Unsere Tour beruhte auf dem Kontakt zu unserem schweizer Schwesterforum. Das Projekt liegt ein wenig darnieder und dümpelt vor sich hin und ist im Moment eher Archiv als Plattform einer aktuellen Diskussion. Von dort gingen Anfragen aus, wer Interesse an Veranstaltungen mit dem deutschen chefduzen-Projekt hätte. Es gab Feedback von schweizer Basigewerkschaften.
Organisiert wurden die Veranstaltungen von den Wobblies (IWW) oder der FAU Schweiz, teilweise von beiden zusammen. Es gab auch Interesse von der IGA
http://www.viavia.ch/iga/, doch ein Treffen scheiterte an Terminproblemen.
Der Feministsche Streik fand am 14.6. statt, unsere erste Veranstaltung am nächtsten Tag in
St. Gallen. 80.000 Einwohner, Stiftskirche und Stiftsbibliothek, jede Menge historischer Schnickschnack, Weltkulturerbe, reichlich postkartig.


Selbst da fanden sich Spuren des politischen Widerspruchs.

Wir waren im Schwarzen Engel zu Gast.

Der Laden (Kneipe, Restaurant und Hotel) ist genossenschaftlich geführt. Es gibt wohl in der Schweiz eine große Zahl an genossenschaftlich betriebener Kneipen, die auch miteinander vernetzt sind. In der Pandemie hat man sich gegenseitig solidarisch unterstützt. Der Schwarze Engel hat auch einen politischen und subkulturellen Anspruch. Auch wenn zur Veranstaltung von einer kleinen Basigewerkschaft geladen worden ist, waren wir Gäste des Schwarzen Engels, spiesten und tranken auf dessen Kosten und nächtigten in ihrem Hotel.
An unserem esten Arbend ging es um Chefduzen, den Hintergrund und die Geschichte des Forums der Ausgebeuteten, um dessen Geschichte, die Konflikte und Erfolge.

Ein paar Fotos von unseren Aktionen, Flyer und Kollegenzeitungen und Transparente aus der Chefduzengeschichte.

Wenn man von 20 Jahren Aktivitäten berichtet, klingt es aufregend, als wären wir pausenlos aktiv, was ja nicht wir nicht ganz der Wahrheit entspricht. Die Phasen des Herumdümpelns und des Frusts verblassen dabei. Aber solche Veranstaltungen sind schon sinnvoll, denn auch für uns war es eine Möglichkeit, unsere Arbeit durch die Publikumsreaktionen mit etwas Distanz zu sehen. Unser Publikum war angetan und bedankte sich für spannende Berichte.
Und wir quetschten das Publikum aus, um die Schweiz etwas besser zu verstehen. Das schweizer Sozialsystem:
Zwei Jahre Arbeitslosengeld (70%-80%), danach Sozialhilfe, die zurückbezahlt werden muss, wenn man wieder arbeitet. Wird allerdings von Kanton zu Kanton unterschiedlich gehandhabt.
Im Moment gibt es starken Personalmangel, u.a. Touristik… „Es ist im Moment nicht leicht arbeitslos zu sein.“
Streiks finden kaum statt, so daß jemandem im Gespräch Deutschland wie ein Streikland vorkam. Es gibt allgemeinverbindliche Tarifverträge, die meist im stillen Kämmerlein ausgehandelt werden. Der Schweizer Gewerkschaftsbund (SGB) scheint noch klassenharmonistischer als der DGB zu sein. Einige sprachen von "gelben Gewerkschaften". Auf dem Bau gibt es am ehesten Proteste (Unia).
Im Gesundheitsbereich gibt es durchaus großen Unmut, ähnlich wie in Deutschland wegen Überlastung, vor allem in den Pflegeheimen. Es gibt auch eine Art Kirchliches Arbeitsrecht.
Leiharbeit, dort „Temporärarbeit“ genannt, findet im eher prekären Bereich statt, für Migranten, Studenten usw. quasi Einstieg in die Arbeitswelt. Die ersten drei Monate sind in irgendeinem Bereich Abgabefrei. Die Gehälter werden zwischen Entleiher und Verleiher ausgehandelt. Kündigungsschutz ist quasi nicht vorhanden, eher Hire and Fire.