Hafenarbeiterproteste in Hamburg 2017:! No longer availableSchifffahrt
Gewerkschaften befürchten Privatisierung im Hafen
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Rund um Liebherr herum ist das Gelände nämlich politisch vermint. Außer der Ansiedelung des Kranherstellers sind aktuell 35 Hektar des Gebiets südlich der Werft Blohm + Voss zu vergeben. Und zwischen Hafenwirtschaft und Politik tobt ein heftiger Streit, wie diese freien Flächen genutzt werden sollen. Jetzt schalten sich die Gewerkschaften und Betriebsräte vieler Hafenfirmen ein. In einem offenen Brief fordern sie Bürgermeister Peter Tschentscher dazu auf, den Wirtschaftssenator zur Ordnung zu rufen. Sogar die Europäische Transportarbeiterföderation (ETF) macht gegen Horch Front.
Denn der will den Hafen für weitere Firmen öffnen. Um Wertschöpfung und Arbeitsplätze zu schaffen, geht Horch sehr weit. So hat er kürzlich in einer Grundsatzrede im Hafen-Klub erklärt, man müsse auch über eine Minderheitsbeteiligung externer Firmen an den Hafenterminals nachdenken. Denn allein aus den Einnahmen durch Mieten und Pachten sei die Infrastruktur des Hafens nicht mehr zu finanzieren.
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https://www.abendblatt.de/hamburg/article214639071/Gewerkschaften-befuerchten-Privatisierung-im-Hafen.htmlAusgehebelt - der Mensch bleibt auf der Strecke ...
Der 164. Jour Fixe der Hamburger Gewerkschaftslinken am 6. Juni im Curio-Haus an der Rothenbaumchaussee stand unter dem Motto "Hamburger Hafen: Arbeitserleichterung oder Stellenvernichtung". Nach einleitenden Worten von Moderator Dieter Wegener erläuterte Norbert Paulsen, Betriebsratsvorsitzender bei der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), den Stand des umstrittenen Vorhabens des Senats, auf dem Areal Steinwerder am südlichen Elbufer von einem chinesischen Konsortium einen vollautomatisierten Containerterminal samt Logistikzentrum errichten zu lassen. Das Thema ist in Hamburg topaktuell. Am Vorabend hatte auf einer Veranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung die HHLA-Vorstandsvorsitzende Angela Titzrath ihre Ideen zur Zukunft von Deutschlands "Tor zur Welt" im digitalisierten 21. Jahrhundert präsentiert.
Paulsen, der offenbar auch die Konkurrenzveranstaltung im Seemannsheim am Krayenkamp gegenüber der St.-Michaeliskirche besucht hatte, kritisierte eingangs die einseitige Ausrichtung der Debatte bei den Grünen. Ihm zufolge ging es dort ausschließlich um die Erörterung von Möglichkeiten, den "Abstieg" des Hamburger Hafens "in die zweite Liga" zu verhindern. Logistische Optionen - Stichwort Elbvertiefung - sowie technologische Ansätze wurden laut Paulsen bei der Heinrich-Böll-Stiftung breit diskutiert, die jedoch kein Wort über die Beschäftigten verlor, ganz so, als seien deren Interessen denjenigen des Kapitals vollkommen nachgeordnet, im Vergleich dazu unbedeutend.
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Schlimmer noch, im Gespräch mit Vertretern des Senats will Paulsen erfahren haben, daß künftig auf dem Steinwerder-Gelände die üblichen Sozialstandards nicht gelten sollen. Das Konsortium soll die Einhaltung einer solchen Bedingung rundweg abgelehnt haben.
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http://www.schattenblick.de/infopool/politik/report/prbe0322.htmlSCHATTENBLICK – INTERVIEW/414:
Ausgehebelt – vollautomatisierter Betriebsfrieden
Norbert Paulsen im Gespräch
SB: Wie sehen Sie die Rolle der Gewerkschaften im Hamburger Hafen heute? Hat sie sich gewandelt? Erfüllt sie dieselbe Funktion wie damals? Vertritt sie ihre Mitglieder, die Beschäftigten, besser oder vielleicht schlechter?
NP: Ich kann das schwer beurteilen. Dazu muß ich sagen, daß ich erst seit 2009 Betriebsratsvorsitzender im Hamburger Hafen bin und eigentlich nur über die Zeit seitdem wirklich urteilen kann. Vorher war ich eher Außenstehender. Obwohl lange Gewerkschaftsmitglied, war ich nicht besonders aktiv. Mein Eindruck ist es, daß das gewerkschaftliche Engagement bei den Beschäftigten früher stärker war und daß sich das inzwischen reduziert hat. Dennoch erlebe ich immer sehr engagierte Kolleginnen und Kollegen, speziell wenn es um aktuelle Themen geht, wo sie sich einbringen können. Was den Verdi-Apparat selber betrifft, so glaube ich, daß man dort auf das Phänomen der Institutionalisierung trifft. Die Gewerkschaft hat sich zu einer Institution entwickelt, deren Erhalt zum Selbstzweck geworden ist und wo man es mit sehr viel fremden Einflüssen zu tun hat. Ich spreche hier von den politischen Parteien. Vor allem die SPD mischt sich bei der Entscheidungsfindung bei Verdi stark ein.
SB: Ist die Vereinzelung in der Arbeitswelt allein das Ergebnis technologischer Entwicklung oder stecken vielleicht Strategien seitens der Arbeitgeber dahinter, um die Solidarität unter den Werktätigen zu schwächen?
NP: Ich weiß nicht, ob das gezielt gefördert wird. Das kann ich nicht beurteilen. Dennoch stelle ich fest, daß es zu dieser Vereinzelung kommt - nicht nur in der Arbeitswelt, sondern in der Gesellschaft insgesamt. Gefördert wird sie dadurch zum Beispiel, daß sich heute vieles nicht mehr in der realen, sondern der virtuellen Welt abspielt. Das Internet und seine intensive Nutzung hat unter anderem dazu geführt, daß man total einsam im Netz seine Zeit verbringen kann. Die Kommunikation unter den Menschen hat sich in den letzten Jahren komplett verändert.
SB: Dann ist es seitens des Senats sogar sinnvoll, Hamburg an ein solches Zukunftsprojekt anzukoppeln?
NP: Wenn sich dahinter eine Strategie verbirgt, die der Hamburger Senat umsetzen will, könnte man vielleicht drüber diskutieren, aber im Augenblick sieht alles einfach nach einer Kapitulation gegenüber dem internationalen Kapital aus. (...) Wir rechnen bereits mit dem Verlust von ungefähr 400 Arbeitsplätzen im Bereich Umschlag, sollte die geplante vollautomatisierte Anlage in Betrieb gehen. Statt 500 Menschen wie heute wären an einem solchen Terminal bestenfalls 100 beschäftigt.
SB: Wie stark ist der Widerstand im Hafen gegen dieses Vorhaben?
NP: Der ist erheblich, sowohl seitens der Hafenbetriebe als auch der Arbeitnehmerschaft. Wir brauchen einen runden Tisch, an dem alle mitreden können, auch über die sozialen Gesichtspunkte, die in dem Ideenwettbewerb überhaupt keine Rolle spielten. Wenn solche Kriterien weiter mißachtet werden, dann ist das eine Kampfansage an die Beschäftigten. Dann werden wir auf die Straße gehen und dagegen massiv kämpfen. Wichtig ist uns dabei, daß wir Mitsprache bekommen, wie die Zukunft des Hamburger Hafens aussehen soll, speziell für Steinwerder Süd. (gekürzt)
http://www.schattenblick.de/infopool/politik/report/prin0414.htmlNeuerdings ist es in der
Linksradikalen Szene® très chic, sich antikapitalistisch zu geben. Das angesagte Thema heißt "Logistik" und man interessiert sich plötzlich für Amazon, Deliveroo und jetzt auch für den Hamburger Hafen. Man will etwas gegen den Kapitalismus machen, sich aber bloß nicht an den blöden Arbeitern die Finger schmutzig machen. Bei der Aktion "Make Amazon Pay" im November 2017...
Mit dem Verweis auf krank machende und entwürdigende Arbeitsbedingungen blockierten in Berlin 400 Aktivist*innen des Bündnis MakeAmazonPay die Ausfahrt Uhlandstr. beim Prime-Now Auslieferungszentrum im Kudamm-Karree.
https://makeamazonpay.org/2017/11/24/4-pm-blackfriday/...demonstrierte man VOR dem Amazon Auslieferungszentrum im Kudamm-Karree, kannte aber nicht einen einzigen Arbeiter darin.
Es war bei der G20 Aktion im letzten Jahr in Hamburg ähnlich:
Anlass für die Straßensperrungen ist sind drei Demonstrationen unter dem Motto „gegen die Logistik des Kapitals“. Die Demos wendeten sich unter anderem gegen den Betreiber des Containerterminals Tollerort als „Akteur des internationalen und imperialen Kapitals“, hieß es dazu von der Polizei.
https://www.abendblatt.de/hamburg/g20/article211074933/G20-Gegner-rufen-zu-Hafenblockade-auf.htmlMan wollte sich mit dem Kapital anlegen, hatte aber NULL Kontakt zu Arbeitern. Es liegt aber nicht daran, daß es nicht möglich ist, zu den Arbeitern Kontakt aufzunehmen. Man hätte nur eine der offenen Veranstaltungen zum Thema vom Jour Fixe Hamburg besuchen müssen. Es fehlte einfach an dem Interesse daran, den Kontakt zu Arbeitern zu suchen.
Und so sah es bei den
Radikalen Linken® vor wenigen Tagen aus:
Harbour Games Hamburg 2018
Am 23. Juni 2018 werden wir dorthin gehen, wo sich die herrschenden Zustände verdichten, wo Konzerne und weitere Akteur*innen an der Plünderung des globalen Südens, an desaströser Energiegewinnung durch Atom und Kohle, an Kriegen oder der Ausbeutung von Tieren und der Zerstörung der Natur verdienen. Wir werden den Ablauf der kapitalistischen Verwertungsmaschinerie stören und ein Zeichen setzen: so, wie es ist, bleibt es nicht.
Kohleumschlag, Agrarindustrie, Rüstungsschmieden, Atomtransporte, neokoloniale Dumpingexporte – dies sind nur einige der vielen verheerenden Facetten kapitalistischen Welthandels im Brennpunkt Hamburger Hafen. Der mit Abstand größte deutsche Überseehafen steht sinnbildlich für das global herrschende, zutiefst ungerechte System von Ausbeutung, Ausschluss, Enteignung und Zerstörung.
Wir, ein Bündnis von Hamburger Gruppen aus verschiedenen sozialen Bewegungen...
https://harbour-games.nostate.net/aktionsrallye/aufruf/Antikapitalistische Fahrrad-Demo radelt durch den Hafen
Das Mobilisierungsvideo für die „antikapitalistischen Harbour Games“, im Szene-Sprech „Mobi-Video“ genannt, wirkt bei weitem nicht so finster-aggressiv wie der visuelle Aufruf zur Hafenblockade während des G20-Gipfels vor einem Jahr. Wüsste man es nicht besser, könnte man das Ganze sogar für ein Mobilisierungsvideo für den Schlager-Move halten.
https://www.abendblatt.de/hamburg/article214658037/Antikapitalistische-Fahrrad-Demo-radelt-durch-Hafen.html
Es geht um Umweltschutz, Antimilitarismus, Entwicklungsländer und Tierrechte.
Falls irgendwo das "Ausbeutung" vorkommen sollte, dann meint man die in fernen Ländern. Das Wort "Arbeit" kommt nicht vor und auf die Idee, daß gegen diese Dinge auch von Arbeitern gekämpft werden könnte, kommt scheinbar niemand.
Daß die Hafenarbeiter im Moment aufgebracht sind, weil die Sozialstandards angegriffen werden, weil Massenentlassungen drohen, hat man möglicherweise nicht einmal mitgekriegt. Der naheliegendste Gedanke, die Hafenarbeiter bei der Verteidigung ihrer Arbeitsbedingungen zu unterstützen, ist dieser Szene fremd.
So organisiert man Scharmützel mit der Polizei zur eigenen Erbauung, tut dem kapitalistischen System aber nicht weh.