Von der Willkommenskultur zum Abschiebungswettbewerb

Begonnen von dagobert, 18:18:39 Mo. 05.Juni 2017

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dagobert

ZitatVon der Willkommenskultur zum Abschiebungswettbewerb

Vorbemerkung

Dieser Artikel wurde von einer antirassistischen Aktivistin geschrieben, die seit Ende der 1990er Jahre Migrationsbewegungen und die Kämpfe Geflüchteter beobachtet und unterstützt. Seit anderthalb Jahren arbeitet sie zudem (wieder) als hauptamtliche Flüchtlingsberaterin in einer westdeutschen Großstadt. Die Veränderungen im öffentlichen Diskurs, in der Wahrnehmung Geflüchteter wie auch den Resonanzboden der Diskurse auf der legislativen Ebene des Asyl- und Aufenthaltsrechts bekam sie sehr direkt mit – in ihrem Arbeitsalltag wie in ihrem politischen Umfeld. Trotzdem ist dieser Artikel eine sehr subjektive Sicht auf gegenläufige Entwicklungen, die von einer weiterhin relativ ,,flüchtlingsfreundlichen" Grundstimmung in der städtischen Zivilgesellschaft und einem mittlerweile europaweiten hegemonialen neu-rechten Diskurs, der auf Abschottung und Abschiebung zielt, geprägt sind.

In diesem Artikel versucht sie, die enorme Diskrepanz zwischen dem, was sie in ihrer politischen Arbeit wie auch in ihrer bezahlten Beratungsarbeit erlebt, dem, was gleichzeitig politisch diskutiert wird und dem, was ihr politisch notwendig scheint zu skizzieren.


[...]
Bei Afghanistan wird immer wieder auf die inländische Schutzalternative verwiesen, die es aber nach Auffassung sämtlicher Experten – einschließlich des UNHCR – nicht gibt. Ein Klient, dessen Freund von Taliban enthauptet wurde – der Kopf wurde anschließend an seine Familie geschickt – wurde mit der Begründung abgelehnt, er selbst sei ja nicht bedroht. Dieselbe Begründung erhielt ein Klient, dessen Bruder ermordet worden war. Eine alleinstehende Frau Mitte fünfzig, ohne familiäre Anbindung in Afghanistan, wurde mit der Begründung abgelehnt, sie könne als Lehrerin ihren Lebensunterhalt selbstständig verdienen.

Diese Begründungen belegen die Qualität der  ,,sorgfältigen Einzelfallprüfungen", die jeder ,,Rückführungsmaßnahme" vorangehen sollen. Wer sich nur ein bisschen mit der Realität in dem Bürgerkriegsland befasst, erkennt ihre Absurdität.
[...]
Seit Mitte März 2017 sollen sogar innereuropäische Abschiebungen nach Griechenland wieder aufgenommen werden. Diese waren wegen ,,systemischer Mängel" seit 2011 ausgesetzt. Die systematischen Mängel sind heute gravierender als vor sechs Jahren; die Zahl der unter unmenschlichen Bedingungen lebenden Flüchtlinge ist viel höher, im letzten Winter sind mehrere Menschen auch in offiziellen Flüchtlingscamps erfroren. Aber es geht längst nicht mehr um europäische Standards, es geht darum, sich im Wahljahr um jeden Preis größere Flüchtlingszahlen vom Hals zu halten.
[...]
Dass ein solches Migrationsregime auf Dauer nicht funktionieren kann, ist eigentlich für jeden denkenden und (mit-)fühlenden Menschen sonnenklar. Natürlich, es hat in der Geschichte der Menschheit immer Migrationsbewegungen gegeben, und immer gab es auch mehr oder weniger offene Aufnahmegesellschaften mit mehr oder weniger durchlässigen Grenzen. Die globale Migrationsbewegung des 21.Jahrhunderts hat aber eine andere Dimension als die früherer Zeiten. Zum einen wegen der globalisierten Kommunikations- und Verkehrswege. Zum anderen weil es immer mehr Regionen der Welt gibt, die aufgrund von Klimakatastrophe, Verschmutzung von Wasser, Böden und Luft, von Kriegen oder schlicht von sozio-ökonomischer Zukunftslosigkeitpraktisch unbewohnbar werden. Und die Orte mit relativer Sicherheit und relativem Wohlstands werden parallel immer weniger.

Die Welt globalisiert sich und fällt zugleich auseinander. Die logische Konsequenz ist, dass nicht nur Kapital- und Warenverkehr, sondern auch die Bewegung der Migration in einer solchen Welt zunimmt. Eine solche Bewegung wird niemand stoppen, ohne jedes Menschenrecht und jeden internationalen Standard über Bord zu werfen. Das wäre offener Faschismus bzw. globale Apartheit. Eine Welt, in der sich als Normalität durchgesetzt haben wird, dass der eine Teil der Menschheit in Sattheit und Sicherheit alle Lebenschancen genießt, während der andere zugrunde zu gehen hat.
[...]
Doch im Regierungssprech ist die Floskel von der ,,Bekämpfung der Fluchtursachen" mittlerweile zur Chiffre für immer neue Rückübernahmeabkommen, Migrationsdeals, Aufrüstung des Grenzschutzes usw. geworden. Fluchtursachen werden nun durch Grenzkontrollen, Kollaboration mit Diktaturen, die Ausstattung afrikanischer Unrechtsregime mit Überwachungstechnologie und dem Abschneiden der Fluchtrouten bekämpft. Fluchtursachen, so die Logik, werden dann wirkungsvoll bekämpft, wenn die Flüchtlinge nicht mehr in Europa ankommen – und möglichst auch nicht mehr an europäischen Küsten angeschwemmt werden.
https://w2wtal.noblogs.org/post/2017/05/29/von-der-willkommenskultur-zum-abschiebungswettbewerb/
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

Kuddel

Es gibt eine breite Front von AfD bis Volksparteien, die über Mainstreammedien und facebook das politische Klima mit Parolen wie "Einwanderung in die Sozialsysteme" prägen.

Die Realität der Migrationsbedingungen wird dabei ignoriert. Wenn man nicht im Mittelmeer umgekommen ist, geht der Alptaum weiter:

ZitatProteste auf Samos:
Forderungen nach Rechten, Freiheit und Gesundheitsversorgung




Im Kontext der anhaltenden humanitären Krise um die Flüchtlingsbevölkerung ist Samos die ägäische Insel, die die Menschen oft vergessen. Sie existiert im Schatten von Lesbos, die Menschen sind mit dem Namen Moria und den damit verbundenen Bildern vertraut. Doch bis vor kurzem wurde über das Vathy Reception Centre auf Samos kaum diskutiert und nur wenig darüber berichtet. In den letzten 6 Monaten ist die Flüchtlingsbevölkerung auf der Insel stark angestiegen und gegen Ende 2018 und in den ersten Wochen des Januar 2019 schwankte sie zwischen 4.000 und 5.000 Menschen. Das Aufnahmezentrum verfügt aber nur über eine offizielle Kapazität von 700 Personen, so dass die Mehrheit der Menschen heute außerhalb der Zäune des Zentrums in einem Bereich lebt, der als ,,Dschungel" bezeichnet wird.

Vor diesem krassen Anstieg, wenn man zum ersten Mal auf der Insel ankam, wurde man von Frontex in Empfang genommen, die Identität festgestellt, registriert und dann wurde ein Platz im Empfangszentrum gefunden, entweder in einem Container oder in einem Zelt. Jetzt, aufgrund des großen Andrangs, bleibt der Registrierungsprozess zwar derselbe, aber danach wird man in den ,,Dschungel" geschickt, um sich selber einen Schlafplatz zu suchen oder ein Zelt in einem der Geschäfte in der kleinen Stadt Vathy zu kaufen. Infolgedessen leben viele Menschen, darunter Familien mit Kleinkindern und unbegleitete Minderjährige, in provisorischen Unterkünften, auf Holzpaletten, mit Steinen und Planen zusammengezimmert, um wenigstens Schutz vor den extremen Stürmen zu finden, die die Insel auch im Winter heimsuchen. Die Verpflegung erfolgt durch das Aufnahmezentrum, wobei die Wartezeit für jede der drei Mahlzeiten pro Tag, auf die alle Anspruch haben, nach aktuellen Schätzungen 5 Stunden beträgt. Diese Bedingungen stellen eine anhaltende Belastung dar, das Asylverfahren kann einige Monate bis zu eineinhalb Jahre dauern, wobei sich die Menschen hilflos fühlen, in der Luft hängen und nur eingeschränkten Zugang zu Rechten und Freiheiten haben, die auf die Insel beschränkt sind, bis ihr Fall endlich bearbeitet wird.

Unter diesen Bedingungen ist es nicht verwunderlich, dass Proteste an der Tagesordnung sind. Die Flüchtlingsbevölkerung protestiert gegen die schlechten Bedingungen, die unzureichende Versorgung mit Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung sowie gegen das Asylverfahren in Griechenland, das Menschen für Wochen, Monate und zunehmend für Jahre in eine ungewisse Zwangslage bringt. Inzwischen ist eine verstärkte Polizeipräsenz rund um das Vathy Reception Centre ist sichtbar. Der obere Zugang zum Lager ist jetzt schwer bewacht und nicht mehr zugänglich. Die neu installierten chemischen Toiletten im ,,Dschungel" wurden zweckentfremdet und bilden nun eine Barrikade auf der Hauptstraße ins Lager. Der Müll, der in Brand gesteckt wurde, wabert in großen Rauchschwaden über das Lager und die Berge. Es ist möglich, das Lager über den unteren Ausgang zu verlassen, aber nur durch eine einzige Tür. Über den Lautsprecher im Aufnahmezentrum, der die primäre Kommunikation zwischen der Lagerleitung und der Flüchtlingsbevölkerung darstellt, wird über abgesagte Asylgespräche, die für den Tag geplant waren, informiert.

In dieser Atmosphäre herrscht eine spürbare Anspannung, während sich Bewohner des Empfangszentrums und Polizei vermischen und darauf warten, was als nächstes geschehen wird. Die Polizei ist nicht nur im Aufnahmezentrum, sondern auch auf den ein- und ausgehenden Straßen präsent. Sie tragen Schlagstöcke und einige halten Schutzschilde vor sich. Die Demonstranten, in den letzten Tagen friedlich, fordern das Recht auf Freiheit und Gesundheitsversorgung. Doch die Stimmung in und um das Aufnahmezentrum von Vathy hat sich verändert, jetzt, wo die Zugangsbeschränkungen strenger geworden sind, ist sie angespannt. Die Menschen sitzen auf dieser Insel fest, mit wenig oder keiner Information darüber, wie lange sie noch bleiben müssen, und unter immer schlechteren Bedingungen. Vor diesem Hintergrund sind erhöhte Spannungen nicht überraschend. Es bedarf eines stärkeren Bewusstseins für die Bedingungen auf dieser Insel und einer größeren Transparenz für diesen Prozess, der die Menschen für 18 Monate festhält, unter Restriktionen, die ihnen die Freiheit nehmen.

Dr. Amanda Russell Beattie (Universität Aston)

Dr. Gemma Bird (Universität Liverpool)


https://www.pressenza.com/de/2019/01/proteste-auf-samos-forderungen-nach-rechten-freiheit-und-gesundheitsversorgung/

counselor

ZitatEINWANDERUNG - Auf Bedarfe der Monopole zugeschnitten

Vor einem Jahr trat Horst Seehofer (CSU) ab, der verhasste Bundesinnenminister der letzten Merkel-Regierung, der sich die Abschiebung von 69 afghanischen Flüchtlingen aus Deutschland zum Geburtstag schenken ließ.

Quelle: https://www.rf-news.de/2022/kw48/auf-die-bedarfe-der-monopole-zugeschnitten-menschen-interessieren-nicht
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

ManOfConstantSorrow

https://twitter.com/NurderK/status/1656025560961675267

Wir haben einen extremen Rechtsruck in der Regierungspolitik.

In einem solchen Klima werden auch wieder Flüchtlingsunterkünfte brennen.
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

counselor

Zitat10. MAI - ,,Flüchtlingsgipfel"- neuer Höhepunkt massi�ver Angriffe auf das Asylrecht und das Recht auf Flucht

Zur Stunde noch tagt der "Flüchtlingsgipfel", ein lange vorbereitetes Treffen von Bundeskanzler Scholz mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer.

Nach einem Treffen der Ministerpräsidenten, das vor der Sitzung mit dem Bundeskanzler stattfand, gab es Statements u.a. vom Ministerpräsidenten Niedersachsens, Stephan Weil (SPD). "Wir können die Kommunen nicht alleine lassen. Wir stehen an ihrer Seite und ziehen am selben Strang", sagte er. Zunächst ginge es um eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen. In dem Beschlussvorschlag der Bundesländer, der an mehrere Medien verschickt wurde, heißt es unter anderem, dass sich die Zahlungen des Bundes flexibel an der Zahl der aufgenommenen Menschen orientieren müssten. Unter anderem fordern die Länder eine "allgemeine, flüchtlingsbezogene monatliche Pro-Kopf-Pauschale" für Unterbringung und Versorgung, sowie verlässliche Zahlungen für die Kosten der Integration aller Geflüchteten und für unbegleitete Minderjährige.

Quelle: https://www.rf-news.de/2023/kw19/fluechtlingsgipfel-neuer-hoehepunkt-massiver-angriffe-auf-das-asylrecht-und-das-recht-auf-flucht
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

counselor

ZitatFAESER ÜBERHOLT SEEHOFER RECHTS - Ultrareaktionäre Pläne zu verschärften Abschiebungen müssen vom Tisch!

Am 1. August legte das Bundesinnenministerium (BMI) unter Leitung von Nancy Faeser (SPD) zwei "Diskussionsentwürfe" vor: "Vorschläge für eine Verbesserung der Rückführungen und für einen besseren Datenaustausch über das Ausländerzentralregister", so die Pressemitteilung des Ministeriums.

Quelle: https://www.rf-news.de/2023/kw31/abschiebungen
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

counselor

ZitatVERANSTALTUNG DER IG METALL KÖLN-LEVERKUSEN - Alassa Mfouapon: ,,Die Gewerkschaft und wir Flüchtlinge haben uns richtig zusammengeschlossen"

Am 20. November war der Bundessprecher des Freundeskreises Flüchtlingssolidarität, Alassa Mfouapon, bei der IG Metall Köln-Leverkusen zu Gast. Auf der Delegiertenversammlung fand eine Podiumsdiskussion unter dem Motto ,,Asylrecht statt Unrecht" statt. Dies berichtet der Freundeskreis Flüchtlingssolidarität in unten dokumentierter Pressemitteilung.

Quelle: https://www.rf-news.de/2023/kw48/alassa-mfouapon-ig-metall-koeln-fluechtlingssolidaritaet-van-huellen
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

Frauenpower

Am 26.11.23 gab es wohl bundesweite "Stopp Geas" Kundgebungen, habe das Datum übersehen

In Berlin

In Köln

Die Linke
ZitatLinke ruft zur Teilnahme an den Demonstrationen ,,Stop GEAS" auf
Demonstration am Sonntag, 26.11.2023, in Berlin gegen die weitgehende Abschaffung des Asylrechts durch das GEAS-Abkommen."
https://www.die-linke.de/start/presse/detail/die-linke-ruft-zur-teilnahme-an-der-demonstrationen-stop-geas-auf/

Die Seebrücke...


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