EU-Rente+Arbeiten?

Begonnen von Troll, 18:53:09 Mo. 29.August 2005

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

Troll

Folgender Fall:

Wenn jemand EU-Rente erhält kann derjenige ja unter 3Std/Tag arbeiten. Kann die Firma die ihn beschäftigt dies als Behindertenarbeitsplatz noch geltend machen?
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

Magnus

Zitat§ 9 Schwerbehindertengesetz

Anrechnung auf Pflichtplätze

...

(2) Ein teilzeitbeschäftigter Schwerbehinderter, der kürzer als betriebsüblich, aber

nicht weniger als 18 Stunden wöchentlich beschäftigt wird, wird auf einen Pflichtplatz angerechnet. Wird ein Schwerbehinderter weniger als 18 Stunden wöchentlich beschäftigt, hat das Arbeitsamt die Anrechnung auf einen Pflichtplatz zuzulassen, wenn die kürzere Arbeitszeit wegen Art oder Schwere der Behinderung notwendig ist.

....

Grundvoraussetzung ist aber zunächst das Vorliegen eines amtlichen Schwerbehindertenbescheides (mind. 50 %), den selbst der Erwerbsunfähige leider nicht automatisch erhält.

Hierzu ist immer ein Antrag bei dem örtlichen Versorgungsamt erforderlich (Die Ämter haben tw auch andere Namen z.B. Amt für Versorgung und Soziales oä).

Troll

Hallo Magnus,

danke für deine Antwort.

ZitatWird ein Schwerbehinderter weniger als 18 Stunden wöchentlich beschäftigt, hat das Arbeitsamt die Anrechnung auf einen Pflichtplatz zuzulassen, wenn die kürzere Arbeitszeit wegen Art oder Schwere der Behinderung notwendig ist.

Muß in so einem Fall der Arbeitnehmer oder Arbeitgeber dies beim Arbeitsamt veranlassen?
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

Magnus

Die Anzeigepflicht gegenüber dem Arbeitsamt und die Abführung der Ausgleichsabgabe an das Integrationsamt obliegt dem Arbeitgeber.

Ausführlich siehe unter: http://www.lwl.org/LWL/Soziales/integrationsamt/ausgleichsabgabe/info/abgabe/

Wilddieb Stuelpner

Das deutsche Behindertenrecht kennt eine Vielzahl von Bestimmungen zum Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile oder Mehraufwendungen. Voraussetzung ist immer eine Feststellung der Behinderung nach dem Schwerbehindertenrecht (SGB IX) durch das Versorgungsamt.

Nachteilsausgleiche sind die Zusammenfassung aller "Vergünstigungen", die einem Behinderten zustehen, sei es in finanzieller Sicht oder in der Erleichterung des täglichen Lebens. Wichtig ist die Bescheinigung der Schwerbehinderung auch gegenüber Arbeitgebern, Sozialleistungsträgern und anderen Behörden. Notwendig hierfür ist ein Behindertenausweis. Er enthält keine Angaben zu konkreten Gesundheitsstörungen.

Der Nachweis der Schwerbehinderung wirkt schon im Antragsmonat. Bei begründetem besonderen Interesse - z.B. bei Steuervorteilen - kann, wenn die Voraussetzungen schon länger vorlagen, auch ein früherer Zeitpunkt als Beginn der Schwerbehinderung eingetragen werden.

Antragsverfahren

Der Antrag wird bei dem zuständigen Versorgungsamt gestellt. Dieses Amt stellt anschließend den Grad der Behinderung fest - der Gesetzgeber hat geregelt, welche Nachteilsausgleiche dann welchem Grad und welcher Art der Behinderung gewährt werden. Antragsformulare gibt es bei den Versorgungsämtern - sowie meist auch bei
  • den örtlichen Fürsorgestellen,
  • den Sozialämtern,
  • den kommunalen Bürgerbüros,
  • den Behindertenverbänden,
  • den Vertretungen für schwerbehinderte Menschen in den Betrieben und Dienststellen.
Meist ist keine neue ärztliche Untersuchung nötig. Meist zieht das Versorgungsamt von den behandelnden Ärzten, Krankenhäusern und sonstigen Stellen Befundberichte bei und wertet diese aus. Nur in Ausnahmefällen wird das Versorgungsamt auf eine neuerliche Untersuchung bestehen - meist nur dann, wenn die letzten Untersuchungsergebnisse älter als ein Jahr sind. Wenn sich der Gesundheitszustand verschlechtert, kann ein Änderungsantrag gestellt werden.

Grad der Behinderung

Der "Grad der Behinderung" bezeichnet nach dem Sozialgesetzbuch "die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft". Also geht es darum, in wie weit die Behinderung den Betroffenen im täglichen Leben von einem Nichtbehinderten unterscheidet. Dabei spielt es keine Rolle, ob der gesundheitliche Schaden angeboren, Folge eines Unfalls oder einer Krankheit ist. Keine Berücksichtigung finden alterstypische Beeinträchtigungen.

Die Festlegung des Grades der Behinderung erfolgt in Zehnergraden von 20 bis 100. Bei mehreren Beeinträchtigungen, wird jede zunächst einzeln bewertet. Die Prozentpunkte aus verschiedenen Schwerbehinderungen (z.B. Blindheit und Gehbehinderung) werden addiert. Grundlage sind die bundeseinheitlich geltenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz". Diese werden vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung herausgegeben.

Schwerbehinderte Menschen sind diejenigen, bei denen ein Grad der Behinderung von mindestens 50 festgestellt ist und die im Bundesgebiet leben oder arbeiten.

Merkzeichen

G - erhebliche Gehbehinderung

Das Merkzeichen wird zuerkannt, wenn der Betroffene übliche Strecken (z.B. Einkäufe) nicht zu Fuß zurücklegen kann, wenn die Bewegungsfähigkeit als Fußgänger im Straßenverkehr erheblich eingeschränkt ist. Wenn die Gehbehinderung ausschließlich durch altersübliche Gebrechen besteht, wird keine Behinderung angenommen.

aG - außergewöhnliche Gehbehinderung

Sie wird vom Gesetzgeber als eine so starke Einschränkung der körperlichen Bewegungsfreiheit definiert, dass sich nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung fortbewegt kann. (z.B. Querschnittsgelähmte oder Doppeltamputierte)

Bl - Blindheit

Das Merkzeichen erhält, wer auf seinem besseren Auge nicht mehr als 1/50 Sehstärke besitzt.

Gl - Gehörlos

Das Merkzeichen erhält, wer gehörlos ist, nicht also Menschen, die durch eine Hörhilfe eine normale Hörstärke erreichen.

B - Begleitung

Dies erhält, wer im Straßenverkehr und bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ohne ständige Begleitung nicht auskommt.

H - Hilflosigkeit

"Hilflos" ist, wer dauernd fremder Hilfe bedarf - und das über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten. Wer als pflegebedürftig eingestuft worden ist, ist nicht automatisch auch hilflos. Allerdings wird bei Schwerstpflegebedürftigkeit (Stufe III) grundsätzlich auch das Merkzeichen H eingetragen. Bei der Beurteilung der Hilflosigkeit bei Kindern und Jugendlichen wird auch die Förderung der körperlichen und geistigen Entwicklung (z.B. Erlernen der Sprache) zugerechnet. Wer nicht ohne fremde Hilfe die Muttersprache erlernen kann, ist hilflos.

RF - Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht

Mit der Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht soll ein Ausgleich geschaffen werden für die, die nicht mehr das Haus verlassen können. Das gilt nicht für Schwerbehinderte, die mit Hilfe etwa eine Kirche oder ein Kino besuchen können. Ein Grad der Behinderung von mindestens 80 ist Voraussetzung.

Unabhängig von den zuvor genannten Voraussetzungen werden befreit
  • Blinde Bl und stark Sehbehinderte (Grad der Behinderung mindestens 60 allein durch Sehbehinderung)
  • Hörgeschädigte mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 50 allein aufgrund der Hörbehinderung
  • Sonderfürsorgeberechtigte nach den Gesetzen des Sozialen Entschädigungsrechts
1. Kl - Benutzung der 1. Klasse im Nah- und Fernverkehr ohne Aufpreis

Ausschließlich Kriegsbeschädigte und Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) haben unter besonderen Umständen das Recht, in Zügen mit einer Fahrkarte für die 2. Klasse die 1. Klasse zu benutzen.

Kriegsbeschädigt

Kriegsbeschädigt ist, wer nach dem Bundesversorgungsgesetz nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 v.H. Anspruch auf Versorgung hat.

VB - Versorgungsberechtigt

Diese Eintragung erfolgt bei schwerbehinderten Menschen, die Anspruch auf Versorgung nach anderen Gesetzen des Sozialen Entschädigungsrechts haben, weil sie eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um wenigstens 50 v.H. haben, so z.B. nach dem
  • Soldatenversorgungsgesetz (SVG),
  • Gesetz über die Entschädigung der Opfer von Gewalttaten (OEG),
  • Bundesseuchengesetz (BSeuchG).
EB - Entschädigung nach dem Bundesentschädigungsgesetz

Das Merkmal erhält der, bei dem die Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 v.H. nach den Vorschriften des BEG vermindert ist.

Wilddieb Stuelpner

Das Schwerbehindertengesetz ist seit dem 19.06.2001 gegenstandslos, da es mit gleichem Datum durch das SGB IX ersetzt wurde.

Zur zulässigen Arbeitszeit gelten die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes und SGB IX, Teil 2, Kapitel 10, § 124 Mehrarbeit.

Sozialgesetzbuch (SGB) - Neuntes Buch (IX) - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (860-9)
vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046, 1047)
zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 27. April 2005 (BGBl. I S. 1138)
Rechtsstand 1. Juli 2005
zuletzt bearbeitet 29.06.2005

SGB IX, Teil 2, Kapitel 2, § 71
Pflicht der Arbeitgeber zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen

(1) Private und öffentliche Arbeitgeber (Arbeitgeber) mit jahresdurchschnittlich monatlich mindestens 20 Arbeitsplätzen im Sinne des § 73 haben auf wenigstens 5 Prozent der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. Dabei sind schwerbehinderte Frauen besonders zu berücksichtigen. Abweichend von Satz 1 haben Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich monatlich weniger als 40 Arbeitsplätzen jahresdurchschnittlich je Monat einen schwerbehinderten Menschen, Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich monatlich weniger als 60 Arbeitsplätzen jahresdurchschnittlich je Monat zwei schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen.

(2) aufgehoben
(3) Als öffentliche Arbeitgeber im Sinne des Teils 2 gelten

1. jede oberste Bundesbehörde mit ihren nachgeordneten Dienststellen, das Bundespräsidialamt, die Verwaltungen des Deutschen Bundestages und Bundesrates, das Bundesverfassungsgericht, die obersten Gerichtshöfe des Bundes, der Bundesgerichtshof jedoch zusammengefasst mit dem Generalbundesanwalt, sowie das Bundeseisenbahnvermögen,
2. jede oberste Landesbehörde und die Staats- und Präsidialkanzleien mit ihren nachgeordneten Dienststellen, die Verwaltungen der Landtage, die Rechnungshöfe (Rechnungskammern), die Organe der Verfassungsgerichtsbarkeit der Länder und jede sonstige Landesbehörde, zusammengefasst jedoch diejenigen Behörden, die eine gemeinsame Personalverwaltung haben,
3. jede sonstige Gebietskörperschaft und jeder Verband von Gebietskörperschaften,
4. jede sonstige Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts.

SGB IX, Teil 2, Kapitel 2, § 73
Begriff des Arbeitsplatzes
(1) Arbeitsplätze im Sinne des Teils 2 sind alle Stellen, auf denen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Beamte und Beamtinnen, Richter und Richterinnen sowie Auszubildende und andere zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte beschäftigt werden.
(2) Als Arbeitsplätze gelten nicht die Stellen, auf denen beschäftigt werden
1. behinderte Menschen, die an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 Abs. 3 Nr. 3 in Betrieben oder Dienststellen teilnehmen,2. Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist, und Geistliche öffentlich-rechtlicher Religionsgemeinschaften,3. Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung oder Erziehung erfolgt,4. Personen, die an Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem Dritten Buch teilnehmen,5. Personen, die nach ständiger Übung in ihre Stellen gewählt werden,6. (aufgehoben)7. Personen, deren Arbeits-, Dienst- oder sonstiges Beschäftigungsverhältnis wegen Wehr- oder Zivildienst, Elternzeit, unbezahltem Urlaub, wegen Bezuges einer Rente auf Zeit oder bei Altersteilzeitarbeit in der Freistellungsphase (Verblockungsmodell) ruht, solange für sie eine Vertretung eingestellt ist.
(3) Als Arbeitsplätze gelten ferner nicht Stellen, die nach der Natur der Arbeit oder nach den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen nur auf die Dauer von höchstens acht Wochen besetzt sind, sowie Stellen, auf denen Beschäftigte weniger als 18 Stunden wöchentlich beschäftigt werden.

SGB IX, Teil 2, Kapitel 2 § 77
Ausgleichsabgabe

(1) Solange Arbeitgeber die vorgeschriebene Zahl schwerbehinderter Menschen nicht beschäftigen, entrichten sie für jeden unbesetzten Pflichtarbeitsplatz für schwerbehinderte Menschen eine Ausgleichsabgabe. Die Zahlung der Ausgleichsabgabe hebt die Pflicht zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nicht auf. Die Ausgleichsabgabe wird auf der Grundlage einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote ermittelt.
(2) Die Ausgleichsabgabe beträgt je unbesetzten Pflichtarbeitsplatz
1. 105 Euro bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von 3 Prozent bis weniger als dem geltenden Pflichtsatz,
2. 180 Euro bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von 2 Prozent bis weniger als 3 Prozent,
3. 260 Euro bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote von weniger als 2 Prozent.
Abweichend von Satz 1 beträgt die Ausgleichsabgabe je unbesetzten Pflichtarbeitsplatz für schwerbehinderte Menschen
1. für Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich weniger als 40 zu berücksichtigenden Arbeitsplätzen bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigung von weniger als einem schwerbehinderten Menschen 105 Euro und
2. für Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich weniger als 60 zu berücksichtigenden Arbeitsplätzen bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigung von weniger als zwei schwerbehinderten Menschen 105 Euro und bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigung von weniger als einem schwerbehinderten Menschen 180 Euro.
(3) Die Ausgleichsabgabe erhöht sich entsprechend der Veränderung der Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des Vierten Buches. Sie erhöht sich zum 1. Januar eines Kalenderjahres, wenn sich die Bezugsgröße seit der letzten Neubestimmung der Beträge der Ausgleichsabgabe um wenigstens 10 Prozent erhöht hat. Die Erhöhung der Ausgleichsabgabe erfolgt, indem der Faktor für die Veränderung der Bezugsgröße mit dem jeweiligen Betrag der Ausgleichsabgabe vervielfältigt wird. Die sich ergebenden Beträge sind auf den nächsten durch fünf teilbaren Betrag abzurunden. Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung gibt den Erhöhungsbetrag und die sich nach Satz 3 ergebenden Beträge der Ausgleichsabgabe im Bundesanzeiger bekannt.
(4) Die Ausgleichsabgabe zahlt der Arbeitgeber jährlich zugleich mit der Erstattung der Anzeige nach § 80 Abs. 2 an das für seinen Sitz zuständige Integrationsamt. Ist ein Arbeitgeber mehr als drei Monate im Rückstand, erlässt das Integrationsamt einen Feststellungsbescheid über die rückständigen Beträge und zieht diese ein. Für rückständige Beträge der Ausgleichsabgabe erhebt das Integrationsamt nach dem 31. März Säumniszuschläge nach Maßgabe des § 24 Abs. 1 des Vierten Buches; für ihre Verwendung gilt Absatz 5 entsprechend. Das Integrationsamt kann in begründeten Ausnahmefällen von der Erhebung von Säumniszuschlägen absehen. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Feststellungsbescheid haben keine aufschiebende Wirkung. Gegenüber privaten Arbeitgebern wird die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften über das Verwaltungszwangsverfahren durchgeführt. Bei öffentlichen Arbeitgebern wendet sich das Integrationsamt an die Aufsichtsbehörde, gegen deren Entscheidung es die Entscheidung der obersten Bundes- oder Landesbehörde anrufen kann. Die Ausgleichsabgabe wird nach Ablauf des Kalenderjahres, das auf den Eingang der Anzeige bei der Bundesagentur für Arbeit folgt, weder nachgefordert noch erstattet.
(5) Die Ausgleichsabgabe darf nur für besondere Leistungen zur Förderung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben einschließlich begleitender Hilfe im Arbeitsleben (§ 102 Abs. 1 Nr. 3) verwendet werden, soweit Mittel für denselben Zweck nicht von anderer Seite zu leisten sind oder geleistet werden. Aus dem Aufkommen an Ausgleichsabgabe dürfen persönliche und sächliche Kosten der Verwaltung und Kosten des Verfahrens nicht bestritten werden. Das Integrationsamt gibt dem Beratenden Ausschuss für behinderte Menschen bei dem Integrationsamt (§ 103) auf dessen Verlangen eine Übersicht über die Verwendung der Ausgleichsabgabe.
(6) Die Integrationsämter leiten den in der Rechtsverordnung nach § 79 bestimmten Prozentsatz des Aufkommens an Ausgleichsabgabe an den Ausgleichsfonds (§ 78) weiter. Zwischen den Integrationsämtern wird ein Ausgleich herbeigeführt. Der auf das einzelne Integrationsamt entfallende Anteil am Aufkommen an Ausgleichsabgabe bemisst sich nach dem Mittelwert aus dem Verhältnis der Wohnbevölkerung im Zuständigkeitsbereich des Integrationsamtes zur Wohnbevölkerung im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches und dem Verhältnis der Zahl der im Zuständigkeitsbereich des Integrationsamtes in den Betrieben und Dienststellen beschäftigungspflichtiger Arbeitgeber auf Arbeitsplätzen im Sinne des § 73 beschäftigten und der bei den Agenturen für Arbeit arbeitslos gemeldeten schwerbehinderten und diesen gleichgestellten behinderten Menschen zur entsprechenden Zahl der schwerbehinderten und diesen gleichgestellten behinderten Menschen im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs.
(7) Die bei den Integrationsämtern verbleibenden Mittel der Ausgleichsabgabe werden von diesen gesondert verwaltet. Die Rechnungslegung und die formelle Einrichtung der Rechnungen und Belege regeln sich nach den Bestimmungen, die für diese Stellen allgemein maßgebend sind.
(8) Für die Verpflichtung zur Entrichtung einer Ausgleichsabgabe (Absatz 1) gelten hinsichtlich der in § 71 Abs. 3 Nr. 1 genannten Stellen der Bund und hinsichtlich der in § 71 Abs. 3 Nr. 2 genannten Stellen das Land als ein Arbeitgeber.

Magnus

Joachim hat natürlich recht -

erschiedene Begriffe wurden unlängst modernisiert.

z.B. Arbeitstsamt = Agentur für Arbeit
       Schwerbehindertengesetz = SGB IX
       Hauptführsorgestelle = Intergrationsamt

wobei das SchwbG auch wesentlich reformiert wurde.

Die Regelung des alten § 9 SchwbG sind dabei in § 73 III SGB IX aufgegeangen und werden m.W. aber wie vorher angewandt, d.h. wenn wegen Art und Schwere der Behinderung eine Teilzeitbeschäftigung unterhalb von 18 Stunden notwendig ist lässt die Bundesagentur für Arbeit die Anrechnung zu.

Wilddieb Stuelpner

... und wie es bei Reformen heutzutage üblich ist, wurde auch das Schwerbehindertenrecht weiter zugunsten der unternehmerischen Hals- und Beutelabschneider ausgehöhlt.

Erst kürzlich beschwerte sich der nichtbehinderte Bundesbeauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen Karl Hermann Haack deswegen in sehr unterwürfiger und gestelzter Weise gegen diese Ungerechtigkeiten. Sein Jammern verhallte ungehört.

Das Demontieren von Behindertenrechten sehen wir z.B.
  • beim Kürzen oder Beseitigen von Landesblindengeldern,
  • am Ignorieren der gesetzlichen Rechtsansprüche Behinderter durch AA und ARGE,
  • am Lockern der Beschäftigungspflicht behinderter AN durch Erhöhen der Unternehmensgröße von 10 auf 20 Beschäftigte und die von Unternehmerseite geforderte Mindestanzahl von 6% auf 5% Behindertenarbeitsplätzen einzuschränken.
Benachteiligt Bundesagentur Behinderte?
Die meisten behinderten Arbeitssuchenden wissen z.B. nicht, daß sie sich nicht mit der mickrigen Reisekostenrückerstattung der AA von 20 Cent/km abfinden müssen.

Zumeist können Sie ein Verkehrsmittel des ÖPNV nicht nutzen und sind auf die Nutzung behindertengerecht umgebauter Fahrzeuge angewiesen, die höhere Wartungs- und Unterhaltungskosten verursachen können, da sie ihre Fahrzeuge außerhalb der regulären Terminvergabe von Werkstätten in einer kürzeren Reparaturzeit brauchen. Das ist unweigerlich mit Kostenzuschlägen verbunden und macht so die Unterhaltung eines Behindertenfahrzeugs teurer.

Ich bin heute als Betroffener auch eher zufällig wegen der Beantwortung der Fragen zur EU-Rente und Arbeitszeit auf die Regelung des § 53 SGB IX hinsichtlich der gesetzlichen Reisekostenerstattung gestoßen, an die sich die Fallmanager, Arbeitsberater, Arbeitsvermittler, die Rehaabteilungen und Sachbearbeiter der Integrationsämter bzw. Integrationsfachdienste bei Betreuung Behinderter generell nicht halten.

SGB IX, Teil 1, Kapitel 6, § 53
Reisekosten

(1) Als Reisekosten werden die im Zusammenhang mit der Ausführung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlichen Fahr-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten übernommen; hierzu gehören auch die Kosten für besondere Beförderungsmittel, deren Inanspruchnahme wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich ist, für eine wegen der Behinderung erforderliche Begleitperson einschließlich des für die Zeit der Begleitung entstehenden Verdienstausfalls, für Kinder, deren Mitnahme an den Rehabilitationsort erforderlich ist, weil ihre anderweitige Betreuung nicht sichergestellt ist, sowie für den erforderlichen Gepäcktransport.

(2) Während der Ausführung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden Reisekosten auch für im Regelfall zwei Familienheimfahrten je Monat übernommen. Anstelle der Kosten für die Familienheimfahrten können für Fahrten von Angehörigen vom Wohnort zum Aufenthaltsort der Leistungsempfänger und zurück Reisekosten übernommen werden.

(3) Reisekosten nach Absatz 2 werden auch im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation übernommen, wenn die Leistungen länger als acht Wochen erbracht werden.

(4) Als Fahrkosten ist für jeden Tag, an dem der behinderte oder von Behinderung bedrohte Mensch den Ort der Ausführung der Leistung aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Ausführungsort von 0,36 Euro für die ersten zehn Kilometer und 0,40 Euro für jeden weiteren Kilometer anzusetzen. Bei einer erforderlichen auswärtigen Unterbringung ist für die An- und Abreise sowie für Familienheimfahrten nach Absatz 2 eine Entfernungspauschale von 0,40 Euro für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstands und dem Ort der Ausführung der Leistung anzusetzen. Für die Bestimmung der Entfernung ist die kürzeste Straßenverbindung maßgebend. Kosten für Pendelfahrten können nur bis zur Höhe des Betrages übernommen werden, der bei unter Berücksichtigung von Art oder Schwere der Behinderung zumutbarer auswärtiger Unterbringung für Unterbringung und Verpflegung zu leisten wäre.

Ich interpretiere das so, daß darunter auch die höhere Fahrkostenerstattungen für Vorstellungstermine, Fahrten zu Trainings- und Bewerbungsmaßnahmen, zur Umschulung und Fortbildung, zur sozialen, medizinischen und beruflichen Rehabilitation in Berufsbildungsförderungswerke, zur und von der Arbeit im Probezeitraum fallen.

Der behinderte Arbeitssuchende hat dabei die Wahl
  • diese Pauschalen zu nutzen oder
  • eine Einzelkostenabrechnung in tatsächlicher Höhe lt. gesammelter Rechnungen und Quittungsbelege oder
  • zwischen beiden Möglichkeiten der Fahrkostenabrechnung in der späteren Einkommenssteuererklärung wählen zu können.

Troll

Danke nochmals für die Antworten, werde es weitergeben.
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

  • Chefduzen Spendenbutton