Kacken zu gehen, sollte man sich während der Arbeitszeit zweimal überlegen

Begonnen von Kuddel, 18:18:45 Mo. 22.April 2019

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Kuddel

Ein unterhaltsamer längerer Bericht:

ZitatWie ich als Call-Center-Mitarbeiter überwacht und ausgebeutet wurde

Und wieso das Unternehmen damit durchkommt.




In einem zweistöckigen Büro mit Neonröhrenlicht in zentraler Wiener Lage durchkreuzen sich Hundert laute Stimmen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Call Centers sitzen auf Bürosesseln, bei denen die Rückenlehnen von einigen bereits angebrochen sind. Ihre Computerbildschirme sind gerade eine Unterarmlänge voneinander entfernt – und ich hocke unter ihnen. Bis vor einigen Monaten.

Das Headset musste ich oft fest ans Ohr drücken, um überhaupt verstehen zu können, wie die Person am Telefon versucht, mich abzuwimmeln. Nach vier Stunden in-Dauerschleife-den-immer-gleichen-Text-am-Telefon-Aufsagen, war ich so fertig wie nach zwölf Stunden Pad Thai durch das Thai-Restaurant tragen, in dem ich zuvor gearbeitet habe. Doch das war nicht das Schlimmste.

Letztes Jahr war ich verzweifelt: Ich hatte keinen Job mehr, bekam keine Antwort auf meine Bewerbungen, ich musste meinen Studienkredit zurückzahlen und ich war pleite. So oder so ähnlich ging es vielen meiner Kolleginnen und Kollegen: Sie hatten kein Geld, suchten eine Tätigkeit mit flexiblen Arbeitszeiten und waren in Situationen, in denen sie bereit waren, ein prekäres Arbeitsverhältnis einzugehen – entweder weil sie nebenbei ohne finanzielle Unterstützung studierten, ein Kind zuhause hatten oder, wie ich, auf Jobsuche waren.
...
weiter: https://www.vice.com/de/article/pany9n/wie-ich-als-call-center-mitarbeiter-uberwacht-und-ausgebeutet-wurde

counselor

Ich kann mich auch erinnern, dass bei mir sämtliche Unterbrechungen der Arbeit argwöhnisch protokolliert und mir vom Chef um die Ohren gehauen wurden (also Toilettenpausen, Bildschirmpausen etc pepe). Dafür könnte ich den Projektleiter heute noch ohrfeigen.
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

MarcoW75

Gerade das Thema Bildschirmarbeitspausen wird scheinbar sehr unterschiedlich gehandhabt, wobei auch Sympathien oft eine Rolle spielen. Insbesondere zwischen Rauchern und Nichtrauchern wurde damals bei uns sehr unterschieden. Die Raucher mussten fuer ihre Pausen nicht ausstempeln, d.h. die Rauchpausen zaehlten als Arbeitszeit. Bildschirmarbeitspausen machten sie allerdings noch zusaetzlich, in denen sie meist rumstanden und quatschten. Als jemand, der weder rauchte, noch das Beduerfnis nach Kommunikation mit den "Kollegen" hatte, fiel man da staendig hinten runter. Sprich: wenn man vermeindlich "abgemeldet" an seinem Platz sass und gerade seine Bildschirmarbeitspause machte, wurde man sofort von einem Supervisor wieder angemeldet, weil fuer diesen "am Platz=>kann telefonieren!" bedeutete.  Irgendwann bin ich dazu uebergegangen, meine Bildschirmarbeitspausen im Pausenraum zu verbringen und nicht mehr am Platz.

BGS

Lange her, doch war das alles Mitte der Neunziger -als ich ein paar Jahre "inbound" dabei war- viel besser. Kein Terror durch Vorgesetzte, gute Entlohnung, Zusammenhalt der "Agenten".

Die Ueberwachung wurde mit zunehmenden technischen Möglichkeiten ausgeweitet, doch nicht genutzt im geschilderten Ausmass.

Das Nervigste waren die Heiratsanträge spätabends ;D

MfG

BGS
"Ceterum censeo, Berolinensis esse delendam"

https://forum.chefduzen.de/index.php/topic,21713.1020.html#lastPost
(:DAS SINKENDE SCHIFF DEUTSCHLAND ENDGÜLTIG VERLASSEN!)

Troll

ZitatTrend zum detaillierten Mitarbeitertracking

Mehrere Start-ups arbeiten an Systemen, mit denen sich Arbeitnehmer Minute für Minute überwachen lassen.

...

Quelle: heise


Start-up, Hang-up, Ausbeutung-Digital!
Was für elende Arschlochvereine!
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

Kuddel

So smart kann das Leben sein:

Zitat...geht Amazon im Stammland USA mit harten Bandagen gegen vermeintlich faule Beschäftigte vor: Sie erhielten die Kündigung – von einem Algorithmus, wie lebensmittelzeitung-online Anfang Mai berichtete. Die Produktivitätsmessungssoftware im Warenlager Baltimore erfasst die Arbeitsleistung jedes Beschäftigten haargenau. Wer die vorgegebenen Ziele nicht erreicht, bekommt erst eine Verwarnung und dann die Kündigung – der Algorithmus macht es möglich. Öffentlich wurde diese Vorgehensweise bei einem Gerichtsverfahren, das ein betroffener Mitarbeiter angestrengt hatte.
https://www.jungewelt.de/artikel/354493.ein-fall-von-klassenkampf-amazon-die-z%C3%A4hne-zeigen.html

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