Praktischer Antikapitalismus

Begonnen von Kuddel, 16:39:17 So. 22.Januar 2017

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Kuddel

Wenn man sich in der linken Szene umhört nach antikapitalistischen Aktivitäten, dann nennt man sofort den Protest gegen den G20 Gipfel in Hamburg Juli. Die Vorbereitungen laufen und auch die Presse schießt sich schonmal warm.

Ich bin ja nicht gegen Proteste bei dem Gipfel.
Ich finde es aber befremdlich,  daß man all seine Energien auf einen Tag im Jahr konzentriert, um gegen den Kaptialismus zu kämpfen und 364 Tage sich ihm unterwirft und brav mitspielt. Die Frage ist doch, wie kann man einen Widerstand im Alltag aufbauen, wie kann man den Arbeitsplatz zum Kampffeld machen? Viele Linke sind prekär beschäftigt. Sie sind militant auf der Straße in Auseinandersetzungen mit der Polizei, doch sie sind oftmals still und hilflos ihrer eigenen ökonomischen Situation gegenüber.

counselor

Der Kampf am Arbeitsplatz ist schwierig. Schnell sieht man sich Vorwürfen ausgesetzt,  man hätte den Betriebsfrieden gefährtdet.  Was man aber tun kann,  ist, mit den Kollegen über linke Alternativen zu diskutieren, um sie dafür zu gewinnen. Und natürlich auch dafür, dass sie an gewerkschaftlichen Kämpfen teilnehmen.
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

Rudolf Rocker

...und man wird schnell feststellen, das man (mindestens) einen Kollegen hat, der sofort zum Chef rennt und ihn darüber informiert! Grade bei kleinen Klitschen ein echtes Problem! :(

Kuddel

Zitat von: Rudolf Rocker am 17:23:16 So. 22.Januar 2017
...und man wird schnell feststellen, das man (mindestens) einen Kollegen hat, der sofort zum Chef rennt und ihn darüber informiert! Grade bei kleinen Klitschen ein echtes Problem! :(

Das Problem gibt es schon so lange es den Kapitalismus gibt.
Trotzdem waren immer wieder Kampfe, ja richtige Wellen an Arbeitskampfen möglich, die übergesprungen sind und andere mitgerissen haben. Man muß halt irgendwo anfangen.

Meine Kritik ist, daß in der Linken Szene der eigene Alltag mit seinen ökonmischen Problemen viel zu wenig diskutiert, bzw. überhaupt als möglicher Ansatzpunkt gesehen wird.

Daß der Anfang nicht leicht ist, ist schon klar. Und daß man verlieren kann, wenn man kämpft, sollte auch bekannt sein. Daß man aber freiwillig verliert, weil man nicht einmal versucht zu kämpfen, will ich nicht hinnehmen.

Rudolf Rocker

Ich hab mindestens drei Jobs verloren, weil ich den Kollegen klar machen wollte, das sie vom Chef verarscht werden.
Nicht, das ich das jetzt schlimm finde ;D, aber es zeigt eben doch, das man als Einzelperson in kleinen Firmen keine Chance hat.
Leider steht man ja auch als radikaler Linker in der Gewerkschaft zunehmend alleine da.

Kuddel

Ja, das trifft schon die Situation.
Aber das wäre doch ein Thema mal zu diskutieren, wo es unter diesen schwierigen Konditionen einen Ansatzpunkt gibt.

Wir hatten uns mal regelmäig getroffen aus verschiedenen Alternativklitschen. Einmal pro Woche, zusammen kochen, dann diskutieren, Flugblätter entwerfen, Aufkleber basteln, Fragebögen zur Arbeitssituation entwrfen, sich mit anderen Leuten treffen und nicht zuletzt direkte Aktionen. Es dauerte rund ein Jahr bis es Wellen geschlagen hat, aber es war dann durchaus cool wieviel es dann ausgelöst hat.

Gut Ding braucht Weile.

Es gibt auch linke Kollektive, z.T. im FAU Umfeld, die zahlen sich nichteinmal den Mindestlohn.
Auch sowas sollte diskutiert werden.

rebelflori

Das hat auch was mit perfekten zu tun. Habe das gleiche Problem, in der Umschulung. Die anderen, wollen was ändern.  Mir wäre das zwar auch recht, aber ich will nicht mitmachen.

rebelflori

Glaube das liegt auch daran, das sie sich etwas blöd anstellen. Weil wenn ich was sage, bin ich blöd, auch wenn das Eintritt.

Kuddel


Rudolf Rocker


rebelflori

Zitat von: Kuddel am 09:56:27 Mo. 23.Januar 2017
ohjeh!
Vielleicht habe ich mich gestern, etwas missverständlich ausgedrückt. Ein Glück bin erst mal ein paar Tage krank.
Wenn ich jemanden erzähle, lass lieber denn Praktumsbetrieb sein. Da habe ich schon schlechtes drüber gehört. Bin ich blöd.
Wenn ich dann nach meinen Angaben einen Praktumsbetrieb suche, der um einiges besser ist. Bin ich blöd. Sry mit so welchen Menschen, versuche ich nichts zu reißen.

Kuddel

Zitat,,Erst mal den Finanzsektor vergesellschaften"
Grace Blakeley ist Ökonomin und erst 26, aber auf bestem Wege, in Großbritannien zur Stimme einer Generation zu werden: jener Millennials nämlich, die überzeugt sind, dass in einem der kapitalistischsten Länder der Erde die Zeit reif für den demokratischen Sozialismus ist.
https://www.freitag.de/autoren/pep/erst-mal-den-finanzsektor-vergesellschaften

Naja, sie scheint noch zu glauben, so etwas könnte man durch Wahlen hinkriegen.

ManOfConstantSorrow

Ich glaube, wenn wir jetzt nach Frankreich blicken, können wir eine Menge lernen über antikapitalistische Kämpfe und Kampfformen.

Kämpfe um ökonomische Fragen (Löhne, Mieten, Stütze, Renten) sind hochpolitische Kämpfe, sind Klassenkampf und richten sich gegen das Herz des kapitalistischen Systems: Die Eigentumsverhältnisse.
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

BGS

Zitat von: ManOfConstantSorrow am 19:43:54 Mi. 04.Dezember 2019
Ich glaube, wenn wir jetzt nach Frankreich blicken, können wir eine Menge lernen über antikapitalistische Kämpfe und Kampfformen.

Kämpfe um ökonomische Fragen (Löhne, Mieten, Stütze, Renten) sind hochpolitische Kämpfe, sind Klassenkampf und richten sich gegen das Herz des kapitalistischen Systems: Die Eigentumsverhältnisse.

Genau. Die jetzigen "Eigentumsverhältnisse" sind nicht in Stein gemeisselt!

MfG

BGS
"Ceterum censeo, Berolinensis esse delendam"

https://forum.chefduzen.de/index.php/topic,21713.1020.html#lastPost
(:DAS SINKENDE SCHIFF DEUTSCHLAND ENDGÜLTIG VERLASSEN!)

Kuddel

Bin gerade über diese Zeilen gestolpert. Sind fast 30 Jahre alt und doch wie taufrisch:

ZitatWir werden nur ernst genommen werden, wenn wir die gesellschaftlich real vorhandenen Probleme ansprechen, wenn wir mit vielen reden, wenn wir uns darauf einlassen, daß unterdrückte Menschen (und das sind auch wir) natürlich in irgendeiner Weise auch ,,kaputt" sind: vereinzelt, obrigkeitshörig, spießig, rassistisch, frauenfeindlich ... Ein emanzipatorischer Prozeß, eine Revolution kann nicht die Menschen durch neue ersetzen, sie muß die alten verändern.

Ferragus

Sicherlich muss man auf Probleme weisen, auch wenn man sich manchmal dusselig dabei vorkommt, weil sie so offensichtlich sind - wer hat schon Lust dauerhaft den Hinweis und Erklärbär zu spielen,- klar: manchmal geht das auch nebenbei, fast von allein.Wer sehnt sich sich da nicht manchmal nach mündigen Kollegen und Kolleginnen? Für manche sind  es dann auch keine Probleme, weil man gelernt hat, das irgendeine Expertin/Institution dafür zuständig ist und einem die Verantwortung damit genommen ist.
Das Rätsel ist doch eher: Wie kann das Bewusstsein der eignen Knechtschaft erweckt werden? - es zirkulieren doch fast nur alte Rezepte, die wiedergekäut werden, und man gewinnt den Eindruck als wäre die Opposition  der Aufgabe, der Gegenwart gar nicht gewachsen.

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