Bezahlte politische Arbeit? NGOs, linke Politik und Einflußnahme durch Kohle

Begonnen von Kuddel, 10:52:49 Mo. 10.Februar 2020

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Kuddel

Es dürfte ein wichtiges Thema sein.
Das Thema "Kohle", wer hat wieviel, ist nicht nur ein gesellschaftliches Thema, es betrifft die politische Arbeit selbst.
Die neoliberalen Verhältnisse durchdringen alle Lebensbereiche. "Freizeit" ist zu einem kostbaren Gut geworden und keine Selbstverständlichkeit. Viele haben schlichtweg keine Zeit mehr, sich politisch zu engagieren, Zeit und Kraft werden vom Überlebenskampf aufgefressen.

Ich hasse auch den Begriff "Zivilgesellschaft". Mit dem Begriif akzeptiert man den Zustand, in dem ein militärisch-industrieller Komplex  über allem steht, wohl auch über dem bürgerlichen Parlamentarismus, aber dann gibt es diese ominöse Zivilgesellschaft als Korrektiv.
ZitatZivilgesellschaft ist ein Bereich, in dem freiwillige Vereinigungen (Vereine), Stiftungen, Initiativen, Nichtregierungsorganisationen bzw. Non-gouvernemental Organizations (NGOs), Nonprofit-Organisationen (NPOs) tätig sind.
https://de.wikipedia.org/wiki/Zivilgesellschaft

counselor hat die NGOs als problematisch erwähnt, als Institutionen, die Einfluß auf politische Bewegungen nehmen.
ZitatEine Nichtregierungsorganisation (NRO bzw. aus dem Englischen Non-governmental organization, NGO) oder auch nichtstaatliche Organisation ist ein zivilgesellschaftlich zustande gekommener Interessenverband, der nicht durch ein öffentliches Mandat legitimiert ist. Die Weltbank definiert NROs als private Organisationen, die durch ihre Aktivitäten versuchen, Leid zu mindern, die Interessen der Armen in der Öffentlichkeit zu vertreten, die Umwelt zu schützen, grundlegende soziale Dienste zu leisten oder Aktionen für Entwicklungsvorhaben zu initiieren.

Auch private Großstiftungen können als Nichtregierungsorganisationen auftreten. So erlaubt etwa die hybride Natur der Bill & Melinda Gates Foundation eine flexible Auslegung ihrer Organisationsstruktur.
https://de.wikipedia.org/wiki/Nichtregierungsorganisation

admin

Bei unserem letzten Stammtisch war das Thema.

Die Einschätzung war niederschmetternd. Egal welches Beispiel wir uns angesehen haben, immer kam es zu dem gleichen Resultuat: Staatsknete zerstört gute politische Projekte.

Es war bei der radikalen Gesundheitsbewegung so, die Gesundheitsläden als Treff- und Veranstaltungsorte betrieb. Es ging in dieser Bewegung nicht nur darum, die Macht der Pharmaindustrie anzugreifen, sondern auch den Begriff der Gesundheit, der in diesem System nur die Wiederherstellung der Arbeitskraft und das Funktionieren in diesen System bedeutet, neu zu definieren. Als man jedoch an Förderungen herankam und man damit bezahlte Stellen bekommen konnte, war es aus mit den radikalen Fragen um die Gesundheit. Wichtiger wurde es, die bezahlten Stellen zu erhalten.

Es war bei der Frauenbewegung ebenso. Die einst radikale Bewegung verlor mit der Staatsknete und den bezahlten Stellen nicht nur ihren Biß, sondern auch jegliche politische Relevanz. Ich will ja nicht die sozialarbeiterische Rolle von Frauen-und Mädchenhäusern als Unsinn abtun, aber neben dieser sozialarbeiterischen Bedeutung ist die gesellschaftliche Relevanz völlig verschwunden. Es wurde wieder ein Kampfeld zum Erhalt der eigenen Jobs von Frauen mit eher akademischem Hintergrund in Zeiten knapper werdender öffentlicher Gelder. Fragen wie die der schlechteren Bezahlung von Frauen gegenüber Männern kam nicht aus dieser halbakademischen Szene, in der man herzlich wenig Ahnung davon hat, wie es Frauen an der Supermarktkasse, in der Reinigungsfirma oder in der Pflege geht. Solch simple Fragen sind von außen und nicht von dieser bezahlten Frauenbewegung gekommen.

Für die Kieler Erwerbslosenini war die selbstorganisierte Schaffung von Beraterjobs mit Staatsknete nicht nur ein Schuß ins eigene Knie, sondern ein Kopfschuß. Es war das Ende einer erfolgreichen und einst radikalen ELO Ini.

Aus anderen Städten gibt es diverse Geschichten von der Befriedung von Staddteil- und Mieterarbeit mit Staatsknete. Sie tragen jetzt mit ein wenig Kultur- und Sozialblabla zur Ruhe im Viertel bei. Das ist für den Staat billiger als Bulleneinsätze und die linken Hansel übernehmen diesen Job für ein paar Euro gern.

Wir hatten noch mehr Beispiele und es hatte stets einen deprimierenden Ausgang.

Wir sind heutzutage in einer Situation, in der viele Leute, die längere Zeit von Hartz IV gelebt haben, psychisch so stark angeschlagen sind, daß sie zu keiner politischen Arbeit mehr in der Lagen sind. Und diejenigen, die sich mit irgendwelchen (meist prekären und oft freiberuflichen) Jobs über Wasser halten, sind oftmals nur noch erschöpft und haben wenig Zeit, bzw. können über ihre Zeit nicht verfügen und nicht vorausplanen.

Ich bin nicht der Meinung, daß man für politische Arbeit unbedingt ein Honorar kriegen sollte (Diese ganzen komischen Jobs, die z.B. von der Rosa Luxemburg Stiftung bezahlt werden, sind nochmal ein Thema für sich.), aber ein Stadtteil-Laden kostet z.B. Miete, die Fahrtkosten für überregionale Treffen müssen irgendwo herkommen und auch chefduzen hat laufende Kosten, die irgendwo herkommen müssen. Das ist für Menschen, die sich am ökonomisch unteren Rand bewegen, ein echtes Problem. Wenn sie ihre Zeit und Kraft investieren, kann man von ihnen nicht auch noch ihre Kohle erwarten.

Wie gehen wir mit dieser Situation um? Wo kriegen wir die Kohle her, ohne unsere Seele an den Staat zu verkaufen?
Diese Frage ist keine rein akademische. Es ist eine Frage, bei der es auch um die Zukunft dieses Forums geht.

counselor

Unsere Montagsdemo finanzieren wir, indem wir bei unseren Zuhörern Spenden einsammeln. Auf diese Art und Weise sind wir seit 16 Jahren finanziell selbständig.
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

Fritz Linow

Zitat von: counselor am 23:26:04 Di. 09.Juni 2020
Unsere Montagsdemo finanzieren wir, indem wir bei unseren Zuhörern Spenden einsammeln. Auf diese Art und Weise sind wir seit 16 Jahren finanziell selbständig.

Spenden einsammeln ist immer gut. Wenn es aber darum geht, zum Beispiel einen unabhängigen Laden zu unterhalten, dann wird es schwierig, weil die Spenden nicht wirklich absehbar sind. An relativ unabhängigen Strukturen fallen mir jetzt nur die Rote Hilfe oder meinetwegen auch die FAU ein. Vielleicht muss man wieder mit Sparvereinen und dem guten alten Sparschrank anfangen.

(Die RLS lässt sich ja durchaus des Öfteren nicht lumpen, aber dabei kommen dann Veranstaltungen raus, wo immer dieselben Dullis rumlaufen. Dann klopft man sich auf die Schulter und macht seinen lustlosen Kram im Partei-, Gewerkschafts- und Szenesumpf weiter.)

Kuddel

Black Lives Matter ist so ein Fall, den man sich mal ansehen sollte.
Nach dem Mord an Trayvon Martin 2013 brachen in den USA spontane Proteste gegen Rassismus aus. Es entstand die Black Lives Matter Bewegung. Es formierte sich aber auch Black Lives Matter in institutionaliserter Form.

Aus der Selbstdarstellung:
Zitat#BlackLivesMatter wurde 2013 als Reaktion auf den Freispruch des Mörders von Trayvon Martin gegründet. Die Black Lives Matter Foundation, Inc. ist eine globale Organisation in den USA, Großbritannien und Kanada, deren Aufgabe es ist, die Vorherrschaft der Weißen zu beseitigen und lokale Macht aufzubauen, um gegen die Gewalt einzuschreiten, die Schwarzen Gemeinden vom Staat und von Selbstjustizlern zugefügt wird.
https://blacklivesmatter.com/about/

Die Black Lives Matter Stiftung Incorporated. Soso.
Je professioneller sie wurde, desto zahnloser wurde es. Es ging am Ende nur noch um Wahlkampfhilfe für die demokratische Partei. Dieser Organisation liefen die Anhänger davon. Sie sprach nicht mehr für die kämpfenden Schwarzen und die Bewegung der Antirassisten. Selbst die Website verwaiste. Es kamen keine aktuellen Berichte. Durch den Mord an George Floyd erwachte Black Lives Matter wieder als Basisbewegung der Kämpfe auf der Straße.

Die BLM Stiftung Inc. brauchte etwas länger. Doch nun heißt es, sie würde 6,5 Millionen Dollar zur zur Unterstützung der Organizing-Arbeit zur Verfügung stellen. Huch, plötzlich kann man sechseinhalb Millionen lockermachen?

Mir kommt das wirklich verdächtig vor. Ich rieche Einflußnahme. Hier will man eine Bewegung in geregelte Bahnen bekommen. Es kommt mir vor, wie der von den deutschen Medien inszenierte Hype um Luisa Neubauer, die plötzlich mit fff gleichgesetzt wird, obwohl die nur eine grüne Nachwuchspolitkerin ist.

Oder die Gründung der Grünen. Damals ging es auch darum, eine immer breiter und wirkungsvoller werdende Umweltbewegung in geordnete Bahnen zu lenken. Dieser wiederliche Drecksladen namens "GRÜNE PARTEI" steckt heute im Arsch der Autoindustrie. Du Umweltbewegung mußte erst von einer neuen Generation neu gegründet werden.

Auch in Hongkong versucht man mit viel Geld und anderen Einflußnahmen den rechten Flügel der Protestbewegung zu stärken. Vielen ist nicht klar, wie wichtig lebendige Bewegungen sind und wie gefährlich Kohle und Einflaußnahme von außen.

Kuddel

Gerade im Netz gefunden:

Revolutionäre landen im Knast, in der Armut, in der Psychiatrie, im Exil, auf dem Friedhof. Sie landen nicht in Stiftungen, Redaktionen, auf Parteiposten.

Kuddel

Argentinien:
ZitatHeute steht die Bewegung am Scheideweg. Einige liebäugeln mit den Angeboten der Parteien, die Jobs und Sozialprogramme in Aussicht stellen. Vor kurzem wurde das Ministerium für Frauen, Gender und Diversität gegründet, das eine gendergerechte Sprache propagiert. Die Basis ist skeptisch. Die Indigenen bezeichnen sich nicht als ,,Feministinnen" und bekämpfen den Staat.
Gaby Weber

In Deutschland hat es schließlich auch geklappt.
Die radikale Feminische Bewegung der 70er konnte in den 80ern mit Geld befriedet und entpolitisiert werden. Es gab staatliche Gelder nicht nur für Frauenhäuser und Beratungsstellen, sondern für bezahlte Stellen in dem Bereich. Da konnte man später den Hebel ansetzen. Und schwupps, als die Gelder gekürzt wurden, kämpfte frau nicht mehr für Frauenrechte, sondern nur noch für den Erhalt des eigenen Arbeitsplatzes.

Kuddel

Einige mögen Fahnen und Symbole und ich fürchte, sie helfen tatsächlich mehr Menschen auf die Straße zu bringen.

Die Initiative Deutsche Wohnen & Co Enteignen setzt auf das Branding Gelb-Lila. Ist vielleicht ein Bezug zur antifaschistischen Zweiten Spanischen Republik. Nun gut.

Auch wenn es irgendwie helfen mag, so Leute anzusprechen, fühle ich mich bei dieser Professionaliserung des Widerstands äußerst unwohl.




















Nikita

Ich bin in der Frage der Professionalisierung von Aktivismus hin- und hergerissen.
Sicher möchte man nicht von den Geldgebern abhängig sein, aber was könnte man erreichen, wenn mehr Geld vorhanden wäre? Bei Aktivismus tauchen Menschen, die die Sache voranbringen, immer wieder ab, weil sie sich um monetäre Belange kümmern müssen. Was ist, wenn Leute am Thema dran bleiben können, weil sie es hauptberuflich machen? Wie weit kann man mit mehr Geld seine Reichweite steigern? In den USA hört man von Millionensummen, die im Aktivismus landen. Ist in Deutschland vielleicht ein Problem, dass man wegen der nicht vorhandenen Kohle nicht an Themen dranbleibt und fast alle Projekte verpuffen?

Kuddel

Naja, bei Streiks erkennt man oft schon an den Transparenten, ob sie etwas taugen.
Wenn die Leute nur die professionellen Transpis der Gewerkschaft hochhalten, ist meist nicht viel dahinter.
Wenn sie selbstgemalte Transparente und Schilder mit eigenen Sprüchen und Forderungen tragen, wird es interessant.

Es ist eine Frage, ob man Leute einspannt und sie sich einspannen lassen.
Zu einer Selbstermächtigung gehört auch, daß die Leute Inhalte und Form des Protests selbst entwickeln.

Fritz Linow

Bei DW-Enteignen sind es einfach nur Fanklamotten. Ja und? Das schafft Gemeinsamkeit und Corporate Identity. Immerhin gibt es keinen Fußballverein, der mit Gelb-Lila glänzen kann. Zwanghaft alles selber machen müssen, ist auch nicht gut für die Gesundheit. Vielleicht gibt es ja demnächst bei DW-Einteignen eine Ultrabewegung, die alles kritischer beleuchtet.

Kuddel

Irgendwo gibt es hier einen Thread über "Astroturfing". Das sind Retortenbewegungen, die mit Kohle und Organizingprofis gemacht werden.

Die rechte Tea Party Bewegung ist wohl das bekannteste Beispiel dafür.

Aber letztendlich kann man bei Wagenknechts "Aufstehen" auch von Astroturfing sprechen. Die Sache ging irgendwann unrühmlich den Bach runter. https://www.spiegel.de/politik/deutschland/sahra-wagenknecht-aufstehen-initiatoren-rechnen-ab-a-1258120.html

Junge Leute auf der Suche stoßen pausenlos auf Politprofis, die Greepeace Jugendorganisation, PETA, Amnesty International. (Ich finde einerseits Amnesty wichtig, habe aber massive Kritik an der hierarchisch durchorganisieren "professionellen" Organisation. Als ich vor einigen Wochen bei einem Amnesty Straßenstand stehengeblieben bin, hatte ich es mit geschulten jungen Leuten zu tun. Die spulten ihr Programm ab und ihr Ziel war allein die Aquirierung von Mitgliedern. Ich fragte zu oft nach bis sie sich nicht mehr mit mir unterhalten wollten.)

Letzt fiel in der Diskussion über die Letzte Generation der Begriff Astroturfing. Das halte ich für kein reines LG-Bashing. Ich fragte mich seit langem, wie die bescheuerte Forderung nach einem "Gesellschaftsrat", das Herumreiten auf der Verfassung und die Forderungen an die Bundesregierung und Speziell Olaf Scholz, möglich sind.

Ich bin davon peinlich berührt. Nachdem die Letzte Generation massiv kritisiert worden ist für das Blockieren des Berufsverkehrs, haben sie nun ein paar Aktionen "gegen die Reichen" gemacht. Auch das war wieder verpeilt. Es ist letztendlich wieder das bescheuerte "CO²-Fußabdruck" Argument. Die Reichen haben einen höheren pro-Kopf-Verbrauch als der Durchschnittsmensch. Ja, aber mit dem blöden Argument bleiben die Hauptverursucher, die Industrie und das Militär außerhalb der Kritik.

Wenn Einzelne in der Bewegung unerfahren und verpeilt sind, ok, aber diese Sachen kommen von "DER Letzten Generation" und soweit ich sehe, entscheiden die nicht in Vollversammlungen der Bewegung.

Ich habe mir lange überlegt, ob ich ein Video eines rechten Arschs hier verlinken soll. Da gibt es "Die Letzte Generation von innen (Interview Nimmerfroh)" von Christian Rieck. Prof. Dr. Christian Rieck ist ein neoliberaler Rechtspopulist, der auch für Tichys Einblick schreibt. Auch sein Talkgast ist nicht koscher. Maria-Christina Nimmerfroh kommt von der Friedrich Naumann Stiftung (FDP nah).

Ich hab es nicht verlinkt, weil es echten Brechreiz auslöst. Da gibt es von der FDP Tusse ein paar brauchbare infos darüber wie professionell das Campaigning organisiert ist mit Schwerpunkten auf Marketing, Organizing bis psychologischer Schulung. Das könnte ich vielleicht noch zähneknirschend schlucken. Es ist aber eine International aktive Organisation. Die haben keinerlei Probleme, mal mit politisch schlauen Leuten zu diskutieren. Woher kommt die Ausichtung, wer trifft die Entscheidungen? Ich sehe da keinerlei basisdemokratische Strukturen, in den Entscheidungen über ihre Ausrichtung und Forderungen gefällt werden. Die liegen ja politisch Lichtjahre hinter dem, was Greta Thundberg sagt. Die sind meist blöd und machmal kontraproduktiv.

Ich finde den Mut und die Entschlossenheit der Teilnehmer:innen super. Ich finde die politische Ausrichtung dieser "Bewegung" ziemlich Panne.

 

counselor

ZitatLetzt fiel in der Diskussion über die Letzte Generation der Begriff Astroturfing. Das halte ich für kein reines LG-Bashing. Ich fragte mich seit langem, wie die bescheuerte Forderung nach einem "Gesellschaftsrat", das Herumreiten auf der Verfassung und die Forderungen an die Bundesregierung und Speziell Olaf Scholz, möglich sind.

Den Verdacht des Astroturfings hatte ich auch schon. Allerdings halte ich die Forderung nach einem gelosten Gesellschaftsrat für gar nicht so dumm. Man nimmt hier Anleihen an der Demokratie im alten Griechenland.

Das Herumreiten auf der Verfassung ist naiv, weil der entsprechende Artikel ein Programmsatz ist, der nicht einklagbar ist und die Regierung einen weiten Spielraum für ihre Entscheidungen hat (sog. Einschätzungsprärogative).

Dass die Letzte Generation ihre Forderungen an die Bundesregierung (insbesondere an Olaf Scholz) richtet, halte ich für nachvollziehbar.
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

Hartzhetzer

ZitatAllerdings halte ich die Forderung nach einem gelosten Gesellschaftsrat für gar nicht so dumm. Man nimmt hier Anleihen an der Demokratie im alten Griechenland.

Für mich ist der bürgerliche Demokratiebegriff genauso eine innhaltleere, wohlfeil klingende Plastikwort Floskel wie dieses Werte Geschwätz und die inflationäre Verwendung des Wortes Freiheit.
Entscheidend ist doch nicht die Diskussion, sondern die Machtfrage. Du kannst noch so viel mit den Heinis die hier etwas zu bestimmen haben diskutieren und argumentieren. Solange wie sie die Macht haben ihre Interessen durchzusetzen machen sie das, egal von wieviel Stellen berechtigte und wissenschaftlich belegte Argumente dagegen kommen. Das ist auch so ein Blödsinngedanke das es nur daran Mangelt das sich die Leute zu wenig zuhören und zu wenig diskutieren.
Einfach mal zu erkennen das die Machthaber in dieser Gesellschaft, die Diktatoren aus der Wirtschaft und deren politischen Verwalter, staatlichen Schiedsrichter und Ordnungshüter andere Interessen haben als ein Großteil der Bevölkerung und deshalb das machen was sie halt tägliche so machen wäre ein Riesen Fortschritt.
Das würde einen zumindest von den naiven Gedanken befreien das alles schlechte nur aufgrund von Unwissenheit, Moralischer Verkommenheit und zu wenig Diskussion Bereitschaft der Täter passiert.

Nicht zu vergessen, wer an der Macht ist muss andere Menschen nicht durch Argumente und Diskussionen überzeugen, sondern er erlässt ein Gesetz beziehungsweise wendet ein bereits vorhandenes Gesetz an mit dem er die anderen Menschen zur Erfüllung seines Interesses zwingt. Argumentieren und Diskutieren ist was für den ohnmächtigen Untertan der nichts zu entscheiden und zu melden hat.

Rainer Mausfeld sagte mal Demokratie sei Einhegung von Macht, wenn ein so Gesellschaftsrat aber kein Macht hat die Mächtigen in ihren Machtexzessen einzuhegen und die Verfolgung ihrer Interessen zu Gunsten des Gemeinwohls zu verbieten dann ist er am ende nur ein zusätzlicher Zahnloser Palaver Tiger.
Die Nazis vollzogen auf ihre Weise, was die Sozialdemokratie sich immer erträumt hatte: eine »ordentliche Revolution«, in der alles ganz anders wird, damit alles so bleiben kann, wie es ist.

Zitat Schwarzbuch Kapitalismus Seite 278

Kuddel

Meine Gedanken zu...

Gesellschaftsrat: Sicherlich ist die Parteienstruktur bei uns so, daß dort nur ein bestimmter Menschentyp Platz findet und vorankommt. Unternehmer, Anwälte, Karrieristen. Wenn man sich etwas aus der Bevölkerung zusammenwürfelt, bekommt man vielleicht den Bevölkerungsdurchschnitt. Dann würd ich mich gleich erschießen. Es gibt keine weit verbreitete Kenntnis gesellschaftlicher Zusammenhänge, das gilt auch für die besser gebildeten Menschen. Wenn man sich umhört, bekommt man weitgehend das zu hören, was die Massenmedien verbreiten. Danke, das brauch ich nicht!

Ich würde mir hingegen Rätestrukturen wünschen, die aus den Bereichen kommen, über die sie zu entscheiden haben, z.B. Stadtteil, Landwirtschaft, Arbeitsplatz/Branche (z.B. Gesundheitswesen). Die Leute sollten da durch ihr Handeln und Wirken bekannt sein, und wenn sie sich in einem gewählten Amt als unbrauchbar erweisen, muß man sie schon vor Ablauf einer Wahlpriode loswerden können.

Verfassung: Ich habe es immer als Ehre empfunden, als mich Lehrer als "Verfassungsfeind" beschimpft haben. Diese Verfassung schützt das Eigentum und die Herrschende Ordnung. Als es mit den Schwurblern losging, haben sie immer mit dem Grundgesetz herumgewedelt. (Und so in Stein gemeißelt scheint es auch nicht zu sein. Es durfte die Bundeswehr nur im Verteidigungsfall eingesetzt werden. Als die BRD aber imperialiste Ambitionen bekam, wurde das mal kurz umformuliert. Dann konnte unsere Freiheit im Kossovo und am Hindukusch verteidigt werden.)

Astroturfing: Bei der gesamten Umweltbewegung gibt es Versuche, sie von außen zu beeinflussen. Es gibt äußere Einflußnahme verschiedenster Art, es gibt aber auch obskure Wurzeln/Gründer der Bewegungen und es gibt, zumindest bei der Letzten Generation, einen Haufen Geld, der in die Organisation gepumpt wird.

  • Fridays for Future wurde von Greta Thunberg ins Leben gerufen. Ich halte viel von ihr. Sie wurde zur Haßfigur der Rechten. Daß FFF Deutschland sich Luisa Neubauer als Gesicht der Bewegung vor die Nase setzen ließ, find ich scheiße. Sie ist zwar talentiert im Umgang mit Medien, doch sie ist Grünenpolitkerin und ihre inhaltliche Einflußnahme find ich nicht ok. Sie mag zwar in Talkshows ein gutes Bild abgeben, doch sie nimmt der Bewegung Biß und Wirkung.

  • Extinction Rebellion (XR) wurde auch hier im Forum kritisch diskutiert. Die Bewegung kam aus UK und hatte bisweilen ein sektenhaftes Auftreten. Die Bewegung schwappte über auf andere Länder. Ihre Kampagne des zivilen Ungehorsams machte etwas her, denn damit gab es den Übergang von Protest zu Widerstand. Es gab auch Zusammenarbeit mit anderen Umweltbewegungen. Die Gründung von Extinction Rebellion Trade Unionists (Extiction Rebellion Gewerkschafter) in UK war für mich ein beeindruckender Sprung nach vorn. Man unterstützt auch Arbeitskämpfe. https://twitter.com/unionsXR


  • Letzte Generation: Die Letzte Generation ist Teil des A22-Netzwerks, dessen Hauptfinanzierer der kalifornische Climate Emergency Fund (CEF) ist, den die US-Amerikaner Aileen Getty, Rory Kennedy und Trevor Neilson 2019 gründeten. Es wird da mit einer Menge Geld um sich geworfen. Im Jahr 2022 seien über 900.000 Euro Spenden eingenommen. Der kalifornische Climate Emergency Fund (CEF) finanzierte mit rund 50.000 Euro die Initiative ,,Gemeinnützige Bildungsarbeit zur Unterstützung von Letzte Generation". Filmproduzent Adam McKay und Spender von 4 Millionen Dollar ist seit 2022 im Vorstand. Im April 2023 verkündete Alfred Platow, Vorstandsvorsitzender der Ökoworld AG, das Unternehmen wolle künftig die Gebühren für die Loslösung vom Straßenbelag erstatten. Ökoworld das Angebot wenig später aufgrund öffentlicher Anfeindungen zurück. Platow kündigte an, stattdessen privat 20.000 Euro an einen Fonds zu überweisen.

Die Letzte Generation machte etwas her, weil sie für friedlichen, aber handfesten Widerstand stehen und auch vor Gesetzesbrüchen keine Angst zeigen. So bekamen sie Zulauf und Respekt. Politisch war und ist es ein ziemlicher Schrott und das kann vielleicht mit den reichen Finanziers aus den USA erklärt werden. ,,Fridays for Future" warf den Aktivisten der Letzten Generation vor, mit ihren Protestaktionen die Gesellschaft zu spalten. Die Klimakrise brauche gesamtgesellschaftliche Lösungen und die könne man nur gemeinsam finden und erstreiten und nicht, indem man Menschen im Alltag gegeneinander aufbringe. (aus Wikipedia.)

Hartzhetzer

ZitatIch würde mir hingegen Rätestrukturen wünschen, die aus den Bereichen kommen, über die sie zu entscheiden haben, z.B. Stadtteil, Landwirtschaft, Arbeitsplatz/Branche (z.B. Gesundheitswesen). Die Leute sollten da durch ihr Handeln und Wirken bekannt sein, und wenn sie sich in einem gewählten Amt als unbrauchbar erweisen, muß man sie schon vor Ablauf einer Wahlpriode loswerden können.
Da gebe ich zu 100% recht, so würden die Menschen mitreden und bestimmten die auch Ahnung von dem haben über das sie diskutieren und entscheiden. Wichtig um zu verhindern das jemand der 5 Jahre Berufsfern auf einem Posten sitzt zu einem Weltfremden Sesselfurzer wird wäre noch das die Menschen auf dem Posten rotieren müssten oder ihn Parallel zu ihre eigentlichen Arbeit begleiten.

ZitatDie Klimakrise brauche gesamtgesellschaftliche Lösungen und die könne man nur gemeinsam finden und erstreiten und nicht, indem man Menschen im Alltag gegeneinander aufbringe.
So ein Weltfremder Schwachsinn in einer Gesellschaft die Menschen für das Konkurrieren und Gegeneinander belohnt gibt es keine gemeinsamen Interessen sondern immer nur gegensätzliche Interessen. Unterm Strich gewinnt wie bereits erklärt immer das Interesse mit der Macht hinter sich. Als ob Protestaktionen die Menschen gegeneinander aufbringen das erledigt das Wirtschaftssystem schon von allein. Die Gesellschaft spalten, als ob diese Rotzgesellschaft hier ohne Klimaproteste Friede, Freude, Eierkuchen ist.
Komisch wo letztes Jahr die Energie und Lebensmittelpreise um 100% Hochgewuchert wurden hat man niemand diesen Quatsch faseln hören: "Wir dürfen die Preise nicht zu stark erhöhen nur damit einige Reiche Menschen die schon genug haben zu lasten der einfachen Menschen und Armen noch mehr Geld bekommen, denn das spaltet die Gesellschaft. Am besten wir diskutieren die Preiserhöhungen aus um eine gesamtgesellschaftliche Lösung zu finden."
Wenn es um die Interessen der Unternehmerdiktatoren der Marktwirtschaftsdiktatur geht dann ist es selbstverständlich das keine Diskussion stattzufinden hat.
Die Nazis vollzogen auf ihre Weise, was die Sozialdemokratie sich immer erträumt hatte: eine »ordentliche Revolution«, in der alles ganz anders wird, damit alles so bleiben kann, wie es ist.

Zitat Schwarzbuch Kapitalismus Seite 278

Kuddel

Zitat von: Hartzhetzer am 09:03:24 Mi. 21.Juni 2023
ZitatDie Klimakrise brauche gesamtgesellschaftliche Lösungen und die könne man nur gemeinsam finden und erstreiten und nicht, indem man Menschen im Alltag gegeneinander aufbringe.
So ein Weltfremder Schwachsinn ...

Das ist in meinen Augen alles andere als ein weltfremder Schwachsinn. Die Klimakatastrophe läßt sich nur bekämpfen, wenn man die gesellschaftlichen Verhältnisse (die zu der Katastrophe geführt haben) versteht. Diese Verhältnisse sind nicht etwas theoretisches. Die Gesellschaft besteht aus Menschen, doch sie kooperieren in kapitalistischen Verhältnissen nicht in ihrem eigenen Interesse (sie zerstören ihre Lebensgrundlagen), sie sind eingebunden in Klassenverhältnissen und alles ist dem Ziel der Profitmaximierung unterworfen. Einige wenige häufen immer mehr Reichtum an, während der Rest auf dem Absteigenden Ast sitzt, bzw. bereits in Armut lebt.

An dieser Entwicklung wird sich nichts ändern, wenn man die Regierung oder Scholz oder sonstwen bittet, diese zerstörerische Wirtschaft in ihre Schranken zu weisen. Die Wirtschaft zerstört nicht nur die Natur, sondern auch unsere ökonomischen Grundlagen. Wenn wir verarmen, verschwinden die anderen Interessen und moralische Bedenken. Erst kommt das Fressen, dann die Moral.

Ein Großteil der Bevölkerung lebt in einem Voodoo und in Angst, morgen nicht mehr klarzukommen. Die Klimafrage läßt sich nicht lösen, ohne die Soziale Frage einzubeziehen. Weder Umweltzerstörung, noch Kapitalismus lassen sich abschaffen, ohne einen Großteil der Bevölkerung im Kampf mitzunhmen.

Ich habe mich mal mit einer Frau auf einer FFF Demo gestritten, die auf ihrem Pappschild eine astromische "Bepreisung" von CO²Austoß forderte. Leute, die ökomisch sowieso schon am Abgrund stehen, empfinden eine solche Forderung als persöniche Bedrohung, weil sie sich dann Heizung und Mobilität nicht mehr leisten können.

Die Gelbwesten haben sich auf den Kreisverkehrsinseln in der französischen Provinz zusammengefunden, weil sie durch die Erhöhung der Spritpreise nicht mehr klarkamen, sich nicht mehr leisten konnten, zum Einkauf, zur Kita oder zum Arzt zu fahren. Anfangs wurden die Gelbwesten von Grünen und Gewerkschaftern als autogeile Prolls beschimpft, die nur mit billigen Sprit herumrasen wollen. Die Gelbwesten hat das nicht geschert, sie haben weiter diskutiert und gekämpft und es hat sich zu einer veritablen antikapitalistischen Bewegung gemausert und sich auch an Umweltprotesten beteiligte.

ZitatAls ob Protestaktionen die Menschen gegeneinander aufbringen
Das ist Unsinn! Schon längst prügeln Taxi- und Kurierfahrer auf Klimakleber ein.

Das hat geklappt, indem die BILD und die AfD (und dann auch die Mainstreammedien) eine Art Klassenstandpunkt vertreten haben, indem sie Umweltschützer zum Feind der kleinen Leute erklärten. Kurierfahrer und Menschen auf dem Weg zur Arbeit werden von Klimaklebern aufgehalten und verlieren Einkommen. Habecks Wärempumpen machen das Heizen Unbezahlbar.

Diejenigen mit ökonomischen Ängsten fühlen sich bedroht von einer sich moralisch gebärden Mittelschicht, die keinerlei Ahnung von dem Leben und den Ängsten der arbeitenden Menschen hat.

Damit haben sie nicht ganz unrecht. Das gilt auch für die Letzte Generation.

counselor

ZitatEin Großteil der Bevölkerung lebt in einem Voodoo und in Angst, morgen nicht mehr klarzukommen.

Da wäre ich mir nicht so sicher. Ich sehe es so, dass eine Minderheit von Armen (ca. 16 Prozent der Bevölkerung) so lebt. Viele Menschen sind aber etwas  besser gestellt und haben keine Existenzängste. Z.B. trifft die Sache mit den Wärmepumpen hauptsächlich Eigentümer von Häusern und Wohnungen. Die haben da was zu verlieren, nagen aber nicht am Hungertuch.

Zum Thema Angst fällt mir noch eine andere Anekdote ein, die mir eine ansonsten unpolitische Kollegin erzählt hat. Sie war hier in Nürnberg allein als Frau im Nordostbad. Plötzlich kamen zwei bärtige muslimische Männer in die Schwimmhalle. Diese Männer waren ihr unheimlich, aber der Bademeister war noch da, was sie etwas beruhigt hat. Dann hat sie sich Gedanken gemacht, was passiert, wenn es mit der Zuwanderung so weiter geht. Was wird mit der Wohnungsnot und ob sie sich in 20 Jahren in Deutschland noch wohl fühlen wird, waren ihre Fragen.

Ich konnte die Ängste verstehen. Wir müssen auf die Ängste der Bevölkerung Antworten finden, bevor die AfD diese Ängste instrumentalisiert. Dazu fehlt uns Linken eine revolutionäre psychologische Theorie der Persönlichkeit.
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

Kuddel

Da kann ich nicht widersprechen. Ich meinte auch nicht, daß nun alle Angst davor haben, morgen am Hungertuch zu nagen. Die Menschen werden komisch, wenn die Sicherheit flöten geht und das Bißchen Wohlstand wackelig wird. Die Mittelschicht reagiert da bisweilen radikal.

Die prekär Arbeitenden (teilweise in mehreren Jobs) sind in einem Zustand, in denen es an Zeit und Kraft für klare Gedanken fehlt. Die Mittelschicht ist in einem anderen Gemütszustand. Sie fühlt sich als etwas besseres und die Angst davor, Statussymbole zu verlieren, nagt an ihrem Selbstwertgefühl. Das sind völlig unterschiedliche Ängste, doch sie führen zu irrationalem Verhalten.

Die AfD hat scheinbar Antworten für dieses Klientel.
Wir haben uns noch nicht einmal damit beschäftigt, wie man mit diesem Mittelschichtsmillieu umgehen könnte.

Kuddel

In dem Titel geht es hier um NGOs und Einflußnahme durch Kohle.

Linke Zeitungen und Zeitschriften sind meist nicht in der Lage, ihre Autoren zu bezahlen. Vor Jahrzehnten gab es bessere Sozialleistungen und es war leichter klarzukommen mit ein paar kleinen (Schwarz)Nebenjobs. Auch Schreiberlinge müssen leben und brauchen ein Einkommen.

Da gibt es für den Journalismus "Correctiv", ein journalistisches Gegenmittel gegen Fake News, heißt es.

Ich finde es auch problematisch, wenn man mit linker Politik sein Einkommen bestreiten will. Ich kenne einen, der sein Leben lang noch nicht einen Handschlag "richtige" Arbeit getan hat. Es bekam immer Kohle irgendwelcher Parteistrukturen oder derer Stiftungen. Das hatte Einfluß auf das, was er vertrat.

Zurück zu Correctiv. Das ist eine Non-Profit-Organisation und finanziert sich durch Spenden von Stiftungen und Privatleuten, sowie durch Erlöse der gewerblichen Tochtergesellschaft. Neben ominösen Spendern finden sich auch bekannte Namen:Google, die Rudolf Augstein Stiftung, die Bundeszentrale für politische Bildung, die Deutschen Telekom, die Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen, die Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur, der Stiftung Mercator, die RAG-Stiftung, die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen, Facebook. Tatsächlich auch Google und Facebook. Seit ein paar Jahren hat das Recherche-Netzwerk Correctiv eine Abteilung, die sich mit Faktenchecks befasst und auch im Auftrag von Facebook Beiträge der Plattform überprüft. Das Motto der Checker von Correctiv lautet: ,,Fakten für die Demokratie" – doch ausgerechnet die Äußerungen "demokratischer Politiker*innen" sind von den Facebook-Faktenchecks ausgenommen. Was geprüft werden soll, schlägt in der Regel Facebook vor, es können aber auch von den Faktencheckern Beiträge eingereicht werden. Allerdings kann Facebook das auch ignorieren oder eine Kennzeichnung durch die Redaktionen rückgängig machen. In welcher Höhe die Faktenchecker von Facebook finanziert werden, hat das Recherchenetzwerk allerdings nie veröffentlicht und will es auch weiterhin nicht tun. Dies beruhe auf ,,Geschäftsgeheimnissen", heißt es auf Nachfrage: ,,Über die Höhe der Finanzierung sagen wir nichts, da diese Arbeit und Zahlung über die gewerbliche Tochterfirma von Correctiv abgewickelt wird."

Die Glaubwürdigkeit ist also direkt für die Tonne. 

NGOs sind auch so eine Sache. Einige sind schon positiv und irgendwie hilfreich, aber sie nehmen immer Einfluß auf das, was in ihnen geschieht.

Man kann die Amadeu Antonio Stiftung einmal genauer ansehen. Sie ist gegen Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus. Ist doch super. Sie wurde von rechtem Pack beschimpft, wie  Roland Tichy, Bettina Röhl, Philipp Lengsfeld, FAZ-Journalist Rainer Meyer, vom Blog Die Achse des Guten, sowie der Jungen Freiheit und dem Kopp Verlag. Viel Feind, viel Ehr, könnte man meinen.

Wenn man weiterkratzt, sieht es aber nicht mehr so schön aus. Wenn man sich die Strukturen und Finanziers der NGO ansieht, tun sich Abgründe auf. Karl Konrad von der Groeben stiftete als Unternehmer 250.000 D-Mark zur Gründung der Amadeu Antonio Stiftung. Weiterhin wurde sie vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.  2018 verfügte die Stiftung über Einnahmen in Höhe von 4,33 Mio. Euro, davon waren 2,77 Mio. Euro staatliche Zuschüsse.

Wozu führt sowas? Das Lower Class Magazin findet deutliche Worte:
ZitatReaktionär und wortreich gegen Links – die Amadeu Antonio Stiftung

(...) Die Nähe der AAS zu den Sicherheitsorganen ist kein Zufall, sondern Ausdruck einer politischen Positionierung. Es ist bezeichnend, dass Kahane und ihre Stiftung nicht nur mit der Polizei gut können, sondern auch mit dem Verfassungsschutz keine grundsätzlichen Probleme haben. Mit Stephan J. Kramer sitzt der Chef des thüringischen Landesamtes für Verfassungsschutz im Stiftungsrat. (...)
https://lowerclassmag.com/2021/12/04/reaktionaer-und-wortreich-gegen-links-die-amadeu-antonio-stiftung/

Kuddel

ZitatHêlîn: Mich treibt in dem Zusammenhang noch etwas anderes um, und zwar, dass so viele Leute sich entradikalisieren dadurch, dass sie in Vereine, NGOs usw. gehen. Das ist ein Problem, das ich in den vergangenen Jahren echt oft erlebt habe: Stabile Leute, die systemkritisch und revolutionär eingestellt sind, gehen zum Beispiel in NGOs, und ob sie es wollen oder nicht – da findet oft ein Prozess der Einbindung ins System statt. Man wird abhängig von teilweise fragwürdigen Stiftungen und muss Prinzipien und Werte über Bord werfen. Ich glaube, da geht echt viel revolutionäres Potenzial verloren.

Christian: Ich finde den Punkt, den Hêlîn angesprochen hat, total wichtig, denn er hilft bei der Beantwortung der Frage, warum wir so marginalisiert sind: Ja, weil wir uns immer wieder einkaufen lassen! Die Arbeitsmärkte für Linke sind heute: NGOs, Uni, Gewerkschaften, irgendwelche Bildungseinrichtungen. In den 1970ern hatten wir einen Ehrenkodex: Nimm nie Geld für deine politische Arbeit. Okay, das kann man nicht unbedingt durchhalten, aber es steckte das Wissen darin, dass sich, sobald du dich bezahlen lässt, ohne dass du es selbst merkst, Verhaltensweisen einschleichen und du dich anpasst. Wir haben damals zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Sind in die Betriebe gegangen, haben versucht, dort zu agitieren, und haben uns so auch finanziert.
https://www.akweb.de/ausgaben/700/mit-linken-reden-ein-gespraech-zur-krise-und-zukunft-der-linken-bewegungen/

Hêlîn Dirik ist kurdische Aktivistin aus Offenbach und arbeitet – auch als Übersetzerin und Journalistin – zu feministischen Themen und revolutionären Bewegungen.

Christian Frings lebt in Köln und wurde in den 1970er Jahren politisiert. Er hat sich seitdem mit marxistischer Theorie beschäftigt, in Fabriken gearbeitet und unabhängige Klassenkämpfe unterstützt.

counselor

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Kuddel

Ich finde es nicht so verwerflich für bestimmete Aktionen oder Veranstaltungen Geld von Stiftungen anzunehmen. Es wird aber ernsthaft problematisch, wenn man seinen Lebensunterhalt mit linker Politik bestreiten will. Im Akademikerbereich ist es gar nicht so selten, daß Leute mit einer linksradikalen Haltung bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung anfangen und irgendwann im sozialdemokratischen und DGB Sumpf landen. Das geht nicht spurlos an ihnen vorüber.

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