22.4.2021 "Tear down Tönnies" Prozeß in Kiel

Begonnen von admin, 10:37:59 Mi. 21.April 2021

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

admin

ZitatTönnies will Schadensersatz
Weiterer Prozess wegen Schlachthof-Besetzung in Kellinghusen


Weil sie im Oktober das Werk in Kellinghusen lahmgelegt hatten, fordert Tönnies jetzt Schadensersatz von den Aktivisten.
Quelle: https://www.shz.de/31982757

ZitatIn Kiel wird diese Woche wieder gegen Mitglieder der Gruppe ,,Tear Down Tönnies" verhandelt, die vor anderthalb Jahren im schleswig-holsteinischen Kellinghusen einen Schlachthof der Tönnies-Unternehmensgruppe besetzt haben. Das milliardenschwere Skandalunternehmen wirft ihnen vor, den Konzern wirtschaftlich geschädigt zu haben, und will Schadenersatzforderungen geltend machen. Die öffentliche Verhandlung am Kieler Landgericht findet am Donnerstag (22. April) statt und beginnt um 9.30 Uhr. Eine halbe Stunde früher wird es unter dem Motto ,,Kriminell ist das System Tönnies – nicht der Widerstand dagegen" eine Kundgebung geben. Tear Down Tönnies ruft zur Teilnahme und solidarischen Prozessbeobachtung auf. (...)

Erster Besetzer bereits verurteilt

Die ersten Prozesse laufen mittlerweile auch schon. Am Landgericht in Braunschweig ging es am 11. März um die Zuständigkeit der Landgerichte. Diese Entscheidung soll ebenfalls am Donnerstag mitgeteilt werden. Aber in einem Fall kam es auch schon zu einer Verurteilung: Der beklagte Aktivist wurde vom Landgericht Kiel zu einer Zahlung von 16.761 Euro verurteilt. Gegen dieses Urteil hat die Aktionsgruppe Berufung eingelegt. Inzwischen hat der Konzern die Klage gegen die Besetzung um eine Unterlassungsforderung ergänzt. (...)
https://anfdeutsch.com/Oekologie/weiterer-prozess-gegen-tonnies-besetzer-in-kiel-25725

admin

Redebeitrag von chefduzen bei der Kundgebung heute Morgen vor dem Landgericht in Kiel:

ZitatIn Kiel begann ja 1918 mit dem Matrosenaufstand eine Revolution, doch auf dem flachen Land scheinen in Schleswig-Holstein noch Verhältnisse wie zu Kaiserszeiten zu herrschen.

Der Milliardär Clemens Tönnies agiert wie ein Großgrundbesitzer, der nach Gutsherrenart bestimmt, was in seinem Umfeld passiert. Er erkauft sich lokale Gefolgschaft, in dem er in der Region gönnerhaft Sportvereine und Spielmannszüge bezuschußt und auch mal selbst bei den Umzügen mitmarschiert.

Die Medien hat er auch weitgehend in der Tasche und sie beschreiben ihn als ,,Menschenfreund". Und wenn es Menschen gibt, die sich nicht der Hofberichterstattung unterwerfen wollen und das Schalten und Walten des Großschlachters in kritischem Licht erscheinen lassen, läßt er seine bissigen Anwälte von der Kette. Die Online-Berichte bei Chefduzen und auf der Webseite des Jour Fixe der Gewerkschaftslinken Hamburg kostete die Betreiber jeweils mehr als Tausend Euro.

Seinen Reichtum verdankt er der skrupellosen Verwertung von Mensch und Tier. Sein Umgang mit den osteuropäischen Arbeitskräften erinnert an den eines Grußgrundbesitzers mit Leibeigenen. Dass er sich auch öffentlich rassistisch geäußert hat, wundert da wenig. Die Politik schien ihre schützende Hand über den Ausbeuter zu halten und ließ eine Dumpinglohnpraxis und unwürdige Unterbringungen der Beschäftigten zu. Wer in der Politik ausschert und den Interessen eines Clemens Tönnies in die Quere kommt, hat einen schweren Stand, wie im Moment der beliebte parteilose Landrat Torsten Wendt im Kreis Steinburg. Man versucht ihn nun unter Vorwänden aus dem Amt zu bekommen.

Die scheinbar unerschütterliche Stellung des Großindustrieellen wurde mit einer wachsenden Zahl an Basisinitiativen und Protesten in Frage gestellt. Es entwickelten sich bürgerliche und kirchliche Initiativen und es entstanden Ansätze einer breiteren Bewegung gemeinsam mit Umwelt- und Tierschützern, mit Gewerkschaftern und Arbeiteraktivisten. Das wurde zu einem bundesweiten medialen Thema, als die Tönniesbetriebe zu Hotspots der Coronainfektion wurden.

Die Politik stand unter öffentlichem Druck und sah sich zu einigen Zugeständnissen bei der Regelung der Einstellung und Unterbringung der Arbeitsmigranten gezwungen. Es folgten wieder Hintertüren bei den Regeln und an dem Grundproblem, der skrupellosen Verwertung von Mensch und Tier, wurde nicht gerüttelt. Die beharrliche Vorarbeit der Aktivisten hat jedoch vieles verändert, die öffentliche Diskussion und die Möglichkeit zu kämpfen: Zur Zeit finden Streiks der migrantischen Schlachthofbarbeiterinnen statt. Das wäre in den Jahren zuvor nicht möglich gewesen. 

Deshalb machen Basisinitiativen weiter, so auch die Initiative ,,Tear-Down-Tönnies". Ihr ist es gelungen, die Schlacht- und Ausbeutungsmaschinerie für Stunden zum Stillstand zu bringen. Chefduzen begrüßt solche Initiativen ausdrücklich. Wir sehen das juristische Vorgehen gegen die Aktivisten als Klassenjustiz. Das Gericht macht sich zum Handlanger des Milliardärs Tönnies.

Solidarität mit den Angeklagten!
Tear down Tönnies!


ManOfConstantSorrow

Zitat Prozesse gegen Ak­ti­vis­t*in­nen
Tönnies zerlegt Protest

Weil Tier­schüt­ze­r*in­nen einen Schlachthof blockierten, stehen sie vor Gericht. Tönnies klagt aus taktischen Gründen in 13 Städten gegen Einzelne.




Rund zwölf Stunden standen die Messer still im Schlachthof von Kellinghusen: 26 Ak­ti­vis­t*in­nen der Gruppe ,,Tear down Tönnies" demonstrierten im Herbst 2019 auf dem Betriebsgelände und blockierten Schweinetransportern den Weg. Nun beklagt Tönnies die Beteiligten. Es geht um rund 15.000 Euro Schadensersatz und die Grundsatzfrage, ob das Werksgelände eines Großkonzerns denselben rechtlichen Schutz genießt wie ein privater Garten.

In einem Park gegenüber dem Kieler Landgericht protestieren Ak­ti­vis­t*in­nen gegen Massentierhaltung und Großschlachtbetriebe. Die Plakate sind vom Gebäude aus zu sehen, in dem das Verfahren gegen Leyla S. (Name geändert) eröffnet wird. Bei der Blockade in Kellinghusen vor eineinhalb Jahren war sie auf das Dach des Schlachthofs geklettert, während andere Mitglieder ihrer Gruppe die Rampen blockierten, über die sonst die Schweine hineingetrieben werden.

Auch gegen diese Ak­ti­vis­t*in­nen finden derzeit Prozesse statt – aktuell sind es 13 Verfahren in verschiedenen Städten bundesweit, abhängig vom Wohnort der Beschuldigten. Weitere könnten noch folgen.

,,Rechtsmissbrauch", meint Verteidiger Dieter Marksam, der gemeinsam mit Anwältin Ulrike Donat mehrere der Ak­ti­vis­t*in­nen vertritt. Tönnies setze diese Aufteilung als ,,Zermürbungstaktik" ein und verursache unnötige Kosten. Schließlich wäre es auch möglich, alle Fälle in Kellinghusens nächstem Gerichtsstandort Itzehoe zu verhandeln.

15.000 Euro plus Gebühren

Martin Bocklage, Geschäftsführer der Tönnies Central Services, einer Tochterfirma des Schlachtkonzerns, erklärt, dass die Firma aus prozesstaktischen Gründen ,,kein Interesse" an einem gemeinsamen Verfahren hatte.

,,Wenn die Folge sein sollte, dass sich das Gegenüber künftig im Vorfeld überlegt, welche Konsequenzen ein Verhalten hat, spricht nichts dagegen", sagt er der taz. Immerhin seien alle Ak­ti­vis­t*in­nen erwachsen, und Tönnies nutze die legalen Möglichkeiten. Legal, dennoch problematisch, findet Marksam: ,,Hier soll Kritik mundtot gemacht werden."

Das erste der Verfahren ist bereits beendet. Das Gericht verurteilte einen Aktivisten zu 15.000 Euro plus Gebühren – eben jene Summe, um die es auch im Prozess gegen Leyla S. geht. Diesen Schadensersatz kann die Firma von allen Beklagten verlangen, doch wenn das Geld einmal gezahlt wird, ist der Fall insgesamt erledigt. Es bleiben dann individuelle Unterlassungsklagen. Da die Verteidigung im ersten Prozess Berufung eingelegt hat, bleiben die weiteren Verfahren offen.

Ein Fall hätte in Braunschweig verhandelt werden sollen, das dortige Gericht erklärte sich aber für nicht zuständig und schickte die Klage nach Itzehoe weiter.

Die Richterin im Kieler Verfahren zweifelt hingegen nicht an ihrer Zuständigkeit: ,,Es steht dem Kläger frei, den Ort zu wählen." Dennoch fragt sie detailliert nach, worauf sich der Schadensersatzanspruch des Schlachthofs gründet. Laut Tönnies seien Kosten entstanden, weil eigene wie fremde Arbeitskräfte warten mussten, und ein Stall musste gemietet werden, um die Tiere unterzustellen. Zudem hätten die Schweine durch das Warten an Wert verloren.

Dieter Marksam, Verteidiger der Tierrechts-Aktivist*innen
,,Zu Beginn der Brokdorf-Proteste hieß es auch, die Demonstrationen dürften nicht vor Ort stattfinden"

Bocklage beschrieb seine Branche als ,,traditionelles Geschäft, ganz wie früher auf dem Viehmarkt", nur dass inzwischen per Mail oder Telefon gehandelt werde. Dennoch gebe es kaum Verträge, nur mündliche Absprachen. Die Extrakosten, die die Blockade verursacht habe, habe Tönnies freiwillig bezahlt, berichtete Bocklage: ,,Der Viehmarkt in Schleswig-Holstein ist überschaubar. Man trifft jeden Tag auf dieselben Leute, da ist man gut beraten, die Marktmacht nicht auszuspielen."

Und diese Marktmacht ist groß: Tönnies schlachtet im Jahr europaweit 21 Millionen Schweine, die allein in Deutschland von 16.000 Land­wir­t*in­nen oder Erzeugergemeinschaften geliefert werden.

In den Belegen, die Tönnies dem Gericht vorlegte, seien die Zahlen nicht plausibel, so die Richterin. Problematisch sieht sie auch die weitreichende Unterlassungsklage, die Leyla S. künftig sogar verbieten würde, draußen auf der Straße gegen den Schlachtbetrieb zu demonstrieren. So weit dürfe die Unterlassung nicht gehen.

Meinungsfreiheit versus Eigentumsrecht


Für Verteidigerin Ulrike Donat dreht sich das Verfahren um einen zentralen Punkt: ,,Natürlich darf niemand in einem privaten Garten demonstrieren, aber wie privat ist das Gelände einer Firma mit beherrschender Marktmacht?"

In einer ersten Einschätzung wiegt die Richterin das Recht auf Meinungsfreiheit gegen das Eigentumsrecht auf: ,,Das Recht auf Demonstrationen findet Grenzen im Eigentumsrecht." Doch das Recht verschiebe sich an diesem Punkt gerade, sagt Donat, und Dieter Marksam stimmt zu: ,,Zu Beginn der Brokdorf-Proteste hieß es auch, die Demonstrationen dürften nicht vor Ort stattfinden."
https://taz.de/Prozesse-gegen-Aktivistinnen/!5762431/
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!


  • Chefduzen Spendenbutton