EuGH zu Leiharbeit: Kein Anspruch auf Festanstellung

Begonnen von bernie von zoom, 17:43:09 Do. 17.März 2022

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bernie von zoom

Diese Runde geht an die Leihgauner. Der Termin für die Equal Pay Verhandlung steht immer noch nicht fest.

ZitatWer jahrelang als Leiharbeiter den gleichen Job bei einem Unternehmen macht, hat nicht unbedingt Anspruch auf eine Festanstellung bei dieser Firma.
17.03.2022 - 17:06 Uhr
   
dpa


Das geht aus einem veröffentlichten Urteil des Europäischen Gerichtshofs Das geht aus einem veröffentlichten Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hervor. In der Entscheidung heißt es, dass ,,der Leiharbeitnehmer aus dem Unionsrecht kein subjektives Recht auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem entleihenden Unternehmen ableiten kann".

Hintergrund ist der Fall eines Mannes, der 55 Monate von 2014 bis 2019 als Leiharbeiter bei Daimler beschäftigt war und der nun ein festes Arbeitsverhältnis einklagt. Der EuGH betonte in seinem Urteil zwar auch, dass es missbräuchlich sein könne, einen Arbeiter jahrelang auf demselben Arbeitsplatz einzusetzen, es müssten aber auch sämtliche relevanten Umstände, vor allem Besonderheiten der Branche und nationale Regelungen berücksichtigt werden. Nach deutschem Recht gilt für eine Beschäftigung beim selben Entleiher seit 2017 eine Frist von 18 Monaten, die über einen Tarifvertrag aber ausgeweitet werden kann.

,,Wir begrüßen die Entscheidung des EuGH, dass aus dem Unionsrecht keine Begründung eines Arbeitsverhältnisses folgt, und sehen unsere Rechtsauffassung insofern bestätigt", teilte eine Sprecherin der Mercedes-Benz AG mit. Man sehe jedoch einen gewissen Spielraum beim nationalen Gericht, so müsse die finale Entscheidung aus Deutschland abgewartet werden.

Werner Stolz, Hauptgeschäftsführer des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (IDZ), teilte mit: ,,Erfreulicherweise gibt das Gericht auch weiterhin grünes Licht, von der Überlassungshöchstdauer durch Tarifverträge der Einsatzbranche abzuweichen." Konkret geht aus dem Urteil hervor, dass die Tarifvertragsparteien, also Vertreter von Arbeitnehmern sowie Arbeitgebern, sich untereinander auf entsprechende Regeln einigen können.

Enttäuscht reagierten der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Linke. ,,Es ist kein Wunder, wenn bei einem solchen Urteil die Arbeitgeber jubeln", sagte Linken-Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow. Das Urteil zeige, wie exzessiv Leiharbeit aufgrund lascher Regeln reguläre Arbeit ersetze. Sie gehöre abgeschafft. Stefan Körzell, DGB-Vorstandsmitglied, sagte, es sei bedauerlich, dass weiterhin derselbe Arbeitsplatz über längere Zeiträume mit Leiharbeitenden besetzt werden könne. Eine Festanstellung durch den Entleihbetrieb sei die bessere Lösung.

Die Zahl der Leiharbeiter in Deutschland ist in den vergangenen Jahren bis kurz vor Beginn der Corona-Pandemie gestiegen. Jüngsten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zufolge gab es 2013 rund 865.000 Menschen in Leiharbeit, im Jahresschnitt 2018 waren es schon mehr als eine Million. 2020 - im ersten Jahr der Pandemie - sank die Zahl zwischenzeitlich auf gut 740.000, lag aber Mitte 2021 wieder bei mehr als 830.000. Aktuellere Zahlen der Bundesagentur liegen nicht vor, der IDZ berichtet aber von einer weiterhin steigenden Tendenz.

Die meisten Leiharbeiter sind mit einem Anteil von knapp 30 Prozent in der Lagerwirtschaft tätig. Es folgt mit deutlichem Abstand von fast mehr als 20 Prozentpunkten die Metallbearbeitung. Aber auch im Maschinenbau, Büros und Sekretariaten gibt es viele Zeitarbeiter.
https://www.handelsblatt.com/dpa/arbeit-eugh-zuleiharbeit-keinanspruch-auf-festanstellung/28174358.html

Die Linke dazu

Zitat17. März 2022
EuGH: Leiharbeit darf nach EU-Recht jahrelang dauern

Laut dem heutigen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) besteht auch nach jahrelanger Tätigkeit als Leiharbeiter nach EU-Recht kein Anspruch auf Festanstellung. Nach deutschem Recht gelten 18 Monate Überlassungshöchstdauer, von denen aber durch Tarifverträge abgewichen werden kann.

Die Vorsitzende der Partei DIE LINKE, Susanne Hennig-Wellsow, erklärt dazu:

Das Urteil zeigt wie exzessiv Leiharbeit aufgrund der laschen Regeln reguläre Arbeit ersetzt. Dass ein Beschäftigter 55 Monate als Leiharbeiter bei der Daimler AG tätig sein darf, ist ein offensichtlicher Missbrauch von Leiharbeit. Es ist kein Wunder, wenn bei einem solchen Urteil die Arbeitgeber jubeln.

DIE LINKE fordert langfristig die Abschaffung von Leiharbeit. Bis Leiharbeit abgeschafft ist die gleiche Bezahlung plus 10% Flexibilitätszulage. Es wäre auch ein sinnvoller Zwischenschritt, wenn die Höchstüberlassungsdauer in Deutschland sich endlich auf den Arbeitsplatz statt auf den Beschäftigten beziehen würde.
https://www.die-linke.de/start/presse/detail/eugh-leiharbeit-darf-nach-eu-recht-jahrelang-dauern/

karl.

Hallo bernie,

in der Begründung heißt es:
ZitatDer EuGH betonte in seinem Urteil zwar auch, dass es missbräuchlich sein könne, einen Arbeiter jahrelang auf demselben Arbeitsplatz einzusetzen, es müssten aber auch sämtliche relevanten Umstände, vor allem Besonderheiten der Branche und nationale Regelungen berücksichtigt werden. Nach deutschem Recht gilt für eine Beschäftigung beim selben Entleiher seit 2017 eine Frist von 18 Monaten, die über einen Tarifvertrag aber ausgeweitet werden kann.

Die IGM hat ja im TVLeiZ vereinbart, dass eine Höchstüberlassung bis zu 48 Monaten betrieblich vereinbart werden kann. Was Daimler vereinbart hat ist mir momentan nicht bekannt.
Wenn der LAN Glück hat muss er vielleicht übernommen werden weil mit 48 Monaten die tariflich mögliche Höchstüberlassungsdauer um 7 Monate überschritten wurde.

Der TV LeiZ der IGM ist kein Ruhmesblatt ihrer Tarifpolitik weil er die gesetzliche Höchstüberlassungsdauer (18 Monate) unterbietet.


Tiefrot

Urteil, Begründung und diese Tarifverträge sind ein Festival des Konjunktivs !  :Q
Denke dran: Arbeiten gehen ist ein Deal !
Seht in den Lohnspiegel, und geht nicht drunter !

Wie bekommt man Milllionen von Deutschen zum Protest auf die Straße ?
Verbietet die BILD und schaltet Facebook ab !

bernie von zoom

Bei verdi ist mir ein Tarifvertrag bekannt der bis 48 Monate zulässt. Der für die Versicherungen. Wenn ab dem ersten Tag EP gezahlt wird
Zitat§ 1 Erweiterung der Höchstüberlassungsdauer
Abweichend von § 1 Abs. 1b S. 1 AÜG können maximal 5 % der im Unternehmen beschäftig-
ten Angestellten im Wege der Arbeitnehmerüberlassung für die Dauer von bis zu 48 Monaten
entliehen werden, wenn auf diese entliehenen Angestellten vom ersten Tag der Beschäftigung
im Einsatzbetrieb des unter den Geltungsbereich dieses Tarifvertrages gefassten Unterneh-
mens die Grundsätze ,,equal pay" und ,,equal treatment" (§ 8 Abs. 1 AÜG) Anwendung finden.
Es dürfen also keine zu Ungunsten des/der Angestellten abweichende Regelungen gem. § 8
Abs. 2 AÜG bestehen.
https://www.agv-vers.de/tarifpolitik/tarifvertraege.html

Bei Geld und Wert gilt ebenfalls EP ab dem ersten Tag, ohne Verlängerung. LAN sind dort sehr selten im Einsatz.


karl.

Hallo bernie,

unter:
https://www.noerr.com/de/newsroom/news/leiharbeit-eugh-erteilt-einer-arbeitsplatzbezogenen-betrachtung-der-hochstuberlassungsdauer-klare-absage

gibt es eine genauere Begründung des EuGH.

unter dem Untertitel:" Der Sachverhalt"

heißt es:
ZitatDie Beklagte hingegen vertrat die Ansicht, der Begriff ,,vorübergehend" sei seit dem 01.04.2017 geklärt. Tarifverträge können seither von der gesetzlichen Höchstüberlassungsdauer abweichen. Die in der streitgegenständlichen, aufgrund eines entsprechenden Tarifvertrags abgeschlossenen Gesamtbetriebsvereinbarung vorgesehenen 36 Monate seien damit wirksam vereinbart und nicht überschritten worden, da Zeiten vor dem 01.04.2017 nicht zu berücksichtigen seien.

Letzter Ansicht schloss sich das Arbeitsgericht Berlin an und wies die Klage ab. Im Zuge der eingelegten Berufung legte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg dem Europäischen Gerichtshof die nun beantworteten Fragen vor.
Die Entscheidung des EuGH

Die Aushebelung der gesetzlichen Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten durch den IGM-TV LeihZ  ermöglicht solche Zustände. Das Verfahren wird also an das Arbeitsgericht Berlin zurückgehen. Und das werden sich bestätigt fühlen in ihrem ersten Urteil.



karl.

https://www.personalorder.de/index.php?load=2,1&art_id=179494

Der Sekt ist entkorkt.
ZitatiGZ-Hauptgeschäftsführer Werner Stolz: ,,Das Urteil der Zweiten Kammer bestätigt die iGZ-Verbandsposition, dass sich die Überlassungszeit auf den jeweiligen Zeitarbeitnehmer und nicht auf den Arbeitsplatz beziehen sollte.

Ob die DGB-Tarifgemeinschaft Leiharbeit kapiert, dass ihnen mal wieder ein Zahn gezogen wurde?

karl.


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