Marktgerecht lügen- Jobcenter sanktioniert alleinerziehende Mutter

Begonnen von Rappelkistenrebell, 13:12:19 Mo. 20.März 2017

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Rappelkistenrebell

Alltag im brd Unrechtsstaat und seinem Apparat....inklusive Sippenhaft und Rache am Kind! >:(



Aus: Ausgabe vom 18.03.2017, Seite 5 / Inland

Marktgerecht lügen
Jobcenter sanktioniert alleinerziehende Mutter. Grund: Sie stimmte Weitergabe persönlicher Daten an Dritte nicht zu und bewarb sich mit »falschen Worten«
Von Susan Bonath



Jobmesse in Berlin: Arbeitslosigkeit und die Behörden sorgen für Besucherverkehr
Foto: Monika Skolimowska/dpa-Bildfunk

Weil sie einer Weitergabe persönlicher Daten an einen »Maßnahmeträger« nicht zustimmte, hat das Jobcenter Berlin-Pankow die Hartz-IV-Leistungen der alleinerziehenden Mutter Frigga W. um 122,70 Euro (30 Prozent) gekürzt. Nun soll eine zweite Sanktion in gleicher Höhe obendrauf folgen. Der Grund: Die junge Frau habe ihre Bewerbungen nicht marktgerecht formuliert.

Frigga W. ist selbständig. Noch verdient sie damit aber zuwenig, um sich und ihre Tochter durchzubringen. Wie viele andere stockt die 36jährige deshalb mit Hartz IV auf. Bewerben soll sie sich trotzdem. Acht entsprechende Nachweise will der Arbeitsvermittler im Jobcenter monatlich von ihr sehen. »Obwohl sich mein Einkommen schon erhöht hat, haben sie meine Arbeit als nicht lukrativ genug eingestuft und verlangen, dass ich mir einen neuen Job suche«, erklärt Frigga W. im Gespräch mit jW. Sie hält sich an die Auflagen. Alles gefallen lassen will sie sich aber nicht.

Zum Beispiel würde sie gerne ihre Daten für sich behalten. Ein Bildungsträger müsse nicht ohne ihr Wissen damit beliefert werden, findet sie. Doch genau das verlangte Ende 2016 das sogenannte Bewerbungscenter von ihr. Das Jobcenter hatte ihr dort eine Maßnahme zugewiesen. »Ich sollte lernen, meine Anschreiben an Firmen besser zu formulieren«, sagt sie. Konkret verlangte der Maßnahmeträger von Frau W. jedoch, zu unterschreiben, dass das Jobcenter dem Träger ihre Daten nach Belieben weiterleiten darf. »Ich erklärte ihnen, dass ich dem nicht zustimmen kann, aber trotzdem an der Maßnahme teilnehmen würde.« Das Bewerbungscenter lehnte das ab. Das Amt betrachtete dies als Weigerung. Es verhängte die erste Sanktion.

Den Hergang beschreibt der Arbeitsvermittler in seiner amtlichen Anhörung (liegt jW vor): Jobcenter sind verpflichtet, Betroffene vor Eintritt einer Sanktion zu befragen. Sie sollen sich schriftlich zu ihrem »Fehlverhalten« äußern. W.s Vergehen: »Im Beratungsgespräch am 5. Dezember wurden Sie darüber belehrt, dass Hinweise zu Sanktionen nicht den marktüblichen Standards entsprechen und daher nicht in Bewerbungsschreiben gehören«, heißt es in der Stellungnahme. W. erläutert, sie habe Firmen etwa mitgeteilt, dass sie sich unter Kürzungsdrohungen auch für Tätigkeiten bewerben müsse, von denen sie keine Ahnung habe. »Dem Jobcenter gefiel das Wort drohen nicht, darum sollte ich auch die Maßnahme absolvieren.«

Die inzwischen auch wegen Nichtantritts bei der Maßnahme Sanktionierte fasste das Kritisierte also neu. Doch der Sachbearbeiter bemängelte auch dies. Er warf ihr vor: W. sei ihren Pflichten weiterhin nicht nachgekommen, »da Sie in den eingereichten Bewerbungsnachweisen gegen übliche Standards verstoßen haben mit Formulierungen wie ›Ich betrete auch ohne die expliziten Leistungskürzungsangebote meines derzeitigen Arbeitsvermittlers gern neue Gefilde‹ und ›Auch ohne Leistungskürzungsangebote für mein Existenzminimum bin ich interessiert an neuen Horizonten‹.« Eine solche Wortwahl, so der Arbeitsvermittler, sei »nicht marktüblich«.

Die Alleinerziehende mit ohnehin knappem Budget soll nun mit 250 Euro weniger monatlich auskommen. Sie könne im Falle einer Sanktion Lebensmittelgutscheine im Wert von 62 Euro beantragen, sagte der Sachbearbeiter bereits in der Anhörung zu. Laut Gesetz »sollen« Jobcenter diese Sachleistung gewähren, wenn Kinder im Haushalt leben. Grundsätzlich sind sie jedoch eine Ermessensleistung, die das Amt auch ablehnen kann.

Frigga W. hat inzwischen einen Anwalt eingeschaltet. »Natürlich werde ich juristisch dagegen vorgehen«, sagt sie. Die Gründe für die Sanktionen empfindet sie als »Skandal«. »Wir haben ein Datenschutzgesetz, und marktkonform lügen werde ich auch nicht«, meint sie kämpferisch. An einen Einzelfall glaubt sie nicht. Nachdem sie ihre Bescheide im Internet veröffentlicht hatte, hätten sich bereits Betroffene bei ihr gemeldet, denen das Jobcenter wegen ähnlicher Vorwürfe die Grundsicherung gekürzt oder gestrichen habe.

Welchen Gesetzen die amtlichen Begründungen standhalten sollen, bleibt fraglich. Jobcenter-Sprecherin Dorothée Lorenz blieb allgemein: Hartz-IV-Bezieher hätten aktiv an allen Eingliederungsmaßnahmen mitzuwirken, teilte sie jW mit. Das schließe auch ein, »Bewerbungen so zu verfassen, dass sie zum Erfolg führen«. Wie die Bundesregierung im Februar auf Anfrage der Fraktion Die Linke mitgeteilt hatte, waren 2016 jeden Monat knapp 135.000 Haushalte sanktioniert. In einem Drittel davon lebten Kinder.

Quelle

https://www.jungewelt.de/artikel/307382.marktgerecht-l%C3%BCgen.html
Gegen System und Kapital!


www.jungewelt.de

Rudolf Rocker

Desshalb raten wir hier immer davon ab, irgendwelche unnötigen Klauseln in eine Bewerbung zu schreiben! Standart 08/15- Bewerbung raushauen, egal wie unsinnig der VV auch sein mag!
Ich hab mich schon per VV- Zwang auf Diplom- Stellen bewerben müssen, obwohl ich einen Hauptschulabschluss habe! Klopft man sich eben auf die Schenkel vor Lachen und haut eine Bewerbung raus! ;D
Ich habe auch schon VVs bekommen, bei denen ein LKW- FS zwingend erforderlich war! Egal Bewerbung rausgehauen und eine Einladung zum Vorstellungsgespräch bekommen! Einen schönen Ausflug mit der Bahn gemacht, der das JC über 100 € gekostet hat, nettes Vorstellungsgespräch mit Einstellungstest und allem Pipapo und dann wieder nach Hause gefahren. Natürlich habe die mich nie eingestellt.
Gebt den SB bitte nicht auch noch irgendwelche schriftlichen Vorlagen für Sanktionen oder Begründungen für monatelange Bewerbungstrainings. Am Ende springen bei sowas dann wieder irgendwelche doofen SG- Entscheide raus, die von den JCs wieder als Vorlage genutzt werden.

FriGGa

Hallo - ich bin FriGGa Wendt.
Falls Euch interessiert, wie es weitergeht.

Die Sanktion ist vor dem Gericht. Es geht darum, dass ich schreiben kann was die Wahrheit ist und nicht lügen oder Dinge verschweigen muss, die meinen Arbeitsvermittler und den Zwang desSystem verschleiern.
Wenn ich sage, ich fahre genau 50, weil ich sonst nen Knöllchen kriege, bekomme ich für diese Einstellung auch kein Knöllchen.
Ebenso sagten meine ArbeitsvermittlerInnen auf meine Frage "Wollen SIe mich kennenlernen?":
"Sie sind mir zugewiesen. Ein Gespräch ist vorgeschrieben." Wow - kundenorietierung und intrinsische Motivation - genau so ist es richtig, weil sie die Wahrheit sagen. Null Bock auf die Wendt ;-)))

Ferner geht's inzwischen um die Frage, ob ich dem Jobcenter überhaupt zur Kontrolle und Bewertung meine mittels Art. 10 GG dem Brief- Post und Fernmeldegeheimnis unterliegenden Schreiben zeigen muss.


FriGGa

Meine neueste Bewerbung ist beides - initiativ UND auf ne ausgeschriebene Stelle.

18 Leute bewerben sich um einen Job, der ca. 8 000 EUR bringen soll pro Monat wie mir neulich jemand sagte. Ist mir eigentlich Wurscht. Will die Bezahlung auf Hartz-Niveau absenken. Am 24. September entscheidet die Jury bzw. das Stimmvieh, wer von uns genommen wird.

Ich habe auch zum Bewerbungstraining meine Unterlagen vorgelegt, die ich dafür erstelt habe: Wahlplakate in über 60 Spruch-Motiven zu diversen Themen, größtenteils recycelt von meinem gesellschaftspolitischen Geschäftspartner, der im letzten Jahr schonmal zu Berlinwahl antrat ;-)
Beantragt habe ich die Kostenübernahme für weitere Werbemittel mit der Aufschrift:

"Hiermit bewerbe ich mich als Nachhilfelehrerin für angewandte Grund- und Menschenrechte in Bundestag, Gerichten, Jobcentern und anderen Behörden."

Natürlich habe ich auch meinen Sanktionssatz auf einem Wahlplakat verewigt.
"Auch ohne die expliziten Leistungskürzungsangebote meines Arbeitsvermittlers bewerbe ich mich..."
IM BUNDESTAG

das ist genauso ehrlich gemeint wie gesagt. Auch OHNE Sanktionen bin ich motiviert und interessiert. Das betont gerade den Unterschied zu einer Zwangsbewerbung, die in meinem FAll, wenn man mich googlet nämlich alles ist, was darüber KEINE Aussage trifft ;-)

Der Satz hängt jetzt vor meinem Jobcenter. und vor meiner Haustür steht ebenfalls eine wahre Episode meines Lebens:
"Drohbriefe von Behörden versteigere ich bei EBAY - ich soll ja schließlich mich allen Mitteln Geld verdienen."


und wem das nicht genug ist, der beachte das Wahlplakat: "Zwangsarbeit (im Sexshop)? Ich will's schmutziger - ich geh in die Politik!"

Dies und viel mehr findet Ihr auf meinen eigenen Seiten oder Projekten, an denen ich mitwirke.

Gruß
FriGGa

FriGGa

Hey allerseits - das Thema soll jetzt ENDLICH - nach Sanktions"rücknahme" aufgrund einer unspezifischen Weisung (einige Monate nach Urteil in Karlsruhe) noch mündlich im Sozialgericht Berlin verhandelt werden!

Termin 19.01. 2022 11:15 im Sozialgericht Berlin - Invalidenstr. 52 nahe Hauptbahnhof (Eintritt mit 3G-Regel und Masken - vermutlich werden nur wenige Besucher*innen hereingelassen).

Besten Gruß
FriGGa Wendt
inzwischen auch - u.a. inspiriert durch diese Sanktions- und Widerstandserlebnisse -
die-jobtesterin.de

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