Basisgewerkschaften

Begonnen von Kuddel, 18:58:15 Mo. 03.Februar 2020

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Kuddel

IWW, die Wobblies, waren Anfang des 20. Jahrhunderts eine mächtige Basisgewerkschaft in den USA









Joe Hill war ein bekannter Sänger der Wobblies. Er wurde 1915 hingerichtet. U.a. Joan Baez hat ihm ein Lied gewidmet. https://de.wikipedia.org/wiki/Joe_Hill

Der Deutschlandfunk hat nun ein sehr schönes Feature zu Joe Hill gemacht.

ZitatDie Auferstehung einer Legende
Die Asche von Joe Hill

1988 macht eine Studentin im Nationalarchiv in Washington eine kuriose Entdeckung: ein Päckchen mit menschlicher Asche. Die Asche ist von Joe Hill, einem legendären Folk-Musiker und Mitglied der Industrial Workers of the World (IWW), der radikalsten Gewerkschaft in den USA Anfang des 20. Jahrhunderts.
https://www.hoerspielundfeature.de/die-auferstehung-einer-legende-die-asche-von-joe-hill-100.html

54 sehr unterhalsame Minuten.

Das Hörspielfeature kann hier nachgehört werden: https://www.hoerspielundfeature.de/die-auferstehung-einer-legende-die-asche-von-joe-hill-100.html


counselor

ZitatIWW, die Wobblies, waren Anfang des 20. Jahrhunderts eine mächtige Basisgewerkschaft

Der Satz brachte mich zum Nachdenken darüber, ob Gewerkschaften in einem Betrieb überhaupt "mächtig" sein können. "Mächtig" in einem Betrieb ist doch eigentlich nur der Investor, der darüber bestimmt, was wo wann produziert und zu welchem Preis verkauft wird. Die Beschäftigten bestimmen darüber nicht, sind also nicht "mächtig". Ebensowenig ihre Koalition, die Gewerkschaft. Deren Kämpfe drehen sich um Arbeitsbedingungen, nicht darum, was wo wann produziert und zu welchem Preis verkauft wird. Daher bezweifle ich, dass Gewerkschaften "mächtig" sind.
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

Kuddel

counselor, du sagst es.
Du machst dir die entscheidenden Gedanken in der Sache. Solche Überlegungen habe ich noch nie aus dem Gewerkschaftsapparat vernommen. Im Gegenteil. Als es mit Corona losging, war die erste Forderung von Verdi, "Miete zahlen!" Die haben sich nicht als erstes Gedanken gemacht um die Sorgen und Nöte der Arbeiter, sondern um die der Hausbesitzer und Spekulanten.

Die Rolle der Gewerkschaften in Deutschland ist schlimm.
ZitatDeren Kämpfe drehen sich um Arbeitsbedingungen
Selbst das ist nicht mehr automatisch so. Es gibt da jedenfalls kein automatisches Vorwärtskommen mehr. Gerade hat Verdi einen Abschluß unterzeichnet, der unter den Preissteigerungen liegt, also einen Reallohnverlust bedeutet. Das passierte nicht aus einer Positition der Schwäche heraus, denn die Basis war streikbereit und kampfeslustig wie seit Jahren nicht. Die Chinesische Regierung blickt voller Neid nach Deutschland und hat hohe Funktionäre hierher geschickt, um zu untersuchen, wie mit es so einem großen Gewerkschaftsapparat (die IGM gilt als die größte Einzelgewerkschaft der Welt, die DGB Gewerkschaften stellen oftmals den Vorsitz der Weltdachverbände) möglich ist, eine derart befriedete Arbeiterschaft zu haben. In der Chinesischen Regierung wird diskutiert, ob man sich von dem deutschen Gewerkschaftssystem eine Scheibe abschneiden kann.

Es gibt noch ein paar winzige Initiativen und Einzelmitglieder, die sich dieser DGB Politik nicht unterwerfen wollen und sich Gedanken über den betrieblichen Tellerrand hinaus machen. Die Leute, die ich mit einer solchen Haltung kenne, sind alle aus der Autoindustrie. Sie stellen durchaus die Fragen, wo, wann, was, wie produziert wird. Es sind Automobilarbeiter, die sich auch fragen, ob es überhaupt Sinn macht, Autos zu produzieren.

Ich glaube nicht, daß diese Initiativen, selbst wenn sie groß wären und viel Rückhalt hätten, in der Lage wären, den Gewerkschaftsapparat zu verändern. Der ist absolut nicht reformierbar.

Es gab tolle Entwicklungen in der Krankenhausbewegung und auch bei den "Riders", den Fahrradkurieren. Es gab da wechselseitige Solidarität und Zusammenarbeit mit Sozialen Bewegungen. Riders und Mieteraktivisten haben sich an den Protesten der Krankenhausbeschäftigten beteiligt und Gorillas Radkuriere waren bei den Aktionen der Mieter- und Krankenhausbewegung dabei.

Das sind durchaus gewaltige Schritte nach vorn, auf die man in den letzten Jahrzehnten vergeblich gewartet hat. Ich beobachte mit Sympathie die Entwicklungen in den Basisgewerkschaften, was aber auch mit viel Frust verbunden ist. Es ist nicht das einzige Problem, daß diese Gewerkschaften noch sehr klein sind. Ich versuche mich damit zu trösten, daß deren Planlosigkeit und Schwäche Kinderkrankeiten sein könnten. Immerhin gibt es auch positive Entwicklungen.

Die Verhältnisse in den Betrieben und in der Gesellschaft sind nicht voneinander zu trennen. So lange die Kämpfe in Betrieben nicht Bezug auf die gesellschaftlichen Verhältnisse nehmen und die Sozialen Bewegung sicht nicht für die Zustände im Betrieb interessieren, wird es keine gesellschaftlichen Veränderungen in unserem Sinne geben.

Kuddel

Nachtrag:

Daß allein der Investor "mächtig" ist und nie die Arbeiter und ihre Organisationen, teile ich nicht.
Als die Arbeiter bei Opel Bochum in einen Wilden Streik traten, das Werk besetzten und verbarrikadierten, stoppten die Bänder selbst in Groß Britannien und hohe Deutsche Politiker sahen sich gezwungen, in die USA zu fliegen, um die Investoren zu beschwichtigen.

Eine überschaubare Anzahl an Arbeitern hat es geschafft, die Bundesregierung zwar nicht in die Knie zu zwingen, aber in Bedrängnis zu bringen.

Den Autonomen und Linksradikalen, die sich hauptsächlich für Auseinandersetzungen mit Bullen interessieren,  sei hiermit gesagt, daß bei der Opelbesetzung von der Polizeiführung diskutiert worden ist, das Werk zu stürmen. Man ist zu der Einschätzung gekommen, daß es nicht klug wäre, denn die Sympathie der Bevölkerung war so stark auf Seiten der Streikenden, daß ein Polizeiangriff zu Unruhen führen könnte, die man nicht mehr in den Griff kriegen könnte.

Wenn Arbeiter einscheidenden Punkten der Produktion oder der Lieferketten nur zusammenhalten, haben sie gewaltige Macht. Es waren nur rund 1000 Trucker die mit einem Wilden Streik im kanadischen Vancouver den wichtigsten Exporthafen des Landes lahmlegten. Mit einem vierwöchigen Streik ist es ihnen gelungen, die kandadische Regierung in die Knie zu zwingen. Sie haben nicht nur eine dreißigprozentige Lohnfoderung durchzusetzen, sondern auch einen Amnestie für die kriminalisierten Streikenden und eine Rücknahme der Antistreikgesetze durchzusetzen. Sie erhielten auch ein Mitspracherecht, wer das Hafentor passieren darf, um einen Dumpingwettbewerb durch zu viele Transportanbieter zu verhindern.

Der Logistiksektor ist spannend. Es haben sich dort Kämpfe oftmals jenseits der traditonellen Gewerkschaften entwickelt. Man organisierte sich über Soziale Medien. Die daraus entstandenen Organisationen der Trucker im kanadischen Vanouver und in Rußland organisierten sowohl angestellte Fahrer, alsauch selbstfahrende Unternehmer und Kleinspediteure. (So etwas wäre in den traditionellen Gewekschaften nicht möglich.) Die betrachten sich eher als Arbeiter, denn als Scheinselbständige oder Kleinunternehmer haben sie ähnliche Bedingungen, über die sie keinerlei "unternehmerische Freiheit" haben, sondern ihnen von den Auftraggebern diktiert werden. Die Scheinselbständigkeit ist auch bei den Radkurieren ein großes Thema.

counselor

Zum Opel-Streik von 2004 gibt es einen netten Bildband
ZitatWas bleibt ... 10 erkämpfte Jahre Opel-Bochum 2004 bis 2014

"Dieses Buch dokumentiert die hart erkämpften letzten zehn Jahre des Bochumer Opel Werk 1 von 2004 bis 2014. Dabei ist es kein Buch über Autos, kein Buch über Manager und kein Buch über Betriebsratsfunktionäre. Es ist ein Buch über Arbeiter.

Ein Buch über eine unbeugsame Belegschaft, die 10 Jahre die Schließung ihres Werks verhindert hat und damit über Ländergrenzen hinweg ein Symbol und Vorbild wurde. Eine Belegschaft, die für ihren Kampf die Sympathie und Solidarität der ganzen Arbeiterbewegung erhalten, aber auch den ganzen Hass der Herrschenden und ihrer Intimfreunde auf sich gezogen hat.

Um sich dieses Beispiels zu entledigen, mussten General Motors und die Regierung dieses Werk um jeden Preis und aus rein politischen Gründen schließen – und haben es Ende 2014 getan. Brechen oder gar für die Werksschließung gewinnen, konnten sie die Belegschaft nie. Wir sind erhobenen Hauptes aus dem Werk gegangen und tragen unsere Lehren wie eine Fackel in alle Welt. Dazu soll auch dieses Buch beitragen.

Die Belegschaft von Opel Bochum hatte von Beginn an eine kämpferische Tradition. Über 50 Streiks und Kämpfe gingen von dieser Belegschaft aus. Der Höhepunkt war der siebentägige selbständige Streik im Oktober 2004, der mit Werksbesetzung und Blockade verbunden war. Mit diesem Streik und dem internationalen Aktionstag leitete die Belegschaft einen Übergang zur Arbeiteroffensive auf breiter Front ein. Allein durch diesen Streik blieb das Werk weitere zehn Jahre erhalten. ...

Dieses Buch dokumentiert den Kampf, die harte Arbeit, den Zusammenhalt und die Auseinandersetzungen der Opel Belegschaft. Dieses Buch ist dementsprechend nicht neutral, es ergreift Partei für die Arbeiterinteressen und gewerkschaftlichen Grundsätze.

Es beschreibt eine Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, die den Arbeiter nicht auf seine Rolle als Produzent von Waren und maximalem Profit reduziert, sondern ihn als Mensch sieht. Als Mensch mit all seinen Fähigkeiten, Erfahrungen, seinem ganzen Leben, der Familie und der Umwelt, in der er lebt. Eine Arbeit, die damit auch wagt, über den Kapitalismus hinaus zu denken. ... Das Buch soll die Stärken, aber auch die Schwächen im Kampf der Belegschaft dokumentieren, so dass die ganze Arbeiterbewegung davon lernen kann.

Wir haben dieses Buch nicht geschrieben. Wir geben nur das heraus, was zig Kolleginnen und Kollegen über die Jahre erarbeitet und gesammelt haben. Das Buch dokumentiert Flugblätter, Reden, viele Bilder und bisher unveröffentlichte Originaldokumente. Es lädt zum Blättern und Nachdenken, Erinnern und in die Zukunft Schauen ein. Viel Spaß dabei."



Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel: 2004 Der siebentägige Streik im Oktober
2. Kapitel: 2005-2007 Die Belegschaft organsiert sich
3. Kapitel: 2007 bis 2011 Die Arbeit wird auf viele neuer Felder erweitert
4. Kapitel: 2013 bis 2014 Der Kampf gegen die Werkschließung
5. Kapitel: Was bleibt ... Auswertung und Schlußfolgerungen
https://www.people-to-people.de/detail/index/sArticle/1130/sCategory/86
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

Kuddel

Ich wollte 2005 oder 2006 mal einen Film über den Wilden Streik und den Werksbesetzung bei Opel in einem Kneipenrestaurant der Linksradikalen Szene in Kiel zeigen. Obwohl es abgesprochen und angekündigt war, zeigte sich das Personal des Kneipenkollektivs genervt, daß der Normalbetrieb gestört wurde. Als dann noch von den Kneipenbesuchern Rufe kamen, wie "wir haben heute schon ferngesehen", haben wir wieder abgebaut und den Laden verlassen, ohne den Film gezeigt zu haben.

Die Linke Szene interessiert sich einen Scheißdreck für das Leben und die Kämpfe von Arbeitern.

Kuddel

Wenn ich nach Polen schaue, werde ich neidisch.
Die IP hat eine beachtliche Verankerung in der Arbeiterschaft, auch in traditionellen Industriebranchen.


Ein aktuelles Bild aus dem Danfoss Werk

Volkswagenarbeiter:innen, Kranführer:innen oder Kindergärnrtner:innen.
In Deutschland ist man noch nicht so weit.

Ferragus

Auf anarchismus.de kann man sich ein kurzes Interview mit dem Wiener Arbeiter Syndikat durchlesen und so etwas über die Geh-Versuche in Wien, Österreich erfahren:

https://anarchismus.de/blog/interview-mit-dem-wiener-arbeiterinnen-syndikat

Kuddel

ZitatSeit dem letzten Kongress im Jahr 2019 sind 2.000 Mitglieder hinzugekommen, wir haben jetzt 5.000 Mitglieder in über 100 Komitees, die größten sind Amazon und Volkswagen
Marta Rozmyslowicz über die Entwicklung der Gewerkschaft IP (Polen)

Kuddel

,,Wir müssen für uns selbst kämpfen". Pflegekräfte aus der Ukraine gründen in Polen eine Gewerkschaft im Rahmen der Gewerkschaft »Arbeiterinitiative« (IP)



Die Gewerkschaft »Komisja Pracownic i Pracowników Domowych« (Kommission der Hausarbeiter:innen) hat eine eigene Website auf Polnisch / Ukrainisch / Englisch an den Start gebracht.

http://pracownicedomowe.pl/en/

Kuddel

Polen

Protest der Beschäftigten von Danfoss Polen, das Unternehmen, das den Tarifkonflikt nicht anerkennt und sich weigert, mit unserer Kommission zu sprechen. Das Unternehmen war weder von der Petition der Arbeiter, die von 365 Personen unterzeichnet wurde, noch von der Einsetzung eines Vermittlers durch den Minister für Familie und Sozialpolitik zu überzeugen.

KOLLEKTIVER KAMPF - IST GAR NICHT SO SCHLIMM. Wir fordern das Unternehmen auf, sein Verhalten zu ändern und in Gespräche einzutreten. Wir wollen Lohnerhöhungen, Gleichbehandlung und die Anerkennung von Leistungen erreichen, ohne die "ultimative Waffe" - den Streik - einzusetzen. Wir glauben, dass es möglich ist.










Kuddel

Nunja, die Erfahrung mit unseren sozialpartnerschaftlichen DGB Gewerkschaften unterstützte mich in meiner Sympathie für Basisgewerkschaften. Einige in unseren Nachbarländern machen einen recht guten Eindruck. Die SI Cobas in Italien, die IWGB in UK und die IP in Polen.

Meine Sympathie für die FAU wurde vor rund 10 Jahren wiederholt kräftig gedampft. Es war das Sekratariat für Internationales, der Zuständige für Kollektivbetriebe und insbesondere die FAU Berlin, die mir die Hoffnung wieder geraubt haben. Die praktische Zusammenarbeit, bzw. die Versuche, waren zum Abgewöhnen. "Was für den Haufen arroganter, unfähiger Idioten", dachte ich mir. Sowas hatte ich viele Jahre zuvor bei der IGM gesagt. Ich fand die Idee der Basisgewerkschaft weiterhin symathisch, aber die deutsche Version schien nicht zu funktionieren.

In den letzten Jahren schien es sich zu bessern und an einige Orten die FAU sich zu einer ernstzunehmenden Gewerkschaft zu mausern oder sich zumindest in diese Richtung zu bewegen.

Ich bin mir nicht so sicher, aber ich habe den Eindruck, daß eine gewisse Kurzlebigkeit geblieben ist und es einen unglaublichen Verschleiß an aktiven Mitgliedern gibt.

Und was ist nun los in Berlin? Ist da wieder die Kacke am Dampfen? Großer Streit und Neuanfang?



Kann mich jemand (Ferragus?) aufklären?
Keine schmutzige Wäsche waschen. Ich brauche keine Details. Mich interssiert nur eine grobe Einschätzung.

Kuddel

Ein interessanter Bericht aus Polen:

ZitatEs ist an der Zeit, Gewerkschafter und Aktivisten wirklich zu schützen. Initiative der IP im Sejm [polnisches Parlament]


Vertretung der Gewerkschaften und des Parlamentarischen Clubs der Linken vor dem Sejm der Republik Polen (Warschau 26.04.2022)

- Der Schutz von Gewerkschaftern in Polen ist eine Fiktion", sagte Jakub Grzegorczyk, Mitglied der Nationalen Kommission der Arbeiterinitiative IP, vor dem Sejm-Ausschuss für Sozialpolitik und Familie. Unsere Gewerkschaft beteiligt sich an der Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs, mit dem diese Situation geändert werden soll.

Am Mittwoch, dem 26. April, fand im Sejm eine weitere Pressekonferenz statt, auf der Vertreter von unterdrückten Gewerkschaften und Abgeordnete der Linken, die gegen diese Situation vorgehen wollen, sprachen. Die Arbeiterinitiative wurde von Dorota Olszewska-Sioma vertreten, einer Lehrerin an einer Grundschule in Toruń, die seit Jahren Repressionen seitens der Schulleitung ausgesetzt ist, weil sie Mitglied der IP ist. Ebenfalls anwesend waren Vertreter zahlreicher anderer Gewerkschaften - die Betriebsräte von Solidarno, OPZZ, Sierpnia'80 und kleinere, unabhängige Gewerkschaften. Alle Geschichten ähnelten sich: Arbeitnehmer wurden entlassen, eingeschüchtert, in einigen Fällen sogar überwacht, weil sie gewerkschaftlich tätig waren und für ihre Rechte kämpften.

Im Anschluss an die Pressekonferenz fand ein Treffen statt, bei dem Gewerkschafter und Gewerkschafterinnen über den vom linken Club vorbereiteten Gesetzentwurf diskutierten. Das grundlegende Ziel des Gesetzentwurfs besteht darin, die derzeitige Situation umzukehren, in der ein unrechtmäßig entlassener Arbeitnehmer vor Gericht um seine Wiedereinstellung kämpfen muss. Der Arbeitgeber hat, auch wenn er rechtswidrig gehandelt hat, grundsätzlich keine rechtlichen oder finanziellen Konsequenzen zu tragen. Dem Entwurf zufolge müsste ein Unternehmen, das sich einer geschützten Person auf der Grundlage des Gewerkschaftsgesetzes entledigen will, vor Gericht nachweisen, dass der betreffende Arbeitnehmer tatsächlich in drastischer Weise gegen die am Arbeitsplatz geltenden Regeln verstoßen hat.

Nach Ansicht von Karol Dwornik, einem entlassenen "S"-Aktivisten und ehemaligen Mitarbeiter des Krakauer Unternehmens Genpact, ist der Entwurf zu milde im Umgang mit Chefs, die geschützte Personen entlassen - Dwornik war der Meinung, dass die Sanktion eher eine Gefängnisstrafe als eine Geldstrafe sein sollte. Weronika Parafianowicz (Nationaler Ausschuss) wies im Namen der Arbeiterinitiative IP auf die Mängel des Entwurfs hin. Unserer Meinung nach fehlt es an Bestimmungen zum Schutz der Arbeitsinspektoren. Es wird auch nicht ausreichend klargestellt, dass eine entlassene Person weiterhin zur Arbeit kommen und dort gewerkschaftliche Aktivitäten ausüben kann. Wir haben auch vorgeschlagen, dass die Geldstrafe, die ein Arbeitgeber für Repressalien gegen eine Gewerkschaftsorganisation zahlen muss, an diese Organisation und nicht an den Fonds des Justizministeriums gehen sollte. Die Abgeordneten der Linken hielten zwei der drei von der Initiative eingereichten Änderungsanträge für sinnvoll und werden sie als Selbstantrag einbringen.

Anschließend fand eine Sitzung des parlamentarischen Ausschusses für Sozialpolitik und Familie statt, bei der die Initiative durch Jakub Grzegorczyk vertreten wurde. Mitglieder der in den Fall verwickelten linken Partei - Maciej Konieczny, Magdalena Biejat, Adrian Zandberg, Agnieszka Dziemianowicz-Bąk und Katarzyna Kotula - waren bei dem Treffen anwesend. Die Regierungsseite war durch Vertreter des Justizministeriums und des obersten Arbeitsinspektors vertreten. (...)
https://ozzip.pl/informacje/ogolnopolskie/item/2884-czas-na-realna-ochrone-dzialaczy-zwiazkowych-ip-w-sejmie


Kuddel



Der IP-Ausschuss bei LafargeHolcim wurde von den Beschäftigten des Zementwerks "Kujawy" und der Kalksteinmine gebildet. Später weitete er seine Aktivitäten auf das Zementwerk Małogoszcz aus.  Der Ausschuss konnte Lohnerhöhungen durchsetzen und wurde zur größten Gewerkschaft im Unternehmen.

https://ozzip.pl/informacje/ogolnopolskie/item/2910-inicjatywa-pracownicza-w-lafarge

Kuddel

Auf Gewerkschaften mit Biß wird mit Repression reagiert.

ZitatAn der größten pädagogischen Universität Polens [Pädagogische Universität Krakau] findet seit über einem Jahr eine Personalsäuberung mit politischen Hintergründen statt. (...) Bislang wurden rund 100 Dozenten von der Universität entlassen. Viele von ihnen behaupten, dass dies unter Verletzung der Universitätsvorschriften geschehen ist. Sie erhielten ihre Entlassungen per Post, ohne Rücksprache mit der Institutsleitung und ohne Angabe von Gründen.

Für den größten Aufschrei sorgte die Entlassung von drei angesehenen Akademikerinnen sowie von Aktivisten der Gewerkschaft "Inicjatywa Pracownicza" [IP], die die Politik der Universitätsbehörden offen kritisiert hatten. Diese Situation war auch der Anlass für eine Inspektion der Universität durch die staatliche Arbeitsaufsichtsbehörde.

https://www.onet.pl/informacje/onetwiadomosci/rektor-prosil-czarnka-i-terleckiego-o-wyciszenie-problemow-mamy-nagranie/tptvs7p,79cfc278

Kuddel


Kuddel

Die anarchosyndikalistische CGT Catalunya ist mit 20.000 Mitgliedern mittlerweile die drittgrößte Gewerkschaft in Katalonien (Vervierfachung seit 2019). Gründe: hohe Streiktätigkeit, feministische Ausrichtung & kein Interesse an Klassenfrieden.


Kuddel

In einem Videointerview gibt Marta Rozmysłowicz einen kurzen Überblick über die Geschichte der Basisgewerkschaft Inicjatywa Pracownicza (IP) und spricht über das Streikrecht in Polen, über Union Busting und wie sich die IP dagegen schützt.

https://de.labournet.tv/das-streikrecht-polen

12 sehenswerte Minuten.

Kuddel

ZitatInternationale Gewerkschaftssolidarität mit den kämpfenden Arbeiterinnen und Arbeitern in Frankreich!



Am 1. und 2. April 2023 trafen sich in Barcelona die Gewerkschaftsorganisationen aus verschiedenen europäischen Ländern, CGT (Spanien), Confederación Intersindical (Spanien), Co. Bas (Spanien), IAC (Katalonien), CATAC-CTS (Katalonien), CUB (Italien), UNICOBAS (Italien), Fronte di Lotta Non Austerity (Italien), COBAS (Italien), COBAS Sardegna (Sardinien), TIE (Deutschland), SUD Vaud (Schweiz), SYNDIBASA (Schweiz), STASA (Portugal), OZZ Inicjatywa Pracownicza (Polen) und Union Syndicale Solidaires (Frankreich), begrüßen den Kampf der Arbeiterinnen und Arbeiter in Frankreich, die sich seit fast drei Monaten gegen die Renten-Gegenreform wehren.
https://laboursolidarity.org/fr/n/2618/solidarite-syndicale-internationale-avec-les-travailleuses-et-travailleuses-en-lutte-en-france-

Nicht alles sind Gewerkschaften. Es sind auch andere Basisorganisationen dabei, die betriebliche Arbeit unterstützen.

Ferragus

eine erfreuliche Nachricht: auch die FAU München eröffnet bald ein Gewerkschaftslokal und braucht noch Unterstützung bei Renovierung und Finanzierung:

https://fau-m.de/de/aktuell/260-ein-gewerkschaftslokal-f%C3%BCr-die-fau-m%C3%BCnchen

es ist ein weiterer Baustein, der in der allgemeinen Strategie-Diskussionen der letzten Zeit Gewicht bekommenen hat: man braucht räumliche Brückenköpfe und Versammlungsorte abseits des linken Sumpfes, wenn man was reißen will. Es ist an der Zeit darauf hinzuwirken, dass diese Tendenz gestärkt wird!

ManOfConstantSorrow

Basisgewerkschaften in Spanien

Die Confederación Nacional del Trabajo (CNT) war mit rund 2 Millionen Mitgliedern eine der wichtigsten Protagonistinnen des Widerstandes gegen Franco im Spanischen Bürgerkrieg.

Nach der Francozeit gab es eine schwerwiegende Spaltung. Die CNT sah sich als wahre Erbin der alten CNT, doch die CGT hatte ein Mehrfaches an Mitgliedern. Die Spaltung war tief, es gab Verachtung für die jeweilige Gegenseite. Seit dem ist viel Zeit vergangen, die Gewerkschaften haben sich entwickelt und spielen eine zunehmende Rolle in den aktuellen Klassenkämpfen.

Die CGT hat laut Wikepedia 80.000, nach eigenen Angaben fast 100.000 Mitglieder. CGT und CNT bewegten sich in den letzten Jahren aufeinander zu. Gemeinsame Aufrufe, gemeinsame Aktionen. Jetzt haben sie offizell ein Bündnis geschlossen, darin verbünden sich die beiden Gewerkschaften und nehmen Solidaridad Obrera, eine kleine Organisation, die 1990 aus einer weiteren Spaltung des spanischen Anarchosyndikalismus hervorgegangen ist, in ihren Pakt auf. Sie gehen von einer massiv ansteigenden staatlichen Repression und auch Auseinandersetzungen mit den Rechten aus.
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kuddel

Ich habe große Sympathie mit dem Prinzip der Basisgewerkschaften. Arbeiter:innenselbstvertretung, Gewerkschaft von unten.

Bei der politischen Praxis bin ich oft enttäuscht. Die FAU organisiert sich dezentral, daher ist die Gewerkschaftsarbeit regional recht unterschiedlich.

Die Leipziger Volkszeitung hat mit zwei FAU Mitgliedern gesprochen. Die Aussagen überzeugen mich wenig.

ZitatKeine Kompromisse bei der FAU

Wie bei den meisten Gewerkschaften verhandeln bei Verdi gewählte Vertreter die Forderungen ihrer Mitglieder. Dieses Konzept kritisiert der 19-jährige Jasper*. Der Student arbeitet nebenbei als Nachhilfelehrer und ist Mitglied der Freien Arbeiter*innen Union (FAU), einem basisdemokratisch organisierten Zusammenschluss lokaler Gewerkschaften. Hier verhandeln die Mitglieder selbst ihre Forderungen. ,,Wenn Gewerkschaftsvertreter die Interessen verhandeln, kommen dabei Kompromisse heraus, die die Angestellten langfristig nicht zufriedenstellen", erklärt Jasper.

Auch die 26-jährige Zoë* ist Mitglied der FAU in Leipzig. Die Studentin hat lange Zeit in der Gastronomie gearbeitet und war dort mit ihren Arbeitsbedingungen unzufrieden. ,,Besser wäre es, wenn die Angestellten selbst verhandeln würden. Sie kennen ihre Arbeitssituation am besten. Kompromisse verändern nur oberflächlich etwas, aber nicht die tiefer liegenden, strukturellen Probleme." Kompromisse gehe die FAU deshalb nicht ein, sondern halte beharrlich an ihren Forderungen fest.
Kritik an Struktur und Verhandlungen großer Gewerkschaften

Die FAU setzt sich vor allem für Arbeitnehmer in Bereichen ein, die sonst nicht gewerkschaftlich organisiert sind. Neben der Gastronomie betrifft das beispielsweise Lieferdienste. In Leipzig konnte die FAU die Arbeitsbedingungen der Angestellten des Pizza-Lieferdienstes Dominos verbessern. Nach eigenen Angaben konnte die Gewerkschaft die Kündigung eines Mitarbeitenden verhindern und bezahlten Urlaub für Minijobber durchsetzen.

Zoë und Jasper kritisieren zwar die Struktur und Verhandlungsweise der großen, etablierten Gewerkschaften. Dennoch rufen sie ihre Altersgenossen dazu auf, solch einer Organisation beizutreten: ,,Engagiert euch, werdet selbst aktiv! Die Gewerkschaften, die zu eurer Berufsgruppe passen, können euch immer noch am besten unterstützen." Gerade junge Menschen sollten selbstbewusst für ihre Arbeitsrechte einstehen. ,,Darauf dürft ihr beharren", so Jasper eindringlich.

*Zoë und Jasper wollen nicht mit Nachnamen genannt werden.

LVZ
https://www.lvz.de/lokales/leipzig/4-tage-woche-so-denken-leipzigs-junge-gewerkschafter-6WXZFMDFMBHGDAYPJ7PGFI6MSU.html

Beide Gewerkschafter sind Studierende.
Naja.
Vielleicht ist das nur unglücklich formuliert:
ZitatHier verhandeln die Mitglieder selbst ihre Forderungen. ,,Wenn Gewerkschaftsvertreter die Interessen verhandeln, kommen dabei Kompromisse heraus, die die Angestellten langfristig nicht zufriedenstellen"
Ich verstehe nicht, warum ich in die Gewerkschaft eintreten soll, wenn ich am Ende für mich selbst verhandeln muß? 
Ich will mich stärker fühlen, ich brauche nicht nur Rat, ich brauche Mitstreiter und Solidarität. Ich will eben nicht allein gegen den Boß dastehen müssen. Ich lese nichts davon.

Abgesehen davon will ich nicht nur mich bei der Arbeit gegen bestimmte Mißstände schützen oder wehren.

Ich will eine andere Gesellschaft, eine andere Welt!
Wenn man den Kapitalismus abschaffen will, muß man die Ausbeutung der Arbeitskraft angreifen. In der Arbeitswelt kennen die beiden sich scheinbar nicht sonderlich gut aus. Arbeiten in der Gastronomie oder als Nachhilfelehrer...
ZitatDie FAU setzt sich vor allem für Arbeitnehmer in Bereichen ein, die sonst nicht gewerkschaftlich organisiert sind. Neben der Gastronomie betrifft das beispielsweise Lieferdienste.
Hmmm. Lückenbüßer für Branchen, um die sich der DGB nicht kümmert?

Und man steht wohl eher hilflos den Bedingungen anderer Jobs gegenüber und empfiehlt dann doch den Einttritt in die entsprechende DGB Gewerkschaft, wenn ich das richtig verstanden habe:
ZitatDennoch rufen sie ihre Altersgenossen dazu auf, solch einer Organisation beizutreten: "Engagiert euch, werdet selbst aktiv! Die Gewerkschaften, die zu eurer Berufsgruppe passen, können euch immer noch am besten unterstützen."

Also jetzt mal im Ernst, sowas hätt ich nicht zur Veröffentlichung freigegeben. 

Ferragus

Die Ansicht die FAU sei Lückenbüßer, die Empfehlung des DGB sind Resultat einer Fixierung auf das Ziel "eine Gewerkschaft zu werden" -ich verstehe nicht warum das erstrebenswert sein soll- und damit einhergehender pragmatischer Nüchternheit gegenüber den eigenen Fähigkeiten sich im verrechtlichten Dschungel der deutschen Arbeitswelt zu behaupten. Klassenbewusstsein, was immer das heute bedeuten mag, wird in der FAU vorausgesetzt oder man geht davon aus, dass es den Leuten einfach zufällt, wenn unmittelbare Verbesserungen erkämpft werden -das ist die alte Vorstellungswelt: Gewerkschaft als Schule des Sozialismus, die keine Gültigkeit mehr hat.

Kuddel

Danke Ferragus für deine Einwürfe.

Zitat von: Ferragus am 10:05:32 Mo. 24.Juli 2023...den eigenen Fähigkeiten sich im verrechtlichten Dschungel der deutschen Arbeitswelt...

Die Verhältnisse in der Gesellschaft und der Arbeitswelt verschlechtern sich derart schnell und radikal, da ist es für mich absolut verwunderlich, daß man (insbesondere in einer "radikalen" Gewerkschaft), nicht nach entsprechenden Antworten sucht.

Natürlich sind Gewerkschaften stets bedroht vom Staat und seinen Gesetzen, aber ich bin nicht der Meinung, daß man sich immer beugen muß. Dem britischen Bergarbeiterstreik begegnete Maggie Thatcher mit der großen juristischen Keule und beschlagnahmte das Gewerkschaftsvermögen. Die Gewerkschaft NUM sagte den Streik deshalb nicht ab und die Arbeiterbewegung entwickelte eine Solidaritätsbewegung, die im ganzen Land (und darüber hinaus) Geld und Lebensmittel für die Streikenden sammelte. Thatcher ließ Massenstreikposten verbieten und ließ nur noch 6 Streikposten zu. Die NUM nahm das nicht hin und rief immerwieder zu "mass picketing" auf, was meist zu blutigen Schlachten mit den Bullen führte...

Hier noch ein Beispiel aus Spanien:

ZitatArbeiter plündern Supermärkte

Radikale Gewerkschafter haben in Andalusien Supermärkte ausgeräumt und die Lebensmittel nach Art von Robin Hood an Bedürftige verteilt.


...Die Demonstranten hatten zwei Filialen großer Supermarkt-Ketten in Ecija und Arcos de la Frontera quasi geplündert. Sie füllten die Einkaufswagen bis  obenhin mit Lebensmitteln, gingen ohne zu zahlen und ließen die gestohlenen Waren an Arbeitslose und Suppenküchen verteilen. ...
https://www.dw.com/de/arbeiter-pl%C3%BCndern-superm%C3%A4rkte/a-16152643

Rechtsberatung mag Sinn machen, wird die Verhältnisse jedoch niemals ernsthaft ändern.

Etwas mehr Phantasie, etwas mehr Biß bitte!


Resolution der Kommunarden


In Erwägung unserer Schwäche machtet ihr Gesetze, die uns knechten soll'n
die Gesetze seien künftig nicht beachtet in Erwägung, daß wir nicht mehr Knecht sein woll'n.

Refrain: In Erwägung, daß ihr uns dann eben mit Gewehren und Kanonen droht
haben wir beschlossen, nunmehr schlechtes Leben mehr zu fürchten als den Tod.

In Erwägung, daß wir hungrig bleiben wenn wir dulden, daß ihr uns bestehlt
wollen wir mal feststell'n, daß nur Fensterscheiben uns vom Brote trennen, das uns fehlt.

In Erwägung, daß da Häuser stehen während ihr uns ohne Bleibe laßt
haben wir beschlossen, jetzt dort einzuziehen weil es uns in uns'ren Löchern nicht mehr paßt.

In Erwägung, es gibt zuviel Kohlen während es uns ohne Kohlen friert
haben wir beschlossen, sie uns jetzt zu holen in Erwägung, daß es uns dann warm sein wird.

In Erwägung, es will euch nicht glücken uns zu schaffen einen guten Lohn
übernehmen wir jetzt selber die Fabriken in Erwägung, ohne euch reicht's für uns schon.

In Erwägung, daß wir der Regierung was sie immer auch verspricht, nicht trau'n
haben wir beschlossen, unter eig'ner Führung uns nunmehr ein gutes Leben aufzubau'n .

In Erwägung, ihr hört auf Kanonen and're Sprachen könnt ihr nicht versteh'n
müssen wir dann eben, ja das wird sich lohnen die Kanonen auf euch dreh'n!

Kuddel

Die DGB nahe Boecklerstiftung sah sich den migrantischen Truckerstreik (Gräfenhausen) an und kam zu dem Schluß, daß der Ausbeuter mit nicht legalen Mitteln gearbeitet hat.



ZitatDie Löhne bei internationalen Speditionen haben mit den Gesetzen oft nicht viel zu tun. Edwin Atema spricht von einer Form des ,,Menschenhandels", der hier stattfindet.  Geliehene Lkw und Subunternehmen machen das Geflecht noch undurchsichtiger.

Dann gibt die Boecklerstiftung zu, daß die legalen Möglichkeiten der Fahrer im EU Gesetzesdchungel eher bescheiden sind.

Die Konsequenz:
ZitatSo bleibt den Betroffenen einstweilen nur, die Saat des Protests weiterzutragen. Doch wilde Streiks wie in Gräfenhausen sind selten in Deutschland. Noch dazu waren sie anderswo nicht so erfolgreich. In Gräfenhausen war die Konstellation günstig: Die Unterstützung war riesig, der  DGB sorgte für mobiles Internet, Menschen brachten Essen oder spendeten Bares.

Fazit:
ZitatAber das eigentliche Erfolgsrezept, sagt  die DGB-Beraterin, heiße ,,Solidarität und Entschlossenheit".
https://www.boeckler.de/de/magazin-mitbestimmung-2744-jenseits-des-gesetzes-50146.htm

Es ist schon ein Hammer, wenn aus dem DGB Sumpf die Aussage kommt, daß die Arbeiter keine andere Chance hatten, als "jenseits des Gesetzes" zu kämpfen und dann den Kampf gewonnen haben, weil sie über ausreichend ,,Solidarität und Entschlossenheit" verfügten.

Ich halte es für notwendig, daß wir heute offensiv ausloten, was geht im Klassenkampf. Man muß frecher und mutiger werden. Man muß in Kauf nehmen, daß einzelne Kämpfe auch verloren werden. Solidarität der Malocher:innen und Unterstützung von Außen sind der Schlüssel zum Erfolg.

Ich hoffe, daß sich die Basisgewerkschaften von solchen Erfahrungen inspirieren lassen!

Kuddel

Wir haben bereits seit drei Wochen den 2. Wilden Streik von Truckern am Rasthof Gräfenhausen.

Das verstehe ich eigentlich als Geschenk des Himmels für Basisgewerkschaften. Ihre Aufgabe sollte es sein, selbständig kämpfende Arbeiter zu unterstützen.

Hier ergibt sich ein ernüchternder Blick auf die Kraft der Basisgewerkschaften. Man entdeckte den Streik für sich und es gab auch eine Unterstützung der Streikenden. Doch die Unterstützung ging nur wenig über symbolische Solidarität hinaus. Man brachte Lebensmittel, Hygieneartikel, Tabak und anderes, doch man ist weit entfernt davon, 200 Streikende über mehrere Wochen durzufüttern zu können. Der Streik wäre bereits ausgehungert und beendet, wenn nicht der DGB (nebst Einzelgewerschaften), Katholische Arbeitnehmerorganisationen und Faire Mobilität die Verpflegung sichern würden.

Ich halte es für eine Grundvoraussetzung für Basisgewerkschaften, solche Grundlagen für das Durchhalten kämpfender Arbeiter zu organisieren. Ich halte dafür nicht ubedingt gefüllte Gewerkschaftkonten für notwendig. In vielen Ländern ist "Streikgeld" unbekannt. Dort ist es normal, daß sich "Support Groups" bilden, Unterstützungsgruppen, die nicht unbedingt aus gewerkschaftlichen oder linken Hintergründen kommen. Oftmals sind es Menschen in der Nachbarschaft, die gegenseitige Hilfe und Solidarität für eine Selbstverständlichkeit halten.

Eine solche Kultur gilt es auch hier aufzubauen.


Kuddel

Es mag einen Anstieg an Arbeitskämpfen geben, doch halte ich das, was die DGB Gewerkschaften zustande bringen, für ein absolutes Trauerspiel.

Ich glaube an den gewerkschaftlichen Gedanken, doch die gewerkschaftliche Praxis taugt hierzulande nix. Ich kenne Leute, die sind aus tiefer Überzeugung in einer DGB Gewerkschaft und glauben daran, daß man sie mit engagierten linken Kollegen von Innen umkrempeln und zu einer kämpferischen Arbeiterorganisation verwandeln kann. Ich glaube nicht an ihre Reformierbarkeit.

Ich kann mehr mit denjenigen anfangen, die die Mitgliedschaft nutzen bei der Betriebsarbeit, sich aber keine Illusion über diese Organisation machen.

Ich kenne auch Leute, die in der FAU organisiert sind und gleichzeitig einen Mitgliedsausweis von Verdi oder der IGM haben.

Ich setze große Hoffnungen in jegliche Alternative zu den DGB Gewerkschaften. Beim Blick auf die FAU bin ich etwas zerknirscht. Ich sehe da gewisse Fortschritte, doch eine ernstzunehmende klassenkämpferische Kraft stellt sie bisher nicht dar.

Ich werde in dieser Rubrik meine Gedanken über Basisgewerkschaften schweifen lassen, über deutsche und ausländische. Ich hoffe, es wird kein Monolog, ich würde mich über Gedanken und Kommentare anderer sehr freuen.

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