Arbeitgeber sollen unter bestimmten Voraussetzungen von Bewerbern einen Gentest zur Abschätzung künftiger Krankheitsrisiken verlangen können. Dies schlug zumindest der Nationale Ethikrat (NER) am Dienstag in Berlin vor.
Allerdings sollte sich solch eine Untersuchung auf Krankheiten beschränken, die innerhalb einer noch zu bestimmenden Frist mit einer Wahrscheinlichkeit von über 50 Prozent ausbrechen könnten. Dieser Zeitraum solle für Beamte fünf Jahre betragen, empfahl das Expertengremium. Es befasst sich demnächst auch mit der Forderung von Versicherungen, Gentests zur Voraussetzung von Vertragsabschlüssen zu machen.
Nach Ansicht des Ethikrats ist es legitim, wenn ein Arbeitgeber bei der Einstellung eines Bewerbers auch dessen Gesundheit berücksichtigt. Informationen über Krankheiten, die sich erst in Zukunft auf die Anstellung auswirken können, sollten jedoch nur zulässig sein, wenn sich konkrete Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung ergeben und die Wahrscheinlichkeit des Krankheitseintritts hoch ist. Unspezifische Suchverfahren sollten deshalb mit Ausnahme von Risikoberufen nicht zulässig sein, betonte der Rat. Bei Berufen wie Piloten, Busfahrern oder Küchenpersonal sollten dagegen weiter gehende Untersuchungen auf gegenwärtig symptomlose oder auf vorhersagbare Krankheiten erlaubt werden, weil damit Risiken für Dritte ausgeschlossen werden könnten.
Anlass der Stellungnahme war unter anderem der Streit um die Verbeamtung einer Lehrerin, die aufgrund der Erkrankung ihrer Eltern ein hohes Risiko trug, im Laufe ihres Lebens an dem unheilbaren Nervenleiden Chorea Huntington zu erkranken. Das Land Hessen verlangte deshalb einen Gentest. Die deutsche Rechtssprechung hat sich bislang noch nicht zu den Auskunftspflichten eines Arbeitnehmers über seine genetische Veranlagung geäußert. Die Bundesregierung hatte ein Gendiagnostik-Gesetz in Planung, das wegen der vorgezogenen Bundestagswahlen allerdings nicht mehr verabschiedet wird.
Die Grünen lehnten Vorschläge des Ethikrates ab. Sie seien ein Rückschritt beim Schutz der Bürgerinnen "vor Diskriminierung aufgrund ihrer genetischen Konstitution", erklärten Volker Beck, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer, und Biggi Bender, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen. Die Regierungskoalition habe sich bei der Ausarbeitung ihres Gendiagnostikgesetzes auf ein umfassendes Verbot von Gentests als verpflichtende Einstellungsuntersuchung im Arbeitsleben verständigt. Die Vorschläge des Ethikrates seien daher nicht akzeptabel.
Auch der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, sprach sich für ein grundsätzliches Verbot aus, "Gentests vor Einstellungen oder vor dem Abschluss von Versicherungsverträgen zu fordern". Zudem müssten "heimliche Gentests ebenso verhindert werden wie die missbräuchliche Nutzung genetischer Erkenntnisse im Arbeitsleben und im Versicherungsverhältnis", betonte Schaar.
Der Ethikrat wurde 2001 auf Beschluss der Bundesregierung konstituiert. Der Rat ist unabhängig und hat den Auftrag, zu ethischen Fragen Stellung zu nehmen. Ihm gehören bis zu 25 Mitglieder an, die naturwissenschaftliche, medizinische, theologische, philosophische, soziale, rechtliche, ökologische und ökonomische Belange repräsentieren.
Aus GMX Nchrichten