Ich habe Xiangzi in Guangzhou kennengelernt.
Ein freundlicher und beeindruckender Mensch. Er hatte da von seinem Berufsverbot als Arzt erzählt und wie seine Familie (die Eltern im Dorf, dann das halbe Dorf) unter Druck gesetzt worden ist. Er ließ sich nicht einschüchtern. Er ging bereits vor gut zwei Jahren davon aus, daß es ihn seine Freiheit kosten würde.
Bekannter Gewerkschaftsaktivist in Guangzhou inhaftiert

19. Nov. 2019. Ein junger Gewerkschaftsaktivist*, der vor allem dafür bekannt ist, dass er Sanitärarbeiter bei der Verteidigung ihrer Rechte unterstützt, wurde am Dienstagnachmittag, dem 17. Dezember, von der Polizei in der südlichen Stadt Guangzhou abgeführt.
Chen Weixiang, bekannt als "Xiangzi", führte einen öffentlichen WeChat-Account namens Heart Sanitation (心环卫), der Nachrichten über die Kämpfe der SanitärarbeiterInnen veröffentlichte und über ihre gesetzlichen Rechte informierte. Nur drei Tage vor der Verhaftung von Chen veröffentlichte die Platform zum Beispiel einen Artikel über 130 SanitärarbeiterInnen in Guangzhou's Universitätsstadtbezirk, die 1,8 Millionen Yuan an Lohnrückständen hatten.
Zwei von Chens Mitarbeitern, ein Helfer und eine Praktikantin bei Heart Sanitation, wurden zur gleichen Zeit wie Chen festgenommen oder verschwanden. Und sechs weitere Sanitärarbeiter, die mit Chen in Verbindung stehen, wurden Berichten zufolge zu einem Verhör geladen.
Als Sohn von Wanderarbeitern ist Chen seit langem ein Verfechter der Rechte und Interessen der Sanitärarbeiter. Sein Aktivismus führte jedoch dazu, dass er nach seinem Abschluss an der medizinischen Fakultät der Sun Yat-sen Universität im Jahr 2015 keine Arbeit in Guangzhou finden konnte. Schließlich ging er 2017 in die Vereinigten Staaten und erhielt einen Master-Abschluss in Arbeit und globale Arbeiterrechte an der Penn State University.
In diesem Jahr kehrte er nach Guangzhou zurück und gründete Heart Sanitation, die bald zu einem beliebten Forum für die Sanitärarbeiter der Stadt wurde, die seit langem unter niedriger Bezahlung, überlangen Arbeitszeiten und informeller Beschäftigung mit wenigen oder gar keinen Sozialleistungen leiden.
Die SanitärarbeiterInnen von Guangzhou haben in der Vergangenheit mehrere erfolgreiche Streiks wegen Lohn- und Vertragskonflikten organisiert, aber da die Lebenshaltungskosten weiter steigen, stagnieren die Löhne und setzen die meist älteren WanderarbeiterInnen, die die Straßen der Stadt säubern, noch mehr unter Druck. In dieser Hinsicht leistete Chens Gruppe einen dringend benötigten und wertvollen Dienst, der nun zumindest vorläufig unterbunden wurde.
Chen ist der jüngste Aktivist, der in diesem Jahr allein deshalb inhaftiert wurde, weil er benachteiligten Arbeitern geholfen hat, ihre Rechte zu verteidigen. Das Jahr begann mit der Inhaftierung von drei Arbeitsaktivisten und Bürgerjournalisten von iLabour, die Wanderarbeitern mit Berufskrankheiten bei der Verteidigung ihrer Rechte geholfen hatten. Etwa zur gleichen Zeit nahm die Polizei in Shenzhen fünf Aktivisten fest, darunter die bekannten Aktivisten Zhang Zhiru und Wu Guijun. Der prominente Antidiskriminierungsaktivist Cheng Yuan und seine beiden Kollegen Liu Dazhi und Wu Gejianxiong wurden im Juli von den Behörden in Changsha festgenommen, und mehrere bekannte Sozialarbeiter, die Wanderarbeitern in Peking, Guangzhou und Shenzhen geholfen hatten, wurden im Mai bei koordinierten Razzien festgenommen. Ende Oktober wurde auch der #MeToo-Aktivist und Journalist Huang Xueqin von den Behörden in Guangzhou festgenommen. Einige der Aktivisten wurden geräuschlos und ohne Anklage freigelassen, während andere offiziell angeklagt wurden und auf ihren Prozess warten.
https://www.forumarbeitswelten.de/blog/bekannter-gewerkschaftsaktivist-in-guangzhou-inhaftiert/*Labouractivist könnte auch als "Arbeiteraktivist" übersetzt werden. Er ist aber weder Arbeiter, noch ein Gewerkschaftsmitglied, sondern ein Aktivist in Arbeiterfragen, der selbst einen akademischen Hintergrund hat.