Onkel Tom,
ich habe das Gefühl, wir haben gründlich aneinander vorbeigeredet.
Ich weiß, daß es im Zusammenhang mit Euromayday zu einigen coolen Aktionen gekommen ist, und wenn du die selbst erlebt hast, will ich dir deine Erinnerungen daran nicht vergällen.
Ich wollte mit der Forumulierung "der selbsternannten linksradikalen Bewegung" sie nicht als "radikal" beschreiben, sondern ich suchte nur nach einem Begriff, der eine Unterscheidung zu den traditonellen Linken, wie DKP, DGB, PDS, etc. möglich macht. Vielleicht wäre "undogmatische Linke" ein besserer Begriff gewesen. Ich wollte nur auf den Unterschied hinaus zwischen den Leuten, die auf die DGB-Maidemos latschen und die, die zu den Euromaydayumzügen gingen.
Und noch einmal: Ich fand in finde das Konzept von Euromayday teilweise gut, teilweise aber auch grundfalsch und halte das für kritisierens- und diskutierenswert.
Euromayday hat irgendwann einfach gesagt, das Konzept war nicht gut oder gar falsch und dann haben sie das Projekt beerdigt und Recht auf Stadt angefangen. Sie haben nie gesagt, was sie denn an ihrem Euromayday falsch oder weniger gelungen fanden.
Mit Recht auf Stadt geht der gleiche Spaß von vorn los. Die Öffentlichkeitsarbeit ist teilweise großartig. Inhaltlich bin ich weniger begeistert.
Worauf ich hinausmöchte: Die linke Szene (egal ob "radikal" oder undogmatisch) hoppelt von einem angesagten Modethema zum nächsten. Mal geht es um die prekären Beschäftigten, dann um die Logistikbranche, dann Stadtteilarbeit, dann ist Klassenpolitik schwer angesagt, ohne daß irgendwer recht weiß, was der jeweils andere damit meint.
So lange man nicht bereit oder in der Lage ist, über Fehler und eigenes Scheitern zu diskutieren, bleibt linke Politik ein Witz. Dann geht es nur um gemeinsame Happenings, ein wenig Gemeinschaftsgefühl und Action, aber nicht um die Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse.
...vermute jedoch, das deine Kritik gegenwärtig unpassend...
Das Problem war, daß eine inhaltliche Kritik
zu keinem Zeitpunkt erwünscht und möglich war.
Ich halte eine solche kritische Auseinandersetzung mit allen bestehenden Bewegungen und Modethemen für sinnvoll und da sollen weder Stadtteilarbeit, Klimaaktivsten, noch Basisgewerkschaften wie FAU oder Wobblies ausgenommen sein.