korruption und Selbstbereicherung der politischen Klassen.

,,Lasst die Gefangenen frei oder sperrt uns alle ein", skandierten die Menschen diese Woche im Norden Marokkos, wo die Konfrontation eskaliert, seit die Regierung den populären Führer der Protestbewegung Hirak, Nasser Zefzafi, festnehmen ließ. Die Geschäftsleute der vernachlässigten Rif-Region riefen einen dreitägigen Generalstreik aus, während die Proteste gegen Korruption und Behördenwillkür jetzt auch auf die Städte Casablanca, Rabat, Marrakesch und Taza übergreifen. Für Anfang nächster Woche wurde das Parlament zu einer Sondersitzung zusammengetrommelt. Marokkos Innenminister eilte mit großem Gefolge in die Krisenregion und versprach Investitionen von einer Milliarde Euro.

Die meisten in der marokkanischen Rif-Region jedoch trauen den Versprechen der plötzlich auftauchenden Politiker nicht. Ähnlich wie in Tunesien, als eine aufgebrachte Menge in der 500 Kilometer von Tunis entfernten Stadt Tataouine Premier Youssef Chahed ausbuhte und aus der Stadthalle jagte, als er ,,2000 Arbeitsplätze sofort" versprach. Seit Wochen harren Abertausende junger Leute im Süden Tunesiens in Protestlagern aus, um die Vernachlässigung ihrer Region anzuprangern. Viele, die in den Straßen von Tataouine vor dem Gouverneurspalast kampieren, haben Universitätsdiplome. ,,Wir haben die Nase voll, wir sind alle in den Zwanzigern und alle arbeitslos", schimpfte ein junger Aktivist. ,,Tunesien befindet sich in einer delikaten Lage", erklärte Parlamentspräsident Mohamed Ennaceur während einer Sondersitzung der Volksvertretung. Die Regierung müsse sich endlich der Probleme annehmen, ,,die den Tunesiern den Eindruck vermitteln, es habe sich seit dem 14. Januar 2011 nichts geändert", forderte die Zeitung ,,La Presse". ,,Sonst ist das Schlimmste zu befürchten."

Ähnliche Übel plagen das Nachbarland Algerien, auch wenn dessen Staatshaushalt – anders als Marokko und Tunesien – seit Jahrzehnten auf üppige Öl- und Gaseinnahmen zählen kann. Doch seit sich der Ölpreis mehr als halbierte, steigt im Inneren der Druck. Die Regierung muss Subventionen kürzen und Wohnungsprogramme streichen. Ein Drittel aller jungen Leute unter 30 sind mittlerweile arbeitslos, was sich im Frühjahr in einer Serie von Ausschreitungen entlud, vor allem in der Hauptstadt Algier und in der Kabylei. Der greise Präsident Abdelaziz Bouteflika ist durch einen Schlaganfall gelähmt. Seit seinem Amtsantritt im Jahr 1999 strich Algerien zwischen 800 und 1000 Milliarden Petrodollar ein. Eine nennenswerte Industrie oder ein nennenswerter Agrarsektor jedoch sind nicht entstanden, auf denen der Nachwuchs seine berufliche Zukunft aufbauen könnte. Stattdessen versickerte das Geld in den Taschen der Regime-Cliquen.

,,Bouteflika ist halbtot und klammert sich immer noch an die Macht", kritisierte eine junge Frau in Algier. ,,Es ist traurig, aber wahr: Die alte Generation versteht uns nicht. Und wir trauen ihr nicht mehr, weil sie uns betrogen hat."
http://www.fr.de/politik/proteste-der-maghreb-in-der-krise-a-1290046

Kuddel

ZitatProteste in Al Hoceima halten an – Regierung bestätigt 86 Verhaftungen.

Regierung bestätigt aktuell 86 Verhaftungen von Demonstranten.




Gewaltsame Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Sicherheitskräfte häufen sich.

Rabat – Die Rif – Region kommt weiterhin nicht zur Ruhe. Seit Monaten protestieren die Menschen in der Rif – Region und vor allem in Al Hoceima. Seit Beginn des Ramadan gehen die Menschen jede Nacht, nach dem Iftar (dem Fastenbrechen) auf die Straße und wiederholen ihre Forderungen nach sozialer-, wirtschaftlicher und politischer Entwicklung.

Die Konfrontation zwischen den Demonstranten und den Sicherheitskräften in der Region scheint sich zu verschärfen. Seit die Regierung bekannte Aktivisten verhaftet hat, häufen sich gewaltsame Zusammenstöße. Zahlreiche Videos auf Facebook zeigen Konfrontationen in den Straßen einzelner Stadtteile. Leider ist den Videos nicht zu entnehmen, wo genau und zu welchem Zeitpunkt diese aufgenommen worden sind. Dennoch wird klar, dass die Gefahr gewachsen ist, dass der bisher überwiegend friedliche Protest gegen die empfundenen Lebensumstände in eine gewaltsame Konfrontation abgleitet.

Regierung bestätigt aktuell 86 Verhaftungen von Demonstranten.


Regierungssprecher Mustapha Khalfi

Während die Demonstranten in der Rif – Region die Freilassung der bisher festgenommenen Aktivisten fordern, darunter auch Nasser Zefzafi, hat der Regierungssprecher Mustapha Khalfi bestätigt, dass inzwischen 86 Demonstranten verhaftet worden sind. Bisher war lediglich bekannt, dass ca. 40 Personen verhaftet und zum Teil auch wieder entlassen wurden. Die neue Zahl bestätigt die Befürchtungen, dass sich die Situation nicht entspannt hat. Diese neuen Zahlen wurden im Rahmen der wöchentlichen Sitzung des Koalitionsausschusses bekannt.

Gegen den bekannten Aktivisten Nasser Zefzafi ist bereits vom Generalstaatsanwalt in Casablanca Anklage erhoben worden – maghreb-Post berichtete. Weitere Beschuldigte stehen vor regionalen Gerichten.

Foltervorwürfen soll nachgegangen werden.


Der Regierungssprecher ging auch auf die öffentlich gewordenen Vorwürfe der Folter von inhaftierten Demonstranten ein. Er sagte, dass jeder Demonstrant, der beklage, dass er gefoltert worden ist, medizinisch untersucht wird und verwies auf die Anweisung von König Mohammed VI. – maghreb-post berichtete. Er betonte, dass die Gesetze, in Fällen von nachgewiesener Folter, Anwendung finden werden.

Premierminister reist in die Rif – Region


Khalfi bestätigte, dass Regierungschef Saad-Eddine El Othmani plant, in die Rif – Region und nach Al Hoceima zu reisen. Den genauen Zeitpunkt der Reise gab der Regierungssprecher nicht bekannt.
https://www.maghreb-post.de/proteste-in-al-hoceima-halten-an-regierung-bestaetigt-86-verhaftungen/


ZitatProteste in der Hauptstadt Rabat – Marokko.

Erinnerungen an den Arabischen Frühling werden wach.



www.youtube.com/watch?v=lHdQ9dRt8wo

Demonstrationen in der marokkanischen Hauptstadt Rabat.

Rabat – Am heutigen Sonntag finden zur Stunde Demonstrationen in der marokkanischen Hauptstadt Rabat statt. In mitten des Stadtzentrums sind mindestens mehrere zehntausend Demonstranten auf der Straße. Die Demonstranten haben sich in der Avenue Mohammed V. versammelt und die Menschenmenge reicht vom historischen Stadtkern Bab el Had, am Parlamentsgebäude und am Hauptbahnhof vorbei bis kurz vor die Mauern des Regierungsbezirks und des königlichen Palastareals.


Avenue Mohammed V. Rabat Marokko vor dem Parlament

Proteste gegen Korruption, Behördenwillkür und für politische wie wirtschaftliche Teilhabe, Freiheit und Würde. Freilassung der verhafteten Demonstranten gefordert.

Die Demonstranten in der Hauptstadt rufen die gleichen Forderungen aus, wie es die Protestbewegung in der Region Al Hoceima seit nun mehr als sieben Monaten tut. Seit Beginn des für Muslime heiligen Monats Ramadan haben sich die Proteste intensiviert. In der Stadt Al Hoceima kommt es nun häufig zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und den Sicherheitskräften – maghreb-post berichtete.

Bisher hatten sich die Proteste mehr oder weniger auf die Rif – Region beschränkt. Vereinzelt kam es zu Demonstrationen in Tanger, Casablanca und Rabat. Die heutige Demonstration in Rabat ist aber die größte Protestkundgebung außerhalb der Rif – Region, vielleicht die größte des Landes bisher. Die Demonstranten fordern Freiheit und Würde. Ebenso wenden sich die Menschen gegen Korruption und Behördenwillkür.
Erinnerungen an den Arabischen Frühling werden wach.

Die Bilder ähneln denen, die man aus dem Jahr 2011 kennt. Marokko erlebte den sog. arabischen Frühling praktisch nur am Rande. Durch eine Verfassungs- und Gebietsreform konnte der beliebte König Mohammed VI. die Lage damals stabilisieren. Dadurch hatte sich die politische Elite Zeit verschafft und die Ruhe wieder hergestellt. Das Volk gab der Regierung und dem Königshaus einen Vertrauensvorschuss, auch weil König Mohammed VI. mit hohem Tempo Veränderungen angegangen ist und es in Teilen des Landes zu spürbaren Verbesserungen gekommen ist. Aber an wesentlichen Berührungspunkten zwischen Staat und Volk hat sich offensichtlich nicht ausreichend viel getan. Nun droht die Bevölkerung die Geduld zu verlieren.#


Hauptstraße in Rabat Marokko

Die heutigen Demonstrationen haben aber eine neue Dimension. Während es üblich ist zwischen Regierung und König zu unterscheiden und meist den König zu loben, lauten die heutigen Parolen anders. Es heißt immer weniger ,,Es lebe der König", sondern zunehmend ,,Es lebe das Volk". ,,Aus jeder Stadt sind wir gekommen und die Freiheit wollen wir", der Slogan der heutigen Demonstration. Die Demonstration war im Vorfeld angekündigt und von der Regierung genehmigt worden.
https://www.maghreb-post.de/proteste-in-der-hauptstadt-rabat-marokko/

Kuddel


Demonstranten in Marokko mit der Flagge der Berber

Kuddel

ZitatProteste in Marokko und Tunesien:
Enttäuschte Hoffnung nach dem Arabischen Frühling



Demonstranten in der marokkanischen Region Rif protestieren gegen Korruption und Machtmissbrauch in der nordafrikanischen Monarchie.

Die seit Wochen andauernden Proteste in Marokko und Tunesien eskalieren, einige Demonstranten sind bereits ums Leben gekommen. Vor allem Bewohner abgelegener Gegenden fühlen sich von der Zentralregierung im Stich gelassen. Jüngst war Emmanuel Macron zu Gast.

In einem einfachen Zelt inmitten einer steinigen Wüste sitzt bei 38 Grad Hitze eine Gruppe junger Tunesier auf dem Boden und spricht über Würde. Und über Arbeit. Knapp hundert Meter entfernt patrouillieren Soldaten am Zaun eines Ölpumpwerks.

   
ZitatDas Öl gehört uns", sagt Nisam Laban. Vor sechs Wochen haben die jungen Männer ihr Protestlager an den Anlagen im Süden Tunesiens errichtet, die Leitungen unterbrochen und die Straße blockiert. Sie fordern ihren Anteil an den Ressourcen der Region. "Wir bleiben hier, bis wir Arbeit haben - oder im Gefängnis landen."

Ende Mai sind die sozialen Unruhen in Südtunesien eskaliert. Die Nationalgarde rückte an, schoss mit Schrotmunition und Tränengas. Die Demonstranten bewarfen die Sicherheitskräfte mit Steinen. Mehrere Zelte des Protestlagers gingen in Flammen auf, ein Fahrzeug der Nationalgarde überrollte einen Demonstranten. Dieser starb. Daraufhin gab es auch in weiteren Städten im Süden des Landes Proteste und Straßenschlachten. Unruhestifter setzten Fahrzeuge und Gebäude von Polizei und Nationalgarde in Brand und errichteten Straßensperren mithilfe brennender Autoreifen.

Leere Versprechen - Profite konzentriert bei internationalen Firmen

"Die Menschen hier wollen ein besseres Leben", sagt der 27-jährige Ingenieur Nisam. Nach der Revolution von 2011 hätten die Leute zunächst Hoffnung gehabt, aber neue Jobs habe es letztlich kaum gegeben. Immer wieder habe die Regierung in der rund 600 Kilometer entfernten Hauptstadt Tunis Versprechen gemacht.

   
ZitatAber wer streicht die Gewinne ein? Es sind internationale Firmen und Geschäftsleute aus den Küstenstädten, die ihren eigenen Leuten die Arbeit hier geben.

In den marginalisierten Regionen im Süden und Westen Tunesiens fühlen sich die jungen Menschen von der Politik betrogen. Je weiter sich die Straße von der Küste entfernt und in Richtung des Protestlagers verläuft, desto mehr verblasst das Grün der Bäume und Sträucher am Straßenrand, bis es nur noch Sand und Steine gibt. Die Gegend ist so trostlos, dass Star-Wars-Regisseur George Lucas dem wüsten Heimatplaneten von Luke Skywalker den Namen der tunesischen Region gab: Tataouine.

Die Arbeitslosigkeit ist hier nach offiziellen Angaben mit rund 32 Prozent eine der höchsten in Tunesien. Fast 60 Prozent der Akademiker finden keine Arbeit. Jetzt treffen die Demonstranten das Land an einer empfindlichen Stelle: Fast die Hälfte der nationalen Ölproduktion findet im Süden statt. Das österreichische Energieunternehmen OMV zog vor kurzem mehr als 700 Mitarbeiter aus der Region ab.

Dabei hatte die Regierung schon 2011, direkt nach den Aufständen gegen Langzeitmachthaber Zine el Abidine Ben Ali, ein Weißbuch zur regionalen Ungleichheit erstellt und einen Maßnahmenkatalog angekündigt, um die Situation der Menschen zu verbessern. Doch auch in den Folgejahren kämpfte Tunesien mit wirtschaftlichen Problemen. Die angestrebte Entwicklung blieb größtenteils aus.

Die internationale Denkfabrik International Crisis Group (ICG) kam vor kurzem zu einer negativen Analyse der aktuellen Lage in Tunesien.

   
ZitatTrotz der Bildung einer Regierung der nationalen Einheit leidet das Land immer mehr an einer sozial-regionalen Ausgrenzung, die durch Korruption vorangetrieben wird.

Dies führe zu regionaler Ungleichheit und Diskriminierung von Menschen in marginalisierten Regionen. In Tataouine, das in einem Dreieck zwischen der libyschen und algerischen Grenze liegt, leben viele Menschen auch von geschmuggelten Waren und Schwarzarbeit.

Auch in Marokko macht die Regierung Versprechen, betont aber auch Sicherheit

Mit dieser Entwicklung steht Tunesien nicht alleine da. Auch in Marokko gibt es seit Monaten Unruhen. Zuletzt sind in der nördlichen Hafenstadt Al-Hoceima wieder Tausende junger Menschen auf die Straße gegangen. Zwar gab es auch in Marokko nach den Aufständen 2011 Reformen, jedoch ist der Großteil der Macht weiter auf das Königshaus konzentriert, die wirtschaftliche Entwicklung auf die großen Städte wie Casablanca, Rabat und Tanger.

In der überwiegend von Berbern bewohnten Region Rif um Al-Hoceima fühlen sich die Menschen ohnehin im Stich gelassen. Seit im Oktober vergangenen Jahres ein junger Fischhändler in einer Müllpresse starb, in der die Behörden den illegal gefangenen Schwertfisch des Mannes vernichten wollten, haben sich die Proteste noch einmal intensiviert. Regierungschef El Othmani versprach zwar in der vergangenen Woche, "mit Augenmaß" auf die Forderungen der Demonstranten einzugehen und die Entwicklungen in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Arbeit genau zu beobachten, gleichzeitig kündigte er aber auch an, die Sicherheit im Land zu gewährleisten. Kurz vorher hatte die Polizei unter anderem die Führungsfigur der Protestbewegung verhaftet.

In der tunesischen Wüste hat sich das Protestlager vor dem Ölpumpwerk langfristig eingerichtet. In den Ecken der Zelte stapeln sich Wasserflaschen, Milch und Gemüse. Darauf liegen Spielkarten und eine Playstation. An den Zeltschnüren trocknet Fleisch in der prallen Sonne. Mit drei Stöcken im Sand haben die Demonstranten eine behelfsmäßige Moschee zum Gebet abgesteckt.

Bis zu 1.000 Männer hielten sich hier zu den Hochzeiten der Protestbewegung auf, aus allen Teilen der Provinz Tataouine und selbst von der Ferieninsel Djerba. Jetzt, am Anfang des Fastenmonats Ramadan, der die Familien mit erheblichen Mehrausgaben und steigenden Lebensmittelpreisen belastet, sind viele kurzzeitig zu ihren Familien gefahren.

   
ZitatAber wir bleiben hier, bis wir endlich Arbeit bekommen", sagt Ingenieur Nisam. "Vielleicht ist das der Beginn einer neuen Revolution." Und dann ruft er den Wahlspruch aus, den sich die jungen Männer in dem Protestlager auch auf T-Shirts haben drucken lassen: "Nicht aufgeben!"

Am Mittwoch verurteilte ein Gericht im Norden Marokkos 25 Angeklagte zu jeweils eineinhalb Jahren Haft wegen Störung der öffentlichen Ordnung und Beteiligung an einer "bewaffneten und nicht genehmigten" Demonstration. Mehrere weitere Angeklagte fassten Bewährungs- und Geldstrafen aus.

Golf-Krise, Libyen und Terrorismus: Macrons Gespräch mit Mohammed VI.

Am Mittwoch besuchte der französische Präsident Emmanuel Macron auf seiner ersten Auslandsreise den marokkanischen König Mohammed VI.

Dabei standen der andauernde Konflikt in Libyen und die Krise am Golf nach den jüngst erhobenen Vorwürfen gegen Katar im Vordergrund. Zudem standen Gespräche über Radikalisierung und Terrorismus auf der Tagesordnung. Mehrere Anschläge in Europa sollen Marokkaner begangen haben.


Macron sagte nach den Gesprächen:

   
ZitatDer marokkanische König ist besorgt um die Zukunft dieser Region. [...] Der König glaubt, dass es legitim ist, dass Proteste stattfinden und diese von der Verfassung geschützt sind.

Mohammed VI. selbst gab Journalisten keine Gelegenheit zur Nachfrage.
https://deutsch.rt.com/der-nahe-osten/52460-proteste-in-marokko-und-tunesien/

ManOfConstantSorrow

Ich glaube, man kann die Bedeutung der Unruhen im Nordafrikanischen Raum nicht hoch genug einschätzen.
Ich setze hier mal einen recht ausführlichen Bericht rein:

ZitatSozialrevolte in Marokko



Proteste im Rif weiten sich auf andere Landesteile aus

Die massenhaft getragene Sozialrevolte im Norden Marokkos zieht zunehmend breite Kreise. Auch beim Staatsbesuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron - seinem Antrittsbesuch bei den Regimes in Nordafrika - am 14. Juni bildete sie ein Thema, das angesprochen wurde. Dies hinderte den jungforschen französischen Präsidenten nicht daran, die Monarchie in Marokko unter dem Strich im Namen Frankreichs und der EU zu unterstützen.

Ein von zahlreichen Menschenrechts-, Solidaritäts- und Antirassismusgruppen in Frankreich getragener Appell bzw. Offener Brief an Macron, im Vorfeld seines Besuches, änderte daran nichts.

Just am Tag des Staatsbesuchs aus Frankreich fielen die Urteile in einem Massenprozess gegen 25 Aktivisten der sozialen Protestbewegung, welcher in der Provinzhauptstadt Al-Hoceima stattfand. 28 von insgesamt 32 Angeklagten wurden dabei zu je anderthalb Jahren Haft verurteilt.

Kapuze über den Kopf und verschleppt


Die Anklagepunkte lauteten dabei auf illegale Versammlung, Widerstand gegen die Staatsgewalt, in einigen Fällen wurden auch Gewalttätigkeiten gegen die Polizei behauptet. In Wirklichkeit ging die Gewalt natürlich, wie in einem autoritären Regime - das erst 2016 durch die Anti-Folter-Kommission der UN in Genf verurteilt wurde - üblich, vor allem von eben jener Polizei aus. Dabei handelt es sich nur um eine Spitze des Eisbergs der Repression.

Je nach Angaben wurden seit Ende Mai dieses Jahres über 100 (so die staatstragende marokkanische Presse) oder auch über 200 Personen aufgrund ihrer Teilnahme an den Protesten festgenommen und inhaftiert. Menschenrechtsvereinigungen zufolge muss in einigen Fällen von regelrechtem Kidnapping gesprochen werden, wenn Demonstrationsteilnehmer von Unbekannten - die sich nicht als Polizisten auswiesen - eine Kapuze über den Kopf gestülpt bekamen und/oder einfach mitgenommen und verschleppt wurden.

Einer der durch die Basis anerkannten Anführer der seit nunmehr acht Monaten andauernden, massiven Protestbewegung wurde seinerseits am 29. Mai festgenommen. Es handelt sich um den 39jährigen Erwerbslosen Nasser Zefzafi. Er hatte sich zunächst einem Zugriff durch die Staatsorgane ein paar Tage lang entziehen können.

Kritik am Imam: "Reaktionäre Inhalte"

Ihm wurde vorgeworfen, zuvor eine Predigt des Imams in der Hauptmoschee von Al-Hoceima unterbrochen zu haben, da er ihm sozialkonservative bis reaktionäre, gegen gesellschaftliche Veränderungen gerichtete Inhalte vorwarf. Zefzafi droht mehrjährige Haft.

Das Ergebnis der Festnahme Zefzafis, die zeitgleich mit der bisher massivsten Massenverhaftungswelle im Zusammenhang mit den Protesten, Ende Mai, erfolgte - seitdem kam es zu neuen Festnahmen - war jedoch vor allem eine breite Solidarisierung mit dem Repressionsopfer. Demonstrationsteilnehmer und -teilnehmerinnen bekundeten massenhaft: "Nehmt uns alle fest!"

Zefzafi wurde als aktives Sprachrohr der Protestbewegung durch eine junge Frau abgelöst, die 36jährige Nawal Benaissa; eine Mutter von vier Kindern, die sich mit Zustimmung ihrer Familie, trotz des Risikos einer jederzeitigen Festnahme, dem Protest anschloss.

In einer von konservativen Alltagspraktiken dominierten Region wie dem nordafrikanischen Rif-Gebirge ist es bemerkenswert, in welchem Ausmaß Frauen eine aktive Rolle in dieser Protestbewegung spielen und eigenständig agieren.

Die Ursachen der Protestbewegung


Zu den strukturellen Ursachen zählt natürlich die Benachteiligung und Unterwicklung dieser berbersprachigen Region - des Rif-Gebirges - im Norden Marokkos. Laut offiziellen Angaben haben 63 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner der Region keine offizielle wirtschaftliche Aktivität.

Den Behörden des Zentralstaats ist diese Region traditionell ein Dorn im Auge, da sie über starke anti-despotische, aber auch anti-koloniale Kampftraditionen verfügt. In den 1920er Jahren führte hier Spanien mit Unterstützung durch Frankreich - und Deutschland - einen besonders brutalen Kolonialkrieg, zudem auch Giftgaseinsätze gehörten.

Die französische kommunistische Linke glorifizierte damals den Anführer der Rif-Berber, Abdelkrim, als Helden. Aber auch die damaligen Surrealisten beteiligten sich seinerzeit an der Solidaritätskampagne für den antikolonialen Kampf im Rif-Gebirge. Bis heute markierte diese Kampftradition die, arme und von den Zentren des Landes eher abgelegene Region. Die marokkanische Monarchie stört sich daran umso mehr.

Die Basisbewegung, die seit Mitte Mai dieses Jahres stark anschwoll, hat zu einer Hegemoniekrise des monarchischen Systems in Marokko geführt. Der Protest oder jedenfalls die Solidarität griffen inzwischen auch auf andere Landesteile neben dem berbersprachigen Norden über. Am Sonntag, den 11. Juni kam es so zu einer massiven Unterstützungsdemonstration in der Hauptstadt Rabat.

"Hirak"

Im marokkanischen Dialekt-Arabisch wird die Protestbewegung allgemein als Hirak bezeichnet, eine Abwandlung vom Hocharabischen harakat (für "Bewegung"). Das, was die Bewegung bekämpft, wird dagegen vor allem mit dem Begriff der hogra belegt - vom Hocharabischen ihtaqara (für "verachten, missachten"). Es handelt sich dabei um einen Begriff zur Bezeichnung der Praktiken eines von Autoritarismus, Korruption und Selbstbedienung geprägten Regimes, der ursprünglich rund um die Jugendrevolte gegen das damalige Ein-Parteien-System im Nachbarland Algerien 1988 aufkam und dort nach wie vor sehr gebräuchlich ist.

Im Zuge der Demonstrationen im Frühjahr 2011 in Marokko, die im Zusammenhang mit den Ereignissen des so bezeichneten "Arabischen Frühlings" in Tunesien, Ägypten und anderen Ländern einsetzten, fand der Begriff auch in marokkanischen Gefilden Verbreitung.

Die Anfänge des aktuellen Protests

Begonnen hatte die Protestwelle der letzten Monate am Wochenende des 29./30. Oktober 2016. Damals kam ihr Ausbruch dem Regime gewissermaßen ganz besonders "ungelegen". Drohten sie ihm doch die große internationale Show kaputt zu machen, die das monarchische, feudal-kapitalistische Regime sich damals so schön ausgemalt hatte.

Seit einem Jahr hatte es die internationale Klimakonferenz COP22, zu der Vertreterinnen und Vertreter von 196 Staaten erwartet wurden, vorbereitet. Diese fand vom 07. bis 18. November in Marrakesch statt. In ihrem Vorfeld hatte Marokko sich als internationalen Musterschüler in Sachen Klimaschutz zu profilieren versucht und angekündigt, seine CO2-Emissionen bis im Jahr 2030 um 32 Prozent zu reduzieren. Riesige Solarenergie-Anlagen, die durch das Klima vor allem im wüstenhaften Süden Marokkos oder im Atlasgebirge begünstigt werden, sollen es möglich machen.

Dass Opposition, etwa gegen die Klimapolitik der Großmächte, im Vor- und Umfeld der Konferenz weitgehend unterdrückt wurde, und etwa die sehr aktive Vereinigung ATTAC-Marokko mit Versammlungsverboten überzogen wurde -, sollte dabei in den Hintergrund rücken. (Eine oppositionelle Kundgebung fand jedoch am 11. November statt, an der auch Vertreterinnen der französischen Linken teilnahmen. Auch zuvor war es zu eigenständigen Aktivitäten aus der marokkanischen Zivilgesellschaft gekommen).

Auszeichnung "Légion d'honneur" für einen Folterer?

Ebenso sollte der neue Prestigegewinn Marokkos vergessen machen, dass die bisweilen beobachtete Unterdrückung elementarer Menschenrechte Marokko noch vor kurzem internationale Negativschlagzeilen bescherte. Aufgrund einer Folterklage, die durch einen französisch-marokkanischen Doppelstaatsbürger erhoben worden war, wurde etwa der Chef des marokkanischen Nachrichtendiensts DGST - Abdellatif Hammouchi - im Februar 2014 vorübergehend in Frankreich festgesetzt. Die Justiz hatte ein Ausreiseverbot über ihn verhängt.

Die französische Staatsmacht bemühte sich aufgrund massiven Drucks des marokkanischen Regimes daraufhin allerdings nicht nur alsbald darum, den Affront vom Tisch zu wischen und ihm die Ausreise doch noch zu ermöglichen.

Ein Jahr später, im Februar 2015, ordnete die Pariser Regierung ferner auch an, Hammouchi das französische Verdienstkreuz Légion d'honneur zu verleihen. In jüngster Zeit machte Nachrichtendienst-Boss Hammouchi übrigens davon reden, indem er nun die marokkanischen Polizisten darauf drillen will, "sensibel für das Thema Menschenrechte" zu werden ...

Der Auslöser: Tod eines Fischhändlers im Müllwagen

Es hätte also alles so schön sein können. Hätte. Doch dann drohten ihm die innenpolitischen Proteste glatt einen Strich durch die Rechnung zu machen. Am 28. Oktober vorigen Jahres hatte der dreißigjährige, sozial prekäre Straßenhändler Mouhcine Fikri einen schrecklichen Tod gefunden. Die Polizei hatte seine Ware beschlagnahmt; offiziell, weil deren Verkauf gegen ein saisonales Fangverbot (es handelte sich um Schwertfisch) verstieß.

Eine solche Schutzbestimmung gilt allerdings deswegen, weil es gilt, die lokalen Fischbestände gegen das Leerfischen durch meist internationale Fangflotten zu schützen. Die bescheidene Ware des Straßenhändlers kam jedoch in Wirklichkeit, wie die Untersuchung einer marokkanischen Zeitung ergab, gar nicht von solchen Fabrikschiffen, wie sie oft aus Ländern der EU in marokkanische Gewässer einlaufen.

Sie stammte von kleinen Fischerbooten örtlicher Anwohner, die dann, wenn sie nur einzelne Exemplare herausziehen, nicht gegen die geltenden Schutzregeln verstoßen.

In Wirklichkeit ging es allerdings wohl auch gar nicht um diesen Vorwurf der Beteiligung an einer illegalen Praxis. Sondern wohl schlicht darum, dass die Polizei alltäglichen Schikanen gegen die prekären Straßenhändler ausübt, vor allem dann, wenn diese kein Schmiergeld abdrücken.

Um sich der, durch die Polizisten angeordneten Zerstörung seiner Ware zu widersetzen, kletterte der junge Mann ihr auf das Müllfahrzeug hinterher. Dabei wurde er durch den Luftzug hinabgesaugt, während zwei seiner Gefährten sich durch einen Sprung vom Fahrzeug retten konnten. Er wurde am Ende im Inneren des Müllwagens zermalmt. Umstritten bleibt, wie es genau dazu kommen konnte, und warum Mitarbeiter der Müllabfuhr auf den Auslöser drückten.

Schnell ging die Nachricht um, einer der beteiligten Polizisten habe in marokkanischem Dialektarabisch "Zermalme seine Mutter!" ausgerufen, dies wurde jedoch später durch anwesende Augenzeugen dementiert. Unfall oder vorsätzliche Tötung?, diese Frage ist nicht gänzlich geklärt - die Todesumstände des 30jährigen Fikri sind auf jeden Fall tragisch genug.

Großdemonstration in Al-Hoceima

Bilder von dem Vorfall (also von der entstellten Leiche des jungen Mannes) tauchten alsbald in den "sozialen Medien" auf und machten quer durch Marokko die Runde. Daraufhin setzten Demonstrationen ein, die vierzig marokkanische Städte erfassten. Aber auch in französischen Städten wie Montpellier, Paris und Lille sowie in Belgien und den Niederlanden wurde, meist vor konsularischen Einrichtungen Marokkos, protestiert.

Am 04. November 2016 kamen zu einer erneuten Großdemonstration in der Hafenstadt Al-Hoceima (diese zählt zwischen 200.000 und 30.000 Einwohner/innen) stattliche 60.000 Menschen zusammen.

Islamistische Verdammungsversuche

Ungünstig gestimmt über die Proteste äußerten sich unterdessen die Salafisten, denen ihr Bonus als vermeintlich "radikalste Opposition" flöten zu gehen droht.

Die Bartträger wetterten über undisziplinierte Elemente in den Demonstrationen im nordmarokkanischen Berbergebiet (wobei sie allerdings umgekehrt lobend den Ordnerdienst hervorhoben, welcher für Disziplin gesorgt habe) und über die "Urheber einer Fitna". Als Fitna bezeichnet man in der muslimischen Überlieferung eine Periode der Zwietracht "unter Muslimen", eines schädlichen und grundsätzlich negativen Bruderkriegs unter Gläubigen.

Es hat ihnen nicht geholfen: Allen islamistischen Verdammungsversuchen und aller Repression des Regimes zum Trotz hat sich die soziale Protestbewegung nun über relevante Teile des Landes ausgebreitet. Der Geist ist aus der Flasche...
https://www.heise.de/tp/features/Sozialrevolte-in-Marokko-3748009.html
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kuddel



Hier auch ein ausführlicher Bericht mit guten Hintergrundinfos...

ZitatProteste in Marokko:
,,Der König spricht lieber mit Le Président"




Viele der ursprünglichen Forderungen, die während der Proteste Ende letzten Jahres entstanden und sich noch ausschließlich gegen die ,,Hugra" richteten, also den Amtsmissbrauch der Politik, wurden ausgeweitet und beinhalten nun den Anspruch auf allgemeine Sozialleistungen wie Bildung und medizinische Versorgung. Selbst wenn konstitutionelle Forderungen und territoriale Ansprüche noch nicht explizit gestellt werden, scheint die Bewegung zu einem republikanischen Weltbild zu tendieren, das mit der konstitutionellen Monarchie Marokkos schwer zu vereinbaren ist. ,,Im marokkanischen Staat gibt es etwas Verfaultes, das nicht mit einem Budget zu lösen ist. Es braucht politische Veränderungen", sagte eine Aktivistin. Auch wenn Hirak bislang keine solchen Forderungen gestellt hat, scheint es nur eine Frage der Zeit – und eine bewusste, strategische Entscheidung, um das Momentum der Demonstrationen möglichst lange aufrecht zu erhalten. Vermutlich wird sich daran auch nicht so schnell etwas ändern. Als vor kurzem der französische Präsident Emmanuel Macron in Marokko zu Besuch war und sich an Stelle des Königs zu den Protesten äußerte, war die Wut darüber groß. ,,Der König spricht lieber mit Le Président als mit dem Rif", hieß es. Zum ersten Mal wurden Rufe nach Gewalt laut: ,,Silmiyya, c'est fini!" (,,Friedlich ist vorbei!").

Hunderte Festnahmen bei Demos am Ende des Ramadan

Mittlerweile ist die Protestwelle weit über den Rif hinausgewachsen und hat auch die Zentren der marokkanischen Elite erfasst – Städte wie Rabat und Casablanca zum Beispiel. Etwa 100 führende Mitglieder der Bewegung wurden festgenommen, seit die Proteste wieder an Fahrt gewonnen haben.

,,Im marokkanischen Staat gibt es etwas Verfaultes, das nicht mit einem Budget zu lösen ist. Es braucht politische Veränderungen", sagte eine Aktivistin. Auch wenn Hirak bislang keine solchen Forderungen gestellt hat, scheint es nur eine Frage der Zeit – und eine bewusste, strategische Entscheidung, um das Momentum der Demonstrationen möglichst lange aufrecht zu erhalten. Vermutlich wird sich daran auch nicht so schnell etwas ändern. Als vor kurzem der französische Präsident Emmanuel Macron in Marokko zu Besuch war und sich an Stelle des Königs zu den Protesten äußerte, war die Wut darüber groß. ,,Der König spricht lieber mit Le Président als mit dem Rif", hieß es. Zum ersten Mal wurden Rufe nach Gewalt laut: ,,Silmiyya, c'est fini!" (,,Friedlich ist vorbei!").

...
...
http://www.alsharq.de/2017/nordafrika/marokko/hirak-proteste-in-marokko-der-koenig-spricht-lieber-mit-le-president/


ManOfConstantSorrow

Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow

Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow

Auch wenn es in unseren Medien kaum erwähnt ist, Marokko kommt nicht zur Ruhe.

ZitatDer marokkanische König ,,begnadigt" über 1.000 Häftlinge – darunter auch viele aus der Protestbewegung des Nordens: Keine Organisatoren dabei



Marokko: Justice NOW for Mouhcine FikriAm Samstagabend, 29. Juli 2017, verkündete Mohammed VI. in seiner Ansprache zum 18. Jahrestag seiner Thronbesteigung die Freilassung von rund 1.120 Häftlingen, darunter etwa 120 aus der in der nordmarokkanischen Rif-Region seit Monaten protestierenden Hirak-Bewegung. Die Hirak-Anwälte bewerteten dies als ersten, aber längst nicht ausreichenden Schritt, da die Forderung sei, alle Inhaftierten frei zu lassen. Erst am 20. Juli, nach etwa zwei Wochen, in denen die enorme Polizeipräsenz dazu geführt hatte, dass es weniger Demonstrationen gab als im Mai und Juni, war eine angekündigte Demonstration mit einem uniformierten Massenaufgebot verhindert worden. Ob des Königs Versuch, auch mit heftiger Kritik an ,,den Behörden" versehen, erfolgreich sein wird, die Bewegung zu spalten?
http://www.labournet.de/internationales/marokko/soziale_konflikte-marokko/der-marokkanische-koenig-begnadigt-ueber-1-000-haeftlinge-darunter-auch-viele-aus-der-protestbewegung-des-nordens-keine-organisatoren-dabei/
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow

Über Marocco schwappte in den letzten Wochen eine gewaltige Welle der Repression.

Nordafrika kommt jedoch nicht zur Ruhe:


ZitatTunesien
Proteste gegen umstrittenes Amnestie-Gesetz




In Tunesien haben tausende Menschen gegen ein Amnestie-Gesetz protestiert, das in Korruption verwickelte Angehörige der früheren Führung vor Strafverfolgung bewahren soll.

Die Demonstranten zogen in der Hauptstadt Tunis über eine zentrale Straße, darunter auch führende Politiker der Opposition. Das Parlament hatte das umstrittene Gesetz am vergangenen Mittwoch verabschiedet, durch das korrupte Mitglieder des Regimes des 2011 gestürzten Präsidenten Ben Ali straffrei bleiben sollen. Die Regierung argumentiert, mit dem Amnestie-Gesetz würden die Vergangenheit abgeschlossen und die Wirtschaft angekurbelt. Kritiker fordern hingegen eine Aufklärung und Verfolgung der Vorgänge. Korruption gilt in Tunesien weiterhin als großes Problem.
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kuddel

ZitatPiketty: Der Nahe Osten ist die Region mit der größten Ungleichheit weltweit
12. Oktober 2017 Thomas Pany


Burj Khalifa, Dubai.

"Die obersten zehn Prozent haben mindestens 61 Prozent Anteil am Gesamteinkommen." Der französische Wirtschaftswissenschaftler kümmert sich um einen großen blinden Fleck der Nahostberichterstattung

Nur wenige Wirtschaftswissenschaftler werden wie der Franzose Thomas Piketty zu einem weltweit bekannten Star. Sein Buch Das Kapital im 21. Jahrhundert wurde mit der englischen Übersetzung im Jahr 2014 zu einem Bestseller. Bis März dieses Jahres wurden laut Piketty zwischen 2,6 und 3 Millionen Exemplare verkauft. Sein thematischer Schwerpunkt ist die Ungleichheit beim Vermögen und Einkommen, dabei legt er ein besonderes Augenmerk auf historische Entwicklungen.

Zum Phänomen Piketty gehört, dass wahrscheinlich nur eine Minderheit der Käufer den schön gestalteten, dicken Ziegel (im Print angeblich 816 Seiten) zu Ende gelesen haben dürfte. Dessen Botschaft packte der Spiegel zum Erscheinen der deutschen Ausgabe in die Kernaussage "Etwas ist faul im kapitalistischen System."

Zum Phänomen Piketty gehört daher auch, dass seine Thesen sofort Kritiker an die Decke gehen ließen, Widerspruch kam schnell, eine unübersehbare Zahl an Einwänden zu seiner Methodik und seinen Schlüssen, dazu eine Woge an Polemik. Seinem öffentlichen Image nach ist er ein kontroverser Ökonom, umso exponierter, da er sich, anders als viele Ökonomen, auf der linken Seite des Spektrums platziert. Im französischen Präsidentschaftswahlkampf unterstützte er offen den (erfolglosen) sozialdemokratischen Kandidaten Benoît Hamon, zeigte aber auch Sympathien für Jean-Luc Mélenchon

Die Abschaffung der Vermögenssteuer als historischer Fehler


Piketty meldet sich nach wie vor zu aktuellen Themen zu Wort. Er hat einen Blog bei Le Monde. Kürzlich postulierte er dort, dass er den Abbau bzw. Beseitigung (i.O. "suppression") der Vermögenssteuer für einen "historischen Fehler" hält halte.

Die Reaktionen auf das Wagnis, finanzielle Vorteile und Privilegien der Begüterten derart zur Debatte zu stellen, kamen reflexartig. Sie zielten ad Personam und waren en gros ablehnend: "Piketty ist kein Wirtschaftswissenschaftler" oder "Nein, Herr Piketty, der Abbau der Steuer war kein Fehler", etc..

Zum Phänomen Piketty gehört zuletzt auch, dass seine Thesen nicht neu sind. Er insistiert. Die Vermögenssteuer als Instrument zur Nivellierung der Ungleichheit hatte er schon in seinem "Kapital" vorgestellt und schon damals gab es harte Kritik von Kollegen: "Das Steuerkonzept von Piketty - ein großer Irrtum!"

Nur Südafrika kann es mit der Ungleichheit im Nahen Osten aufnehmen

Der Text ist weitaus länger und hier nachzulesen: https://www.heise.de/tp/features/Piketty-Der-Nahe-Osten-ist-die-Region-mit-der-groessten-Ungleichheit-weltweit-3859568.html

Kuddel

Das rebellische Nordmarokko beunruhigt den Staat

Marokko galt bislang als relativ ruhig. Doch eine Drehreise unserer Korrespondentinnen zeigt, wie sehr es im Land gährt - und wie die Behörden darauf reagieren. Ihr Bericht von einer Drehreise ins marokkanische Rif-Gebirge liest sich fast wie ein Thriller.


Uns war allerdings bewusst, dass es schwierig werden könnte. Die Mitglieder der Oppositionsbewegung Hirak sitzen fast alle seit Monaten im Gefängnis. Ihre Familien stehen unter hohem Druck. Viele haben nicht auf unsere Anrufe und Anfragen geantwortet. Der Staat hat in den letzten Monaten hart durchgegriffen.

Unser Hotel wird die ganze Nacht bewacht, ins Restaurant folgen uns Polizisten in Zivil. Als wir am nächsten Morgen Al Hoceima verlassen, folgen uns zwei Wagen.

Uns hat Marokko definitiv ein anderes Gesicht gezeigt als bei vorherigen Drehs. Die Konstanz, mit der wir am Drehen gehindert wurden, zeigt wie nervös die Regierung ist. Sie haben offensichtlich Angst, dass die Forderungen von Hirak auch im Rest des Landes Gehör finden könnten. "Im Moment wird innere Sicherheit größer geschrieben als Pressefreiheit", sagt uns ein Kenner des Landes.

Ausschnitte aus:
http://www.heute.de/wie-zdf-reporterinnen-bei-der-drehreise-durch-das-marokkansiche-rif-ueberwacht-wurden-48148744.html

! No longer available

ManOfConstantSorrow

ZitatProteste in der tunesischen Stadt Sejnane.

Die Revolution von 2011 enttäuscht die Menschen. ,,Es geht uns nicht besser."


November 23, 2017


,,Arbeit, Freiheit, nationale Würde, Wir sind alle Radhia Mechergui"

Versuchte Selbstverbrennung löst Proteste gegen Armut in Tunesien aus.

Tunis – Am gestrigen Mittwoch, dem 22. November 2017, trat die gesamte tunesische Stadt Sejnane in einen Generalstreik. Ausgelöst wurden die Proteste, nach dem sich eine Frau versucht hat selbst zu verbrennen. Der Frau wurde die Sozialhilfe entzogen. Die Demonstranten protestierten gegen die Armut in ihrer Region.

Öffentliche Einrichtungen, Geschäfte und Unternehmen wurden bestreikt.

Am gestrigen Mittwoch blieben Schulen, Unternehmen und Verwaltungen den gesamte Tag geschlossen. Mit Ausnahme von Apotheken, Krankenhausnotfallstationen und Bäckereien kam das gesamte öffentliche Leben in der Stadt zum erliegen, so ein Gewerkschaftsfunktionär und ein Aktivisten gegenüber der African Free Press AFP. In den soziale Netzwerken machen Videos von den Demonstrationen die Runde und zeigen eine große Masse an Menschen, die sich den Protesten auf der Straße angeschlossen hatten.

,,Arbeit, Freiheit, nationale Würde, Wir sind alle Radhia Mechergui"

,,Arbeit, Freiheit, nationale Würde, wir sind alle Radhia Mechergui", skandierten die Demonstranten auf den Straßen von Sejnane. Radhia Mechergui ist eine fünffache Mutter aus der Stadt, deren Ehemann krank ist und Sozialhilfe in Höhe von 150 Dinar (51 Euro) monatlich erhielt. Nachdem die Zahlung durch die Behörden eingestellt wurde und mehrere Widersprüche durch die Mutter unbeantwortet geblieben waren, versuchte sie sich im Gebäude der Präfektur selbst anzuzünden und umzubringen. Der Selbstmordversuch misslang, doch die Mutter von fünf Kindern liegt seit dem mit schweren Verletzungen im örtlichen Krankenhaus.

Entzug der Sozialhilfe war ungerechtfertigt – Sozialkasse muss Verantwortung tragen.

Nach einer ersten Untersuchung durch den Vizepräfekt der Region erklärte dieser, dass die Behörden keine Grundlage gehabt habe, der Frau die Sozialhilfe zu verweigern. Der Unterpräfekt von Sejnane sagte, ,,dass es keinen Grund gab, diesen Zuschuss zu stoppen". Sie profitierte von diesem Zuschuss bis 2016, bis das zuständige Amt für Sozialhilfe der Region beschlossen hatte, die Zahlungen zu stoppen ... . Es gab wirklich keinen Grund der Frau, die sich in einer schwierigen sozialen Lage befand, der Unterstützung zu berauben", so der Vizepräfekt Ali Hamdouni gegenüber AFP weiter. ,,Die Sozialhilfe muss die Konsequenzen dessen tragen, was sie angerichtet hat."

Die Revolution von 2011 enttäuscht die Menschen. ,,Es geht uns nicht besser."


Der Druck auf dem Kessel steigt in Tunesien. Viele Menschen hatten nach der friedlichen Revolution in Tunesien große Hoffnungen. Viele sind nach fast sieben Jahren enttäuscht. Gegenüber der AFP machte der örtliche Generalsekretär der UGTT Amor Barhoumi klar, dass der ,,Akt der Verzweiflung und der Wut von Radhia Mechergui der Funke ist, der den Zorn der Menschen in Sejnane entzündet hat". Denn ,,die Straße kocht. In Solidarität mit Radhia und weil alle bisherigen Regierungen, die es seit der Revolution gegeben hat, nichts für Sejnane getan haben. Der Aktivist Riadh Ben Cherif ergänzte: ,,Nach der Revolution freuten wir uns und dachten, dass sich die Dinge ändern würden. Aber es wird immer schlimmer". Er beklagt, neben anderen Übeln ,,eine steigende Armut, eine wachsende Zahl von Kindern, die die Schule abbrechen müssen sowie mangelnde Freizeit- und Kulturangebote.

In einem Bericht der Organisation FTDES, einer tunesischen NGOs, dass in einer Untersuchung die wirklichen Veränderungen in Tunesien seit dem Stürz der Diktatur von Ben Ali, analysierte, wurde deutlich, dass es Tunesien heute nicht wirklich besser geht. Das Ergebnis ist, trotz eines demokratischen Fortschritts, haben ,,Arbeitslosigkeit, Armut sowie soziale und regionale Ungleichheiten zugenommen". Daraus leitet die Organisation eine Warnung ab, dass diese negative Entwicklung das Risiko für politische Instabilität in Tunesien erhöht..
https://www.maghreb-post.de/proteste-in-der-tunesischen-stadt-sejnane/
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kuddel

Nach einer anhaltenden Repressionswelle in Marokko, kam es wieder zu einer Erruption von Protesten:

ZitatMarokko – Tod zweier Brüder in einem illegalen Bergwerk löst Proteste aus.

Jerada gibt es in ganz Marokko.




Nach dem Tod zweier Brüder, bei Grabungen in einer geschlossenen Mine, protestieren die Bürger des Ortes.

Oujda – In der Nähe der Stadt Oujda, im Nordosten Marokkos, kam es zu einer Tragödie, die die Menschen aufwühlt. In der kleinen Stadt Jerada starben zwei Brüder, im Alter von 23 und 30 Jahren, bei Tunnelgrabungen in einer geschlossenen Kohlemine. Das Unglück ereignete sich am vergangenen Freitag gegen sieben Uhr früh. Die insgesamt drei jungen Männer versuchten einen Verbindungstunnel zwischen zwei Belüftungsschächten zu graben, als sie plötzlich von eindringendem Grundwasser überrascht wurden. Nur einer der drei Männer konnte, nach Angaben des Nachrichtenmagazins Telquel, durch den Zivilschutz und durch die Feuerwehr gerettet werden. Die Rettungsarbeiten gestalteten sich schwierig, weil der Unglücksschacht 70 Meter tief gewesen sein soll. Die beiden Brüder schafften es nicht und könnten nur noch Tod geborgen werden.

Tod der Brüder löst Proteste in Jerada aus.

Der Tod der jungen Männer löste nun Proteste aus, die seit letztem Freitag anhalten. Die Tragödie reist alte Wunden auf und löst Wut sowie Frustration über die wirtschaftliche Situation in dem Gebiet aus. Rund um die Stadt Oujda lebten viele Ortschaften bis in die 1990 Jahre gut vom Bergbau. Der Bergbau in der Region geht teilweise noch auf die Besatzungszeit unter Spanien zurück. Das Gebiet ist reich an Erzen und Kohle. Jerada war eine lebendige Bergarbeiterstadt, bis der Bergbau unwirtschaftlich wurde und die Mine 1998 endgültig schloss. Seit dem ist es nicht gelungen neue wirtschaftliche Perspektiven für die Menschen zu entwickeln, obwohl es einige Projekte gegeben hat. Viele junge Menschen sind gezwungen die geschlossene Mine illegal weiter auszubeuten um Einkünfte zu erzielen. Die Behörden schauten meist weg. Dabei riskieren die jungen Menschen Gesundheit und bisweilen ihr Leben. Nach Angaben der Hohen Kommission für Planung (HCP), die marokkanische Statistikbehörde, ist Jerada eine der ärmsten Gemeinden Marokkos.


Sicherheitskräfte in Jerada greifen nicht ein – Demonstranten sind friedlich.

Die Zentralregierung in Rabat beobachtet die Lage in Jerada offensichtlich aufmerksam. Bei der gestrigen Beerdigung der verunglückten Brüder waren neben mehreren hundert Trauergästen (einige Medien berichten von mindestens tausend Teilnehmern) auch Sicherheitskräfte vor Ort. Man fürchtet Proteste und Unruhen. Doch die stattgefundenen Protestversammlungen blieben bisher friedlich, auch wenn die Menschen weiterhin ihre Wut zum Ausdruck bringen. Der marokkanische Premierminister Saad-Eddine El Othmani stellte sich im Parlament den Fragen der Abgeordneten zur Situation in Jerada und lud die Volksvertreter und Sprecher der Gemeinde zu Gespräch ein. Offensichtlich will man frühzeitig der Situation Aufmerksamkeit widmen, um ein zweites Al Hoceima zu verhindern.

Jerada gibt es in ganz Marokko.

Orte wie die von Oujda 60 km entfernte Kleinstadt Jerada gibt es in ganz Marokko. Hier sind Ortschaften im Rif aber auch im Hohen Atlas von Schließungen ehemaliger Bergbauunternehmen betroffen. Viele Unternehmen wurden noch unter der Kolonialzeit gegründet und verloren unter marokkanischem Management ihre Wettbewerbsfähigkeit. Aber auch der Preisverfall am Weltmarkt hat die Regionen getroffen. Gerade Kohle erlitt durch Australien einen rapiden Preisverfall, so dass es sich vielerorts nicht mehr rentierte eigenen Bergbau zu betreiben. So paradox es klingt. Es ist tatsächlich billiger Kohle per Schiff um die ganze Welt zu transportieren, als diese in Marokko, Frankreich oder Deutschland selbst abzubauen. Viele Orte, wie das an Erzen reiche Midelt im Hohen Atlas, die Kohlestadt Jerada oder das nahe gelegenen Taourit, kämpfen mit dem Strukturwandel. Außer dem Phosphatabbau konnte in Marokko kaum Rohstoffabbau bzw. Bergbau am Leben gehalten werden.
https://www.maghreb-post.de/gesellschaft/marokko-tod-zweier-brueder-in-einem-illegalen-bergwerk-loest-proteste-aus/

! No longer available




ManOfConstantSorrow

Nordafrika bleibt unruhig und spannend:

ZitatZum neuen Jahr Steuererhöhungen, Preiserhöhungen: Massenproteste in mehreren Städten Tunesiens – Todesopfer durch Polizeieinsatz


Demonstration gegen Teuerung in Douz in Tunesien in der Nacht zum 9.1.18

Die tunesische Regierung hatte zum 1. Januar 2018 zahlreiche Maßnahmen verkündet, um den Auflagen ihrer Kreditgeber zu entsprechen: Diverse Steuererhöhungen, die selbstverständlich zu Preiserhöhungen führten – nicht zuletzt bei Benzin und anderen Energiepreisen, Erhöhung der Importzölle auch auf Lebensmittel und weitere antisoziale Maßnahmen stellten einen ganzen Katalog der Grausamkeiten dar, der über eine Bevölkerung verhängt wurde, die ohnehin bereits durch massive Erwerbslosigkeit ernste Probleme in der Lebensführung hat. (Siehe den Verweis auf unsere Berichterstattung über die Erwerbslosenproteste seit 2016 am Ende des Beitrags). Nachdem bereits am Sonntagabend in der Hauptstadt eine Demonstration von der Polizei ,,aufgelöst" worden war, kam es am Montag, 08. Januar 2018 in mehreren Städten zu massiven Protesten, an denen sich viele Tausend Menschen beteiligten. In Tebourba, westlich von Tunis, besetzten DemonstrantInnen ein Behördengebäude, worauf die Polizei einen Großangriff organisierte, bei dem – offiziell an den Folgen des Einsatzes von Tränengas – ein Demonstrant starb, was weitere Proteste im Verlauf der vergangenen Nacht hervor rief. Die Proteste werden – laut verschiedenen Meldungen – vor allem von einem Netzwerk "Fech Nestannew" (Worauf warten wir) organisiert.
http://www.labournet.de/?p=126328
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kuddel

ZitatTunesien
200 Festnahmen bei gewaltsamen Demonstrationen




In Tunesien ist es die zweite Nacht in Folge zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften gekommen.

Es gab zahlreiche Verletzte, darunter auch etwa 50 Polizisten. Wie das Innenministerium mitteilte, wurden mehr als 200 Menschen festgenommen. Die Proteste richten sich gegen steigende Lebenshaltungskosten und die Sparpolitik der Regierung. In einer Vorstadt von Tunis wurde ein Supermarkt geplündert. Auch in anderen Städten kam es zu Ausschreitungen.
Gestern war bei Protesten ein Mann getötet worden.
http://www.deutschlandfunk.de/tunesien-200-festnahmen-bei-gewaltsamen-demonstrationen.2932.de.html?drn:news_id=837489

Kuddel

ZitatErneut hunderte Festnahmen bei Protesten


Proteste in Tunesien gegen die Sparpolitik der Regierung

In Tunesien hat es auch in der vergangenen Nacht wieder gewaltsame Proteste gegeben.

Korrespondentenberichten zufolge wurden Sicherheitskräfte in der Stadt Siliana mit Steinen und Brandsätzen angegriffen. Die Polizei ging mit Tränengas gegen die Demonstranten vor. Auch aus anderen Landesteilen wurden Zusammenstöße gemeldet.
Das Innenministerium sprach von mehr als 300 Festnahmen.

Es war bereits die dritte Nacht in Folge mit Ausschreitungen dieser Art. Die Proteste richten sich gegen steigende Lebenshaltungskosten und die Sparpolitik der Regierung.
http://www.deutschlandfunk.de/tunesien-erneut-hunderte-festnahmen-bei-protesten.2932.de.html?drn:news_id=837814

Kuddel

ZitatNach über 600 Festnahmen weiß die tunesische Regierung Bescheid: Hinter den Protesten steckt die Front Populaire. Oder, vielleicht auch: Schmuggler...

Jugendprrotest in Tunesien im Februar 2016 - gegen ErwerbslosigkeitWährend die Proteste gegen die Teuerung in Tunesien sich sowohl immer weiter ausbreiten und jetzt in allen Regionen des Landes stattfinden, als auch immer härtere Konfrontationen mit Polizei und Armee erleben, haben die (nicht nur) tunesischen Medien vor allem das Thema Plünderungen als Schlagzeile, ganz im Sinne der Regierung. Und während die Zahl der Festgenommenen jede Nacht um Hunderte ansteigt, weiß die konservative Regierung jetzt (endlich), was hinter den ganzen Protesten steckt. Natürlich nicht ihre eigene Politik, die die Teuerung fördert, sondern die linke Opposition der Volksfront. (Und falls das nicht besonders plausibel sein sollte, gibt es als Ersatz-Schuldigen auch noch Schmugglerbanden). Während die Polizei und andere Repressionsorgane auf der einen Seite Demonstrationen und Proteste verhindern sollen, sind sie andrerseits damit beschäftigt, das Jugend-Netzwerk ,,Worauf warten wir?" zu ,,enttarnen", das sich als eine der wesentlichen Kräfte bei der Organisierung der Proteste profiliert hat.
http://www.labournet.de/?p=126475

ZitatJahrestag der Revolution Proteste in Tunesien

In ganz Tunesien gehen junge Menschen wieder auf die Straße. Die Regierung beklagt Plünderungen. Probleme bereitet dem Land vor allem die Wirtschaft.




Die Bilder sind fast die gleichen wie vor sieben Jahren. Damals standen jungen Menschen auf der Avenue Bourguiba, der Prachtstraße im Zentrum von Tunis, und forderten den «Sturz des Regimes» - heute fordern sie den «Sturz des Finanzgesetzes». Die Demonstranten beklagen gestiegene Preise und zu hohe Steuern. Bei nächtlichen Demonstrationen in verschiedenen Orten des Landes kommt es zu Randale und Plünderungen. Die Polizei greift hart durch.

Mehr als 600 Menschen wurden bei den teils gewaltsamen Protesten in den vergangenen Tagen nach Angaben des Innenministeriums festgenommen. Es handele sich um Plünderer, die die sozialen Proteste gegen die Inflation und das seit Jahresbeginn geltende Finanzgesetz ausnutzten, sagte ein Sprecher des Innenministeriums der Deutschen Presse-Agentur. Allein in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag seien 328 Menschen festgenommen worden, weil sie öffentliches oder privates Eigentum beschädigt oder sich an Plünderungen beteiligt hätten.

Bereits die dritte Nacht in Folge war es im ganzen Land zu vereinzelten Zusammenstößen zwischen Protestierenden und Sicherheitskräften gekommen. Auch in Vororten der Hauptstadt Tunis setzte die Polizei wieder Tränengas ein. Auf Videos, die in den Sozialen Netzwerken kursierten, ist zu sehen, wie teils vermummte Menschen Straßensperren errichteten und anzündeten oder Supermärkte ausräumten und Fernseher und andere Elektrogeräte fortschleppten.

Ministerpräsident Youssef Chahed hatte zu Beginn der neuerlichen Protestwelle die Menschen um Verständnis für die Einführung des neuen Finanzgesetzes gebeten. Die Lage sei außergewöhnlich und das Land habe Probleme. «Aber wir glauben, dass 2018 das letzte schwierige Jahr für die Tunesier wird», sagte Chahed. Die Steuererhöhungen würden helfen, die Wirtschaft zu stabilisieren. Am Abend warf Regierungschef Chahed kriminellen Netzwerken und Oppositionspolitikern vor, die Unruhen anzustacheln.

    Fotostrecke: Proteste in Tunesien http://www.fr.de/fotostrecken/cme26466,1044157


Nach der Revolution 2011 hatte Tunesien weitreichende demokratische Reformen eingeleitet und der Staat gilt als Musterland des sogenannten «Arabischen Frühlings». Doch das kleine nordafrikanische Land bekommt seine großen wirtschaftlichen Probleme nicht in den Griff. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, fast jeder Dritte Hochschulabsolvent findet keine passende Anstellung.

Die Staatsverschuldung ist auf knapp 70 Prozent des Bruttoinlandprodukts gestiegen. Wichtige Investitionen bleiben aus, die Korruption grassiert. Islamistische Organisationen versuchen, aus dieser Lage Profit zu schlagen, was wiederum Investoren abschreckt.

Am kommenden Sonntag (14.1.) jährt sich der Jahrestag der Revolution zum siebten Mal. Am 14. Januar 2011 hatte der langjährige Machthaber Zine el Abidine Ben Ali nach 23 Jahren an der Spitze des Staates Tunesien fluchtartig verlassen. Zuvor hatte es mehrwöchige Demonstrationen im ganzen Land gegeben. Die Unruhen in Tunesien sprangen damals auch auf andere arabische Staaten wie Ägypten und Syrien über, ohne dass dort die Hoffnungen auf Liberalisierung und Demokratisierung erfüllt wurden. (dpa)
http://www.fr.de/politik/jahrestag-der-revolution-proteste-in-tunesien-a-1424402


Auch in Tunesien: Die Erbärmlichkeit linker Parteien:
ZitatEin Sprecher des linken Parteienbündnisses Tunesische Volksfront sagte, es sei »illegitim«, Staatseigentum zu zerstören, appellierte aber an Regierungschef Youssef Chahed, »Lösungen für die jungen Tunesier« zu finden.
https://www.jungewelt.de/artikel/325115.mehr-als-600-festnahmen-in-tunesien.html

Kuddel

Und wer sagt denn, daß gewaltsame Proteste nichts bringen?

ZitatEin Mindesteinkommen für bedürftige Familien, kostenlose medizinische Behandlung für Arbeitslose, leichter erhältliche Wohnkredite: Dies sind einige der Maßnahmen, mit denen die tunesische Regierung auf die Proteste reagiert, die seit einer Woche durch das ganze Land rollen.
http://www.dw.com/de/tunesien-das-d%C3%BCrre-erbe-der-revolution/a-42143689

Kuddel

Zitat,,Die tunesische Regierung hat nach teils gewaltsamen Protesten gegen die Erhöhung von Steuern und Preisen mehr Hilfen für Bedürftige angekündigt.Insgesamt sollten die Hilfsprogramme um umgerechnet rund 60 Millionen Euro aufgestockt werden, teilte das Sozialministerium mit. Das betreffe rund 250.000 Familien. Präsident Essebsi wird nach Angaben der Behörden heute erstmals überhaupt den von Armen bewohnten Stadtteil Ettadhamen in der Hauptstadt Tunis besuchen. – Zuletzt haben viele Tunesier ihrer Enttäuschung über wachsende wirtschaftliche Probleme Luft gemacht. In der vergangenen Woche wurden rund 800 Demonstranten in Gewahrsam genommen. Bei gewalttätigen Zusammenstößen wurden fast 100 Sicherheitskräfte verletzt" – aus der Meldung ,,Regierung will Sozialprogramme aufstocken" am 14. Januar 2018 im Deutschlandfunk http://www.deutschlandfunk.de/proteste-in-tunesien-regierung-will-sozialprogramme.1939.de.html?drn:news_id=838774 in der die Information über die gewaltätigkeit der Polizei ,,vergessen" wurde.
http://www.labournet.de/?p=126575



  • Chefduzen Spendenbutton