Punk! Streikgeschichte! Propaganda!

Begonnen von ManOfConstantSorrow, 18:16:15 Do. 14.Februar 2019

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

ManOfConstantSorrow

Eine wunderschöne Idee zur Erinnerung an vergessene Arbeitskämpfe:


Zitat

Vergessene Arbeitskämpfe – Ein Punk-Abend
Die tapferen Kämpfe in der ,,Unterirdischen"
Heute
14.02.
Roter Salon, Volksbühne, Berlin


Konzert

Der Punk muss zurück an die Volksbühne und Kämpfe von Arbeiterinnen und Arbeitern müssen zurück an ein Arbeitertheater. In den letzten Jahren sind zahlreiche Orte in Berlins Mitte verschwunden, an denen Punkbands auftreten können. Wir wollen mit unserer Konzertreihe dem etwas entgegenstellen und Neues etablieren. Wir sind fünf Bühnenarbeiter der Volksbühne, unterstützt von vielen weiteren Kolleginnen und Kollegen des Hauses. Ab Februar wird im Roten Salon alle zwei Monate ein Punkkonzert (2 Bands, 1 DJ) von uns veranstaltet.

Das Besondere: Im Zuge jedes Konzertes wird einem Arbeitskampf gedacht. Die Kämpfe liegen sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart. Viele Arbeitskämpfe sind in Vergessenheit geraten. Wir wollen an die Geschichten, die Wut und den Mut der Kolleginnen und Kollegen erinnern. Vor allem wollen wir die Geschichten überhaupt erst mal erzählen. Wir konnten dafür die Schriftstellerin Anna Tüne für uns gewinnen. Sie berät uns und arbeitet die Texte zu den von uns gewählten Arbeitskämpfen aus.

Bands: Hyäne (Punk, Berlin), Imbiß (Punk, Berlin)
DJ: Schnürmeister Kåks (76-84 Punkrock Vinyl)
Arbeitskampf: Streik der Belegschaft von GM&S, 1990 bis heute, La Souterraine, Frankreich


Kontakt: arbeitskaempfe@volksbuehne-berlin.de
Verantwortliche: Mattias Kåks, Leander Hagen, Paul Flagmeier, Jan Krüger, Frank Meißner
Redaktion/Texte Arbeitskämpfe: Anna Tüne
Dramaturgie: Sabine Zielke

Hyäne

Hyäne? Das ist ein 2016 gegründetes Berliner Trio, welches mit wunderbar tristem Post-Punk aufwartet. Schreiende Gitarrensounds, pumpende Basslines und impulsive Drumbeats verleihen dem anklagenden Gesang einen unverschämt brachialen Sound. Ein Vergleich mit frühen Machwerken von Killing Joke lässt sich nicht leugnen, auch wenn Hyäne deutlich mehr Bissigkeit an den Tag legen. Nach einer vielversprechenden 7" im Jahre 2016 und Touren durch Spanien und die USA haben die drei Berliner nun im August 2018 mit der durchweg überzeugenden 12" ,,Demontage und Zerfall" nachgelegt. So brutal ehrlich und gleichzeitig melancholisch düster haben sich die Berliner Nächte schon lange nicht mehr präsentiert.
Mehr Infos auf: https://hyaene.bandcamp.com/

Imbiß
Dreifach geballter Powerpop-Punk aus Neukölln: Das sind Imbiß, welche nur darauf warten, euch ein wildes Potpourri ihrer musikalischen Gaumenfreuden um die Ohren zu hauen. Von zart bis hart, süß bis sauer oder leicht bis deftig - so oder ganz anders lässt sich ihre erste Platte ,,eszet" beschreiben, welche seit Ende 2017 über die Ladentheken geht. Und wie man munkelt wird schon fleißig an der nächsten Scheibe gebastelt. In diesem Sinne, tanzt ihr Schweine, und niemals vergessen: ,,Pop ist Pop. Funk ist Funk. Imbiß ist Beste. Gott sei Punk."
Probierhappen: http://tanztihrschweine.de/

Die tapferen Kämpfe in der ,,Unterirdischen"

Mitten im ländlichen Herzen Frankreichs liegt eine Kleinstadt mit absonderlichem Namen: La Souterraine (Die Unterirdische). Man baute dort in den 70er Jahren eine Autozubehörfabrik auf, die zeitweise bis zu 600 Menschen beschäftigte. Seit 1990, als die Globalisierung einen großen Sprung nach vorn machte, wurde die nun GM&S genannte Fabrik von einigen aufeinanderfolgenden Besitzern nur noch ausgeschlachtet: Die Gewinne flossen immer üppiger ab und es wurden keinerlei Investitionen mehr getätigt. Die Belegschaft streikte einige Male, versuchte darauf aufmerksam zu machen, dass man den Betrieb wohl wissentlich an die Wand fahre.

Dann wurde bekannt, dass man nunmehr die gesamte Fabrik mitsamt der Belegschaft nach Polen transferieren wolle. Die Kollegen gingen sofort in den unbefristeten Streik und blockierten alle Zugänge zum Betrieb und drohten damit, alles in die Luft zu jagen, sobald der erste Umzugs-Transporter auftauchen würde. Zur Illustrierung waren überall die großen üblichen Haushaltsgasflaschen zu sehen, von denen irgendwelche Drahtgeflechte und Buchsen hingen. Diese regelrechte Verzweiflungsaktion wurde ein wichtiger Höhepunkt des schon so lange schwelenden Arbeitskampfes. Die besonderen Bedingungen im großen Wahljahr 2017 - Wahl des Präsidenten und nachfolgend die der Abgeordneten der Nationalversammlung und dies jeweils in zwei Wahlgängen -, haben die Kollegen klug genutzt. Um gutes Wahlwetter bemüht, schickte man nun Unterhändler von Peugeot und Renault, Hauptabnehmer der GM&S-Produkte und immer noch teilweise in Staatsbesitz.

Aber am 12.5.17 gab es immer noch keinerlei entsprechende verbindliche Zusage. Da begann die Belegschaft eine Aktion, die man in anderen Gesellschaftskreisen eine enorme Kunstaktion (,,Realer Dekonstruktivismus"?) genannt hätte: Im Beisein vieler Medien wurde jeden Tag eine der riesigen Maschinen vor das immer noch blockierte Werktor gerollt. Mit Schneidbrennern, Hämmern und weiteren Werkzeugen, mit Riesenkrach und spektakulären Feuergarben flexte man sie auseinander und vernichtete sie restlos. Verschmitzt gab man viel später zu, natürlich nur bereits ausgemusterte Maschinen benutzt zu haben, um vor Augen zu führen, welche Wertvernichtung seit Jahren politisch gebilligt und gefördert wird. ,,Ihren" Maschinen - kostbare Arbeitsinstrumente - haben sie natürlich keine einzige Schraube gekrümmt. Am 13.6.17 blockierten sie im weiteren lokalen und regionalen Umfeld Straßenkreuzungen ebenso wie die Eingänge von Behörden. Belegschaften weiterer Betriebe, aber auch viele sympathisierende Menschen, beteiligten sich an diesen mobilen Sperraktionen.

Aber die Dauer der Auseinandersetzungen hat bereits hohe Tribute gefordert: Die Kollegen geraten außer Atem, Übermüdung und unweigerlich entstandene finanziellen Notlagen haben nach und nach Wut und Entschlossenheit in verbleibende verbissene Resignation gewandelt. Manche gaben auf. Jetzt sind nur noch 140 Kollegen im Betrieb tätig. Viele sind entlassen, vor allem auch jene, die zu den Aktivsten unter ihnen zählten. Was werden wird, weiß keiner. Die seit einigen Wochen in ganz Frankreich flächendeckend aufgetretenen Proteste der sogenannten ,,Gelben Westen" geben auch den GM&S-Kollegen wieder neue Kraft.

Ihnen allen, ihren Frauen und ihren Kindern, der ganzen kleinen ,,unterirdischen" Stadt gelten unsere Solidarität und unser Mitgefühl.


Anna Tüne

14.02.19, 22:00
Einlass um 21:00

https://www.volksbuehne.berlin/images/La_Souterraine_sw_2a.jpg?h=1800

Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow

Der Punk muss zurück an die Volksbühne, und Kämpfe von Arbeiter:innen müssen zurück an ein Arbeitertheater.

Im Kern sind wir 10 Arbeiter:innen der Volksbühne, die, unterstützt von vielen Kolleg:innen, seit 2019 alle acht Wochen Punkkonzerte im Roten Salon veranstalten.

Unser Prinzip: An jedem Konzert wird eines Arbeitskampfes gedacht. Diese  Kämpfe – auch weltweit – liegen sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart. Viele Arbeitskämpfe sind in Vergessenheit geraten. Wir wollen an die Geschichten, die Wut und den Mut der Kolleginnen und Kollegen erinnern.

Vor allem wollen wir die Geschichten überhaupt erst mal erzählen.


Am 21. Dezember 2023 fand im Roten Salon der Berliner Volksbühne in der Reihe Vergessene Arbeitskämpfe ein Punkabend zum Pierburg-Streik vor 50 Jahren statt.

Zitat(...) Hier zeigt sich, wie schon bei Pierburg, dass die Arbeiter*innenklasse in Deutschland schon immer kosmopolitisch war. Die Menschen kamen aus verschiedenen Ländern, brachten ihre Sprachen aber auch ihre Streikkulturen mit. Erfolgreich waren sie dann, wenn sie sich nicht nach Herkunft, Geschlecht und anderen Identitäten spalten ließen und wenn sie nur auf sich selber und ihre Kraft und nicht die Gewerkschaftsbürokratie bauen. Diese Erfahrung machten sie Beschäftigten von Pierburg vor 50 Jahren und auch die Rider*innen von Gorillas und anderen Lieferdiensten seit 2021. Kaya brachte das im ak-Interview so auf den Punkt: . ,,Heute sind wir auch deshalb zu diesen prekären Jobs gezwungen, weil unsere Aufenthalts- und Lebensbedingungen prekärer sind als die deutscher Kolleg*innen. Und natürlich, weil wir keine anderen legalen Kampfmöglichkeiten haben – so wie die Gastarbeiter damals." Deshalb ist es sehr wichtig, dass wir uns heute an die Kämpfe von vor 50 Jahren erinnern. Darauf können wir heute aufbauen in unseren Kämpfen.

Enden möchte ich mit zwei Strophen des Lieds ,,Brot und Rosen", das im Jahre 1912 über 14000 streikende Textilarbeiterinnen bei einen Arbeitskampf in Lawrence/ USA gesungen haben und das seitdem in vielen Sprachen um die Welt gegangen ist Es war immer wieder da zu hören, wo Arbeiterinnen um ihre Rechte kämpfen, wie die Streikenden von Pierburg vor 50 Jahren und die Kolleg*innen des Gorillas Workers Collectivs.

Wenn wir zusammen gehen
gehen unsre Toten mit,
ihr unerhörter Schrei nach Brot
schreit auch durch unser Lied
sie hatten für die Schönheit,
Liebe, Kunst erschöpft nie Ruh
drum kämpfen wir ums Brot
und woll'n die Rosen dazu.

Wenn wir zusammen gehen
kommt mit uns ein bessrer Tag,
die Frauen, die sich wehren
wehren aller Menschen Plag,
zuende sei, dass kleine Leute
schuften für die Großen,
her mit dem ganzen Leben:

BROT UND ROSEN
https://direkteaktion.org/pierburg-streik-noch-immer-aktuell/

Lesetipp: https://diebuchmacherei.de/produkt/wilder-streik-das-ist-revolution/

Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

  • Chefduzen Spendenbutton