Kreatives Prekariat?

Begonnen von Kuddel, 20:26:34 Do. 29.März 2018

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Kuddel

Die Arbeitsbedingungen von Künstlerinnen und Künstlern

Wer im Bereich von Kunst und Kultur kreativ tätig ist, befindet sich häufig in einer komplizierten Erwerbssituation. Zu einer finanziell oft prekären Lage gesellen sich Planungsunsicherheiten und schwierige Arbeitsbedingungen. Einige KünstlerInnen wollen das nicht länger hinnehmen.

http://www.blickpunkt-wiso.de/post/kreatives-prekariat-die-arbeitsbedingungen-von-kuenstlerinnen-und-kuenstlern--2180.html

Fritz Linow

Es gibt gewerkschaftliche Bestrebungen in der Spieleindustrie weltweit, so von wegen hippe geile Spiele programmieren und sich nebenbei ausbeuten lassen. Klingt gut:

ZitatGame Workers Unite is a broad-reaching organization that seeks to connect pro-union activists, exploited workers, and allies across borders and across ideologies in the name of building a unionized game industry.
https://www.gameworkersunite.org/about-us

Fritz Linow

Zitat6.5.18
Kulturschock im Silicon Valley: Gewerkschaften werden populär

Hoch bezahlt und heiß begehrt – auf den ersten Blick wirkt die Hightech-Avantgarde des Silicon Valley nicht, als müsse sich eine Gewerkschaft für sie ins Zeug legen. Und doch wagen nun einige Angestellte zaghafte Solidaritäts- und Mitbestimmungsversuche. Dabei haben sie allerdings einen steinigen Weg vor sich.

Wer in der Technologie-Hochburg im US-Bundesstaat Kalifornien im Job Probleme hat, dem winkt meist bereits die nächste Softwareschmiede und lockt mit kostenlosen Mahlzeiten, Premium-Krankenversicherung oder einer Espresso-Flatrate. Im Silicon Valley sehen traditionell nicht nur viele Unternehmen, sondern auch zahlreiche Arbeitnehmer Gewerkschaften eher als Fortschrittsbremse denn als Interessenvertretung.

Anders Bjorn Westergard: Im Jänner wird der Software-Entwickler vom Start-up Lanetix gefeuert, gemeinsam mit rund einem Dutzend seiner Kollegen.
(...)
https://mobil.derstandard.at/2000079263810/Kulturschock-im-Silicon-Valley-Gewerkschaften-werden-populaer

Fritz Linow

ZitatSeit Jahrzehnten versuchen Gewerkschaften Software-Ingenieur*innen zu organisieren, ohne großen Erfolg. Eine Organisierungskampagne in Kalifornien könnte das ändern.

Zu Beginn des Jahres feuerte die Tech-Firma Lanetix ihre gesamte Belegschaft von Software-Ingenieur*innen, weil diese versucht hatten sich in der Gewerkschaft NewsGuild-CWA zu organisieren. NewsGuild reichte daraufhin eine Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde für Arbeitsrechte ein, deren Ausgang noch ungewiss ist. Doch schon jetzt hat die Auseinandersetzung historisches Potenzial.

Denn Gewerkschaften versuchen seit Jahrzehnten Software-Ingenieur*innen zu organisieren – ohne großen Erfolg. Dieses Mal könnte es anders sein. Ben Tarnoff sprach mit zwei von Lanetix gefeuerten Ingenieuren, Björn Westergard und einem anonymen Kollegen, den wir ,,Will" nennen.
(...)
Eine Sache, die uns antreibt – und die ich schon mit vielen Freund*innen im Tech-Bereich diskutiert habe – ist die Rolle, die die Launen der Manager*innen in deiner Arbeitsumgebung spielen, wenn es keine genau definierten Regeln gibt. Für die meisten Leute außerhalb dieser sehr privilegierten White-Collar-Jobs geht der Trend in Richtung Mikromanagement und hoch restriktive Arbeitsregeln. Man denke nur an die Lagerarbeiter*innen bei Amazon. Die Disziplinierung wird immer und immer feinmaschiger. Im Tech-Bereich dagegen wird noch nicht mal eingestanden, dass es sie gibt.
(...)
https://www.zeitschrift-luxemburg.de/programmieren-unter-zwang/

Fritz Linow

Zitat7.5.19
Streik beim League-of-Legends-Studio

Das Spielestudio Riot Games kommt nicht zur Ruhe. Weil sich das Unternehmen außergerichtlich einigen will, haben über 150 Angestellte die Arbeit niedergelegt.

Anlass für den "Walkout", bei dem Mitarbeiter demonstrativ den Arbeitsplatz verlassen, sich vor dem Studio versammelt und Reden gehalten haben, ist die Durchsetzung einer Vertragsklausel. Einzelne Mitarbeiter haben Riot Games wegen sexueller Belästigung und wegen unfairer Bezahlung verklagt. Das Unternehmen pocht darauf, dass solche Klagen per Vertrag außergerichtlich beigelegt werden müssten.(...)
https://www.golem.de/news/riot-games-streik-beim-league-of-legends-studio-1905-141086.html

Fritz Linow

Zitat8.5.19
Zur Lage der »Bobos«

Vorabdruck. Die soziale Situation von Musikern und Kulturarbeitern
(...)
Wenn sich das kulturelle Prekariat nicht als Arbeiter, sondern als kleinbürgerliche Boheme versteht, wird es zu einem Akteur und Propagandisten neoliberaler Ideologie. Künstler und Kreative sind im herrschenden Gesellschaftssystem, um es mit Karl Marx zu sagen, »konzeptive Ideologen«, machen also »die Ausbildung der Illusion dieser Klasse über sich selbst zu ihrem Hauptnahrungszweig«. Sie betreiben mit ihrer auf Selbstverwirklichung und Selbstoptimierung ausgerichteten Daseinsweise die Entsolidarisierung der Gesellschaft. Sie agieren, auch wenn vermutlich oft unbewusst und ungewollt, gegen Kollektivität und Solidarität.
(...)
https://www.jungewelt.de/artikel/354261.kulturindustrie-zur-lage-der-bobos.html

Fritz Linow

Der Stadtentwicklung ins Poesiealbum geschrieben:

Zitat(...)
Vor zehn Jahren schrieb der amerikanische Ökonom mit dem sonnigen Namen Richard Florida über ,,The rise of the creative class". Es war eine Hymne über den Aufstieg einer ,,kreativen Klasse", die nur in hochentwickelten Wirtschaftsnationen entstehen kann. Eine florierende Wirtschaft ziehe kreative Menschen an, die wiederum die Wirtschaft am Laufen halte, mutmaßte Florida.

Das leuchtete dem Deutschen Bundestag dermaßen ein, dass er vor vier Jahren hochamtlich einen neuen Wirtschaftszweig definierte: ,,Kreativwirtschaft". Das ist ein Sammelsurium aus insgesamt elf Branchen, von denen etliche pessimistisch gestimmt sind: Ob nun Presse, Rundfunk, Buchmarkt, Film oder Musik – keiner dieser Branchen geht es derzeit uneingeschränkt gut. Auch Werbung, Design, Architektur, Darstellende Kunst und Kunst klagen. Einzig die vom Bundestag definierte Untergruppe ,,Software/Games" hat keine Zukunftssorgen.
(...)
https://www.cicero.de/innenpolitik/verzweifelte-suche-nach-der-kreativen-klasse/51417

Der erwähnte Richard Florida hat sich nun entschuldigt:

ZitatFor years, Richard Florida preached the gospel of the creative class. His new book is a mea culpa.
(...)
The rise of the creative class in places like New York, London, and San Francisco created economic growth only for the already rich, displacing the poor and working classes. The problems that once plagued inner cities have moved to the suburbs.
(...)
https://jacobinmag.com/2017/08/new-urban-crisis-review-richard-florida

Es wird wohl hierzulande noch einige Zeit vergehen, bis man erkennt, dass das alles albern ist. Bis dahin wird im Coworking-Space munter weitergewerkelt, zu elenden Bedingungen. Die urbane Landlustbewegung macht den Sidekick und sorgt für Fahrradstraßen, deren jetzige Anlieger die Mieten dann nicht mehr bezahlen können. Hauptsache man war dabei...

ManOfConstantSorrow

ZitatWährend Blizzard-Boss Mike Ybarra derzeit über den Preis der Next-Gen Konsolen spekuliert, wurden die Blizzard-Büros am vergangenen Freitag, den 31. Juli in Aufruhr versetzt: Im Unternehmen machte ein Zettel die Runde, auf dem frustrierte Angestellte anonym ihr derzeitiges Gehalt und vergangene Gehaltserhöhungen vermerkten, berichtet der amerikanische Spiele-Journalist Jason Schreier für Bloomberg. Die Gehaltserhöhungen der dutzenden vermerkten Angestellten überschritten in den meisten Fällen nicht den angestrebten Wert von 10%. Währenddessen erhielten Top-Performer im Unternehmen im Vergleich zum vorherigen Jahr durchschnittlich eine Gehaltserhöhung von über 20%. Die Schere innerhalb Blizzards scheint also stetig auseinanderzuklaffen.

Zusätzlich vermerkten Angestellte mit mickrigen Gehaltserhöhungen, dass sie definitiv mit stärker wachsenden Zuzahlungen seitens Blizzard gerechnet hatten. Die Arbeitsbedingungen erscheinen gleich doppelt bitter, zieht man die Gehälter der Führungskräfte bei Mutterfirma Activision Blizzard mit hinein: So soll Executive Officer Bobby Kotick im Jahr 2019 ein schwindelregendes Gehalt von 40 Millionen Dollar eingestrichen haben, während Chief Financial Officer Dennis Durkin 15 Millionen Dollar in Aktienzusagen verdiente.

Für viele Blizzard-Angestellte ist allerdings gar nicht einmal der Mangel an aussagekräftigen Gehaltserhöhungen das Hauptproblem der Arbeitsbedingungen, sondern das Gehalt an sich. Wie es in Jason Schreiers Recherche heißt, kämpfen viele Angestellte schlicht darum, mit ihrem Gehalt an das Ende des Monats zu gelangen – und das, obwohl Activision Blizzard jährlich Wachstum vorweisen kann. Gerade Game-Tester und Mitarbeiter im Customer-Service seien von den Hungerlöhnen bei Blizzard betroffen.

Bereits 2019 entließ Activision Blizzard hunderte Mitarbeiter, um Kosten zu sparen. Ein Angestellter berichtete von einem angeblichen Gehalt für Überstunden von nicht einmal 50 Cent in der Stunde. Ebenfalls kam es zu Berichten von Angestellten, die bewusst Mahlzeiten ausließen und ihren Magen mit so viel kostenlosem Kaffee wie möglich (denn den gibt es im Unternehmen) zu füllen, um am Ende des Monats ihre Miete zahlen zu können. Ebenfalls ließen Mitarbeiter Mahlzeiten in der hauseigenen Blizzard-Kantine aus, da sie sich die dortigen Preise mit ihrem Gehalt einfach nicht leisten können.

Die schwierigen Arbeitsbedingungen bei Blizzard sind in der Spieleindustrie leider keine Seltenheit: Im März wurden Anschuldigung über unverantwortliches Crunch-Time Verhalten bei Entwickler Naughty Dog laut. Naughty Dog soll Mitarbeiter im Vorfeld des Releases von The Last of Us 2 Tag und Nacht am Blockbuster schuften lassen. Auch die Geschäftsführung des französischen Entwicklers Ubisoft steht derzeit in der Kritik: Mobbing, Sexismus und Belästigungen würden seit geraumer Zeit von der Chefetage ohne Konsequenzen geduldet.
https://www.ingame.de/news/blizzard-angestellte-ausbeutung-mitarbeiter-gehalt-geld-hungerlohn-skandal-arbeitsbedingungen-ueberstunden-jason-schreier-activision-irvine-usa-90018388.html
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

BGS

Zitat von: ManOfConstantSorrow am 19:07:17 Mi. 19.August 2020
Zitat... .  Ebenfalls ließen Mitarbeiter Mahlzeiten in der hauseigenen Blizzard-Kantine aus, da sie sich die dortigen Preise mit ihrem Gehalt einfach nicht leisten können.

Die schwierigen Arbeitsbedingungen bei Blizzard sind in der Spieleindustrie leider keine Seltenheit: ... .
[/unquote]

Gehts noch?!

MfG

BGS
"Ceterum censeo, Berolinensis esse delendam"

https://forum.chefduzen.de/index.php/topic,21713.1020.html#lastPost
(:DAS SINKENDE SCHIFF DEUTSCHLAND ENDGÜLTIG VERLASSEN!)

Fritz Linow

Zitat27.08.2020
Spiele-Industrie: Game-AutorInnen streiken für mehr Geld

Ein Streik von AutorInnen, die an der Produktion eines Handyspiels beteiligt sind, schreibt Geschichte: Es ist der erste erfolgreiche Arbeitskampf in der Gaming-Industrie. (...)
https://www.unionize.de/++co++90df2da6-e846-11ea-a2c7-001a4a160123

Fritz Linow

Zitat21.1.21
,,Die Veränderung kann nur von innerhalb der Branche kommen" – PAIDIA im Gespräch mit der Games-Arbeiter*innenschaft

Marx für die Game Studies sowie für das Verhältnis von Arbeit und Spiel fruchtbar zu machen, ist eines der Hauptanliegen dieser Sonderausgabe. Allerdings wäre es ein großer Fehler bei einem solchen Thema im Elfenbeinturm zu verweilen. Wir möchten die Verbindungen von Arbeit und Spiel offenlegen und dafür möchte wir nicht nur die Stimmen von Wissenschaftler*innen, sondern auch die von Arbeiter*innen hörbar machen. PAIDIA hat sich deshalb mit einem Mitglied von Game Workers Unite Deutschland unterhalten. Lily (Name geändert) hat mit uns über Erfahrungen in der Spieleindustrie, schlechte Arbeitsbedingungen, deren zugrundeliegenden Problemen sowie was sich ändern müsste, gesprochen.
(...)
https://www.paidia.de/die-veraenderung-kann-nur-von-innerhalb-der-branche-kommen-paidia-im-gespraech-mit-der-games-arbeiterinnenschaft/

ManOfConstantSorrow

Die kritische Diskussion unter den Start-up Beschäftigten ist ein hervorragender Ansatz, diese schlimme Branche aufzumischen.
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kuddel

Zitat

Blizzard-Mitarbeiter streiken heute, wollen Forderungen durchsetzen

Eine neue Entwicklung im Skandal um Activision Blizzard: Die Mitarbeiter streiken heute, verlangen große Änderungen von den Firmen-Chefs.


Kaum ein Skandal in der Videospielbranche ist wohl so groß gewesen, wie der aktuelle Vorfall rund um Sexismus und Diskriminierung bei Blizzard, dem Entwickler hinter World of Warcraft, Diablo, Hearthstone und Overwatch. Harte Anschuldigungen stehen im Raum und jeden Tag melden sich mehr Betroffene und erzählen ihre Geschichte. Doch das offizielle Statement von Blizzard hat viele erzürnt – jetzt werden Änderungen gefordert. Ein Streik soll dabei helfen, Aufmerksamkeit zu schaffen und die Wünsche durchzusetzen.(...)
https://mein-mmo.de/blizzard-mitarbeiter-streiken-forderungen-durchsetzen/

Kuddel


ManOfConstantSorrow

In Polen haben Beschäftigte der Gaming Industrie unter dem Dach der Inicjatywa Pracownicza  (IP) eine eigene Gewerkschaft gegründet.

Maschinenübersetzt ihr "Manifest" von ihrer Homepage:

ZitatManifest   
  • Wir sind Arbeiter:innen aller Berufe in der polnischen Videospielindustrie. Wir wollen unsere Arbeit unter sicheren, würdigen und fairen Bedingungen verrichten.
  • Unser Ziel ist es, Arbeitsplatzsicherheit, faire Behandlung und Transparenz der Arbeitsbedingungen zu gewährleisten.
  • Dies wollen wir durch gegenseitige Unterstützung und den Dialog mit den Arbeitgebern erreichen, in dem wir eine starke Stimme sein werden, die die Bedürfnisse der Arbeitnehmer vertritt. Wir geben Bildung und Gesprächen den Vorrang vor Konflikten.
  • Wir vertreten alle Beschäftigten in der Spieleindustrie, von der eigentlichen Produktion über Marketing und Publishing bis hin zu Support und Back-Office. Wenn Sie für ein Spieleentwicklungsunternehmen arbeiten, sind Sie bei uns willkommen, unabhängig von Ihrer Berufsbezeichnung.
  • Wir sind eine demokratische Organisation. Unsere Mitglieder nehmen durch Diskussionen und Abstimmungen aktiv Einfluss auf die Strategie und die alltäglichen Aktivitäten der Gewerkschaft.
  • Wir ändern Dinge, wenn es nötig ist, und lernen ständig aus den Daten und Rückmeldungen, die wir sammeln. Dies ist gerade jetzt, am Anfang unserer Aktivitäten, besonders wichtig. Jede Veränderung führt zu demselben Ziel - die Interessen der polnischen Gamedev-Mitarbeiter bestmöglich zu vertreten.
  • Wir arbeiten als unabhängige Sektion unter den Fittichen der Inicjatywa Pracownicza (IP). Als Teil größerer Strukturen haben wir Zugang zu den Erfahrungen und der Unterstützung von Gewerkschaftern aus Polen und dem Ausland, während wir gleichzeitig die Unabhängigkeit unserer Ziele und Aktionen bewahren.
https://gamedevunion.pl/
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

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